28.05.2020

Stimmen zur Investitionskontrolle: „So blöd kann man eigentlich nicht sein“

Heute wurde von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck eine Regelung zur Investitionskontrolle angekündigt, die auf einer EU-Verordnung basiert. Die Angaben der Ministerin zur Ausgestaltung stoßen auf teils heftige Kritik in der Startup-Szene. Wir haben Stimmen eingeholt.
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Wir haben zur neuen Investitionskontrolle-Regelung Stimmen aus der Startup-Szene eingeholt, u.a. von Hansi Hansmann, Laura Egg, Florian Gschwandtner und Sander van de Rijdt
Wir haben zur neuen Investitionskontrolle-Regelung Stimmen aus der Startup-Szene eingeholt, u.a. von Hansi Hansmann, Laura Egg, Florian Gschwandtner und Sander van de Rijdt

Bei Unternehmensbeteiligungen durch Investoren aus Nicht-EU-Staaten über 25 Prozent soll künftig eine Genehmigungspflicht bestehen. In Schlüsselindustrien, wie etwa Verteidigung, Wasser, Energie und Entwicklung von Arzneimitteln und Impfstoffen, soll diese Hürde bei zehn Prozent liegen. Das sieht eine heute von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck angekündigte Regelung zur Investitionskontrolle vor – ein Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor. Die neue Regelung basiert auf einer EU-Verordnung aus dem März 2019, die bis Oktober 2020 in nationales Recht überführt werden muss.

+++ Corona, Innovation und Wirtschaft +++

Investitionskontrolle: EU-Verordnung mit Spielraum

Bei der genauen Ausgestaltung der nationalen Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten gibt es jedoch einen gewissen Spielraum. So enthält der Text der Verordnung keine konkreten Schwellenwerte, wie heute von Schramböck präsentiert. Auch wird etwa den Mitgliedstaaten „das letzte Wort“ bei Entscheidungen über Investments eingeräumt.

In der Startup-Szene sorgte die Ankündigung der Ministerin jedenfalls für reichlich Aufregung. Wir haben Statements von Key-Playern zu neuen Investitionskontrolle-Regelung eingeholt:


Hansi Hansmann, Business Angel

Auf den ersten Blick hört sich das grausam an, was Investitionen von ausländischen VCs und strategischen Investoren in heimische Startups sowie Exits von diesen betrifft. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass da für Startups nicht Ausnahmen gemacht werden. So blöd kann man eigentlich nicht sein, wenn wir schon seit vielen Jahren das Problem der Anschlussfinanzierungen haben, dass man das noch weiter erschwert. Hoffentlich gilt nicht der alte Spruch: „Jede Situation, so schlecht sie auch scheinbar ist, hat immer noch das Potenzial, noch schlimmer zu werden“.

Oliver Holle, Gründer & CEO Speedinvest

Ironischerweise führt jede Form der Beschränkung von internationalem Kapital genau zu dem Effekt, den man eigentlich verhindern will: Österreichs Tech-Unternehmen haben keine Chance, eine global relevante Größe zu erreichen und verkaufen früh an Strategen – zumeist in die USA und China. Als Gründer bin ich mit meiner Firma 3united damals genau vor dieser Situation gestanden, insofern habe ich da ein sehr klares Bild.

Laura Egg, Geschäftsführerin aaia

Das Investitionskontrolle-Gesetz ist in den letzten Wochen bereits mehrfach diskutiert worden. Aus aktueller Sicht gibt es aber noch keinen Grund, konkrete Kritik zu äußern, da der Gesetzesentwurf noch nicht final vorhanden ist. Was daher aus unserer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt wichtig ist: Die spezielle Situation von Startups muss in diesem Investitionskontrolle-Gesetz berücksichtigt werden, da unsere innovativen Tech-Unternehmen in ihrem Lebenszyklus potentiell mehrfach von dem Gesetz betroffen sind. Hier müssen deshalb klare Ausnahmen geschaffen werden – sonst kann tatsächlich ein massiver Schaden für das heimische Ökosystem und den gesamten Wirtschaftsstandort entstehen. Es braucht u.a. eine eindeutige Definition des Technologie-Begriffs und eine klare Einschränkung, welche Unternehmen betroffen sind, basierend auf Umsatz und Mitarbeiter*innenzahlen.

Bei all den möglichen negativen Auswirkungen müssen wir aber gleichzeitig die Chancen erkennen: Die zugrundeliegende EU-Verordnung muss in jedem Land der Europäischen Union umgesetzt werden. Österreich kann sich – mit einer smarten und Startup-freundlichen Ausgestaltung – als spannender Standort für Startups und Investor*innen positionieren und gleichzeitig zu einem Best Practice Beispiel in Europa werden.

Markus Raunig, CEO AustrianStartups

Es macht Sinn, dass sich Europa intensiv mit seiner technologischen Souveränität beschäftigt. Wenn wir im 21. Jahrhundert wirtschaftlich überleben wollen, müssen wir aus Europa heraus globale Tech-Champions hervorbringen und dürfen nicht noch abhängiger von China und den USA werden. Deshalb verstehe ich die Intention, besonders in der Coronakrise einen Ausverkauf europäischer Technologieunternehmen zu verhindern. Allerdings birgt eine breite Kontrolle ausländischer Investments auch ein erhebliches Risiko, die europäische Startup-Szene im internationalen Wettbewerb endgültig komplett auszubremsen. Ohne Ausnahmereglung würde es durch eingeschränkte Exit-Möglichkeiten für europäische Startups wohl noch schwieriger werden, Wachstumsfinanzierungen aufzustellen.

Umso wichtiger ist es, dass wir hier gemeinsam an einer klugen Umsetzung der Investitionskontrolle arbeiten, die mit möglichst wenig Protektionismus möglichst große technologische Souveränität sicherstellt. Dabei wird es auch darum gehen, viel mehr Kapital aus Stiftungen und Pensionskassen als europäisches Wachstumskapital zu aktivieren, endlich einen wirklich einheitlichen europäischen Binnenmarkt zu schaffen und auch die öffentliche Beschaffung in Europa bezüglich europäischer Lösungen zu sensibilisieren.

Florian Gschwandtner, Gründer und Business Angel

Wenn ich das richtig verstehe, wäre es ein absolutes NoGo dieses Gesetz im Startup Bereich zu etablieren. Ohne größere Anschlussfinanzierungen aus dem Ausland ist es in Österreich oft nicht möglich, international erfolgreiche Unternehmen zu bauen. Und auch mit so einem Gesetz wird es wahrscheinlich Umwege geben, über die das Know-how des Unternehmens in Drittstaaten abfließen kann. Ich sehe das also absolut kritisch!

Berthold Baurek-Karlic, Gründer Venionaire

Die EU will kritische Infrastruktur – damit sind meinem Verständnis nach insbesondere auch High-Tech Unternehmen gemeint – vor Investitionen und Akquisitionen aus dem Ausland schützen. Diese Maßnahme kommt 40 Jahre zu spät, in der gesamten EU (auch in Österreich) wurden führende KMU-Unternehmen bereits verkauft. Jetzt den Schranken zu schließen ohne ernsthafte Alternativen zur Finanzierung heimischer Technologie-Unternehmen aufgebaut zu haben, ist absoluter Wahnsinn – so werden wir nicht mal mehr am globalen Rennen um Technologieführerschaft teilnehmen, geschweige denn gewinnen!

Wir müssen realistisch bleiben und dürfen die Augen nicht vor Fakten verschließen. Schon alleine alle größeren VC Fonds sind auf Kapital ausländischer Geldgeber angewiesen. Führende Startups sind ab einer entsprechenden Größe auf ausländische Investoren angewiesen, da sie große Investments in Europa alleine nicht aufstellen können. Erfolgsgeschichten wie N26 wären ohne US- und chinesische Investoren nicht gelungen. Europäische Pensionskassen, Banken und Versicherungen stehen bei Private Equity und Venture Capital aufgrund massiver Regulierungshürden voll auf der Bremse – ohne Alternativen am heimischen Markt, entkoppeln wir unsere Startups von wichtigem Kapital. So werden wir keine neuen Hidden Champions bauen.

Derartige Gesetze führen zwangsläufig zu einer Reaktion des Marktes, die offenbar von der Politik national und auf EU-Ebene unterschätzt wird. Ein Gründer wird sich zukünftig wohl überlegen, ob er nicht gleich eine US- oder UK-Gesellschaft gründet und gar nicht erst Substanz in Europa aufbaut. Damit exportieren wir nicht nur erfolgreiche Talente, sondern gleich unsere teuer ausgebildeten High-Potentials und nehmen uns damit auch gleich das Potenzial für Erfolgsgeschichten aus Europa. VC Fonds werden sich die Frage stellen müssen, ob ein mögliches Exit-Hemmnis ihr Geschäftsmodell nicht vollständig verunmöglicht und eventuell ebenfalls abwandern. Kurzsichtigkeit in diesem Thema, kann zu einem ordentlichen Schuss ins Knie werden, wenn wir es nicht schaffen, institutionelles Kapital für europäische Fonds in signifikanter Höhe zu mobilisieren.

Mic Hirschbrich, Gründer Updatemi

Man muss – mit Magenkrämpfen – dafür sein! Als Unternehmer wird man von solchen Mechanismen eingeengt. In chronisch unterfinanzierten, regulierten Märkten, ist das somit eine zusätzliche Hürde. Makropolitisch allerdings kann ich das Vorgehen gut nachvollziehen: Hinsichtlich IP, Investitionsschutz, Wettbewerb und Kartellrecht hat die Globalisierung zu keiner Harmonisierung der Staaten in diesen zentral wichtigen Fragen geführt. Das ist hoch problematisch, gerade für Freunde einer offenen und fairen Marktwirtschaft, die sich da eine schnellere Nivellierung nach oben erhofft hätten.

Sander van de Rijdt, Co-Founder PlanRadar

Statt „ausländische Investoren“ auszuschließen wäre es aus meiner Sicht viel besser zu überlegen, wie man entsprechende Investitionsaktivitäten durch Europäische Player forcieren kann – diese sind derzeit nämlich ab einer gewissen Größenordnung nahezu inexistent. Ein Ausschluss von Investoren aus Drittstaaten führt dann dazu, dass ab einem gewissen Volumen keine Investitionen mehr stattfinden oder die Unternehmen schon frühzeitig komplett abwandern. Operation gelungen, Patient tot.

Wolfgang Reisinger, CFO Tractive

Ich denke, vor allem für Startups macht diese Investitionskontrolle-Regelung den Standort Österreich sehr unattraktiv. Es ist kein Geheimnis, dass eine Vielzahl der VC- und PE-Investoren außerhalb der EU sind, das hat sich mit dem Brexit noch erheblich gesteigert. Eine zusätzliche Hürde für Startups hier einzubauen finde ich nicht gerade förderlich. Wenngleich ich die Bestrebungen, den Wirtschaftsstandort Österreich zu schützen, sehr schätze, ist es für Unternehmen die klassischer Weise Investments bekommen und in einem erfolgreichen Fall auch einen (Teil-)Exit als mögliches Szenario sehen, eine erhebliche Verschlechterung.

Man muss sich natürlich dann den Gesetzesentwurf im Detail ansehen, um seriös die Auswirkungen beurteilen zu können. Aber wenn zukünftig potentielle Investments/Unternehmens(teil)verkäufe um die Variable „staatliche Zustimmungspflicht“ erschwert werden, ist das ein absolut falsches Zeichen und wird sicher dazu führen, dass einige Entrepreneure ihre Firma in einem anderen Land gründen bzw. auch den Firmensitz verlegen. Das Ziel sollte natürlich sein, dass wir innerhalb Österreich die Wertschöpfung erhöhen und gemeinsam mit anderen EU-Staaten Investment-Vehikel aufbauen, die gegenüber jenen aus den USA und Asien konkurrenzfähig sind. Jedoch ist dies wohl der logische erste Schritt und nicht ein protektionistisches Gesetz, das Startups gegenüber Marktbegleitern in anderen Staaten schlechter stellt.

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HealthBlokk: App zeigt Restaurants für Menschen mit Unverträglichkeiten

Shideh Heravi litt neun Monate lang an diversen Beschwerden und niemand wusste warum. Als sie mit der richtigen ärztlichen Beratung auf ihre Unverträglichkeiten kam, wollte sie etwas bewegen. Heraus kam HealthBlokk.
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Healthblokk
© Philipp Steurer - Shideh Heravi von Healthblokk startet auch bald in Wien.

Shideh Heravi stammt aus dem Iran und ist seit rund acht Jahren in Österreich. Sie gründete vor fünf Jahren ein Startup, das sich gegen „Food Waste“ einsetzte, war aber zu dem Zeitpunkt immer wieder krank. Ganze neun Monate lief sie von Arzt zu Arzt und niemand konnte den Grund für ihre Beschwerden finden. Doch irgendwann schlug endlich eine Ärztin einen Laktose-Test vor und die Gründerin wusste, sie leidet an Unverträglichkeiten. Dies war der Startpunkt für ihr zweites Startup Healthblokk.

HealthBlokk-Gründerin: „Keine Ausreden mehr“

„Damals war es einfach nicht möglich, schnell und simpel herauszufinden, ob man an Unverträglichkeiten leidet“, erinnert sie sich. „Als es soweit war, wusste ich endlich, ich bin nicht verrückt.“

Nach Monaten gespickt mit Übelkeit, Kurzatmigkeit und anderen Beschwerden war zwar die Unwissenheit über ihr Leid beendet, jedoch hatte Heravi andere Hürden im privaten Umfeld. Sie konnte nicht wirklich mit Freunden ausgehen und Restaurants besuchen, weil nie wirklich klar war, welche Zutaten in den Speisen drin stecken.

Die Founderin wollte es jedoch nicht auf sich beruhen lassen, startete einen Blog zu dem Thema und reiste trotz eines Vollzeitjobs sehr viel, um sich zu informieren. Als sie schlussendlich die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt, sagte sie sich, „es gibt keine Ausrede mehr“ und startete ihr Business.

Win-Win

Im August des heurigen Jahres erblickte somit HealthBlokk das Licht der Welt und wurde gegründet. Kurz erklärt: Die App zeigt User:innen auf einfache Weise an, wo Menschen mit Unverträglichkeiten oder Diäten essen gehen können. Restaurants und Lokale erhalten dafür ein automatisiertes Allergenmanagement nach der EU-1169-Lebensmittelverordnung, eine Digitalisierung der Speisekarte und Zugang zu neuen Kund:innen.

„Wir helfen dabei, digitale Menüs zu erstellen und Allergien zu verifizieren“, sagt Heravi. „Unsere KI sieht sich das an und kann dann mit einer 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit schätzen, dass zum Beispiel die Pizza Margherita Milch enthält. Diese Annahme wird zum Restaurant geschickt, die sie dann bestätigt.“

HealthBlokk: zuerst Wien, dann Europa

HealthBlokk ist aktuell in Vorarlberg in kleinem Rahmen aktiv und startet mit dem Einzelhändler Sutterlüty im Dezember eine Kooperation als Pilotprogramm. Im kommenden Jahr ist eine Ausweitung auf weitere Städte geplant, darunter zuerst Wien. Ertrag macht das Startup per Subscription-Modell und hat für seine Idee bereits ein Business-Angel-Investment von 50.000 Euro erhalten.

„Wir arbeiten daran, uns ständig zu verbessern, unsere Daten, das Dashboard“, sagt Heravi. „Und wollen 2026 nach Wien auch in ganz Europa aktiv werden.“

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AI Summaries

Stimmen zur Investitionskontrolle: „So blöd kann man eigentlich nicht sein“

  • Bei Unternehmensbeteiligungen durch Investoren aus Nicht-EU-Staaten über 25 Prozent soll künftig eine Genehmigungspflicht bestehen.
  • In Schlüsselindustrien, wie etwa Verteidigung, Wasser, Energie und Entwicklung von Arzneimitteln und Impfstoffen, soll diese Hürde bei zehn Prozent liegen.
  • Das sieht eine heute von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck angekündigte Regelung zur Investitionskontrolle vor – ein Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor.
  • Die neue Regelung basiert auf einer EU-Verordnung aus dem März 2019, die bis Oktober 2020 in nationales Recht überführt werden muss und einen gewissen Spielraum bietet.
  • In der Startup-Szene sorgte die Ankündigung der Ministerin jedenfalls für reichlich Aufregung.
  • Wir haben Statements von Key-Playern zu neuen Investitionskontrolle-Regelung eingeholt.

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  • In Schlüsselindustrien, wie etwa Verteidigung, Wasser, Energie und Entwicklung von Arzneimitteln und Impfstoffen, soll diese Hürde bei zehn Prozent liegen.
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  • Das sieht eine heute von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck angekündigte Regelung zur Investitionskontrolle vor – ein Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor.
  • Die neue Regelung basiert auf einer EU-Verordnung aus dem März 2019, die bis Oktober 2020 in nationales Recht überführt werden muss und einen gewissen Spielraum bietet.
  • In der Startup-Szene sorgte die Ankündigung der Ministerin jedenfalls für reichlich Aufregung.
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  • Das sieht eine heute von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck angekündigte Regelung zur Investitionskontrolle vor – ein Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor.
  • Die neue Regelung basiert auf einer EU-Verordnung aus dem März 2019, die bis Oktober 2020 in nationales Recht überführt werden muss und einen gewissen Spielraum bietet.
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