27.04.2021

Katharina Schneider: “Frauen fehlt es an Mut in die Unternehmensgründung zu gehen”

Sie ist Mediashop-Chefin, Unternehmerin, VC. Und ein Vorbild für alte und junge Gründerinnen und Gründer: Katharina Schneider. Die Investorin kennt die Szene in Österreich gut, weiß was es für einen erfolgreichen Pitch braucht und hat sehr klare Meinungen zur Frauenquote.
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Katharina Schneider
(c) Gerry Frank - Katharina Schneider ruft Frauen zu mehr Selbstbewusstsein auf.

Katharina Schneider ist vor allem Zusehern durch ihren wöchentlichen Auftritt in der Startup-Sendung “2 Minuten 2 Millionen” ein altbekannter Begriff. Als Investorin im TV-Studio und als Frau in einer sonst männlich dominierten Branche, ist sie für viele zum Vorbild geworden und weiß, wie ein gelungener Pitch aussehen muss. Die Mediashop-Chefin bereut keine Entscheidungen und verfolgt den Ansatz der Authentizität, wie sie im Interview mit dem brutkasten erklärt.


Als langjährige Investorin bei “2 Minuten 2 Millionen” haben sie sicher schon einiges erlebt. Was waren die besten Pitches für sie? Was können Gründer als “Learnings” mitnehmen?

Was ich immer wieder beobachte ist, dass es Gründern schwerfällt ihre Idee klar in zwei Minuten zu kommunizieren. Und genau diese Klarheit ist unter anderem entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Denn jeder Unternehmer braucht eine eindeutige Strategie und ein klares Ziel, auch wenn der Weg dahin über mehrere Steine und Umwege führt. Jeder sollte nicht nur sein theoretisches Marktpotenzial ‘screenen’, sondern durch viele kleinere reale Tests herausfinden, ob sein Produkt oder seine Dienstleistung tatsächlich gebraucht und geliebt wird. Aus der aktuellen Staffel ist Revodent definitiv ein Highlight und einer der besten Pitches.

In diesem Sinne: Was ist für sie ein “No-Go”? Welche Fehler sollten Gründer und Gründerinnen bei Pitches unbedingt vermeiden?

Ein No-Go ist definitiv, wenn die Idee der Sendung von Gründern nicht verstanden wird. Damit meine ich, wenn ein Investment gar nicht gesucht wird.

Also ein Auftritt zu reinen Marketingzwecken genutzt wird, ohne auf ein Investment zu hoffen. Wie erfahren sie eigentlich die Investorenszene in Österreich? Es wurde und wird ja viel gejammert, das wenig Kapital da ist und Risikokapital kaum ein Thema.

Ich denke, dass sich in den letzten Jahren sich sehr viel im positiven Sinn verändert hat. Nach dem Motto ‘Wo ein Wille, da ein Weg’ finden sich immer wieder Investoren, die in österreichische Startups investieren. Alleine bei ‘2 Minuten 2 Millionen’ sieht man wie viele Investments getätigt werden.

Allerdings weiß man ja mittlerweile, dass viele Deals aus der Show doch nicht zustande kommen, obwohl sie vor der Kamera ausgemacht werden. Gründe?

Das ist relativ einfach zu beantworten. Im echten Leben werden Investment-Entscheidungen nie innerhalb von 30 Minuten getroffen. Aufgrund der Tatsache, dass wir nicht wissen, welche Startups ihre Ideen präsentieren und wir keinerlei Informationen und Zahlenmaterial zur Verfügung gestellt bekommen – zudem während des Pitches rein aus zeitlichen Gründen nicht sehr ins Detail gehen können – findet danach eine ausführliche ‘Due Diligence’ statt. Dabei kommen immer wieder neue Informationen ans Licht, die ein ‘Dealbreaker’ sind. Von welcher Seite auch immer.

Gab es Entscheidungen pro-Deal oder No-Deal, über die sich eine Katharina Schneider geärgert hat?

Jede Entscheidung, egal welche, hat im Nachhinein immer einen Sinn gehabt. Ich ärgere mich grundsätzlich nie über Vergangenes, denn jede Entscheidung ist ein ‘Learning’ für die Zukunft.

Eines jener ‘Learnings’, die aufmerksame Zuseher der Sendung mitnehmen, ist, dass sie sich als Unternehmerin besonders über Gründerinnen freuen. 2019 stieg der Anteil der Startup-Gründungen von Frauen hierzulande zwar von zwölf auf 18 Prozent, hinkt aber dennoch weit hinterher im Vergleich zum anderen Geschlecht. Wie lässt sich dieses klaffende Loch weiter schließen?

Ja, es ist richtig, dass ich mich über Frauen als Gründerinnen sehr freue und ihnen vermehrt Mut zuspreche diesen Schritt auch zu wagen. Aus meiner Sicht fehlt es Frauen hauptsächlich an Selbstbewusstsein und jenen Mut den Schritt in die Unternehmensgründung zu gehen. Ich denke, es ist wichtig sie bei diesem Schritt zu unterstützen und sie zu bestärken, Frau sein zu dürfen und gleichzeitig Unternehmerin sein zu können. Und dabei authentisch zu sein.

Haben sie es eigentlich als Frau in einem zum Teil männlichen dominierten Feld schwer? Schwerer als so manche männliche Counterparts, die Unternehmen leiten oder finanzieren?

Nachdem ich noch nie ein Freund der Frauenquote war – da für mich eine Frauenquote diskriminierend wirkt, nämlich dass man einen Job oder eine Aufgabe nur dann bekommt, wenn man eine Frau ist – sehe ich grundsätzlich keinen Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau ein Unternehmen leitet oder darin investiert. Einzig vielleicht in der Art und Weise, wie Frauen und Männer agieren. Wobei eine Mischung aus beiden der ‚best case‘ ist.

Vielen Dank.

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie “No Hype KI“, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.

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Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: “Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen”. Gleichzeitig habe es auch “schöne Erfolge” gegeben. Für Porak ist klar: “Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“

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Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“

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Peter Ahnert sieht dabei auch ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung: KI werde tendenziell nicht nur zu klein gedacht, sondern meist auch in Zusammenhang mit Risiken wahrgenommen: “Es werden die Chancen nicht gesehen.” Woran liegt es? “Zu einem erheblichen Teil daran, dass noch zu wenig Bildung und Aufklärung an dem Thema da ist. In Schulen, in Universitäten, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Hand.” Hier müsse man ansetzen, sagt der Nagarro-Experte.

Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: “Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.” Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber “viel größer” als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. “Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart”, sagt Gorzala.

IBM-Programm: “Die Angst war weg”

Wie das in der Praxis funktionieren kann, schilderte IBM-Chef Porak mit einem Beispiel aus dem eigenen Unternehmen. IBM lud weltweit alle Mitarbeitenden zu einer KI-Challenge, bei der Mitarbeiter:innen eigene KI-Use-Cases entwickelten, ein – mit spürbaren Folgen: “Die Angst war weg.” Seine Beobachtung: Auch in HR-Teams stieg die Zufriedenheit, wenn sie KI als Assistenz im Arbeitsablauf nutzen. “Sie können sich auf die komplexen Fälle konzentrieren. KI übernimmt die Routine.”

Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: “Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?”, führt er aus.

Venture Capital: “Müssen in Europa ganz massiv was tun”

Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. “An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun”, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.

Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. “51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.” Ahnerts Appell: “Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.”

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

Marco Porak ergänzt: “Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.” Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. “Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.”


Die gesamte Folge ansehen:


Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?”

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?”

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”

Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI

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Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

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