30.11.2020

Kaufhaus Österreich: Echt jetzt?

Heute wurde die E-Commerce-Metaplattform Kaufhaus Österreich von Wirtschaftsministerium und Wirtschaftskammer präsentiert. Das Ergebnis hat es in sich - und zwar nicht im positiven Sinn.
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Kaufhaus Österreich
Screenshot: www.kaufhaus-oesterreich.at

Nunu Kaller ist grantig. Das verbirgt die Aktivistin in einem (drei Tage alten) Blog-Eintrag zur heute offiziell gelaunchten Onlineshop-Metaplattform Kaufhaus Österreich kein bisschen. Da schreibt sie etwa: “Es ist schon beeindruckend: Sich über NEUN MONATE Zeit lassen, um sowas zu entwickeln, es einigen HändlerInnen (und mir) Mitte Juli als Idee zu präsentieren, überrascht sein, dass alle Anwesenden meinen, das ist jetzt nix, worauf die Welt gewartet hat, weil solche Metaplattformen sind seit März wie die Schwammerl aus dem Boden geschossen, trotz Ankündigung weiterer Termine zur ‘gemeinsamen Weiterentwicklung’ sich NIE wieder melden, auch nicht auf Rückfrage, und jetzt mit genau dem Projekt rausgehen, das im Endeffekt so funktioniert wie meins, nur technisch versierter, weil Kohle da ist”.

Woche 1 von Lockdown 1 statt Woche 3 von Lockdown 2

Als wir im brutkasten am 22. März, also keine Woche nach dem formellen Start des ersten Lockdowns erstmals über die Suchmaschine anna-kauft.at für österreichische Online-Shops berichteten, meinten Kommentatoren in sozialen Medien: “Das hat Nunu Kaller doch schon gemacht”. Ganz stimmte das nicht. Kaller hatte – in der ersten Woche des Lockdowns – keine Suchmaschine sondern eine digitale Liste von Online-Shops geschaffen. So etwas wie Kaufhaus Österreich – wie sie ja auch im oben zitierten Blogeintrag anmerkt. Noch ein weiteres mal zur Wiederholung: In der ersten Woche des ersten Lockdowns. Nicht in der dritten Woche des zweiten Lockdowns.

Über die neue Metaplattform Kaufhaus Österreich kann man keine Produkte suchen. Wer etwa “Laptop” eingibt findet genau einen Eintrag – einen Handyshop in Tirol, der den Begriff in seine Beschreibung aufgenommen hat (der deswegen vielleicht dieses Jahr eine ungeahnte Nachfrage nach Laptops verzeichnet). Gesucht werden kann nach konkreten Shops, nach Orten und nach (relativ vagen) Produktkategorien. Sucht man also konsequenterweise nach “Elektronik”, um an einen Laptop zu kommen, bekommt man als ersten Treffer ein Papierfachgeschäft in Niederösterreich (das scheinbar auch Elektronik verkauft).

Neun Monate reichten nicht für passable UX

Die User Experience der Plattform, bei der man zunächst einmal ein Werbevideo sieht und erst zum Suchfeld hinunter scrollen muss, ist also mäßig. Im Prinzip kann man dort primär sehen, ob das Geschäft, das man mag, einen Online-Shop hat. Das lässt sich zwar auch anders recht einfach herausfinden, aber hat schon seine Berechtigung. Es ist aber bezeichnend, dass Metaplattformen mit sehr ähnlicher Funktionalität (von Startups) im März innerhalb von Tagen bereitgestellt wurden. Und die Version des Handelsverbands, die ein paar Wochen länger gebraucht hat, www.kaufsregional.at (bzw. – das ist ein besonders guter Witz – auch unter kaufhaus.at erreichbar), hat bereits fünf mal so viele Onlineshops gelistet, wie die neue Plattform.

Und warum gelingt Wirtschaftsministerium und Wirtschaftskammer, die scheinbar überhaupt erst im Juni auf die Idee gekommen sind, in weiteren fast sechs Monaten nichts besseres? Die Programmierung eines eigenen Algorithmus, um – wie bei Amazon – Produkte suchen zu können, sei “in der kurzen Entwicklungszeit von rund drei Monaten” durch das Bundesrechenzentrum nicht möglich gewesen, meint Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer bei der Präsentation. Und man wolle ja ohnehin nicht Amazon kopieren.

Vielleicht sollte sich Kaufhaus Österreich ja doch irgendwie an Amazon orientieren

Echt jetzt? Wenn man nach all den Monaten der Coronakrise in einem Umfeld mit mehreren bestehenden funktionierenden Metaplattformen wirklich einen tatsächlichen Mehrwert für Österreichs Händler schaffen will. Wenn man wirklich dafür sorgen will, dass die Konsumenten im Weihnachtsgeschäft nicht gänzlich zu Amazon abwandern. Dann muss man etwas schaffen, dass in der User Experience zumindest halb so attraktiv ist, wie die Seite des E-Commerce-Giganten, um den restlichen Abstand dann überhaupt mit anderen Argumenten wie Regionalität wettmachen zu können. Und das wird nur funktionieren, indem man sich vom erfolgreichsten Onlineshop-Konzept der Welt auch etwas abschaut.

Aber klar, etwas, das über einen, mit Eigenwerbung gespickten, “netten Versuch” auf haben-Startups-in-fünf-Tagen-geschafft-Niveau hinausgeht, kann man sich von Wirtschaftsministerium und Wirtschaftskammer offenbar nicht erwarten. Bloß, dass die Plattform gewiss mehr als ein paar Startup-Arbeitstage gekostet hat – wahrscheinlich viel mehr. Auch darauf hat Nunu Kaller in ihrem lesenswerten Blog-Post Antworten. Eine davon: “Aber fragt euch mal bitte, ob das Geld, das vom Ministerium für diese Aktion jetzt ausgegeben wird, nicht besser in einer direkten Förderung bei euch aufgehoben wäre”. Oder – das kommt nicht von Kaller – in einer Förderung bestehender, funktionierender E-Commerce-Metaplattformen.

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N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf Onlinebank neobank n26
N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf (v.li.) (c) N26

Elf Jahre nach ihrer Gründung gelingt es der Neobank N26, über einen längeren Zeitraum profitabel zu wirtschaften. Im dritten Quartal dieses Jahres erzielte das Unternehmen zum ersten Mal ein operatives Ergebnis von 2,8 Millionen Euro im Plus. Bereits im Juni konnte die Neobank ihren ersten monatlichen Gewinn verbuchen – brutkasten berichtete.

2024: 440 Mio. Euro Umsatz

Mitte des Jahres äußerte CEO Valentin Stalf die Hoffnung, dass das gesamte Jahr profitabel ausfallen könnte. Fünf Monate später steht N26 jedoch vor einem (unbereinigten) operativen Jahresminus von etwa 20 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag das Minus noch bei 78,3 Millionen Euro.

Die aktuellen Zahlen verdeutlichen, dass es für die Neobank N26 in diesem Jahr deutlich bergauf geht. Der Umsatz wird voraussichtlich rund 440 Millionen Euro erreichen, was einem Wachstum von etwa 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Nahezu die Hälfte davon soll aus Zinserträgen stammen, ergänzt durch Erträge aus der Veranlagung von Kundengeldern und einem wachsenden Anteil aus dem Kreditgeschäft. Der Rest resultiert aus Gebühren und Provisionen.

N26: Transaktionsvolumen von 140 Milliarden Euro

Erstmals überschritt der Betrag der Kundeneinlagen in diesem Jahr die zehn Milliarden Euro. Das Transaktionsvolumen soll 2024 zudem 140 Milliarden Euro erreichen.

Nach der Aufhebung der Wachstumsbeschränkung im Juni, die von der deutschen Finanzaufsicht Bafin aufgrund von Mängeln in der Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung verhängt wurde, verzeichnet N26 aktuell mehr als 200.000 Neuanmeldungen pro Monat, wie Stalf verkündet.


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