02.03.2021

Kern Tec über Plug & Play Teilnahme: “Wir wurden schon mit Mars, Coca-Cola & Mondelez vernetzt”

Das österreichische Startup Kern Tec hat eine vollautomatisierte Technologie zur Aufspaltung, Sortierung und Veredelung von Steinobstkernen entwickelt. Kern Tec hat 2020 rund 1000 Tonnen Kerne verarbeitet und wurde nun in den renommierten Food Accelerator von Plug and Play aufgenommen. Der brutkasten hat mit Co-Founder Luca Fichtinger über die Teilnahme am Programm und die damit verbundenen Chancen gesprochen.
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Kerntec
(c) Kerntec

Kern Tec ist in der heimischen Startup-Landschaft spätestens seit seinem Sieg der aws First Pitch Night im November 2018 einem breiteren Publikum bekannt. Das Startup hat sich auf das Upcycling von Steinobstkernen spezialisiert, die in Europa für die Industrie größtenteils noch immer ein Abfallprodukt darstellen. Jährlich fallen etwa 550.000 Tonnen Steinobstkerne an, die entsorgt oder bestenfalls als Heizgut dienen.

Doch der Rohstoff “Kern” hat noch viel mehr zu bieten. Sofern eine Aufspaltung in Weichkern und Hartschale erfolgt, lässt sich das “Abfallprodukt” zu hochwertigen Rohstoffen verarbeiten, die in weiterer Folge zu Genuss- und Kosmetiköle oder Proteinmehle weiter veredelt werden.

Die Technologie von Kern Tec

Kern Tec bietet hierfür im B2B-Bereich eine vollautomatisierte Technologie zur Aufspaltung, Sortierung und Veredelung an. Zum Einsatz kommen in erster Linie Steinobstkerne von Marille, Zwetschke und Kirsche. Im Zuge des Verfahrens werden diese schonend gewaschen, getrocknet und anschließend in Samen und Schale getrennt. Damit können die Rohstoffe in hochwertige Produkte mit einer großen Anzahl an Anwendungsbereichen, wie Genuss- und Kosmetiköle, Proteinmehle, Snacks und natürliche Strahlmittel, veredelt werden.

Co-Founder Luca Fichtinger zu Gast bei “One Change a Week”

Produktion in Niederösterreich

Mittlerweile betreibt Kern Tec im niederösterreichischen Herzogenburg in der Nähe der Wachau eine eigene Produktionsanlage. Die Maschinen für die “Kernspaltung” wurden von Kern Tec teilweise selbst entwickelt. “Mit unserer Technologie schaffen wir es, bis zu einer Tonne Rohstoffe pro Stunde zu verarbeiten”, so Luca Fichtinger, Co-Founder von Kern Tec. Seit dem Produktionsstart hat das Startup laut Fichtinger bis lang über 1000 Tonnen Steinobstkerne verarbeitet. Zur Anwendung kommen ausschließlich Kerne, die aus Österreich und der Europäischen Union stammen.

Die Produktion in Herzogenburg in Niederösterreich | (c) Kern Tec

Kunden und neue Geschäftsfelder

Das Startup bedient ausschließlich Kunden im B2B-Sektor. Dazu zählen unter anderem österreichische Traditionsbetriebe, wie die steirische Ölmühle Fandler, die bereits 1926 gegründet wurde und Öle für das Premiumsegment herstellt.

Doch nicht nur das: Das Startup verarbeitet die Kerne mittlerweile auch zu Mehlen. Aufgrund des natürlich hohen Proteingehalts von bis zu 60 Prozent eignen sich diese laut Fichtinger wunderbar als Zutat in Drinks, Riegel oder Mahlzeiten für Fitnessbegeisterte. “Neben den Ölen wollen wir künftig verstärkt einen Fokus auf die Proteingewinnung legen”, so Fichtinger, der für Kern Tec das Business Development & Marketing verantwortet.

Zum Einsatz kommen Steinobstkerne von Marille, Zwetschke und Kirsche | (c) Kern Tec

Finanzierung und geplante Investmentrunde

Die bisherige Finanzierung erfolgte laut Fichtinger vorwiegend aus dem eigenen Cashflow und über einen Betriebsmittelkredit. Zudem konnte das Startup für Forschung und Entwicklung Förderungen für sich verbuchen. Für den Sommer plant das Startup seine erste Seed-Finanzierungsrunde mit Investoren. Wie Fichtinger weiters erläutert, rechnet sein Startup für 2021 mit einem Umsatz, der sich im mittleren sechsstelligen Bereich bewegen wird. Aktuell verfügt das Team über acht bis zehn Mitarbeiter, die das weitere Wachstum des Startups weiter forcieren sollen.

Bislang wurden 1000 Tonnen Steinobstkerne verarbeitet | (c) Kerntec

Aufnahme bei Plug & Play

Neben den Erfolgen, die Kern Tec hierzulande bereits zu verzeichnen hat, kann das Startup nun mit einer weiteren Erfolgsmeldung aufwarten. Wie Fichtinger erläutert, wurde Kern Tec in den renommierten Plug and Play Food Accelerator aus dem Silicon Valley aufgenommen. Dabei handelt es sich um eines der bedeutendsten Programme für Startups aus dem Food & Beverage Bereich.

“Wir wurden auch schon bereits mit den ganz Großen, wie Mars, Coca-Cola, Mondelez und Hershey’s vernetzt und werden u.a. mit diesen in den nächsten drei Monaten intensiver an gemeinsamen Produkten aus unseren Rohstoffen arbeiten”, so Fichtinger.

Für das Programm bewarben sich laut Fichtinger rund 1000 Startups. Kern Tec wurde dabei als eines von zehn Unternehmen ausgewählt, das in den nächsten drei Monaten eng mit Mentoren aus der Lebensmittelindustrie zusammenarbeiten darf. Den Abschluss bildet ein Demo Day, bei dem renommierte Investoren vertreten sein werden, die in Innovationen aus dem Lebensmittelbereich investieren. Wie Fichtinger abschließend erwähnt, stellt dies für Kern Tec eine große Chance dar, seine Nischen-Technologie für den Massenmarkt auszurollen.


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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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