04.11.2022

Ist die Inflation gekommen um wirklich lange zu bleiben?

Wir müssen 20 Jahre Inflation befürchten, sagt der Ökonom Russel Napier. Er sieht die Regierungen jetzt am Steuer. Die Folge: Inflation, Boom und dann Stagnation.
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Inflation: brutkasten-Kolumnist Niko-Jilch über die Inflationskrise
brutkasten-Kolumnist Niko-Jilch über die Inflationskrise | (c) brutkasten / Adobe Stock | Destina
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Die steigenden Preise und die Frage nach der Ursache für die gewaltige Teuerung, sorgen weiter für Verwirrung. Erst kürzlich ließ eine französische Juristin durch die Aussage aufhorchen, die Inflation sei “praktisch aus dem Nichts” gekommen. Das ist natürlich falsch. Aber man könnte es verzeihen, wäre die Französin im Hauptjob nicht Chefin der Europäischen Zentralbank. Ja, leider, diese geradezu provokante Aussage kam von Christine Lagarde.

Wie dem auch sei: Es gibt noch eine zweite Frage zur Inflation. Ist sie tatsächlich gekommen, um zu bleiben? Ja, sagt der britische Ökonom und Historiker Russel Napier. Und seine Argumente haben viel für sich. Und räumen mit Behauptungen auf, die auch Lagarde und andere Europäer immer wieder aufstellen. Etwa, dass die Geldmenge nichts mit der Inflation zu tun habe. Oder, dass alles die Schuld Russlands sei. Der Krieg habe die Situation sicherlich verschärft, sagt Napier. Aber die Gründe für die Inflation liegen ganz woanders. 

Wichtig: Napier ist kein notorischer Inflationswarner! Er hat Jahrzehntelang eher die Deflation gesehen und befürchtet, seine Meinung im Zuge der Pandemie aber geändert. Und er hat den strukturellen Shift zur Inflation schon gesehen, da war der Krieg in der Ukraine noch in weiter Ferne. Etwa in diesem Interview, das ich gemeinsam mit Ronnie Stoeferle von Incrementum führen konnte. Schon im März 2021 sprach Napier davon, dass wir einen strukturellen Shift in Richtung Inflation sehen – und er sollte absolut recht behalten.

Inflation: die Aktionen der Politiker werden immer kurzfristiger

Jetzt hat die NZZ Napier zu einem langen Interview gebeten, in dem er sein Inflationsszenario genau erklärt. Der Kern seines Arguments ist alt: Staaten werden versuchen, die gewaltige Schuldenlast durch hohe Inflation zu “verdünnen”. Dass sie dabei auch die Ersparnisse ihrer Bürger ruinieren, ist als collateral damage zu betrachten – und feuert den Trend noch an. Zweifach. Denn die Menschen fangen an, ihr Geld rascher auszugeben. Entweder weil sie müssen, da die Preise steigen. Oder weil sie Angst vor der Entwertung haben.

Und dann geschieht etwas, das wir jetzt schon beobachten können: Die Regierungen greifen in den Geldtopf und beginnen, die Inflation mit Geldgeschenken zu “bekämpfen”. Anders als die Notenbanken, wo so etwas wie langfristige Planung zumindest theoretisch möglich wäre, werden die Aktionen der Politiker immer kurzfristiger – sogar ihre Amtszeiten (hallo Liz Truss!).

Napier: “Regierungen haben die Kontrolle über die Geldschöpfung übernommen”

“Mein wichtigstes Argument ist, dass die Macht über die Kontrolle der Geldschöpfung von den Zentralbanken auf die Regierungen übergegangen ist. Durch die Gewährung von Staatsgarantien für Bankkredite während der Covid-Krise haben die Regierungen die Kontrolle über die Geldschöpfung übernommen. Wenn immer ich das sage, wird mir entgegnet, dass dies nur eine Notmassnahme war, um die Auswirkungen der Pandemie zu bekämpfen. Aber jetzt haben wir mit dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise einen weiteren Notfall”, sagt Napier.

Erinnert das jemanden an die “Vorstöße” der ÖVP aus Niederösterreich? Kreditgarantien? Das gibt es längst. Nicht nur für Häuselbauer, sondern vor allem für Firmen: “Von allen neuen Krediten in Deutschland werden 40% durch den Staat garantiert. In Frankreich sind es 70%, in Italien über 100%, weil alte, fällige Kredite in staatlich garantierte Programme überführt werden. Das ist die neue Normalität. Für Regierungen sind Kreditgarantien das perfekte Instrument.”

Neues Kapitel einer Quasi-Planwirtschaft

Das “Gute” an Kreditgarantien: Sie steigern die Staatsschulden nicht. Zumindest nicht offiziell. Gleichzeitig eröffnen sie ein neues Kapitel einer Quasi-Planwirtschaft, die Napier “Dirigismus” nennt. Wenn Politiker schon für Kredite “geradestehen” (tun sie nicht, aber egal), dann wollen sie auch mitreden. Also wird gesteuert und gelenkt, was das Zeug hält. Das führt neben der Inflation noch zu einer anständigen Fehlallokation von Ressourcen, weil Politiker natürlich keine Ahnung haben, was die Wirtschaft braucht.

Napier glaubt, dass die Inflationsrate auch ohne den Energieschock durch den Krieg bei vier bis sechs Prozent liegen würde – und genau da wollen die Mächtigen sie auch haben, sagt er. Und zwar langfristig. Um sich in Relation zum BIP zu “entschulden” – oder um die Schuldenlast zumindest zu drücken. Napier spricht von der “Politisierung des Kreditwesens”.

All das führt zu “finanzieller Repression”, die vor allem die Sparer trifft. Es gibt aber auch so etwas wie eine positive Seite dieser Story, so Napier: “Den Sparern wird das nicht gefallen, aber den Schuldnern und jungen Menschen schon. Die Löhne werden steigen. Finanzielle Repression verschiebt das Vermögen von den Sparern zu den Schuldnern und von den Alten zu den Jungen. Sie wird Investitionen in Dinge ermöglichen, die den Menschen wichtig sind.”

Der Fahrplan im “Dirigismus”

Hier ist sein Fahrplan: Der “Dirigismus” führt zu einem Boom bei Kapitalinvestitionen, Löhne und Preise steigen gemeinsam und die hohe Inflation drückt die Schuldenlast. Europa und die USA werden “reindustrialisiert”. Diese Phase wird viele Chancen bieten, für diejenigen, die damit umgehen können: “Was Sie in den vergangenen vierzig Jahren über die Marktwirtschaft gelernt haben, wird in der neuen Welt nutzlos sein. Für die nächsten zwanzig Jahre müssen Sie in politischer Ökonomie gerüstet sein.”

Nach zwanzig Jahren “hohe Arbeitslosigkeit und hohe Inflation”

Nach dieser Phase bekommen wir die Rechnung für all das von den Politikern falsch eingesetzte Kapital präsentiert: Stagflation. Hohe Arbeitslosigkeit und hohe Inflation. Manche sehen diese Phase schon heute, aber Napier widerspricht. Anlegern rät er: Raus aus Staatsanleihen. Und: “Unternehmen, die auf eine Renaissance der Kapitalinvestitionen ausgerichtet sind, werden profitieren. Gold wird sich gut entwickeln, sobald die Leute erkennen, dass sich die Inflation auf höherem Niveau einpendelt.”

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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