10.07.2017

Prescreen-Exit: “Bis vor einigen Wochen nicht ernsthaft damit gerechnet”

Um 17 Millionen Euro ging das Wiener Startup Prescreen an die deutsche Plattform XING. Im Interview sprachen die Founder mit dem Brutkasten über die Hintergründe.
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Prescreen
(c) Prescreen: Das Team

Noch unter dem Namen “MercuryPuzzle” starteten 2013 die damaligen Studenten Constantin Wintoniak, Nicolas Vorsteher, Alexander Birke, Dominik Hackl, Robert Rainer, Andreas Altheimer und Markus Presle ihr Business. Vier Jahre und zahlreiche Adaptionen, darunter auch die Änderung des Namens auf Prescreen, später, zählen sie Unternehmen wie UniCredit, Beiersdorf und Runtastic zu ihren Kunden. Heute vermeldeten sie nun den Exit an die deutsche Plattform XING für 17 Millionen Euro. Dem Brutkasten beantwortreten sie dazu einige Fragen.

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Ist euch der Entschluss zum Exit schwer gefallen?

Natürlich ist so eine Entscheidung nicht ganz leicht, denn schließlich haben wir viel Kraft und Zeit und Herzblut in unser Unternehmen investiert. Aber das war es letzten Endes dann auch, was es wieder leicht gemacht hat: XING ist ein idealer Partner, der unsere Vision teilt, unsere Expertise schätzt und mit dem gemeinsam wir viel mehr erreichen können, als das allein möglich wäre. Außerdem haben die Hamburger ein großartiges Team, mit dem wir auch persönlich auf einer Wellenlänge sind. Wir waren uns zudem einig, dass das Team von Prescreen weiterhin am Erfolg von Prescreen arbeiten und dass die Marke eigenständig weitergeführt werden soll. Das hat die Entscheidung stark erleichtert!

Warum habt ihr euch für den Exit entschieden?

Wir haben mit XING in den letzten Monaten viel und ausführlich darüber gesprochen, welche Arten der Zusammenarbeit in Frage kommen und welche davon am meisten Sinn macht. Am Ende hat sich abgezeichnet, dass wir durch eine Übernahme die besten Voraussetzungen haben, unsere Kräfte zu bündeln und die Weiterentwicklung umso intensiver voranzutreiben. XING hat in den letzten Jahren ein sehr starkes Produktportfolio im Bereich E-Recruiting aufgebaut.

“Um ehrlich zu sein, hat damit bis vor einigen Wochen noch keiner der Gründer ernsthaft gerechnet.”

War ein Verkauf von Beginn an eine Option für euch?

Wenn man ein Unternehmen gründet, ist der Verkauf zu Beginn wohl das Letzte, an das man denkt. Wenn sich die richtige Chance auftut, merkt man es ganz von selbst. Aber um ehrlich zu sein, hat damit bis vor einigen Wochen noch keiner der Gründer ernsthaft gerechnet.

Wie hat sich euer Geschäftsmodell im Laufe der Zeit entwickelt? Musstet ihr viel adaptieren?

Unsere Geschäftsidee (MercuryPuzzle), mit der wir 2012 an den Start gingen, unterschied sich stark von dem Business-Modell von Prescreen, wie wir es heute sehen. MercuryPuzzle war eine Karriereplattform für Young Professionals mit starkem Fokus auf Gamification. Damals haben uns Kunden auf die Idee gebracht, uns in die Richtung eines B2B SaaS-Tools zu entwickeln.

Für uns als junges Unternehmen war diese Entscheidung auch goldrichtig. Wir haben uns auf unsere Kernkompetenz konzentriert und es hat sich ausgezahlt. Das jetzt eine Karriereplattform Prescreen übernommen hat, freut uns umso mehr. Nichtsdestotrotz ist auch entscheidender Teil unserer gemeinsamen Strategie, dass Prescreen ein eigenständiges Unternehmen bleibt. Wir haben bei der Umstellung unseres Geschäftsmodells gelernt, dass es wichtig ist, als Business-Software offen für alle potentiellen Partner zu sein, also etwa auch Stellenbörsen außerhalb von XING. Das spielt natürlich auch in Zukunft eine große Rolle.

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Wie setzt ihr euch mit dem Business-Modell von der Konkurrenz ab?

Prinzipiell lässt sich unsere Konkurrenz in zwei Segmente einteilen: Zum einen die Old-School-Anbieter. Die sind zwar sehr flexibel, bringen aber hohe Anschaffungskosten, eine mangelhafte Benutzerfreundlichkeit und lange Integrationszeiträume mit sich. Auf der anderen Seite gibt es cloudbasierte E-Recruiting Systeme. Die sind meistens innerhalb von wenigen Minuten einsatzbereit, sind aber deutlich unflexibler, was die Adaptierung von Prozessen und sonstigen Einstellungsmöglichkeiten betrifft.
Wir verbinden die positiven Aspekte beider Welten miteinander: Prescreen ist innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit, kostet vergleichsweise wenig und ermöglicht Unternehmen ein hohes Maß an Individualisierbarkeit im Bezug auf betriebsinterne Prozesse.

“Organisatorisch stellt so eine Verhandlung für alle Beteiligten einen großen Aufwand dar.”

Wie waren die Verhandlungen? Seid ihr mit euren zentralen Forderungen durchgekommen?

Eine Verhandlung ist natürlich immer ein Geben und ein Nehmen. Am Ende des Tages hegen beide Seiten aber ein Interesse daran, dass die Gegenseite zufrieden ist. Schließlich entscheiden die nächsten Jahre der Zusammenarbeit darüber, wie groß die gemeinsame Erfolgsgeschichte tatsächlich wird. Generell war es uns Gründern wichtig, weiter an Bord zu bleiben und unser Produkt gemeinsam weiter zu entwickeln. Eine riesige Herausforderung war es auch, alle Beteiligten immer auf dem Laufenden zu halten und die unterschiedlichen Meinungen abzustimmen. Schließlich kann nicht jeder bei jedem Telefonat oder Meeting dabei sein. Organisatorisch stellt so eine Verhandlung für alle Beteiligten einen großen Aufwand dar und man muss auch zeitlich sehr flexibel sein. Es war eine unglaublich spannende Erfahrung!

Wer war bei den Verhandlungen dabei? Hattet ihr Unterstützung?

Ganz ohne Berater und Rechtsbeistand geht es natürlich nicht. Schließlich führt man nicht jeden Tag solche Gespräche! Auch unsere bestehenden Investoren haben uns mit wertvollem Input begleitet und unterstützt.

Wie lange hattet ihr vorher schon Kontakt zu Xing?

Wir hatten schon seit 2014 immer wieder Kontakt mit verschiedenen Mitarbeitern von XING, teilweise auch in ganz anderen Zusammenhängen. Wirklich konkret wurden die Gespräche dann Anfang 2017.

Wenn ihr bestimmte operative Ziele erfüllt, gibt es noch bis zu 10 Millionen Euro mehr. Was sind das für Ziele?

In unseren Gesprächen haben wir uns auf gemeinsame ambitionierte Erfolgskennzahlen geeinigt. Zu sehr wollen wir nicht ins Details gehen, aber so viel kann ich schon sagen: Wir planen bis 2020 die Kundenzahl deutlich zu erhöhen.

“Kompromissbereitschaft gehört zu einer Verhandlung dazu.”

 

Euer Tipp für Gründer, denen Exit-Verhandlungen bevorstehen?

  1. Prescreen ist das beste Beispiel dafür, dass sich Hartnäckigkeit auszahlt.
  2. Kompromissbereitschaft gehört zu einer Verhandlung dazu. Das betrifft natürlich beide Seiten.
  3. Ohne gute Berater geht es nicht. Wir hatten das Glück, hier mit wirklich großartigen und kompetenten Persönlichkeiten zusammenzuarbeiten.
  4. “The show must go on.” Es muss klar sein, dass der Betrieb wie gewohnt weiterläuft. Dabei ist es nötig, eine genaue Aufgabenteilung vorzunehmen und sich gegenseitig (z.B. im Gründerkreis, oder mit leitenden Mitarbeitern) in dieser intensiven Zeit viel Autonomie zuzugestehen und sehr stark zu vertrauen.

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(c) weXelerate - (vlnr) Hubert Wackerle (CEO IT-Services der Sozialversicherungs GmbH), Marco Masia (Head of Entrepreneurship, University of Vienna), Max Schausberger (Managing Director Elevator Ventures), Sabine Walch (Payment Pioneer P19), Patricia Domenti (Speedinvest Portfolio Controlling Manager), Domagoj Dolinsek (Founder PlanRadar), Philipp Draxler (Startup-Investor) and Awi Lifshitz (CEO weXelerate).

Es war 2017. Das weXelerate in Wien begann seine Reise als Startup-Hub, um Startups und Konzerne zusammenzubringen. Sechs Batches später wurde 2020 das Geschäftsmodell neu konzipiert, der Fokus stark auf Corporates gelegt und das Startup-Accelerator-Programm abgedreht. Nun vier Jahre später, wird mit Venturecake aber ein neuer Accelerator ins Leben gerufen.

“Startups leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Volkswirtschaft und schaffen Arbeitsplätze, Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit. Wir brauchen mehr Erfolge in Serie, um den Standort Österreich und Europa nachhaltig zu stärken. Genau dafür bauen wir mit Venturecake einen leistungsfähigen Accelerator auf”, erklärt Awi Lifshitz, CEO von weXelerate.

Venturecake: Kooperationen im Fokus

Venturecake verfolgt ein Modell, das auf Zusammenarbeit und gemeinsamen Erfolg setzt. “Startups profitieren nicht nur von on-demand Mentoring, Co-Working Ressourcen und Netzwerk, sondern auch vom potentiellen Erfolg des gesamten Batch – ein Ansatz, der das Teilen von Erfahrungen und Erfolg fördert”, erklärt Philipp Draxler, Investor und Mit-Gründer von Venturecake.

Dabei setzt der Accelerator auf ein Ökosystem, das Hochschulen, Unternehmen und Investoren miteinander verbindet:

  • Universitäten: Venturecake arbeitet mit führenden Universitäten und Fachhochschulen zusammen, wie etwa dem Entrepreneurship Hub der Universität Wien und der WU Wien, um vielversprechende Startups auf die nächste Stufe zu bringen.
  • Investoren: In diesem Bereich kooperiert der Venturecake mit Investoren wie Speedinvest, Elevator Ventures, Push Ventures und i5invest.
  • Corporate Ecosystem: Hierbei geht es um Zugang zu über 80 Unternehmen im weXelerate- Netzwerk, darunter Branchenakteure wie OMV, Infineon, IT-SV, Blum, Uniqa, ORF, Caritas oder u.a. Greiner. Diese Partner seien entscheidend für Startups, um Ihre Produkte und Dienstleistungen am Markt zu validieren und erproben, sowie neue Kunden zu gewinnen.

Bewerbung gestartet

“Langfristig hat Venturecake die Vision, ein zentraler Baustein zur Sicherung der Innovationskraft des Standorts Österreich und Europas zu werden. Damit soll ein positives Umfeld geschaffen werden, das Innovation ermöglicht und die wirtschaftliche Zukunft nachhaltig stärkt”, heißt es per Aussendung.

Die Bewerbungsphase für den ersten Batch startet ab sofort, der Programmbeginn ist für März 2025 geplant. Interessierte Startups können sich über die Website informieren und bewerben.

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