26.10.2017

Interview mit Oliver Holle: “Entweder glaubt man dem Markt oder nicht”

Interview. Speedinvest-Founder und CEO Oliver Holle erzählt im Gespräch mit dem Brutkasten, wie er Investitionsentscheidungen trifft und wie eine Generalversammlung bei Speedinvest aussieht.
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Speedinvest: Oliver Holle
(c) Speedinvest: Oliver Holle

Wie werden die Startups gescoutet, die in die Portfolios von Speedinvest aufgenommen werden?

Unsere Teammember sind international auf vielen Konferenzen unterwegs. Denn wir sind kein Wald und Wiesen-Fonds, sondern wollen ein internationaler, europaweiter Player sein. Beim ersten Fonds kam etwa die Hälfte der Startups aus dem Ausland. Bei Speedinvest II sind etwa ein Viertel der Portfolio-Firmen aus Österreich und schon drei Viertel aus Europa. Dazu haben wir sehr viel Inbound-Interesse und erhalten etwa 1.500 Anfragen im Jahr. Dann gibt es noch verschiedene Demo Days, oder die Gründer aus dem Portfolio schlagen ein Projekt vor, das sie kennen. Dabei sind wir kein Fonds, der hypothesengetrieben und aktiv raus geht. Das ist weniger unser Approach. Speedinvest ist sehr stark Gründer-orientiert. Wir versuchen dort Muster zu entdecken.

+++ Speedinvest: Zwei ungebremste Fonds +++

Was sind Ausschlussgründe oder KO.-Kriterien für Startups?

Es gibt die Pipeline-Arbeit, wo man ganz schnell aussieben muss. Das ist die Brutaliät des Geschäfts. Im Monat kommen rund 100 bis 150 Anfragen herein und wir können uns bestenfalls mit 10 bis 15 Gründungen wirklich auseinandersetzen und machen rund 10 bis 15 Investments pro Jahr – also nur etwa eines pro Monat. Der Großteil wird daher aufgrund von unterschiedlichsten Gesichtspunkten ausgeschieden. Sehr oft ist die Idee nicht originell, nicht neu oder nicht interessant genug. Oft sind die Teams oder das Setup der Firmen nicht Venture-fähig. Das können Spin-outs von großen Firmen sein, die aber im Besitz der jeweiligen Firma sind. Oder Firmen, die nicht schnell internationalisieren, sondern in Österreich ein schönes Geschäft machen wollen. Echte KO.-Kriterien sind ein qualitativ schlechter Pitch. Oder wenn bereits 60, 70 Prozent der Unternehmensanteile bereits bei nicht-operativen Gesellschaftern liegen. Wir versuchen uns auf die Qualität des Gründerteams und des Produkts zu fokussieren und hanteln uns dann weiter.

“Wir haben erlebt, wie die Startup-Welt hochgelobt wurde. Jetzt wird sie gerade wieder herunter geschrieben.”

Was entgegnest Du Kritikern, die von einer Blase sprechen oder nicht an das Potenzial von Startups glauben?

Ich bin schon zu lange in dem Geschäft, um mich noch von Hype-Wellen beeindrucken zu lassen. Wir haben erlebt, wie die Startup-Welt hochgelobt wurde. Jetzt wird sie gerade wieder herunter geschrieben. Fakt ist, dass weltweit ein ganz großer Teil der Jobs durch rasch wachsende, skalierende Technologie-Unternehmen geschaffen werden. In den USA kommen rund 40 Prozent der Jobs aus diesem Bereich. Auch in Europa gibt es Studien dazu. Natürlich ist das nicht der Großteil der österreichischen Jobs, aber es wird ein immer größerer Teil. Digitalisierung hört ja nicht bei Startups auf, sondern betrifft mittlerweile jeden einzelnen, auch mittlere und größere Unternehmen. Wenn diese nicht anfangen sich mit Startups auseinanderzusetzen bzw. mit der Innovationskraft, die dort stattfindet, dann werden noch viel mehr Jobs betroffen. Nämlich die Jobs in den Großbetrieben. Das wegzuschieben ist fahrlässig. Das auf Unternehmensbewertungen festzuschreiben ist auch fahrlässig. Entweder glaubt man dem Markt oder nicht.

Welche Impacts hat die Arbeit von Speedinvest, auf die europäische Startup-Szene?

Wir haben sicherlich Zugang zu Kapital ermöglicht und in Österreich doch einige dutzend Millionen Euro investiert in den letzten Jahren. Damit haben wir vielen Gründern und Gründerinnen die Möglichkeit gegeben ihr Unternehmen in eine gewisse Größenordnung zu heben. Wir sind nicht der große Anschlussfinanzierer, sondern Seed-fokussiert und dort hat man in einem Ökosystem wie Österreich oder Zentraleuropa, das vergleichsweise am Anfang steht, noch einen Ansatzpunkt von dem ausgehen man etwas bewegen kann. Wo Speedinvest bestimmt auch einen Beitrag geleistet hat, ist die Möglichkeit zum Anschluss an eine internationale Community. Es gibt in Österreich im Moment sehr viele Business Angels, die zum Teil unter Ausschluss der internationalen Community ihre Sache machen. Das hilft den Gründern aber nicht dabei am Radar der internationalen VCs und Partner zu erscheinen. Und als Startup eine österreichische Suppe zu kochen ist sehr problematisch. Speedinvest ist daher gutes Einfallstor nach außen und es sieht sich auch jeder große Fonds in Europa unser Portfolio an. Wir sehen uns in einer Brückenfunktion und versuchen auch ein gewisses Ambitionslevel herein prügeln in die Startup-Szene hier.

Um das Geschäftsmodell eines Venture Fonds zu verstehen: An welchen Leistungskennzahlen lässt sich Erfolg messen?

Es zählt wie viel Kapital, man wie schnell, an seine Investoren zurück spielt. Daran wird man gemessen, auch wenn es darum geht den nächsten Fonds zu raisen. Wir haben bestimmt schon vieles im positiven Sinn bewegt, aber das hilft nichts dabei einen dritten Fonds zu raisen. Dabei wird auf den Return on Investment (ROI) geschaut und wenn man da zu den besten gehören will, muss man das dreifache an Kapital zurückspielen, das die Investoren eingezahlt haben. Aber idealer Weise nicht nach zehn bis 15 Jahren, sondern schon früher. Das macht dann einen riesigen Unterschied, denn es drückt sich auch in der tatsächlichen Verzinsung, dem iR aus. Und der Rest ist Mathematik. Wenn ich jetzt sage, es gibt einen signifikanten Prozentsatz, der ausfällt, dann heißt das, dass man wirklich nur in ein Projekt investieren darf, das sich in der Größenordnung von fünf bis zehnmal im Wert steigern kann. Wenn ich also bei einer Bewertung von 5 bis 10 Millionen Euro einsteige, dann muss das Unternehmen irgendwann zu 50 bis 100 Millionen zu verkaufen sein. Es ist bekannt, wieviele Exits es in diesem Bereich gegeben hat in Österreich und das sind nicht sehr viele. Mit diesem Filter kann man viele Projekte schon mal ausschließen.

“Wenn wir nicht das Potenzial zu rasantem, internationalem Wachstum sehen, dann gibt es kein Investment.”

Viele VCs arbeiten nach dem Common Wisdom, dass man nicht in ein Projekt investieren sollte, wenn man ihm nicht zumindest die Chance gibt, den gesamten Fonds wieder zurück zu spielen. Wir sind da bestimmt nicht so aggressiv, aber wenn wir nicht das Potenzial zu rasantem, internationalem Wachstum sehen, dann gibt es kein Investment. Das ist der Anspruch.

Wie finanziert sich ein Fonds wie Speedinvest? Wie ist das Geschäftsmodell?

VCs verrechnen typischer Weise zwischen zwei bis drei Prozent Management-Fees. Das ist bei uns genau so. Aufgrund des Work for Equity-Modells, das wir gleich zu Beginn entwickelt haben, müssen wir den Partnern viel weniger Fixum zahlen. Zumindest die Partner verdienen alle ein Drittel von dem, was wir am Markt bekommen würden. Dafür sind wir unternehmerisch am Erfolg des Fonds stärker beteiligt als der typische Investment-, oder Fonds-Manager. Das war die einzige Chance viel mehr Leute an Bord zu holen, als ein klassischer Fonds das könnte. Ein typischer Fonds in Europa oder weltweit, der hundert Millionen Venture macht, hat drei bis vier Partner. Wir sind zwölf und haben mit den Investoren ein Agreement, dass wir stärker an der Upside partizipieren. Damit kann ich die Leute halten.

Gibt es bei Speedinvest Themen wie Cashflow oder Liquiditäts-Probleme?

Wir haben ganz stabile Cashflows, aber dürfen nicht Exit-Rückflüsse schon fix einplanen, sondern müssen mit unserer Fee durchkommen.

Wie sieht das Beteiligungsmodell bei Speedinvest aus?

Wir beteiligen uns immer mit zwischen zehn und maximal 25 Prozent an der Firma – mit Cash Investment und den zusätzlichen Anteilen, die wir uns durch die Erreichung von Meilensteinen und Zielen erarbeiten dürfen. Als Venture-Investor will man natürlich auch bei gewissen Themen ein Vetorecht haben. Das betrifft Exits, also wenn man verkauft, oder wenn es darum geht Anschlussinvestitionen zu machen. Es gibt meistens einen Beirat, der regelmäßig zusammensitzt. Da werden dann auch strategische Themen besprochen. Beim operativen Geschäft muss das Gründerteam den Lead haben und wir würden zum Beispiel nie auf die Idee kommen bei Anstellungsverträgen oder dem Pricing mitzureden.

Wie sieht eine Generalversammlung mit allen Investoren bei euch aus?

Wenn es gut läuft, hat man viele Vollmachten und leere Sessel und wenn es mal schlechter läuft, dann sind sie alle da. (lacht)

+++ Speedinvest: Vom VC zum Startup-Dienstleister +++

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Frau sitzt in einem hellen Raum vor dem Schreibtisch. Auf dem Tisch Geschirr. Es deutet auf ARbeiten zu Hause hin.
(c) Adobe Stock / pickselstock

Die Arbeitswelt befindet sich mitten im Wandel. Spätestens während der Covid-Pandemie mussten viele Unternehmen ihre Arbeitsmodelle überdenken. Obwohl die Mehrheit der Beschäftigten mit ihren aktuellen Arbeitsbedingungen zufrieden ist, bleibt der Wunsch nach ortsunabhängigem Arbeiten nach wie vor stark ausgeprägt.

Beschäftigte verlangen flexiblere Arbeitsmodelle

Für die Arbeitnehmer:innen steht fest: Die Arbeitsmodelle in der österreichischen Unternehmenslandschaft müssen flexibler gestaltet werden. Die aktuelle Arbeitsmarktstudie von kununu zeigt: Derzeit dürfen nur 39 Prozent der Befragten im Home-Office und lediglich 11 Prozent remote arbeiten. Somit haben aktuell nur etwa die Hälfte der Beschäftigten die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten. Von diesen sind nur ein Bruchteil (6 Prozent) vollständig im Home-Office oder remote tätig. Trotz der begrenzten Verfügbarkeit von Home-Office und Remote Work scheint dies für die Befragten ein entscheidendes Anliegen im Berufsleben zu sein. 60 Prozent der Befragten halten Home-Office für sehr oder eher wichtig, während 40 Prozent Remote-Work als bedeutend erachten.

Flexibilität soll zu besserer Work-Life-Balance führen

Flexible Arbeitsmodelle sollen laut der Studie sowohl für Arbeitnehmer:innen als auch für Arbeitgeber:innen zahlreiche Vorteile bieten. Die Befragten sind sich einig, dass eine erhöhte Flexibilität bei den Arbeitszeiten zu größerer Arbeitszufriedenheit führe. Diese Flexibilität soll zudem zu einer besseren Work-Life-Balance beitragen. Allgemein sind Arbeitnehmer:innen der festen Überzeugung, dass ihre Produktivität in flexiblen Arbeitsmodellen steigt.

Laut der Arbeitsmarktstudie stellen sich die Befragten eine ideale Arbeitsplatzgestaltung wie folgt vor: Der größte Wunsch der Arbeitnehmer:innen ist eine flexible Wahl des Arbeitsplatzes, je nach Bedarf. Eine durchgehende Tätigkeit im Büro oder ausschließlich im Home-Office oder remote wird von den Befragten am wenigsten als attraktiv empfunden.

Diese aktuellen Ergebnisse bringt die repräsentative kununu-Arbeitsmarktstudie 2024. Hierbei wurden 3.119 Beschäftigte in Österreich zu ihrer Jobzufriedenheit befragt. Die Studie verdeutlicht, dass der Großteil der Arbeitnehmer:innen (70 Prozent) insgesamt mit ihren aktuellen Arbeitsbedingungen zufrieden ist.

Die am häufigsten geschätzten Faktoren sind: Arbeitsplatzsicherheit (75 Prozent Zufriedenheit), Arbeitsklima (73 Prozent), Arbeitszeiten (72 Prozent), Arbeitsaufgaben (71 Prozent) sowie Arbeitsflexibilität (65 Prozent). Im Gegensatz dazu sind die Bereiche, in denen die Beschäftigten am unzufriedensten sind, die Bezahlung (nur 58 Prozent Zufriedenheit), Führungskultur (53 Prozent) und Karrierechancen (48 Prozent).

Wunsch nach mehr Gehalt, Steuererleichterung und Flexibilität

Die Ergebnisse der repräsentativen Studie zeigen auch, dass der größte Wunsch der Beschäftigten der nach einem höheren Gehalt (53 Prozent) bleibt. An zweiter Stelle stehen steuerliche Erleichterungen (49 Prozent), gefolgt von dem Wunsch nach mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung (32 Prozent). Nina Zimmermann, CEO von kununu, zieht aus der Studie den Schluss, dass „[…]Flexibilität längst einen zentralen Wunsch der Beschäftigten darstellt. Doch viele Unternehmen halten noch an alten Strukturen fest. Jetzt braucht es den Mut, diese aufzubrechen und echte Flexibilität zu ermöglichen – im Interesse der Beschäftigten und des langfristigen Unternehmenserfolgs“.

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