09.07.2018

Joel Spolsky und Sead Ahmetović : Warum es zu wenige Developer gibt

Woran liegt es, dass es zu wenige ProgrammiererInnen gibt? Joel Spolsky, CEO Stack Overflow, und Sead Ahmetović, Managing Director WeAreDevelopers, haben beide jeweils unterschiedliche Antworten auf das Problem.
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© stackoverlfow © wearedevelopers

WeAreDevelopers und Stack Overflow haben viel gemeinsam. Zuallererst eine Community aus Programmierern – beide international, die eine noch etwas kleiner als die andere. Und zweitens das Businessmodel einer Hiring-Plattform. Die Online-Plattform Stack Overflow hatte vor vielen Jahren begonnen, Hiring-Features für seine Developer-Community zu integrieren. WeAreDevelopers möchte seine Talente aus jenem Pool schöpfen, der über die Jahre aus den eigenen Konferenz-Teilnehmern entstanden ist. Immerhin 8.000 Branchen-Insider besuchten die heurige Auflage des WeAreDevelopers World Congress in Wien. Die neue Plattform heißt DEVJOBS – der Brutkasten berichtete.

Was beiden Plattformen in Sachen Hiring in die Hände spielt: Ein dramatischer IT-Fachkräftemangel. “Der digitale Wandel hat viel rasanter stattgefunden als geplant”, sagt WeAreDevelopers-Founder Sead Ahmetović. Jedes große Unternehmen hat heute freie Arbeitsplätze für Programmierer. Die Developer-Szene ist schlicht zu klein. Über die Gründe und Strategien zur Bewältigung eines der größten Beschäftigungsprobleme unserer Zeit haben wir mit den beiden gesprochen.

Zwei Perspektiven auf die Bildungsfrage

WeAreDevlopers Managing Director Sead Ahmetović sieht klaren Handlungsbedarf in Bildung im frühen Alter: “Die ganze Welt ist technisiert. Und ich glaube, wenn du Kindern von Anfang an mitgibst, wie eigentlich solche technischen Zusammenhänge funktionieren – da geht’s nicht einmal um’s Programmieren –  dann erklärst du ihnen auch ein bisschen wie die Welt heute funktioniert.”

Dabei finde man bereits Vorbilder im Norden Europas: “Zum Beispiel gibt es in Schweden schon in der Grundschule das Fach Computing.” Die große Chance, kommende Generationen stärker in den Developer-Beruf zu bringen, habe man dort mit der frühen Vermittlung von “digitalen Basiskenntnissen” bereits erkannt. Ahmetović schlägt konkret etwa den Einsatz von Programmiersprache für Kinder vor. Damit könne man “theoretisch schon im Kindergarten anfangen.”

Hiring-Schwierigkeiten: Ein hausgemachtes Bildungsproblem

Für Ahmetović ist der Fachkräftemangel also “ein hausgemachtes Bildungsproblem” – eines, das “alle Länder durch die Bank” betrifft. “Alle haben den digitalen Wandel verschlafen. Und jetzt sind wir natürlich vor der Situation, dass es viele offene Positionen am Arbeitsmarkt gibt, die nicht gedeckt werden können.”

Konkret bezogen auf Österreich sieht der WeAreDevelopers-Founder auch Chancen in der Zuwanderungspolitik, “damit wir Top-Talente aus anderen Ländern bekommen.”

Probleme innerhalb der Branche?

Stack Overflows Joel Spolsky reagiert zögerlich auf die Frage nach der IT-Früherziehung. “If I had kids I would definitely want them to learn about programming. But it’s also a very corky profession and it takes a certain type of intelligence and attitude. Some people have it and some people just don’t. And some people really love it and those people are successful.”

Für Spolsky liegt der Kern des Problems innerhalb der Developer-Szene selbst: “I think our big problem is not that we are not teaching our kids how to program. The bigger problem is, that the whole profession is not very welcoming and not very friendly.”

Programmieren: “A profession that drives away a lot of people!”

Es sei kein Geheimnis, dass sich die Probleme der Branche deutlich schon aus demografischer Perspektive zeigen: “If we where not pushing a lot of people out off the field, we’d very likely have a very much more diverse landscape of programmers. A much higher ratio of women for example. And that is probably the real answer to the problem of the shortage of developers.”

Spolsky gibt dazu ein Beispiel – gerade der Einstieg in den Beruf des Programmierers sei hart: “Programming really is a matter of keeping a million facts in your mind at once and seeing the magical solution to something that seems so mystical.”

Auf seiner Plattform Stack Overflow, auf der Fragen zu Coding-Problemen gestellt und beantwortet werden, zeige sich gerade hier eines der Phänomene, das viele abschreckt: “You ask a question about a specific problem and very often you will get two answers. The first one – Oh god, that’s easy! And then you feel stupid.” And then you get the real answer and you feel even more stupid, because you might think – I still don’t understand why it works. How could this ever seem easy to you. I must be in the wrong profession.” Spolskys Fazit: “Be nicer. And be more encouraging.”

Fazit: Bessere Vorbereitung und positivere Branchen-Kultur

“Ich glaube, dass in Zukunft fast jeder in irgendeiner Form ein Techniker sein muss”, meint Ahmetović und erklärt: “Das heißt nicht unbedingt immer programmieren, das kann auch oft nur ein Grundverständnis sein.” Auf diese Zukunft müsse sich die Gesellschaft vorbereiten – vor allem im Bildungssektor.

Dass sich eben auch die Branche selbst ändern müsse, betont Spolsky und lacht: “Stop at least making it seem easy. Because it’s not. It’s hard for everyone.” Er wünscht sich mehr Ermutigung untereinander und möchte konkrete Features, die einen positiveren Umgang zwischen den Developern fördern, in Stack Overflow implementieren.

→ Hier geht’s zur Website von WeAreDevelopers DEVJOBS

→ Stack Overlfows Talent Plattform

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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