15.10.2020

“Fehler beim Generationswechsel gefährden Unternehmen in ihrer Existenz”

Im Interview erklärt die Wirtschaftsmediatorin, Autorin und Präsidentin des Symposium Wirtschaftsmediation Sandra Thaler, worauf es bei der Unternehmensnachfolge ankommt und warum es ein Buch dazu braucht.
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Sandra Thaler - Die Wirtschaftsmediatorin ist Top-Expertin auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge und hat nun ein Buch dazu veröffentlicht
(c) Sandra Thaler - Die Wirtschaftsmediatorin ist Top-Expertin auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge und hat nun ein Buch dazu veröffentlicht
kooperation

Irgendwann stellt sich in jedem Gründerin- oder Gründer- bzw. Eigentümerin- oder Eigentümer-geführten Unternehmen die Frage, wie es im Alter weitergeht. Generationswechsel bzw. Unternehmensnachfolge sind dabei keineswegs ein triviales Thema und bergen jede Menge Konfliktpotenzial.

Eine absolute Koryphäe auf dem Gebiet ist Wirtschaftsmediatorin Sandra Thaler. Die Juristin und Unternehmensberaterin beschäftigt sich in ihren Tätigkeiten seit vielen Jahren mit der Thematik und hat ihre Expertise nun unter dem Titel “Erfolgreiche Unternehmensnachfolge” in einem Buch niedergeschrieben.

Im Interview haben wir Sandra Thaler unter anderem gefragt, welche Probleme beim Generationswechsel auftreten können und welche Tipps unbedingt beherzigt werden sollten.


Event-Tipp: Symposium Wirtschaftsmediation

Sandra Thaler ist Präsidentin des Symposium Wirtschaftsmediation, das dieses Jahr am 24. November online stattfindet. Auch dort ist die Unternehmensnachfolge zentrales Thema. Neben Sandra Thaler selbst treten etwa auch Matthias Strolz oder Xing-Österreich-Chefin Kristina Knezevic dort auf.

Sie sind Wirtschaftsmediatorin. Was hat Sie auf das Thema Unternehmensnachfolge gebracht?

Eigentlich fing alles 2004 an, als ich als nach meinem Gerichtsjahr und einigen Jahren als Rechtsberaterin meine Mediationspraxis eröffnet habe. Ich hielt viele Vorträge, danach konsultierten mich zahlreiche Familienbetriebe, um ihre Unternehmensnachfolge zu begleiten und Verhandlungen konsensual zu leiten. Es folgten Fachpublikationen und hunderte von Übergaben. Mit 2014 begannen die Schulungen, Trainings und Privatissimum/Seminare für Familienbetriebe.

Warum braucht es dazu jetzt ein Buch?

Ein Buch ist die ideale Vorbereitung auf die Unternehmensnachfolge, weil es Übergeber, Übernehmer und alle Beteiligten gut auf Personen und Themen einstimmen kann. Und damit verlaufen die Verhandlungen erfolgreicher. Das Buch ist ein Workbook mit Fallbeispielen, Checklisten, vielen praktischen Tipps und Interviews.

Was sind denn in der Unternehmensnachfolge die häufigsten Probleme in der Praxis?

Fehler beim Generationswechsel gefährden Unternehmen und deren Mitarbeiter in ihrer Existenz. Jede dritte Unternehmensnachfolge scheitert. Diese Fehler können vermieden werden, indem die Nachfolgefrage rechtzeitig – 2 bis 5 Jahre vor der geplanten Übergabe – gestellt wird. Wissen will frühzeitig weitergegeben und Kompetenzträger wollen aufgebaut werden. Statt Interessenkonflikten schaffen wir Klarheiten.

Bei Verkäufen (M&A) kommt es auf realistische Preisvorstellungen an. Bei firmeninternen Übergaben sind Abfindungen für weichende Erben ein sensibles Thema. Relevant ist auch die Frage der Finanzierbarkeit: Gibt es keinen Nachfolger, wären oft Mitarbeiter bereit, Firmenanteile zu kaufen. Viele scheitern aber am fehlenden Eigenkapital. Das gilt es vorab zu klären, ebenso wie bestehende Vorkaufsrechte oder verbleibende Gesellschafterrechte.

Wichtig ist: Die Nachfolge ist nicht als Stichtagereignis, sondern als Prozess zu verstehen. Daher ziehen unsere Klienten rechtzeitig Coachings oder eine Mediation hinzu.

Es gibt Unternehmerinnen und Unternehmer, die überhaupt nicht aufhören wollen. Wann ist denn der richtige Zeitpunkt für die Übergabe?

Das ist immer individuell – Corona beschleunigt jedenfalls die Nachfolgeprozesse. Die übergebende Generation muss bereit sein, loszulassen. So wie Ingeborg Bachmann einmal über die Kunst des Loslassens sagte: “Loslassen können ist keine Schwäche, sondern eine Stärke”. Das trifft allemal für unternehmerische Generationenübergaben zu. Dort, wo die ältere Generation loslassen muss, müssen die Jungen beherzt und respektvoll anpacken – auf ihre eigene Art und mit ihrer vollen Leidenschaft für die Sache. Sie nehmen sich ihre eigene Freiheit und übernehmen Verantwortung.

Wenn die “Alten” es den “Jungen” zugestehen, ihre eigene Spur zu ziehen und dass sie es anders machen, gelingt es, die Unternehmensidee in ein zeitgemäßes Gefäß zu füllen. Die junge Generation zeigt idealerweise Dankbarkeit und Respekt für das, was war und ist, sowie Mut und Entschlossenheit, den eigenen Weg zu gehen. Mit dieser Mischung ebnen wir gute Wege für die Zukunft.”

In manchen Fällen gibt es ein Kind, das übernehmen will, oder einen langjährigen Mitarbeiter. Aber wie findet man die richtige Person, wenn das nicht der Fall ist?

In vielen Traditionsbetrieben ist der Wunsch stark, den Betrieb in der Familie zu halten. Im neuen Buch ist das in den Interviews besonders deutlich. Wenn das nicht möglich ist, dann ist unser Netzwerk entscheidend. Natürlich kommen auch Mitarbeiter in Frage, die das Unternehmertum in sich tragen.
Im Buch finden Sie Checklisten, Fallbeispiele und Interviews, wie es Unternehmern gelingt, die passende Person zu finden und Übernehmern gelingt, die Mitarbeiter für sich zu begeistern.

Sie beschreiben im Buch “5 Schritte jeder erfolgreichen Unternehmensnachfolge”. Können Sie uns einen kleinen Vorgeschmack geben?

Die 5 Kernelemente sind anschaulich beschrieben, mit vielen Fallbeispielen. Erstens: “Wer führt das Unternehmen weiter?” Es geht darum, den passenden Nachfolger zu finden. Zweitens: den richtigen Zeitpunkt dafür zu wählen. Wir haben durch Corona natürlich andere Bedingungen, insbesondere, wenn ein Unternehmen verkauft werden soll. Drittens: Wie können wir die weichenden Erben mit Fingerspitzengefühl in den Prozess einbinden? Im vierten Schritt folgt das neue Unternehmenskonzept. Und ich hab das in den letzten Jahren miterlebt: Die Digitalisierung bietet hier Chancen, sich neu aufzustellen. Und letztlich der fünfte Meilenstein in der Unternehmensnachfolge: tragfähige Verträge und Vereinbarungen. Hier gibt es vieles, das in der Vorbereitung wichtig ist, daher gibt es auch einen Onlinekurs “Erfolgreiche Nachfolge” den wir für die Vorbereitung auf die Unternehmensnachfolge entwickelt haben.

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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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