04.09.2023

Wiener KI-App Totoy erklärt Behördenbriefe in der Muttersprache

Gerade richtig zum Schulstart: Die KI-App Totoy kann abfotografierte Eltern-, Behörden- oder Arztbriefe in 95 Sprachen übersetzen und erklären.
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Die KI-App Totoy sowie CEO und Mitgründer Francis Rafal (c) 42 Vienna, Landin Soroko

Die Wiener KI-App Totoy soll es Menschen ab sofort ermöglichen, offizielle Dokumente wie Behörden-, Arzt- oder Elternbriefe besser zu verstehen und in 95 verschiedene Sprachen zu übersetzen. Nutzende müssen die Dokumente dafür lediglich mit ihrer Smartphone-Kamera scannen. Totoy übersetzt außerdem nicht nur in fast 100 verschiedene Sprachen, sondern kann zudem auch Erklärungen in 18 Sprachen zu den gescannten Inhalten generieren.

Die einfache Lösung für funktionalen Analphabetismus

Das fünfköpfige Gründerteam entstammt der Programmierschule 42 Vienna. Mitgründer sind neben CEO Francis Rafal auch Simon Hoffmann, Michael Perger, Marcel Koller und Benedikt Hielscher. Die Software-Engineer-Studenten verfolgen mit Totoy die Vision, funktionalen Analphabetismus durch “Human Augmentation” zu lösen. Funktionale Analphabet:innen sind – nach Angaben von Totoy – jene Menschen, die die Schriftsprache nicht gut genug beherrschen, um behördliche Dokumente wie Formulare oder medizinische Aufklärungsbögen zu verstehen und sinngemäß auszufüllen.

App scannt Dokumente und beantwortet Fragen zum Inhalt

“Totoy versteht Behördenbriefe, Verträge oder die gerade zum Schulstart relevanten Elternbriefe, und selbst Nachrichten können fotografiert und erklärt werden”, sagt Francis Rafal, CEO und Mitgründer von Totoy.

Totoy basiert auf optischer Zeichenerkennnung: Benutzende können ein Dokument mit ihrem Smartphone fotografieren. Die App übersetzt den Text und bietet zudem eine vereinfachte Erklärung des Inhalts in der gewählten Sprache, so Totoy in einem öffentlichen Statement. Mittels eines integrierten Chats können Anwender:innen außerdem Folgefragen zu dem übersetzten Inhalt stellen.

Kostenlose Version ermöglicht 5 Übersetzungen pro Monat

Totoy können Interessierte über den App Store und den Google Play Store kostenlos downloaden. Die Gratis-Version erlaubt fünf Übersetzungen pro Monat. Für 60 Euro pro Jahr übersetzt und erklärt Totoy unlimitiert viele Dokumente.

Aktuell unterstützt Totoy die Übersetzung in 95 Sprachen. Zusätzliche Erklärungen sind in 18 Sprachen möglich, darunter Arabisch, Bosnisch, Kroatisch, Englisch, Filipino. Französisch, Deutsch, Ungarisch, Italienisch, Persisch, Polnisch sowie Rumänisch, Serbisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Türkisch und Ukrainisch.

GPT 3.5 von OpenAI mit eigenem Test-Framework

Die KI-App basiert auf dem Sprachmodell GPT-3.5 von OpenAI, dem KI-Unternehmen hinter ChatGPT. Das Entwicklerteam hat dafür ein eigenes Testing-Framework entwickelt: “Wir haben etliche Dokumente getestet, darunter Behördenbriefe, Arztbriefe, Tickets, Elternbriefe und viele mehr. Wir möchten damit sichergehen, dass wir die Antworten so persönlich und einfach zu verstehen wie möglich gestalten”, erzählt Gründer und CEO Rafal im brutkasten-Gespräch.

Gründer und CEO war selbst Helfer zweiter Generation

Sprachbarrieren dieser Art würden vor allem Migrant:innen der ersten Generation betreffen, so das Unternehmen. Kinder der Migrant:innen würden ihren Eltern infolgedessen Unterstützung in der Übersetzungsarbeit bieten. Gemäß der World Literacy Foundation gibt es weltweit rund zwei Milliarden funktionale Anaplhabet:innen, was pro Jahr wirtschaftliche Kosten von über einer Billion Euro verursachen würde.

“Die Totoy-App zielt darauf ab, einen Beitrag zur Bewältigung von funktionalem Analphabetismus und sogenannter unsichtbarer Spracharbeit zu leisten”, erklärt Rafal, der als Sohn philippinischer Einwanderer selbst davon betroffen war. Darüber hinaus will das Team Künstliche Intelligenz für alle Menschen zugänglich machen – unabhängig von Bildungshintergrund oder Sprachkenntnis.

Gespräche rund um Seed-Finanzierung am Laufen

Aktuell befindet sich das Wiener Startup noch in Gesprächen zu einer Seed-Finanzierungsrunde mit mehreren Investor:innen. Seit gut fünf Monaten hat das Gründerteam an der Entwicklung von Totoy gearbeitet, erzählt Rafal im Gespräch mit brutkasten. Bislang ist das Business noch gebootstrapped, ein Closing der Runde werde in den nächsten Monaten.

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Austria Wirtschaftsservice GmbH/APA-Fotoservice/Schedl

Der Wissenstransfer von Hochschulen und Forschungseinrichtungen in österreichische Unternehmen ist für den langfristigen Erfolg des Wirtschaftsstandorts Österreich entscheidend. Um hervorragende Projekte am Weg auf den Markt besonders zu unterstützen und damit auch Role Models für künftige Gründer:innen zu schaffen, hebt der österreichische Gründungspreis PHÖNIX jedes Jahr die besten Projekte auf die Bühne.

Seit 2012 wird der Preis vom Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium mit Unterstützung der IV, FFG und der aws verliehen. Für die aktuelle Ausgabe gab es rund 200 Einreichungen (brutkasten berichtete).

Auszeichnung in vier Kategorien

Bei der diesjährigen Verleihung wurden Auszeichnungen in vier Kategorien vergeben: Female Entrepreneur, Spin-off, Startup und Prototyp. Die Preisverleihung fand am Mittwochabend im Haus der Industrie in Wien statt.

“Als aws ist es uns zudem wichtig den Wissenstransfer aufzuzeigen, um den Gründungsgeist zu stärken, den Entrepreneurial Spirit bei Forschenden zu wecken und Unternehmertum als Karriereoption zu positionieren”, so Bernhard Sagmeister und Gerfried Brunner von der aws Geschäftsführung.


Sieger Kategorie Startup: NovoArc GmbH

Der Sieg in der Kategorie Startup ging dieses Jahr an NovoArc. Das Startup setzt Mikroorganismen ein, um Lipide als „biologische Schutzhüllen“ für Wirkstoffe zu produzieren. So lassen sich Medikamente oral statt per Injektion verabreichen und bleiben auch bei hohen Temperaturen stabil. Das vereinfacht Lagerung und Transport und verbessert die Medikamentenversorgung, insbesondere in Krisengebieten und im globalen Süden.

(c) Austria Wirtschaftsservice GmbH/APA-Fotoservice/Schedl

Sieger Kategorie Spin-off: ProtectLiB GmbH, Ausgründung der Universität Graz

Die Kategorie Spin-off konnte hingegen ProtectLiB für sich entscheiden. Das Unternehmen hat ein dezentrales Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Batterien entwickelt, bei dem auch defekte oder volle Akkus sicher verarbeitet werden können. Eine patentierte Vorbehandlung mit anschließender Zerkleinerung und Nachbehandlung macht sie ungefährlich für Lagerung und Transport. Mithilfe „grüner“ Chemie lassen sich anschließend rund 90 Prozent des Lithiums sowie Nickel, Kobalt und Mangan zurückgewinnen – ein wichtiger Schritt hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft für Lithium-Ionen-Batterien.

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Siegerin Kategorie Female Entrepreneurs und Sieger Kategorie Prototyp: Birgit Mitter – Gründerin und Geschäftsführerin / Ensemo GmbH

Ensemo konnte sich mit dem Sieg in den Kategorien Female Entrepreneurs und Prototyp gleich zwei Auszeichnungen sichern. Mithilfe der Verbindung von Biologie und Mechatronik bringt das Unternehmen natürliche Mikroorganismen vollautomatisch direkt in Saatgut ein. Dazu werden die Körner vereinzelt, kurz aufgeschnitten, mit Mikroorganismen versetzt und wieder verschlossen. Dieses Verfahren ersetzt chemische Pflanzenschutzmittel, schont Böden und Gewässer und ermöglicht eine Lebensmittelproduktion ohne gesundheitsschädliche Rückstände. Co-Founderin Birgit Mitter wurde mit der Auszeichnung Female Entrepreneur ausgezeichnet.

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“Die hohe Anzahl und Qualität der Einreichungen zum diesjährigen PHÖNIX-Preis zeigt das enorme Potenzial Österreichs im Wissenstransfer und seine Bedeutung für den Innovationsstandort. Die FFG unterstützte Start-ups, Scale-ups und Spin-offs allein 2024 mit über 90 Millionen Euro”, so Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

Forschungsquote von vier Prozent

​Elisabeth Zehetner, die neue Staatssekretärin für Energie, Tourismus und Startups, betonte im Gespräch mit brutkasten die Bedeutung einer Erhöhung der F&E-Quote: “Unser Ziel ist es, die Forschungsquote auf vier Prozent anzuheben. Das ist die Basis, die wir brauchen, damit neue Innovationen entstehen können.”

Zudem ist auch eine Evaluierung der FlexCap und die Schaffung des Dachfonds geplant. Dafür nahm sie bereits an einer Sitzung des Startup-Beirats teil, um Prioritäten zu definieren. Auch eine vereinfachte Abwicklung von Förderanträgen stellte die neue Staatssekretärin in Aussicht.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) präsentiert. Die Analyse zeigt sowohl Stärken als auch Herausforderungen des heimischen Gründungsökosystems auf. Positiv hervorgehoben wurden unter anderem Förderprogramme oder eine wettbewerbsfähige Infrastruktur. Gleichzeitig bleiben zentrale Herausforderungen bestehen, etwa der Kapitalmangel.















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