25.03.2021

Klimaneutrales Bauen: Aktuelle Trends und Chancen für Startups

Welche Trends und Chancen im Bereich "klimaneutrales Bauen" bestehen für Startups? Der brutkasten hat sich vier Bereiche angesehen – angefangen vom Recycling von Baustoffen über die Energie bis hin zur Mobilität.
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Bauen
(c) AdobeStock

Das herausfordernde EU-Ziel einer klimaneutralen Gesellschaft bis 2050, zu dem sich Österreich bereits für 2040 bekannt hat, erfordert radikale Veränderungen in vielen Bereichen unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Im Zuge einer nachhaltigen Klimapolitik und Energiewende kommt der Bauindustrie eine Schlüsselrolle dabei zu. Im Fokus stehen dabei nicht nur der energieeffiziente Neubau von Gebäuden, sondern auch die Instandhaltung und ein klimafreundliches Gebäudemanagement.

CO2-Emissionen im Gebäudesektor

Aktuell entfallen in Österreich rund zehn Prozent der CO2-Emissionen auf den Gebäudesektor. Damit die Klimawende auch in diesem Bereich gelingt, nimmt die österreichische Bundesregierung eine Menge Geld in die Hand. So hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler Anfang der Woche im Rahmen einer Diskussionsrunde zum klimaneutralen Bauen für die Zukunft darauf verwiesen, dass die thermische Gebäudesanierung in den nächsten Jahren mit 650 Millionen Euro gefördert wird. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Tausch von Ölheizungen und Gasthermen. Kein leichtes Unterfangen, bedenkt man, dass es in Österreich noch immer mehr als 600.000 Ölheizungen gibt.

Neben dem Gebäudebestand, der saniert und „klimafit“ gemacht werden muss, stellt sich zudem die Frage, wie Bauaktivitäten möglichst ressourcenschonend erfolgen können. Der brutkasten nimmt dies zum Anlass und hat sich vier Bereiche angesehen, die in den nächsten Jahren auch Chancen für heimische Startups bieten.

1. Recycling von Baustoffen

Im Zuge der Dekarbonisierung von Neubauten nimmt der verwendete Baustoff eine Schlüsselrolle ein. Ein großer Hebel bildet dabei das Recycling von bereits bestehenden Baustoffen. Stichwort: Urban Mining. Dabei werden wiederverwertbare Bauabfälle im Zuge von Umbauten oder Rückbauten “geschürft” und werterhaltend wiederverwendet.

Einer der ersten Anbieter für Urban Mining in Österreich ist das Wiener Startup BauKarussell, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Kreislaufwirtschaft in der Bauwirtschaft zu fördern. Bauherrn werden bei der Rückplanung und Durchführung begleitet. Mehr zum Rückbau-Dienstleistungspaket von BauKarusell und den Klimaschutzzielen des Startups könnt ihr in der ersten Podcast-Folge von Solution statt Pollution, dem ClimateTech-Podcast von Glacier und der brutkasten, erfahren:

2. Effizienzsteigerungen durch die Digitalisierung

Neben dem Recycling von Baustoffen kann auch die Digitalisierung zu einer Effizienzsteigerung am Bau führen. Im Zentrum steht dabei das bekannte Building Information Modeling Konzept (BIM), das eine vernetzte Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mithilfe von Software ermöglicht.

In den letzten Jahren hat sich in Österreich eine prosperierende ProTech-Landschaft herausgebildet. Eines der bekanntesten Startups in diesem Feld ist PlanRadar, das die Baudokumentation und das Mängelmanagement digitalisiert hat und so zu einer Effizienzsteigerung am Bau und bei Bestandsgebäuden beitragen möchte. Auch Risikokapitalgeber haben dieses Zukunftsfeld “BIM” für sich erkannt. So konnte sich Planradar im März 2020 ein 30 Millionen Euro Investment sichern.

Aber auch auf kommunaler Ebene tut sich im Bereich BIM in Österreich einiges. Im Rahmen des aktuellen Projektes BRISE (Building Regulations Information for Submission Envolvement) digitalisiert beispielsweise die Stadt Wien in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partner aktuell den Baugenehmigungsprozess von der Einreichung bis hin zur Bewilligung. Durch die Digitalisierung sollen Baugenehmigungsverfahren künftig bis zu 50 Prozent schneller ablaufen. Im Sinne der Smart City Wien Rahmenstrategie soll zudem auf eine ökologischere und ressourceneffizientere Bauweise Rücksicht genommen werden.

3. Energieverbrauch optimieren

Einen der größten Hebel im Bereich von klimafreundlichen Bauen für die Zukunft nimmt das Thema Energie ein. Wesentlich dafür sind neue Energiekonzepte, die durch das “Erneuerbaren Ausbau Gesetz” (EAG) möglich werden, das vergangene Woche im Ministerrat beschlossen wurde.

Das Gesetz sieht vor, dass Österreichs Strombedarf bis zum Jahr 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll. Eine Schlüsselrolle sollen dabei sogenannte Energiegemeinschaften einnehmen, die sich aus mindestens zwei Privathaushalten zusammensetzen können. Privatpersonen sollen so verstärkt zu Erzeugern erneuerbarer Energien werden, die beispielsweise über Photovoltaikanlagen erzeugt werden.

In Österreich gibt es bereits seit längerem Startups, die sich mit der Errichtung von Bürgerkraftwerken und Energiegemeinschaften beschäftigen. Über das 2018 gegründete niederösterreichische Energy-Sharing-Startup eFriends können beispielsweise Privatpersonen Strom ins Netz einspeisen. Auch das Kärntner Startup WIR Energie beschäftigt sich bereits seit ein paar Jahren mit dem Thema “Energiegemeinschaften”. Über ein Crowdfunding und Franchise-Modell finanziert und plant das Startup Photovoltaikanlagen als Bürgerkraftwerke.

4. Mobilität und neue Arbeitswelten beim Bauen mitdenken

Im Zuge der Errichtung von Neubauten müssen auch stadtplanerische Aspekte und insbesondere die Mobilität mitgedacht werden. Dies beginnt bei der Widmung von Grundstücken und reicht bis zum Einsatz von E-Mobilität sowie ausgeklügelten Sharing-Konzepten. Doch nicht nur die Wahl des Wohnortes ist entscheidend, auch der eigene Arbeitsplatz nimmt einen wichtigen Stellenwert beim Bauen für die Zukunft mit ein.

Spätestens seit der Corona-Krise haben wir die Möglichkeiten von Remote-Work erkannt. Lange Wege in die Arbeit zu pendeln, ist in vielen Branchen nicht mehr nötig. Auch moderne Wohnbaukonzepte müssen diesen neuen Anforderungen und Möglichkeiten gerecht werden.

Eines dieser Vorzeigeprojekte, das Arbeiten und Wohnen unter einem Dach kombiniert, entsteht aktuell im Wiener Nordbahnviertel. Das gemeinschaftliche Wohnbauprojekt “HausWirtschaft” soll ab 2021 rund 200 Bewohnerinnen und Bewohnern Platz bieten. Zur Zielgruppe zählen Selbständige, die in den angeschlossenen Co-Working-Spaces einen eigenen Arbeitsplatz vorfinden. Neben der optimalen Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr soll es zudem am Dach des Hauses eine eigne Solaranalge geben, die 40 Tonnen CO2 pro Jahr einspart.


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Wie steht es um die Haltung und Aktivitäten rund um Nachhaltigkeit in der heimischen Wirtschaft? Ein umfassendes Bild liefert eine neue Befragung der Unternehmenberatung Deloitte, die gemeinsam mit Foresight im Herbst 2024 über 400 Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen befragt hat.

Strategische Verankerung fehlt

Das Ergebnis: Unternehmen erkennen zunehmend die Relevanz von Nachhaltigkeit. So schätzen 86 Prozent der Befragten das Thema als entscheidend für ihren künftigen Geschäftserfolg ein. Zudem haben mehr als die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Dekarbonisierung eingeleitet, etwa durch Photovoltaikanlagen oder den Umstieg auf grünen Strom. Diese Maßnahmen bleiben laut Deloitte jedoch häufig oberflächlich. Die strategische Verankerung von Nachhaltigkeit im Kerngeschäft – inklusive klarer Zielsetzungen – ist oft nicht ausreichend ausgeprägt.

“Zwar setzen viele Betriebe bereits Einzelmaßnahmen um, aber es fehlen die strategische Verankerung sowie klar definierte und laufend überprüfte Nachhaltigkeitsziele. Die nachhaltige Transformation kann allerdings nur mit einem klaren strategischen Fokus gelingen“, so Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory & Financial Advisory bei Deloitte Österreich.

Geschäftskunden üben Druck aus

Besonders der Druck aus den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen treibt Unternehmen an. 60 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Geschäftskunden (30 Prozent) sowie öffentliche und private Kunden die Haupttreiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind. Dieser Druck wird durch strikte Berichtspflichten und die zunehmende Nachfrage nach Transparenz verstärkt.

Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen. 61 Prozent der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 Prozent) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen.

Investitionsbereitschaft geht zurück

Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000,- bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent gesunken.

Ein wesentlicher Stolperstein ist die fehlende Klarheit bei der Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht. Rund ein Viertel der Unternehmen in Österreich weiß noch nicht, ob sie von der neuen Berichtspflicht betroffen sind, was Unsicherheiten bei der Planung verstärkt. Gleichzeitig bleibt die Bürokratie für viele kleinere Unternehmen eine fast unüberwindbare Hürde.



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