04.04.2023

Ist GA4 überbewertet? Tipps für den Wechsel

Marketer sind auf der Suche nach alternativen Analytics-Plattformen. Hier finden Sie die Informationen, die Sie zu einem Wechsel benötigen.
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Piotr Korzeniowski, CEO PiwikPro
Piotr Korzeniowski, CEO PiwikPro | Foto: PiwikPro
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Ab dem 1. Juli 2023 ersetzt Google Universal Analytics (UA) durch Google Analytics 4 (GA4). Im Juli 2024 wird UA 360 aufhören, Informationen zu sammeln, und seine historischen Datenbanken werden gelöscht.

Google drängt die Nutzer, so schnell wie möglich zu GA4 zu wechseln. Schon ab März 2023  wird es den GA4-Service mit Grundeinstellungen für Kunden konfigurieren, die noch nicht auf die neue Version migrierten. Sie haben immer noch die Option, sich von diesem Dienst abzumelden. Diejenigen, die bis Juli nicht zu GA4 wechseln, werden jedoch zwangsmigriert. Und das ist ein Verfahren, von dem sogar Google selbst abrät, weil Sie dabei Konfigurationsfehler und verminderte Datenqualität riskieren.

Viele Marketer zögern den Wechsel zu GA4 hinaus, weil es ein anderes Datenmodell verwendet. Sie müssen die Art und Weise ändern, wie sie das Nutzerverhalten tracken und darauf reagieren. Dazu kommt der Verdacht, dass GA4 ebenso wie UA die DSGVO nicht einhält.

Und wenn die Vorschläge von Google Sie nicht zufriedenstellen, warum nicht über den Tellerrand schauen und eine andere Analyselösung wählen? Der Markt ist breit gefächert, und es gibt andere bewährte Anbieter.

Wann ist Migration auf ein neues Tool definitiv von Vorteil?

1. Wenn Ihre Organisation in der EU tätig ist, insbesondere wenn Sie mit sensiblen Kundendaten arbeiten. 

Google behauptet, dass bei der neuen Plattform der Datenschutz im Mittelpunkt stehe. Die Datenschutzbedenken sind aber noch lange nicht ausgeräumt. 

“Einige der Datenschutzbehörden in Europa stufen den Einsatz von GA als nicht konform ein, da Google Analytics Daten in die USA sendet”, so Piotr Korzeniowski, Chief Executive Officer bei Piwik PRO. “Es ist ein drittes Abkommen zur Regelung dieses Datenflusses in Arbeit, das wahrscheinlich in Kraft tritt. Die meisten Datenschutzexperten behaupten jedoch, dass es auch für ungültig erklärt wird. Nach der Annahme wird es also wahrscheinlich zum dritten Mal gekippt.”

Suchen Sie nach einer Plattform, die Datenschutz- und Compliance-Funktionen bereits im Lieferumfang enthält. So können Sie sich in Ruhe auf Funktionen wie Skalierbarkeit, Geschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit konzentrieren. Auf diesen Säulen bauen Sie eine Strategie auf, mit der Sie nachhaltig Daten erheben, gesetzliche Vorschriften dauerhaft berücksichtigen und das Vertrauen der Kunden stärken.

2. Wenn Sie Third-Party-Integrationen berücksichtigen müssen.

“Wenn Sie von Google Ads abhängig sind, macht GA4 absolut Sinn. Wenn Sie aber mit verschiedenen Werbeplattformen arbeiten und GA4 diese nicht einwandfrei integriert, dann wird vielleicht ein anderer Analytics-Anbieter Integration mit allen Plattformen (einschließlich Google) oder anderer Third-Party-Software, die Sie benötigen, bieten”, sagt Korzeniowski.

3. Wenn Sie ein bekanntes und bewährtes Datenmodell nicht aufgeben wollen.

Der Übergang zur eventbasierten Analyse von GA4 erfordert ein Umdenken, insbesondere wenn Sie in der Regel mit sitzungsbasierten Daten arbeiten. Das neu eingeführte Datenmodell der Plattform, die komplizierte Attribution und fehlende Standard-Marketingberichte über Kanäle und Kampagnen wirken überwältigend. 

Der Einsatz von GA4 erfordert beträchtliche analytische Kompetenz und einen tiefen Einblick in Daten. Es heißt, sich mit der Benutzeroberfläche vertraut zu machen, die neuen Metriken zu verstehen und herauszufinden, wie Sie wertvolle Schlüsse ziehen. Ferner benötigen Sie wahrscheinlich ein engagiertes Teammitglied, das Sie anleitet. All dies unter Termindruck.

Google versucht, seine Nutzer davon zu überzeugen, dass das Datenmodell von UA bereits veraltet ist. Entgegen diesen Behauptungen macht es sich jedoch gut und viele Marketer sehen es als bewährt und wirksam an.

Wenn Sie detaillierte Informationen über Nutzerinteraktionen benötigen und sich gerne auf Verhaltensberichte verlassen, müssen Sie darauf nicht verzichten. Nutzen Sie eine Software, die ein ähnliches Modell wie UA verwendet und auf vergleichbarer Tracking-Logik basiert. Ein Anbieterwechsel wird auch nicht problematisch verlaufen, wenn Sie sich richtig darauf vorbereiten.

Vorbereitung auf einen Plattformwechsel

Bevor Vermarkter Ihre Wahl der geeigneten Analytics Plattform treffen, sollen sie Ihren tatsächlichen Bedarf evaluieren und ihren Datenerhebungsprozess analysieren. Dies ist auch ein guter Zeitpunkt, um einen nachhaltigen Datenerfassungsprozess zu etablieren. Einen, bei dem der Datenschutz im Vordergrund steht und der das Vertrauen ihrer Kunden stärkt. So finden Sie heraus, ob sie mit einer Alternative besser als mit GA4 bedient wären.

Sobald Sie den Bedarf Ihrer Organisation und die rechtlichen Verpflichtungen klar sehen, ist es Zeit zu handeln:

  • Bewerten Sie Ihren Stack und Ihre Ressourcen: Entsprechen Sie Ihrem Bedarf? Harmonieren die Tools miteinander? Sollten Sie einige Software loswerden?
  • Bereinigen Sie Ihre Daten: Denken Sie an den Grundsatz der Datenminimierung. Sammeln Sie nur relevante Daten, die Sie wirklich benötigen.
  • Implementieren Sie die neue Analytics Plattform: Richten Sie den neuen Tracking-Code ein, der Daten über die Besucher Ihrer Website oder App sammelt.
  • Bewerten Sie Ihre neuen Daten: Nach der Implementierung der Plattform betreiben Sie sie einige Monate lang parallel zu Ihrer bestehenden Software. Während dieser Zeit prüfen Sie Ihre neuen Daten und korrigieren eventuelle Fehler. 
  • Schulen Sie Ihr Team: Ermitteln Sie den wirklichen Schulungsbedarf. Erteilen Sie entsprechende Zugriffsrechte. Finden Sie einen Experten, der andere Mitarbeiter schulen und alle Fragen beantworten wird.

Eine gut abgerundete Lösung

Ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Zielen und dem Datenschutz zu finden, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die richtige Software erleichtert Ihnen diesen Auftrag erheblich. Piwik PRO Analytics Suite zum Beispiel zielt darauf, sowohl wertvolle Einsichten zu liefern als auch die Compliance zu gewährleisten. Sie schließt auch die mit Google Analytics verbundenen Probleme aus. Da Benutzeroberfläche und Funktionen der Piwik PRO Analytics Suite denen von Universal Analytics ähneln, ist der Wechsel recht simpel. Sowohl kostenlose als auch kostenpflichtige Angebote beinhalten einen Analysedienst für Ihren individuellen Bedarf. Wenn Sie mehr über die GA-Alternative erfahren möchten, besuchen Sie piwikpro.de

Über Piwik PRO 

Piwik PRO bietet eine leistungsfähige, datenschutzkonforme Analytics-Software und eminenten Kundendienst, sodass Kunden das Beste aus ihren Daten holen. Die Piwik PRO Analytics Suite bietet flexible Datensammlung und Reports, sowie Consent Manager, Tag Manager und eine Customer Data Platform. Analytics-Experten aus führenden Organisationen, wie die Deutsche Flugsicherung, die Europäische Kommission und Škoda Auto optimieren ihre Customer- und User Journey mit Piwik PRO.

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“Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?”

Am diesjährigen Global Leaders Summit haben wir mit der dänischen Founderin Ida Tin gesprochen. Wie sie zur Mother of Femtech wurde und warum sie glaubt, Europa fehle die Vision.
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Ida Tin, Co-Founderin von Clue (c) Valerie Maltsev

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Bunte Hosenanzüge, gepaart mit hohen Absätzen, Sneakers, langen Locken und eleganten Kurzhaarschnitten – beim diesjährigen Global Leaders Summit, organisiert von the female factor und unterstützt von der Stadt Wien, gleicht das Publikum einem bunten Bällebad. An diesem ungewöhnlich warmen September­donnerstag füllt sich das Wiener Rathaus mit über 500 weiblichen Führungskräften aus 50 Nationen.

Is this how a leader looks like?

Mittendrin ragt die dänische Founderin Ida Tin aus der Menge. In einem grau-weiß gestreiften Blazer und mit elegantem Hair-Updo setzt sie kontrollierte Schritte auf den roten Teppich, der Besucher:innen den Weg ins Rathaus markiert. Links und rechts stehen weiß bezogene Stehtische, vor einer türkisen Fotowall tummeln sich Hosenanzüge. „This is how a leader looks like“ steht auf der Fotowand.

„Schriftstellerin“ ist die Berufsbezeichnung, die aus diverser Berichterstattung rund um die dänische Gründerin hervorgeht. In ihrem ersten Buch schrieb sie über Motorradreisen. In Dänemark wurde es zum Bestseller. Ihre Geschichte ist eine, die von vielen gehört und gelesen gehört – denn Ida heißt heute „Mother of Femtech“.

Mother of Femtech

Ida wurde im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro geboren und war einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Lebens auf dem Motorrad unterwegs. Mit ihren Eltern und ihrem Bruder hat sie so mehrere Länder der Welt bereist.

Zusammen mit ihrem Vater ­arbeitete sie später für Moto Mundo, einen ­ Motorrad-Reiseveranstalter. In den frühen 2000ern organisierte sie Motor­radtouren durch Vietnam, die USA, Kuba, Chile oder die Mongolei; 2009 erschien ihr besagtes Buch „Direktøs“, in dem sie von ihren Reiseerfahrungen erzählt.

Weil auf Reisen kein Tag ist wie der andere, stand Ida vor einem Problem: Woher weiß sie, wann ihre Monats­blutung kommt? Händisch mitzuschreiben ging nicht, am Motorrad war kaum Platz. Sie brauchte etwas Handliches; etwas, das immer dabei ist. Und etwas, das selbst mitdenkt.

Ida kam auf eine Idee – ­ wenige Jahre später startete sie eine der weltweit ersten Tracking-Apps für Frauengesundheit. Ida gründete Clue als App für menstruierende Personen im Jahr 2012 in Berlin, gemeinsam mit Hans Raffauf, Moritz von Buttlar und Mike LaVigne. Über die Jahre wurde Clue zu einer der berühmtesten Apps unter Menstruierenden. Damit schuf Ida eine technologische Lösung zur Verbesserung von Frauengesundheit – eine Femtech-Lösung.

Forgive me, but I think there is a little bit of a lack of vision for Europe.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Zurück am Global Leaders Summit höre ich Ida zu, wie sie auf der Global Stage des Großen Festsaals im Wiener Rathaus spricht. Ida setzt ihre Worte gezielt; im Trubel des Summits sticht sie nicht mit Lautstärke hervor, sondern mit Präsenz. Ohne ihre Stimme zu heben, finden Idas Worte ihren Weg durch die Geräuschkulisse des Festsaaltreibens. Sie spricht von einer Reform unseres Ökosystems.

„Let’s invite men into our world“ und „Sense your body, pay tribute to your mental health“ sind nur zwei der Aussagen, die man selten von Gründer:innen im Business-Kontext hört. Mit dem Aufbau ihres Unternehmens hat sie den Begriffen „Gründung“ und „Unternehmensführung“ eine neue Bedeutung verliehen. Sie hat sie menschlicher gemacht.

Nach dem Panel bleibt Zeit für ein kurzes Interview. Wieder schafft es Ida, mit bewusst gesetzten Wortkombinationen eine wichtige Message zu kommunizieren: „Wir müssen aufpassen, was wir als erfolgreich betrachten. Früher war Erfolg Geld, ein hoher Return on Investment; noch größere Finanzierungsrunden. Doch wenn wir ehrlich sind, ist der eigent­liche Reichtum unsere Gesundheit.“

Wie ein System funktioniert

Unverkennbar geht es in unserem Gespräch nicht nur um Geld: „Mehrere Studien zeigen, dass Investitionen in die Gesundheit von Frauen die Wirtschaft ankurbeln. Erst dieses Jahr hat McKin- sey einen Report herausgebracht, der zeigt: Wir würden uns jedes Jahr eine Billion Dollar sparen, wenn die Gesundheitsbedürfnisse von Frauen an- gemessen erfüllt würden.“

Ida zeigt in unserem Interview, dass sie das Thema bewegt: „Frauengesundheit ist teuer, gar keine Frage. Aber wir wissen mittlerweile auch: Wenn es Frauen gut geht, geht es ihren Unternehmen gut, ihren Familien und schließlich auch der Gesellschaft. Viel­fältige Teams begünstigen integrative Unternehmen, bringen weniger Voreingenommenheit und tatsächlich bessere Geschäftsergebnisse.“

Als ob das nicht schon selbsterklärend genug wäre, betont Ida mit einem Kopfnicken: „Wenn wir also Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.“

“Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und engstirnig.”

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Gesundheit!

Dass das in der Corporate-Bubble schwierig umzusetzen ist, weiß Ida. Auch alle bunten Hosenanzüge, die sich zum Global Leaders Summit im Wiener Rathaus versammelt haben, wissen es. Dass nicht tatenlos zugesehen werden darf, wie Frauen, ihre Gesundheit und ihr Potenzial im Unternehmertum vernachlässigt werden, weiß auch jede vor Ort.

„Wir wissen doch alle, dass man mehr Perspektiven in Führungsebenen bringt, wenn man Frauen dort reinsetzt. Wenn man sie einfach machen lässt und niemanden zu formen versucht. Wir leben in einer Kultur, vor allem in der Tech-Szene, in der wir Menschen formen. Du stellst jemanden an, du formst dir deine Arbeitskraft so, wie du sie willst, drückst sie in interne Strukturen. Du etablierst Arbeitsmodelle, die sich nach 40 Wochenstunden richten und Menschen gesundheitlich belasten. Und nicht selten endet das im Burnout. Ich denke, wir müssen uns in dieser Hinsicht mehr am Gesundheitsaspekt unserer Arbeit orientieren. Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“, so Ida.

Wenn wir Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Langsam lasse ich mir Idas Worte durch den Kopf gehen. „Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“ Ja, der Satz kommt wahrlich aus dem Mund einer der erfolgreichsten Founder:innen unserer Zeit. Das ist das Mindset jener Unternehmerin, die mit ihrer Tracking-App den Begriff Femtech prägte und den Grundstein für eine ganze Branche schuf. Sogar Apple war von Idas Technologie begeistert und bat um Zusammenarbeit.

Idas Mindset kommt nicht von irgendwo: „Meine Eltern waren ein Beispiel für Menschen, die genau das taten, was sie wirklich gerne machten; auch, wenn das in den Augen mancher als verrückter kleiner Traum schien. Mit ihrem Traum haben sie sich immerhin ihren Lebensunterhalt verdient. Und ich denke, wenn einem als Kind die Chance gegeben wird, die Welt zu sehen, bekommt man ein Gefühl dafür, wie viele Realitäten es da draußen gibt; und wie viele Dinge miteinander verknüpft sind.“

Der Mangel an Vision

Stichwort Verknüpfung: Sollten wir nicht zuerst anfangen, auf nationaler Ebene zu denken, bevor wir uns die ganze Welt vorknöpfen? Ida sieht das anders:

„Wie soll ein kleines, noch so starkes Land in einem schwachen Europa überleben? Wenn es zu politischen Unruhen auf europäischer Ebene kommt, sind wir alle verwundbar. Wenn die Wirtschaft in Europa zusammenbricht, werden auch einzelne Staaten zusammenbrechen. Es macht keinen Sinn, in nationalen Einheiten zu denken. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns in Zukunft versorgen können. Wir müssen ein bisschen mehr an unseren Planeten denken. Ich glaube, es mangelt an einer Vision für Europa; und an gutem Storytelling.“

Der neue Erfolg

Ida redet Klartext über Tatsachen, die eigentlich jeder kennt, aber niemand wirklich wahr­ haben möchte. Mit einem weiteren Kopfnicken teilt sie Lösungsansätze:

„Wenn wir unsere Wirtschaft in etwas Nachhaltiges verwandeln wollen, müssen wir Erfolg neu definieren. Zurzeit feiern wir Investments, wir feiern finanzielle Rendite. Wir feiern Unicorns. Aber die Welt verlangt nach einer mehrdimensionalen Vorstellung von Erfolg.“

Ida meint: sich selbst nach eigenen Maßstäben als erfolgreich zu bezeichnen; Gesundheit als Erfolg zu bezeichnen. Und: „Unternehmen aufzubauen, in denen Menschen gesund sein können, in denen Menschen offen queer sein können, in denen Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen; in denen man sie nicht zwingt, Alkohol zu trinken – und in denen eine integrative Kultur geschaffen wird.“

Wir brauchen weniger

Mit Clue hat Ida genau das versucht, und zwar mit einem der wohl umstrittensten New-Work-Themen unserer Zeit: der Vier-Tage-Woche. „Wir haben gesehen, dass unsere Leute an vier Tagen in der Woche genauso viel geleistet haben wie an fünf.“

Ida bot ihrem Team neben vier Arbeitstagen damit auch drei freie Tage, die Möglichkeit für Side Projects und mehr Zeit für Sport, Familie und Ruhe. „Viele hatten das Gefühl, dass ihr Leben eine ganz neue Qualität gewonnen hat. Und zusätzlich gibt es auch eine Menge an Studien und Daten, die zeigen, dass das funktioniert“, so Ida.

Wie in Island

So wie in Island, wo seit 2020 51 Prozent der Arbeitnehmenden reduzierte Wochenarbeitszeiten von 35 bis 36 Stunden bei gleichem Lohn wie zuvor hatten. Heute soll der Anteil noch etwas höher liegen, heißt es von einer Studie des britischen Autonomy Institute und der isländischen Association for Sustainability and Democracy (Alda). Im vergangenen Jahr soll die Wirtschaft Islands um fünf Prozent gewachsen sein – damit verzeichnet der Staat eine der höchsten Wachstumsraten in Europa.

In Idas Office gab es an den vier Arbeitstagen außerdem schuhfreie Zonen, einen Meetingraum ohne Tisch sowie Schwimm- und Fitnessstunden für ihre Mitarbeiter:innen. „Es sind die kleinen Dinge, die die Leute zusammen und zum Lachen bringen. Irgendwann hatten wir sogar eine Vorstandssitzung im tischlosen Raum.“

Kannst du acht Stunden am Tag sitzen?“ Ida reißt mich aus meinem kurzen Tagtraum. „Ich kann es nicht!“, wirft sie hinterher. „Auch jeder Sportler weiß, dass man Erholung braucht, um Höchstleistung zu erbringen. Warum sollte man das als arbeitender Mensch also vernachlässigen?“

Die Planeten-Perspektive

Nach fast 40 Minuten werden wir von zwei bunten Hosenanzügen unterbrochen. Die Zeit für das Interview ist um, das nächste steht an. Eine Frage fehlt uns aber immer noch: Wie lässt sich unsere Gesellschaft nun nachhaltig umbauen?

„Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und sie macht uns engstirnig. Niemand auf diesem Planeten muss exorbitant viel besitzen. Alles über einem bestimmten Betrag könnte in Klimafonds fließen, in Sozialprojekte, in die gerechte Verteilung von Vermögen. Die Monopolisierung von Reichtum schafft ein großes demokratisches Problem; und schließlich auch ein Problem für Innovation.“

Was uns Ida sagen will: Man kann keine Gesellschaft aufrechterhalten, in der zu wenige zu viel und zu viele zu wenig haben. „Ich wünsche mir, dass wir an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Manchmal frage ich mich: Warum haben wir nicht eine gemeinsame Marke für unseren Planeten? Einen gemeinsamen Plan mit einer gemeinsamen Perspektive. Das wäre etwas, das uns in unserem Tun sicherlich einiges an Klarheit und Ambition geben würde.“

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