29.09.2023

Kambis Kohansal Vajargah: „Österreich soll als Tech- und Startup-Land bekannt werden“

Seit 2020 ist Kambis Kohansal Vajargah Head of Startup Services bei der Wirtschaftskammer Österreich, davor war er selbst Unternehmer. Im brutkasten-Talk spricht er über Herausforderungen, Zukunftsaussichten und neue globale Märkte.
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Kambis Kohansal Vajargah, Head of Startup-Services Wirtschaftskammer Österreich
Kambis Kohansal Vajargah | Foto: brutkasten

Der Videotalk mit Kambis Kohansal Vajargah und Dejan Jovicevic ist am Ende des Artikels zu finden.


Kambis Kohansal Vajargah war jahrelang erfolgreicher Unternehmer. Als er die Möglichkeit bekommen hat bei der Wirtschaftskammer anzufangen, war er zuerst zögerlich: „Ich war mir noch nicht sicher, ob ich wirklich in diese Richtung gehen wollte. Ich habe dann aber Mut gefasst und gesagt, okay – lasst uns das mal anschauen.“ Er stieg direkt in der Pandemie in den Job ein – kein einfaches Pflaster.

Plötzlich auf der anderen Seite zu stehen, noch dazu in einer weltweiten Ausnahmesituation, beschreibt Vajargah als schwierig: „Es gab viele Unternehmen, die unzufrieden waren – auch berechtigt.“ Hartnäckig zu bleiben und mittel- und langfristig zu denken, hat ihn durch diese harte Anfangsphase gebracht: „Bei gewissen Sachen brauchst du einfach Zeit, um sie umzusetzen.“

Anreize für Investor:innen

Zufrieden ist Vajargah vor allem mit der Umsetzung des österreichweiten Direkt-Services für Startups. „Mittlerweile gibt es eigene Startup-Zuständige in den jeweiligen Landeskammern. Allein in Wien sind es zum Beispiel vier“, so Vajargah über die neue dezentrale Organisierung.

Das nächste Ziel soll das Schaffen von Anreizsystemen für Investor:innen aus dem In- und Ausland sein – etwa Freibeträge oder Verlustausgleiche. Einer möglichen Senkung der Lohnnebenkosten steht er, wie auch die Wirtschaftskammer selbst, positiv gegenüber.

Längerfristig sei auch schon einiges vorangebracht worden, wie zum Beispiel Fortschritte in der Planung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKap). Er ist guter Dinge, dass diese neue Gesellschaftsform auch wirklich durchgesetzt wird: „Die Frage ist nur, wann genau.“ Er rät allerdings nicht an, mit einer Gründung bis zur Instandsetzung der FlexKap zu warten. Man könne später um- oder neugründen. „Es wird sehr interessant zu sehen, wie der Markt und das Umfeld darauf reagiert“, so Vajargah.

Österreich auch international präsent

Die ersten zwei Jahre seiner Position bei der Wirtschaftskammer waren auf innerösterreichische Vernetzung ausgelegt.  Mit dem dritten Jahr hat er begonnen, auch internationalen Outreach zu betreiben: „Wir waren nicht nur in bereits bestehenden Hubs, wie Silicon Valley oder Tel Aviv – sondern ich habe mir auch die weltweit gerade aufkommenden Tech- und Startup-Hubs angesehen.“

Besonders der Nahe Osten halte viel Potenzial: „Dort sieht man immer mehr Stabilität und Zusammenarbeit.“ Auch in Afrika habe sich im Bereich Venture Capital Einiges getan. Er appelliert hier an heimische Gründer:innen: „Es ist wichtig, dass wir Zeichen erkennen, wenn sich wo etwas entwickelt.“

Die Marktbewertung fremder Regionen lasse sich in drei Faktoren aufteilen: Potenzielle Arbeitnehmer für heimische Startups, verfügbares Kapital und der lokale Absatzmarkt. Selbst wenn nicht alle drei Faktoren optimal aussähen, sei der Markt eventuell trotzdem eine Überlegung wert. Vajargah nennt beispielsweise die nordafrikanische Region: „Dort ist die Bevölkerung enorm jung, daher ist die Wirtschaft dort unglaublich digital. Vielleicht gibt es noch nicht die höchste Kaufkraft – aber es gibt eine große Masse, die wächst.“

Einige ältere Unternehmen in Österreich hätten das bereits erkannt, aber Startups – die ja sonst bei Trends gerne vorne dabei sind – hätten hier laut Vajargah Aufholpotenzial: „Daher ein Aufruf an die Startups: Beschäftigt euch stärker mit diesen Märkten. Tretet bei Interesse mit der Außenwirtschaft oder mit mir direkt in Kontakt.“

Startup-Land Österreich

Es gäbe zwischen zehn und 15 globale Tech-Konferenzen, bei denen die Wirtschaftskammer bemüht ist, präsent zu sein. Gemeinsam mit der Wirtschaftsagentur Wien und der Austria Business Agency vereinheitlichten sie ihren Auftritt international. Österreich soll durch diese Bemühungen als Tech- und Startup-Land bekannt werden.

Der Videotalk mit Kambis Kohansal Vajargah:

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Die Cable-Sherpa-Gründer (vlnr.) Helmut Kastler, Erwin Kunst und Andreas Affenzeller | (c) Flora Fellner
Die Cable-Sherpa-Gründer (vlnr.) Helmut Kastler, Erwin Kunst und Andreas Affenzeller | (c) Flora Fellner

Das oberösterreichische Startup Cable-Sherpa mit Sitz in Freistadt wurde 2024 von den Technikern und Freunden Helmut Kastler, Andreas Affenzeller und Erwin Kunst gegründet. Und hat einen relativ simplen, an der Wand zu befestigenden, Metallarm entwickelt. Dieser soll als Kabelmanagementsystem das “Kabelchaos” beim E-Auto-Laden in der eigenen Garage oder im eigenen Carport beseitigen und Stolperfallen entschärfen (brutkasten berichtete).

Cable Sherpa: Idee bereits 2023

Das Startup hat verschiedene Varianten des smarten Kabelmanagementsystems im Angebot: Cable-Sherpa und Cable-Sherpa Nani. “Bei der Produktentwicklung haben wir besonders darauf geachtet, dass der Tragarm für alle einfach zu bedienen ist. Der E-Ladevorgang kann mit Cable-Sherpa einfach mit nur einem Handgriff gestartet und auch wieder beendet werden. Nutzer:innen können so ohne viel Aufwand ihr E-Auto laden. Unser Ziel ist es, Komfort, Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit in den Vordergrund zu stellen“, erklärt Affenzeller, CTO und Co-Founder.

Kooperationen in der Schweiz und in Deutschland

Cable Sherpa konnte mit seiner Idee im DACH-Raum erste Achtungserfolge verbuchen und neue Kooperationspartner gewinnen. Die beiden Online-Portale energielösung aus Deutschland und schnelladen aus der Schweiz haben das Produkt der Freistädter in ihren Shops gelistet. “Aktuell planen wir die nächsten Expansionsschritte von Cable-Sherpa in andere europäische Länder”, fasst der CCO und Co-Founder Kunst die nächsten unternehmerischen Schritte zusammen.

“Im Mai 2023 hat alles mit einer Idee begonnen, und jetzt ist unsere Kabelhalterung schon richtig gefragt – das hätten wir am Anfang nicht erwartet”, ergänzt Kastler. “Möglich gemacht haben das unser Engagement, Durchhaltevermögen und ein klares Geschäftsmodell. Die derzeitige mediale Wahrnehmung ist sehr auf Österreich und Deutschland reduziert. Wir konzentrieren uns aber auf den gesamteuropäischen Markt, mit einer langfristigen Strategie. Neueste Zahlen zeigen, dass es bis 2030 32 Millionen Ladepunkte in der EU geben wird – das stimmt uns sehr positiv.”

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