30.08.2016

Junge Wirtschaft will Brexit-Flüchtlinge nach Wien holen

Die Jungunternehmer-Sparte der Wiener Wirtschaftskammer will, dass der Hub Wien vom EU-Austritt Großbritanniens profitiert. Dazu lädt die Junge Wirtschaft Anfang Oktober 20 Londoner Startups nach Wien ein, um die Founder vom Standortwechsel von der Themse an die Donau zu überzeugen.
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Screenshot: startupswelcome.com - die Junge Wirtschaft will mit einer Aktion Londoner FinTech-Startups nach wien bringen.

Für die Junge Wirtschaft ist klar: Londoner Startups, vor allem im Fintech-Bereich, befinden sich nach dem Brexit-Votum in einer Notlage. In einer Aussendung heißt es dazu: “Die Belastungen durch die bevorstehende Ausgrenzung aus der Europäischen Union und somit auch aus dem damit verbundenen Markt wäre für viele Startups nicht verkraftbar und lässt ihnen keine andere Wahl, als sich nach einem neuen Standort umzusehen.” Die Lösung liegt für die österreichische Institution auf der Hand: Wien sei ein “sicherer Hafen” für die bedrohten Jungunternehmen.

+++ Hub London: Nach erstem Brexit-Schock herrscht schon wieder Optimismus +++

Wien soll von Brexit profitieren

Screenshot: startupswelcome.com - Auf der Promotion-Website herrscht eine klare Bildsprache.
Screenshot: startupswelcome.com – Auf der Promotion-Website herrscht eine klare Bildsprache.

Natürlich ist die Sorge um die Londoner Startups nicht ganz uneigennützig. So erklärt Junge Wirtschaft-Wien-Chef Jürgen Tarbauer dann auch in der Aussendung, man sehe “den Brexit vor allem als Chance, junge, innovative Unternehmen nach Wien zu holen“. Wien soll also durch die Ansiedlung von Londoner Fintech-Startups vom Brexit profitieren. Auch wenn man seitens der Wirtschaftskammer nicht müde wird, die Vorteile der österreichischen Bundeshauptstadt als Startup-Hub zu nennen, vertraut man dann aber doch nicht darauf, dass die Jungunternehmen von selbst kommen.

Fintech-Startups werden mit Pitch-Wettbewerb gelockt

Und so wird im Moment mit der Aktion “Start-ups Welcome” aktiv um sie geworben. Genauer will die Junge Wirtschaft von 5. bis 7. Oktober 20 “ausgewählte Top-Startups” aus London nach Wien holen und vor Ort Überzeugungsarbeit leisten. Bis 9. September läuft die Bewerbung dazu noch. In Wien erwarten die Founder dann Vorträge, ein Pitch-Wettbewerb, Mentoring-Einheiten und natürlich die obligatorische Sightseeing-Tour, mit der die Soft-Skills der Stadt gezeigt werden sollen.

+++ Dossier: Hub London +++

Promotion-Page: Palmenhaus statt “sicherer Hafen”

Screenshot: startupswelcome.com - Das Belvedere soll auf der website überzeugen. den Begriff
Screenshot: startupswelcome.com – Das Belvedere soll auf der website überzeugen. den Begriff “Brexit” sucht man vergeblich.

Besonders Punkten soll Wien bei den Gästen mit seiner Lebensqualität und der zentralen Lage in Europa. Dazu werden auf der dafür angelegten Homepage noch weitere Vorteile des Wiener Ecosystems hervorgestrichen. Gegenüber der Zielgruppe ist die Junge Wirtschaft in ihren Formulierungen übrigens etwas vorsichtiger: Von Brexit, Belastungen und Wien als “sicherem Hafen” ist auf der Promotion-Page, im Gegensatz zur Aussendung an österreichische Medien, keine Rede. Dafür sind im Hintergrund schöne Bilder vom Schönbrunner Palmenhaus und Schloss Belvedere zu sehen – natürlich mit dem Textzusatz: “Beside Mozart, Wiener schnitzel and apple strudel, Vienna has a lot more to offer”.

Londoner Startups tatsächlich in Not?

Die Vorsicht dürfte auch angebracht sein, spricht doch auch einiges gegen das Bild der in Not geratenen Londoner Startups. So überholte die britische Hauptstadt etwa erst Mitte August, noch vor dem Start der Aktion “Start-ups Welcome”, Berlin wieder als Stadt mit dem höchsten Betrag an investiertem Risikokapital. Immerhin: Tatsächlich gibt es, wie die Nachrichtenagentur Reuters vor einigen Tagen berichtete, einen Strom von Fachkräften aus dem Fintech-Sektor von London nach Berlin. Ob es der Jungen Wirtschaft mit “Start-ups Welcome” gelingt, einen Teil dieses Stroms nach Wien umzuleiten, bleibt abzuwarten.

+++ Dossier: FinTech +++

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(c) Adobestock

Wie steht es um die Haltung und Aktivitäten rund um Nachhaltigkeit in der heimischen Wirtschaft? Ein umfassendes Bild liefert eine neue Befragung der Unternehmenberatung Deloitte, die gemeinsam mit Foresight im Herbst 2024 über 400 Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen befragt hat.

Strategische Verankerung fehlt

Das Ergebnis: Unternehmen erkennen zunehmend die Relevanz von Nachhaltigkeit. So schätzen 86 Prozent der Befragten das Thema als entscheidend für ihren künftigen Geschäftserfolg ein. Zudem haben mehr als die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Dekarbonisierung eingeleitet, etwa durch Photovoltaikanlagen oder den Umstieg auf grünen Strom. Diese Maßnahmen bleiben laut Deloitte jedoch häufig oberflächlich. Die strategische Verankerung von Nachhaltigkeit im Kerngeschäft – inklusive klarer Zielsetzungen – ist oft nicht ausreichend ausgeprägt.

“Zwar setzen viele Betriebe bereits Einzelmaßnahmen um, aber es fehlen die strategische Verankerung sowie klar definierte und laufend überprüfte Nachhaltigkeitsziele. Die nachhaltige Transformation kann allerdings nur mit einem klaren strategischen Fokus gelingen“, so Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory & Financial Advisory bei Deloitte Österreich.

Geschäftskunden üben Druck aus

Besonders der Druck aus den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen treibt Unternehmen an. 60 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Geschäftskunden (30 Prozent) sowie öffentliche und private Kunden die Haupttreiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind. Dieser Druck wird durch strikte Berichtspflichten und die zunehmende Nachfrage nach Transparenz verstärkt.

Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen. 61 Prozent der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 Prozent) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen.

Investitionsbereitschaft geht zurück

Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000,- bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent gesunken.

Ein wesentlicher Stolperstein ist die fehlende Klarheit bei der Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht. Rund ein Viertel der Unternehmen in Österreich weiß noch nicht, ob sie von der neuen Berichtspflicht betroffen sind, was Unsicherheiten bei der Planung verstärkt. Gleichzeitig bleibt die Bürokratie für viele kleinere Unternehmen eine fast unüberwindbare Hürde.



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