11.09.2019

Der Wettlauf zum Käfer des E-Auto-Zeitalters beginnt

Mehrere Autobauer nehmen die Leitmesse der Automobilindustrie IAA in Frankfurt zum Anlass, "leistbare" E-Autos bzw. entsprechende Pläne zu präsentieren. Wer den Käfer des E-Auto-Zeitalters bringen wird, steht noch in den Sternen. Aber der Wettlauf scheint langsam zu beginnen.
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Der Wettlauf zum Käfer des E-Auto-Zeitalters beginnt
Käfer für die breite Masse - 1970 auf einem Parkplatz in der deutschen Stadt Kiel / Wikimedia Commons, (c) Friedrich Magnussen - Stadtarchiv Kiel

Bei weniger als 10.000 Stück lag die weltweite Auto-Produktion im Jahr 1900. In den Folgejahren stieg sie stetig an und erreichte etwa bereits 1908 die 100.000er-Grenze. Einen entscheidenden Push sollte jedoch das Jahr 1914 bringen – trotz Beginn des ersten Weltkriegs und einem damit verbundenem Einbruch in der Weltwirtschaft. Denn in diesem Jahr startete Henry Ford mit seinem Modell T erstmals in die Fließbandproduktion. Der Preis für ein Auto sank schlagartig von 850 auf 350 US-Dollar – nach heutiger Kaufkraft weniger als 10.000 Euro. Eine erste Massenadaption war damit geglückt – über den Preis. Wenige Jahrzehnte später konnte Volkswagen mit seinem Käfer das Kunststück nicht nur wiederholen, sondern übertreffen.

+++ Fokus-Channel: Mobilität +++

Weltweit die breite Masse erreichen

Denn es gelang VW weltweit, was Ford primär in den stark industrialisierten USA geschafft hatte: die breite Masse zu erreichen. Auf 21,5 Millionen produzierte Stück (im Gegensatz zu insgesamt 15 Millionen Ford Modell T) kam man bis zum Produktionsende 2003. Übertroffen wurde der Käfer nur mehr von einem Produkt des gleichen Konzerns: Seit 2002 ist der Golf – in all seinen Ausführungen – das meistverkaufte Auto aller Zeiten. Und viele andere Auto-Konzerne verkauften in der Zeit freilich mit ähnlichen bzw. ähnlich günstigen Modellen große Stückzahlen.

E-Autos: Steile Entwicklung auf niedrigem Niveau

Soviel zur Geschichte. Nun zur Gegenwart. Derzeit erleben wir – das scheint inzwischen klar – die Anfänge einer umfassenden Transition von Verbrennungsmotoren zu alternativen Antriebsformen, wobei E-Autos derzeit klar gegenüber Wasserstoff-Autos dominieren. Die Entwicklung der E-Auto-Stückzahlen verlief in den vergangenen Jahren ähnlich, wenn auch deutlich schneller, als jene der Autos Anfang des 20 Jahrhunderts. Noch 2009 lag die weltweite Zahl an Neuzulassungen unter 10.000. 2016 wurde die Millionengrenze überschritten. Und es ging seitdem weiter steil bergauf.

Setzt man die Zahlen in den Kontext aller Auto-Neuzulassungen, ist der Anteil an E-Autos aber noch sehr gering. 2,5 Prozent betrug er in Österreich 2018 inklusive Plug-In-Hybride. Abgesehen von einigen Vorreiter-Ländern in Nordeuropa – allen voran Norwegen mit rund 50 Prozent E-Auto-Anteil – scheint der Durchbruch noch fern.

Die Krux mit dem Preis

Sieht man auf die Preise für Neuwägen, verwundert das wenig. Knapp über 25.000 Euro kostet der Renault Zoe, ein E-Kleinwagen mit rund 280 Kilometer Reichweite derzeit mindestens. Er kommt in Österreich damit auf Platz 3 der E-Autos. Platz 2 geht an den etwas größeren BMW i3 mit rund 260 Kilometer Reichweite, für den schon mehr als 37.000 Euro zu berappen sind. Den ersten Platz holte sich zuletzt das “günstige” Tesla Modell 3 mit rund 400 Kilometern Reichweite um 43.000 Euro aufwärts. Zum Vergleich: Den kleinen (konventionellen) Renault Twingo bekommt man ab ca. 10.000 Euro. Der günstigste konventionelle BMW ist immerhin noch für unter 30.000 Euro zu haben. Das derzeit meistverkaufte Auto Österreichs, den geräumigen Skoda Oktavia, gibt es ab ca. 25.000 Euro.

Neue, günstigere Modelle auf der IAA

Der Befund ist klar: Für die Massenadaption braucht es bei E-Autos ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis – vor allem, um auch in Ländern mit geringerer Kaufkraft zu reüssieren. Dem steht derzeit freilich noch die teure Produktion im Weg. Doch es geht scheinbar voran. Erste Ansätze dazu präsentierten einige Auto-Konzerne in den vergangenen Tagen rund um die Leitmesse IAA in Frankfurt. VW will etwa die Basisversion seines neuen E-Mittelklasse-Wagens ID.3 schon kommendes Jahr für weniger als 30.000 Euro auf den Markt werfen. Ebenfalls für rund 30.000 Euro soll bald die E-Version des Opel Corsa zu haben sein, die auf der Messe präsentiert wurde.

Der Wettlauf zum Käfer des E-Auto-Zeitalters beginnt

Das Zeug zum Käfer des E-Auto-Zeitalters dürften diese Modelle, ähnlich wie das Tesla Modell 3, aber noch nicht haben. Der Preis ist im Vergleich zu Verbrennern noch immer zu hoch. Aufhorchen ließ in diesem Zusammenhang vor zwei Tagen jedoch Renault-Chef Thierry Bolloré gegenüber dem deutschen Handelsblatt. Er erwarte, dass innerhalb der kommenden fünf Jahre ein E-Auto für unter 10.000 Euro auf den Markt kommen wird. Ob das Renault tatsächlich gelingt, wird sich zeigen. Doch wenn es der französische Konzern nicht schafft, wird ein anderer einspringen müssen, um die breite Masse um erreichen. Vielleicht gelingt es ja abermals VW. Der Wettlauf scheint jedenfalls langsam zu beginnen.

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Das „Kernteam“: Leo Sulzmann, Mona Heiß und Markus Korn. (c) Freundeskreis

Käsealternativen aus Cashewnüssen, Mandeln, Soja oder Erbsenprotein: Der Markt für Käseersatzprodukte erlebt derzeit eine Hochphase. Auch das Startup Freundeskreis hat es sich zur Mission gemacht, mit seinem pflanzlichen „Cam-mhh-berta“ die Käsewelt zu transformieren. Anstelle von Milchkulturen, die in herkömmlichem Camembert verwendet werden, setzt das Unternehmen auf eine untypische Zutat: Marillenkerne – ein Nebenprodukt der heimischen Obstindustrie.

Ende letzten Jahres konnte Freundeskreis eine Förderung von 400.000 Euro von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) sichern – brutkasten berichtete. Mit dieser Förderung bauten sie nicht nur ihre Produktion aus, sondern brachten auch ihren veganen „Cam-mhh-berta“ erfolgreich auf den Markt. Im Interview mit brutkasten berichtet Co-Gründerin Mona Heiß über die Fortschritte des Startups und die Pläne für die Zukunft.

Freundeskreis wird mit weiteren 97.000 Euro gefördert

Seit Juni dieses Jahres ist der pflanzliche “Cam-mhh-berta” in ausgewählten Bio-Supermärkten in Wien erhältlich: Pepper & Ginny (1010), Maran Vegan (1060) und Markta (1090). Das Feedback ist vielversprechend: Nach Unternehmensangaben wurden in den ersten vier Monaten bereits rund 1.000 Stück verkauft.

Nur wenige Monate nach der aws-Förderung konnte sich Freundeskreis eine weitere finanzielle Unterstützung sichern: Die Wirtschaftsagentur Wien stellte über die Förderschiene “Produktion” dem Startup rund 97.000 Euro zur Verfügung. Wie Co-Gründerin Mona Heiß im Interview mit brutkasten verrät, soll das Geld in eine neue Pilot-Käsefabrik in Wien-Penzing fließen, die zugleich als zukünftiger Firmenstandort dienen wird.

Bisher finanziert sich Freundeskreis ausschließlich über Fördermittel. Für die kommenden Monate plant das Team jedoch eine Finanzierungsrunde im Frühjahr, um Investor:innen zu gewinnen und das Wachstum des Startups weiter voranzutreiben.

Marillenkerne liefert Cremigkeit und gesunde Nährstoffe

Freundeskreis entwickelte eine pflanzliche Käsealternative, die primär aus Marillenkernen besteht: den „Cam-mhh-berta“. Laut dem Unternehmen ist dieser geschmacklich und in der Konsistenz kaum von herkömmlichem Camembert zu unterscheiden. Der Grund liege in den Eigenschaften der Marillenkerne, die reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sind. Diese Nährstoffe sorgen demnach nicht nur für gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch maßgeblich zur cremigen Textur bei, erklärt Heiß.

Die Produktion des „Cam-mhh-berta“ erfolgt in „traditioneller Handarbeit“ auf einem Bauernhof im Wienerwald, in einer ehemaligen Käserei. Dabei setzt Freundeskreis auf dasselbe Verfahren, das auch bei der Herstellung von Kuhmilchkäse Anwendung findet. Das Ergebnis sei ein Käse, der sich durch “Cremigkeit, Nachhaltigkeit und Tradition” auszeichnet.

“Cam-mhh-berta” besteht nur aus vier Zutaten

Das Besondere an der Käsealternative sind die Marillenkerne, die als Hauptzutat dienen. Diese fallen normalerweise als Abfall- oder Nebenprodukt der Saft- und Marmeladenproduktion an. Freundeskreis bezieht die Kerne von regionalen Lieferanten, darunter das niederösterreichische Scaleup Kern Tec – brutkasten berichtete. Aus den Marillenkernen wird durch ein speziell entwickeltes Verfahren eine milchige Flüssigkeit gewonnen, die mithilfe von Reifekulturen, veganen Enzymen und Mikroorganismen zum „Cam-mhh-berta“ verarbeitet wird. Die Käsealternative kommt mit nur vier Zutaten aus: Marillenkerne, Salz, Wasser und vegane Reifekulturen.

Ein kritischer Punkt bei der Verarbeitung von Marillenkernen ist die darin enthaltene Blausäure, die gesundheitsschädlich sein kann. Hier hat Gründer und Forscher Leo Sulzmann ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Blausäure auf natürliche Weise abzubauen.

Freundeskreis-Team wächst

Hinter dem Food-Startup Freundeskreis stehen Forscher und Geschäftsführer Leonhard Sulzmann sowie Co-Gründerin Mona Heiß. Während Sulzmann sich auf die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte konzentriert, verantwortet Heiß die Kreativdirektion und den Markenaufbau. Zum Kernteam gehört außerdem Sales- und Operations-Verantwortliche Markus Korn. Mittlerweile zählt das Team sechs Mitglieder, die gemeinsam am weiteren Ausbau der Marke Freundeskreis arbeiten.

Zukünftig sollen mehr vegane Käsealternativen auf den Markt kommen

Freundeskreis arbeitet aktuell an der Entwicklung weiterer veganer Käsealternativen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll eine vegane „Frischkäsevariante“ auf Basis der Marillenkerne auf den Markt kommen. Doch das ist nicht alles: Eine weitere Produktreihe ist bereits in Planung. Co-Gründerin Mona Heiß verrät, dass es sich dabei voraussichtlich um ein Produkt handeln werde, das speziell zum Backen geeignet sei. Langfristig will das Startup außerdem auch einen veganen „Hartkäse“ anbieten. Die Herstellung dieses Produkts ist jedoch komplexer, da es aufgrund des verwendeten Verfahrens eine bestimmte Zeit für die Reifung benötigt.

In den kommenden Wochen soll außerdem ein Online-Shop live gehen, über den die Produkte von Freundeskreis direkt bestellt werden können. Diese Plattform wird zunächst als Testversion betrieben, um herauszufinden, wie gut sich die Produkte für den Direktvertrieb eignen. Geplant ist dabei ein Modell, bei dem die Käsealternativen erst auf Bestellung und nicht auf Vorrat produziert werden. Weiter in die Zukunft gedacht, kann sich das Startup auch den Vertrieb in Supermärkten vorstellen.

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