Knuspr.de: gurkerl.at-Eigentümer Rohlik expandiert nach Deutschland
Erst vor Kurzem hat das tschechische Startup Rohlik, das hierzulande mit dem Lebensmittellieferservice gurkerl.at die Online-Plattformen heimischer Supermärkte herausfordert, Unicorn-Status erobert. Mit dem Start von Knuspr.de in Deutschland setzt man nun die internationale Expansion fort.
Rohlik-Gründer Tomáš Čupr surft auf der Erfolgswelle, wie die erst kürzlich abgeschlossene Series C-Finanzierungsrunde in Höhe von 100 Millionen Euro belegt. Erst kurz zuvor hatte der Startup-Gründer 190 Millionen Euro eingesammelt. Damit hält die Rohlik-Gruppe nun bei einer Unternehmensbewertung von mehr als einer Milliarde Dollar und hat Unicorn-Status erreicht, wie der brutkasten bereits berichtet hat. “Diese Investitionen demonstrieren das Vertrauen unserer Investoren in das starke Wachstum der Rohlik-Gruppe“, freut sich Čupr. Schon damals hat das tschechische Unternehmen angekündigt, die Expansion in Europa voranzutreiben.
Rohlik: Wie alles begann
Mit rohlik.cz startete das Unternehmen 2014 in Tschechien durch und hält dort laut eigenen Angaben die Marktführerschaft im Onlinehandel mit FMCG-Produkten. Unter der Marke Kifli ist man in Ungarn präsent und auch der Österreich-Ableger gurkerl.at wächst seit dem Markteintritt 2020 kontinuierlich. Hierzulande wurde das 9.000 Lebensmittel- und Nearfood-Artikel umfassende Sortiment im Mai 2021 in Kooperation mit der DaVinci-Apotheke um 4.000 rezeptfreie Apothekenprodukte sowie bekannte Beauty-Marken wie Dr. Hauschka, Eucerin oder Vichy erweitert. Und das Konzept der raschen Lieferung binnen drei Stunden kommt so gut an, dass die Expansion wie bereits angekündigt, nun auch nach Deutschland fortgesetzt wird.
Knuspr.de: Von München nach Frankfurt
Mit Knuspr.de geht es als erstes in München los. Wie auch in Österreich kann das Zeitfenster der Lieferung auf genau eine Stunde beschränkt werden – für maximale Flexibilität und Unabhängigkeit. Im Winter 2021 soll das Zustellgebiet auf Frankfurt erweitert werden – ebenfalls in Planung sind die Städte Hamburg, Dortmund und Köln. So will das Unternehmen mehr als 15 Millionen neue potenzielle Kund*innen von seinem frischen und regionalen Sortiment überzeugen. gurkerl.at und knuspr.de beziehen mehr als zwei Drittel aller Produkte direkt von Produzent*innen und Landwirt*innen aus der Region.
Rohlik: Zeichen stehen auf Wachstum
Für Čupr ist die Expansion nach Deutschland ein weiterer Schritt, um die herausfordernden westeuropäischen Märkte zu erschließen. Das zusätzliche Kapital helfe dabei, schneller zu wachsen als ursprünglich geplant und treibe die Internationalisierung, die technische Entwicklung der Distributionszentren und die Implementierung von Innovation innerhalb der Firma voran. “Und es erlaubt uns die besten Leute an Bord zu holen. In der nahen Zukunft werden wir nach Rumänien, Italien, Frankreich und Spanien expandieren, um ein führender europäischer Player zu werden“, gibt der Unternehmensgründer die Marschrichtung für die Zukunft vor.
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.
„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.
Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.
Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen
Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“
Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft
Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.
Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.
Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.
Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“
Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit
Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.
“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.
Langfristiges Potenzial heben
Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“
Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“
Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?
Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.
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