29.09.2023

Investmentpunk am JW-Summit: “Startup-Finanzierungen bleiben die nächsten Jahre schwierig”

Am Junge Wirtschaft Summit 2023 in Villach gab uns Investmentpunk Gerald Hörhan eine Einschätzung zur aktuellen Finanzierungslage für Startups. Zudem haben wir mit Philipp Maderthaner über den neuen Trend des "Bare Minimum Monday" gesprochen, den er im Rahmen seiner Keynote scharf kritisierte.
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Investmentpunk Gerald Hörhan | (c) martin pacher / brutkasten

Rund 700 Teilnehmer:innen aus ganz Österreich nahmen am Freitag am JW-Summit teil, der dieses Jahr in Villach über die Bühne ging. Neben Networking bietet der Summit traditionsgemäß auch Keynotes. Unter den Top-Speakern waren dieses Jahr unter anderem der Kommunikations-Experte und frühere “2 Minuten 2 Millionen”-Investor Philipp Maderthaner sowie Investmentpunk Gerald Hörhan.

Investmentpunk über Startup-Finanzierungslage

Auf der sonnigen Terrasse des Congress Center Villach haben wir Hörhan nach seiner Einschätzung gefragt, wie sich die derzeit sehr angespannte Finanzierungslage für Startups weiterentwickeln wird. “Startup-Finanzierungen werden auch die nächsten Jahre schwierig bleiben, die Exzesse der vergangen Jahre müssen erst verarbeitet werden und die Fonds müssen ihre Wunden lecken”, so Höhrhan. Zudem fand der Investmentpunk – wie so oft – polarisierende Worte: “Es gab zu viele Hobbyunternehmer, die Geld zu abstrusen Bewertungen bekommen haben”.

Auf die Frage, was getan werden müsste, damit die Asset-Klasse Startups wieder für Investoren interessant wird, verweist Hörhan auf die FlexKap, die derzeit im Nationalrat liegt und nun beschlossen werden müsste. Generell bräuchte es laut dem Investmentpunk eine stärke Arbeitsmarktflexibilisierung.

Als weiteren Grund für die angespannte Finanzierungslage nennt Hörhan das Fehlen von “Exit-Kanälen”. “Die Kapitalmärkte sind zu schwach. Zudem gibt es leider noch zu wenig erfolgreiche Startups, die die anderen wieder kaufen können, so wie dies im Silicon Valley der Fall ist”, so Hörhan.

Abschießend äußerte sich der Investmentpunk zur aktuelle Arbeitszeitdebatte und dem Vorstoß von SPÖ und ÖGB, die für eine 32-Stunden-Woche plädieren. “Mit einer 32- oder 20-Stundenwoche werden wir Startups nicht erfolgreich machen”

Maderthaner kritisiert neuen Trend

Die aktuelle Debatte rund um die Arbeitszeit thematisierte auch Philipp Maderthaner in seiner Keynote am Vormittag, wobei er den jüngsten Trend zum “Bare Minimum Monday” (montags nur das Nötigste) scharf verurteilte.

Dieser stammt ursprünglich von Karrierebloggerin Marisa Jo Mayes, die sich über ihren Tiktok-Kanal bewusst für ein “ruhigere Arbeitsmoral” ausspricht. Die Entschleunigung soll wieder zu mehr Motivation in der Arbeit führen und Burnouts vorbeugen.

Maderthaner kann der Idee nichts abgewinnen und äußert sich durchaus suffisant. “Der Bare Minimum Monday ist der nächste großartige Trend, der über den Teich geschwappt ist. Irgendwo hat die Absurdität eine Grenze. Wir erziehen uns die Ambition ab, die allerdings der Ursprung allen Fortschritts ist.”

Philipp Maderthaner | (c) Martin Pacher | brutkasten

Bold Community am JW-Summit

Neben den Keynote Speakern gab es in diesem Jahr auch wieder ein dichtes Programm an Masterclasses und Netzwerk-Events. Mit dabei war unter anderem die BOLD Community. Dabei handelt es sich um eine Initiative der Wirtschaftskammer Österreich, die Wegbereiter:innen aus Forschung, Wirtschaft, Politik und dem Kreativsektor zusammenbringt, um Innovationen und globale Kooperationen zu fördern.

Reka Artner von der WKO zog im Rahmen des JW-Summits eine Bilanz. Anfang September tourte die sogenannte “BOLD Community” durch Österreich, um mit lokalen innovativen Unternehmen in Kontakt zu treten und gemeinsam zukunftsweisende Ideen zu schmieden. Dabei machten die rund 50 Pioniere aus der ganzen Welt auch Halt in der Linzer Post City, um die “BOLD Unconference” zu veranstalten.

Mit Algorithmic Perfumery rund um den niederländischen Gründer Frederik Duerinck war auch ein Mitglied der BOLD Community live am JW-Summit in Villach vertreten. Das Startup entwickelt für Kund:innen ein individuelles Parfüm, das auf KI-Algorithmen basiert.

Tipp der Redaktion: JW Summit 2024

Nächstes Jahr findet der Junge Wirtschaft Summit in Wien vom 12. bis 14. September 2024 in der Wiener Hofburg statt. “Wir sind schon mitten in den Vorbereitungen, damit es ein einzigartiges Erlebnis wird”, so Clemens Schmidgruber, Landesvorsitzender der Jungen Wirtschaft Wien.

Weiters war auch Marlen Weidmann, Nationalpräsidentin der JCI Switzerland 2023 am JW-Summit vertreten, um für den JCI World Congress zu werben. Dieser findet vom 14. bis 18. November in Zürich statt. Beim Junior Chamber International (JCI) handelt es sich um den weltweiten Verband junger Unternehmer und Führungskräfte.

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Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag | Peter Lechner/HBF

Also doch Blau-Schwarz. Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos und dem Rücktritt von Karl Nehammer als ÖVP-Chef und Bundeskanzler starten nun Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP. Vor allem im Ausland wird auf die Aussicht auf einen Bundeskanzler Herbert Kickl mit Besorgnis reagiert. Auch im Inland sind sehr viele Menschen, die nicht die FPÖ gewählt haben, nicht glücklich damit.

Viele wirtschaftspolitische Überschneidungen

Eine relativ breite Zustimmung für Blau-Schwarz gibt es allerdings laut Medienberichten im Wirtschaftsflügel der ÖVP. Das hat gute Gründe, denn bei vielen von der ÖVP im Wahlprogramm geforderten wirtschaftspolitischen Maßnahmen dürfte man mit der FPÖ deutlich leichter auf einen gemeinsamen Nenner kommen, als es mit der SPÖ der Fall gewesen wäre. Die starken Differenzen in diesem Bereich dürften auch einer der Hauptgründe für das Platzen der schwarz-rot-pinken Koalitionsverhandlungen gewesen sein – auch für die Neos, die sich mit der ÖVP allein gut einigen hätten können, nicht aber mit der SPÖ.

Gute Chancen für Konsens bei zentralen Startup-Politik-Anliegen

Blau-Schwarz – sofern diese Verhandlungen nicht ebenfalls scheitern – bedeutet somit auch für die Startup-Politik relativ gute Chancen auf die Umsetzung einiger zentraler Forderungen der Community. Die größten Anliegen wurden bekanntlich vergangenes Jahr im Papier “Vision 2030” veröffentlicht.

Beteiligungsfreibetrag: Eigentlich Einigkeit, aber Sparpaket könnte zum Dealbreaker werden

Drei zentrale Forderungen hat die ÖVP explizit in ihr Wahlprogramm aufgenommen: Den Dachfonds, den Beteiligungsfreibetrag und die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes. Bei der FPÖ fanden sich diese zwar nicht explizit im Wahlprogramm, eine Einigung scheint aber bei allen drei realistisch. So hieß es vom “Bürgerbüro Team Kickl” auf brutkasten-Anfrage vor der Wahl, man wünsche sich “rechtliche Anpassungen für Risikokapitalgeber, etwa in Form von steuerlichen Begünstigungen” – sowohl für den Beteiligungsfreibetrag als auch für die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes im Sinne der Startup-Community ist damit die Tür geöffnet. Der wegen des Budget-Lochs angesagte Sparkurs könnte jedoch eine Steuerbegünstigung für Investor:innen gegenüber der breiten Bevölkerung schwer argumentierbar machen.

Dachfonds: Unterschiedliche Ansichten, aber Chance auf Einigung

Etwas schwieriger könnte eine prinzipielle Einigung beim Dachfonds werden. Von der FPÖ hieß es vor der Wahl auf brutkasten-Anfrage, Österreich müsse “rasch einen Venture-Capital-Fonds einrichten, der dabei hilft, die schwierigen Anfangsphasen für heimische Neugründungen im Technologiebereich zu bewältigen”. Das wäre ein Gegenmodell zum geforderten Dachfonds, der als “Fund of Funds” nur in Fonds investiert und auch nicht staatlich finanziert, sondern nur organisiert wird. Dass die FPÖ sich hier umstimmen lässt, scheint zwar gut möglich – denn bei den Freiheitlichen dürfte aus ideologischer Sicht nichts gegen das Dachfonds-Modell sprechen.

Die FPÖ ist aber freilich durch ihren Mandate-Überhang in der besseren Verhandlungsposition und könnten auch versuchen, ihr Modell durchzubringen. Wenn das Thema denn überhaupt wichtig genug für die verhandelnden Parteien ist – letztlich kann mit einer gewissen Sicherheit angenommen werden, dass startup-politische Maßnahmen von keiner Seite zur Koalitionsbedingung gemacht werden.

Lohnnebenkosten-Senkung: Ein Wille, aber im Budget-Loch womöglich kein Weg

Auch bei einer Reihe nicht startup-spezifischer, aber durchaus startup-relevanter wirtschaftspolitischer Maßnahmen könnten Blau und Schwarz gut zusammenfinden. Zu nennen wäre hier etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten, die prinzipiell beide Parteien in ihren Wahlprogrammen hatten. Hier könnte allerdings einmal mehr die Notwendigkeit rigider Sparmaßnahmen aufgrund der budgetären Situation einen Strich durch die Rechnung machen. Zwar gibt es bei den beiden Parteien einen Konsens, ausgaben- und nicht einnahmenseitig sparen zu wollen. Doch auch wenn man sich darauf einigt, keine Steuern erhöhen oder einführen zu wollen, sind Steuer- und Abgabensenkungen im großen Stil, wie es bei der Lohnnebenkostensenkung (oder etwa auch bei einer Senkung der Körperschaftssteuer, wo ebenfalls Konsens besteht) der Fall wäre, wohl ob der notwendigen Gegenfinanzierung momentan schwer umzusetzen.

Bürokratieabbau: Wohl mehr Ausnahmen als Maßnahmen

Der Bürokratieabbau ist ein weiteres Thema, bei dem FPÖ und ÖVP – geht man nach den Wahlprogrammen – gut zusammenpassen. Tatsächlich scheint die ÖVP bei diesem Thema aber ziemlich selektiv zu sein, wie Medienberichte zu Konflikten zwischen Pink und Schwarz in den geplatzten Koalitionsverhandlungen nahelegen. Mächtige Blöcke innerhalb der Partei wie die Landesorganisationen, die Beamtengewerkschaft und der Wirtschaftsbund verhindern demnach Bürokratieabbau-Maßnahmen in ihren jeweiligen Bereichen. Die FPÖ wiederum dürfte definitiv nicht für einen weiteren Wegfall von Notariatspflichten zu haben sein, ebenso wenig, wie für weitere Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte. Unterm Strich ist das Potenzial in dem Bereich also eingeschränkt.

Nachhaltigkeit im Out

Und es gibt auch einige Bruchlinien zwischen FPÖ und ÖVP, die sich auf die Startup-Politik auswirken könnten. Zu nennen wären hier neben der bereits genannten Rot-Weiß-Rot-Karte etwa die Differenzen in der EU-Politik. Ebenso könnte die Anti-Klimaschutz-Politik der FPÖ Auswirkungen auf Startups haben, etwa im Bereich Förderungen, die im Zuge der Sparmaßnahmen ohnehin auf der Abschussliste stehen dürften. Nachdem ein signifikanter Anteil der Startups in den vergangenen Jahren Nachhaltigkeit zu einem der Kernziele erhoben hat, könnte hier generell eine nicht förderliche Gesetzgebung zum Problem werden.

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