14.07.2021

Junge Wirtschaft: “Stimmung bei Jungunternehmern steigt wieder Richtung Vor-Krisenniveau”

Die Junge Wirtschaft hat am Mittwoch gemeinsam mit dem Linzer market-Institut das aktuelle Konjunkturbarometer präsentiert, das halbjährlich die Stimmungslage der österreichischen Jungunternehmer untersucht. Das Ergebnis: Die Stimmung der jungen Selbständigen steigt wieder Richtung Vor-Krisenniveau.
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Junge Wirtschaft
v.l.n.r: David Pfarrhofer, Vorstand des market-Instituts, Christiane Holzinger, Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft und Elisabeth Zehetner-Piewald, Geschäftsführerin der Junge Wirtschaft Österreich | © Anna Rauchenberger:

Wie ist aktuell die Stimmung unter den österreichischen Jungunternehmern? Eine detaillierte Antwort darauf liefert traditionsgemäß das Konjunkturbarometer, das die Junge Wirtschaft halbjährlich gemeinsam mit dem Linzer market-Institut durchführt und unterschiedlichste Parameter erhebt – angefangen von der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage Österreichs über die eigene Kostensituation bis hin zu Investitionsaktivitäten im eigenen Betrieb. In der mittlerweile 21. Auflage bildete zudem das Thema “Generationengerechtigkeit” ein Schwerpunktthema, wobei die Befragten zum Thema Pensionen, Budget und Klimaschutz befragt wurden.

JW-Konjunkturbarometer: Die Ergebnisse

Knapp die Hälfte der rund 1.270 Befragten glaubt an einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag der Wert nur bei 15 Prozent. „Österreichs junge Unternehmen erreichen nicht nur stimmungsmäßig wieder die gewohnte Betriebstemperatur. Sie wollen auch wieder investieren und Jobs schaffen,“ resümiert David Pfarrhofer vom market-Institut. Das Ergebnis: Die Stimmung der jungen Selbständigen steigt wieder in Richtung Vor-Krisenniveau.

(c) Screenshot JW-Konjunkturbarometer

Zudem zeigt sich auch bei den Standard-Parametern, die im Konjunkturbarometer regemäßig erhoben werden, ein positiver Trend:

  • Das Kaufvolumen der Kunden steigt laut den Jungunternehmern an.
  • Die Jungunternehmer rechnen überwiegend mit einer konstanten Kostensituation.
  • Knapp die Hälfte der Jungunternehmer rechnet mit steigenden Verkaufspreisen.
  • Rund ein Drittel der JungunternehmerInnen rechnet mit einer Verbesserung der eigenen Ertragslage.
  • Die Investitionsaktivitäten bleiben größtenteils konstant – knapp ein Drittel plant aber eine Steigerung.
  • Ein Drittel plant in den kommenden Monaten mindestens einen neuen Mitarbeiter einzustellen.

+++ Alle Ergebnisse im Details könnt ihr hier nachlesen +++

Junge Wirtschaft fordert steuerliche Entlastung für Investitionen

Traditionsgemäß wurden im Rahmen der Präsentation des jüngsten Konjunkturbarometers auch politische Forderungen der Jungen Wirtschaft präsentiert, die mit Zahlen aus der jüngsten Umfrage untermauert wurden. So geht aus der Umfrage beispielsweise hervor, dass für 59 Prozent der Befragten eine Steuersenkung unumgänglich ist.

“Entlastung ist aus Sicht der jungen Betriebe der richtige Weg, damit Investitionen – etwa in Wachstum und Klimaschutz – wieder neue Handlungsspielräume eröffnen,“ so Holzinger. “Auch zur Stärkung der Eigenkapitalbasis brauchen die jungen Betriebe spürbare Entlastung.“

Neben einer Rückkehr zu einer nachhaltigen Budgetpolitik wäre für die Junge Wirtschaft laut Holzinger vor allem die Einführung eines Beteiligungsfreibetrags essenziell. Dieser fand unter anderem auch Einzug in das jüngste Positionspapier, das Junge Wirtschaft gemeinsam mit der Austrian Angel Investors Association (aaia), der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO), der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und insgesamt 40 weitere Unterstützern Mitte Mai diesen Jahres präsentierte. Für Holzinger, die erst unlängst neu in den Vorstand der aaia bestellt wurde, würde aber auch die Senkung der Körperschaftssteuer auf 21 Prozent schnelle Effekte erzielen.

Junge Wirtschaft: Generationengerechtigkeit ist von großer Bedeutung

Das Schwerpunktthema “Generationengerechtigkeit” sei laut Holzinger im jüngsten JW-Konjunkturbarometer nicht per Zufall gewählt worden. “In vielen Gesprächen mit Jungunternehmern haben wir die Rückmeldung erhalten, dass die Generationengerechtigkeit für sie von großer Bedeutung ist. Nun können wir unsere subjektive Wahrnehmung mit handfesten Zahlen belegen”, so Holzinger.

Zu den zentralen Themen der Generationengerechtigkeit zählen laut Befragung für die Jungunternehmer insbesondere ein stabiles Pensionssystem und nachhaltige Zukunftsinvestitionen, mit 90 Prozent bzw. 89 Prozent Zustimmung. Die Generationengerechtigkeit beinhaltet verschiedenste Themen – wie z.B. nachhaltige Zukunftsinvestitionen, Zugang zu Bildung und leistbarem Wohnen. Hier die Ergebnisse im Details:

(c) Screenshot JW-Konjunkturbarometer

Die Bedeutung von Klimaschutz bei Jungunternehmern

Weitere Aufgaben für die Bundesregierung sehen die Befragten in Maßnahmen für Bildung (45 Prozent) zur Sicherung von Fachkräften und im Klimaschutz (44 Prozent). Beim Thema Klimaschutz hat die Junge Wirtschaft laut Holzinger in Österreich “eine klare Position”: 59 Prozent fordern, dass es für die Zukunft ein Miteinander von Umwelt und Wirtschaft geben muss. “Wirtschaft und Umwelt bedingen einander. Darum müssen die klassischen Wachstumstreiber durch eine Senkung der Steuern, gezielte Investitionsanreize und das Begleiten des Wandels ins Richtung Ökologisierung und Innovation gestärkt werden”, so Holzinger. Ein wesentlicher Aspekt sei dabei das nachhaltige Wiederverwenden von Produkten und Ressourcen. “Kreislaufwirtschaft kann sich auch in der Betriebsführung widerspiegeln. Etwa bei Übernahme von Betrieben, um die Substanz zu erhalten”, so Holzinger abschließend.


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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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