10.01.2019

Zwischenruf zur Regierungsklausur: “It’s Entrepreneurship, Stupid!”

Kommentar. Die Bundesregierung ist auf Klausur und setzt die Digitalisierung ganz oben auf ihre Prioritätenliste. Das ist wichtig und richtig. Mit einem Zwischenruf: "It's Entrepreneurship, Stupid!"
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Dejan Jovicevic - Gesundheitsdaten Weltkrebstag
(c) A1 Telekom Austria/APA-Fotoservice/Hinterramskogler

Die Bundesregierung startete heute ihre zweitägige Klausur. Neben der geplanten Steuerreform ist im Vorfeld auch die Digitalisierung als zentraler Punkt auf der Agenda kommuniziert worden. Sie stehe ganz oben auf der Prioritätenliste der Regierung, heißt es immer wieder – nicht nur von der Digitalisierungsministerin. Das ist wichtig und richtig. Österreich soll zum Vorreiter in der Digitalisierung werden! Ich habe es bereits an anderer Stelle ausgeführt: Die Bundesregierung widmet sich dem Thema Digitalisierung, wie auch Startups, grundsätzlich mit großer Aufmerksamkeit und setzt viele Maßnahmen rasch um.

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Sich nicht zu schnell zufrieden geben

Mit ihrer Umsetzungsstärke weckt und steigert die Regierung aber auch unsere Erwartungs­haltung. Im Bereich der Digitalisierung ist es wichtig sicherzustellen, dass die Themen und Projekte nicht zu kurz greifen. Man läuft Gefahr, sich zu schnell zufrieden zu geben und den visionären Blick für das große Ganze zu verlieren. Antonella Mei-Pochtler, Leiterin der Stabstelle Think Austria im Bundeskanzleramt, sagt nach den Gesprächen mit Ex-Google CEO Eric Schmidt, im brutkasten-Interview durchaus gewagt: Wir sollten zu einer Software-Engineering-Nation werden.

Die digitale Transformation der Wirtschaft unterstützen

Das bedingt natürlich disruptive regulatorische Ansätze. Die Regierung darf sich somit nicht nur darauf fokussieren, die Verwaltung zu digitalisieren. Ansätze wie die Plattform oesterreich.gv.at sind sehr zu begrüßen, reichen aber nicht aus. Man muss vor allem die digitale Transformation der Wirtschaft unterstützen. Im KMU Bereich wurde mit der Gründung der Digitalisierungsagentur (DIA) ein sehr wichtiger Mosaikstein in diese Richtung gesetzt. Darüber hinaus gibt es anscheinend aber noch Hürden: “Wenn man Innovation als ein Produkt aus Versuch und Irrtum versteht, dann sind es FinTechs, die so etwas tun können. Wir sind so straff geregelt, dass jeder Fehler mit Strafe in Verbindung zu setzen ist”, sagte etwa der Risikovorstand der Erste Bank Group, Willibald Czernko, in einem brutkasten-Interview.

Regulatorische Sandboxes und technologische Strategie

Wir benötigen also ein entsprechendes Umfeld mit regulatorischen Sandboxes im gesamten Tech- und Innovations-Bereich. Der FinTech-Beirat lieferte hier eine vielversprechende Vorlage für die Finanzbranche. Jetzt müssen weitere Bereiche folgen. Dazu braucht es eine entsprechende technologische Strategie der Regierung. In den Bereichen AI und Blockchain dürfte man bereits in der finalen Phase sein. Wieder gilt: Das sind nicht die einzigen relevanten Themen.

Einfachere Vergabeverfahren in der Zusammenarbeit mit Startups

Nicht zuletzt wäre auch vereinfachte Möglichkeiten für die Kollaboration mit Startups für öffentliche Rechtsträger wichtig. Die Regelungen im Bereich Vergabeverfahren sind hier etwa ein großer Hemmschuh und müssen erleichtert werden. Eine gute Vorlage liefert hier einmal mehr das Silicon Valley. San Francisco betreibt mehrere Initiativen, bei denen Startups direkt einbezogen werden, um die Herausforderungen der Stadt anzugehen, etwa ein Startups in Residence-Programm. Neben einer intensiven Kooperation zwischen öffentlichen Bediensteten und Startup-Teams bringt das Programm vor allem eines: Eine simple Vergabe-Regelung, die sicherstellt, dass diese Projekte auch tatsächlich umgesetzt werden können.

“It’s Entrepreneurship, Stupid”

Meinen stärksten Appell an die Bundesregierung will ich im Bereich Entrepreneurship richten. Digitalisierung und Innovation existieren nicht ohne Unternehmer, die sie wirtschaftlich nachhaltig umsetzen, daraus Geschäftsmodelle entwickeln und Wertschöpfung schaffen. In Österreich investieren wir sehr viel Geld in Innovation (Nr. 2 bei F&E-Ausgaben pro Kopf nach Schweden in der EU). Der Output ist aber ausbaufähig. Ich glaube, es fehlt uns noch viel vom unternehmerischen Geist, um aus den Innovations-Investitionen skalierbare Geschäfte, ja globale Weltmarktführer aufzubauen. Wie mir Christoph Räthke, ein Pionier der Berliner Startup-Szene in einem Gespräch gesagt hat: “It’s Entrepreneurship, Stupid”. Recht hat er und wir müssen sowohl das allgemeine Standing als auch die Rahmenbedingungen für Unternehmer deutlich verbessern. Hier ist nicht nur, aber auch die Regierung gefragt.

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Peter Gönitzer und Lorena Skiljan | (c) Nobile

Erst Mitte Mai gab das Wiener Energy-Startup Nobile die internationale Expansion nach Deutschland, Italien und die Schweiz bekannt. Mit der Energieplattform Nobile:Connected können sich Erzeuger in sogenannten Energiegemeinschaften (Energy-Hubs) zusammenschließen. Sie sollen künftig die Basis für die Dezentralisierung der Stromnetze bieten. Die Plattform des Wiener Startups ermöglicht dabei die direkte Versorgung von Verbrauchern mit erneuerbarer Energie auf lokaler, regionaler und überregionaler Ebene. Zudem können auch sogenannte micro Power Purchase Agreements (PPAs) mit Hilfe der Technologie abgewickelt werden (brutkasten berichtete).

Die Runde der Investoren

Nun erhält die internationale Expansion des Wiener Startups zusätzlich Rückwind. Wie das Unternehmen am Dienstag bekannt gab, konnte Nobile eine Finanzierungsrunde in Höhe von fünf Millionen Euro abschließen. Die letzte größere Finanzierungsrunde in Millionenhöhe kommunizierte das Unternehmen übrigens Anfang August 2023 (brutkasten berichtete).

Die Runde wird von 6 Degrees Capital angeführt. Konkret handelt es sich dabei um einen Frühphasen-VC-Fonds mit Sitz in London und Antwerpen, der in Startups von der Seed bis zur Series-B-Phase investiert. Laut eigenen Angaben fokussiert sich 6 Degrees Capital auf die Bereiche FinTech und SaaS. Zum Portfolio zählt beispielsweise auch das Linzer Startup Blockbit. Neben 6 Degrees Capital beteiligt sich auch D2 Fund, Doral Energy Tech und Helen Ventures an der jüngsten Finanzierungsrunde für Nobile.

“Wir werden tiefer in neue Märkte Märkte wie Deutschland, Italien, die Schweiz, Belgien und Niederlanden vorstoßen und unser Team von Energiespezialisten sowie von Produkt- und Ingenieurstalenten ausbauen“, so Lorena Skiljan, CEO und Mitbegründerin von Nobile, gegenüber brutkasten. Zudem soll die Plattform weiterentwickelt werden. Als ein Feature nennt Skiljan die Asset-Steuerung.

Die Wachstumspläne von Nobile

Derzeit werden über die Plattform des Unternehmens über 130 sogenannter Energy-Hubs betrieben, die laut Nobile eine Energieleistung von rund 17,5 GWH an erneuerbarer Energie produzieren. Für 2025 plant das Unternehmen zusätzlich 200 neue Energie-Hubs über die Plattform nobile:connected zu betreiben. Das Unternehmen kooperiert hierfür in erster Linie mit Industrieunternehmen, Gemeinden sowie Tourismusregionen.

Das Team des Startups | (c) Nobile

Für die Expansion baut das Startup derzeit neue Sales-Teams auf. In Deutschland und Italien sollen diese Teams direkt vor Ort über eigene Standorte agieren. Zudem möchte Nobile in den nächsten Monaten bis zu 15 Mitarbeiter:innen neu anstellen.

Die Basis für die Ausrollung in die neuen Märkte bildet die bereits erwähnte Energy-Sharing- und Serviceplattform nobile:connected. Künftig soll die Plattform in Deutschland auch über eine Whitelabel-Lösung an Stadtwerke vertrieben werden. In der Schweiz werden Energiegemeinschaften hingegen nach österreichischem Vorbild serviciert.

“Wir transformieren den Energiemarkt mit einem dezentralen, von unten nach oben gerichteten Modell, das traditionelle Versorger ergänzt und direkt lokale Gemeinschaften bedient“, so Peter Gönitzer, CEO und Mitgründer von Nobile.


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