22.06.2017

Interview: “Versicherungsmarkt wird sich langsam, aber gravierend ändern”

Interview. Michael Wieser, Partner beim Helvetia Venture Fund, gab dem Brutkasten einen Einblick, was mit den rund 50 Millionen Euro im Fonds passiert.
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(c) Helvetia: Michael Wieser

55 Millionen Franken, also rund 50 Millionen Euro hat der Schweizer Versicherungsriese Helvetia für einen neuen VC-Fonds bereitgestellt. Der Helvetia Venture Fund vermeldete bereits sein erstes Investment und wird auch in Österreich vermehrt aktiv sein – nicht nur direkt im InsurTech-Bereich. Michael Wieser, der den VC-Fonds leitet, hat dem Brutkasten dazu ein paar Fragen beantwortet.

+++ Helvetia startet 50 Mio Euro VC-Fonds und vermeldet erstes Investment +++

Was bewegt Helvetia dazu, so eine große Summe (55 Millionen Franken) für Risikoinvestments bereitzustellen?

Helvetia geht das Thema digitale Transformation sehr aktiv an. Dazu gehören die Veränderung von innen, aber auch die Interaktion mit Innovation von außen. Der Helvetia Venture Fund ist Teil der Strategie, die diesen Wandel unterstützt. Für einen erfolgreichen VC-Fund braucht es eine gewisse Grösse. Wir streben 20-25 Beteiligungen mit diesem Fund an. Nicht vergessen werden sollte zudem, dass das Geld ja angelegt wird und der Wert des Funds langfristig steigen soll.

“Es lässt sich ja auch fast alles versichern auf dieser Welt.”

Das erste Investment des Helvetia Venture Fund ging an das Sicherheits-Technik-Startup baimos, also nicht an ein InsurTech. Wie breit ist das Feld an Startups, in die investiert wird?

Grundsätzlich sehr breit – es lässt sich ja auch fast alles versichern auf dieser Welt, und so lässt sich eine Brücke zum Geschäftsmodell von Helvetia schlagen. Baimos bietet zum Beispiel die unser Meinung nach beste und sicherste Technologie für Zugangsmanagement. Das ermöglicht völlig neue Geschäftsmodelle und Standards, die wir als Versicherung aktiv mitentwickeln können, etwa im Kfz-Bereich oder bei Gebäudeversicherungen.

+++ Michael Wieser: Vom Juristen zum High Tech–VC +++

Nach welchen Kriterien werden potenzielle Investments gescreent?

Zunächst screenen wir nach den typischen VC-Kriterien: Team, Geschäftsmodell, Markt und so weiter. Wir streben in erster Linie Series A-Investments an, Seed nur im Ausnahmefall.  Darüber hinaus sollte das Startup aber auch zu Helvetia passen, inhaltlich wie kulturell, denn durch unser Investment werden ja auch Werte kommuniziert. Es muss nicht zwangsläufig eine Kooperation mit uns geben, aber wir erwarten durch das Investment einen Mehrwert für uns, der über finanzielle Rückflüsse hinausgeht. Umgekehrt können wir dem Startup bei Bedarf eine Menge Türen öffnen, Erfahrungen weitergeben und Unterstützung liefern.

Österreich zählt zu den Ländern, auf die der Helvetia Venture Fund fokussiert, da Helvetia hier als Versicherer aktiv ist. Wie behält man den Überblick über die österreichische Startup-Szene?

Wir tauschen uns mit Leuten aus unserem Netzwerk aus und sind natürlich auch regelmäßig vor Ort.

Wird man also in nächster Zeit häufig Scouts des Helvetia Venture Fund auf österreichischen Startup-Events antreffen?

Ja, definitiv.

Gibt es schon konkrete Gespräche mit österreichischen Startups?

Ja, da gibt es einige, bezüglich Investments und auch wegen Kooperationen. Ich bitte um Verständnis, dass wir im Moment noch keine Namen nennen können.

“Der Versicherungsmarkt wird sich meiner Meinung nach langsam, aber gravierend verändern.”

Zuletzt eine Einschätzung: Wie wird sich der Versicherungsmarkt in den kommenden Jahren verändern? Wird es die erwartete umfassende Disruption geben?

Der Versicherungsmarkt wird sich meiner Meinung nach langsam, aber gravierend verändern. Einerseits verändert sich die versicherten Güter an sich und somit auch deren Risikobewertung. Ein Beispiel: Das estnische Startup comodule.com bietet Konnektivität für E-Bikes. Sollte jemand auf die Idee kommen, es zu stehlen, setzt das sofort eine Reihe von Gegenmaßnahmen in Gang. Außerdem können aber auch Schäden an der Batterie und anderen Teilen frühzeitig erkannt werden. Als Versicherer des Fahrrads habe ich hier viele Risiken gut im Griff und kann passende Tarife anbieten. Andererseits wird sich auch die Interaktion zwischen Versicherungen und Kunden ändern. Zukünftig werden wir vermehrt elektronisch mit der Versicherung kommunizieren, zum Beispiel per Handy einen Schaden melden oder online meinen Vertrag ändern.

+++ Fokus: InsurTech +++

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Christian Kern, Marie Ringler, Othmar Karas, Antonella Mei-Pochtler, Peter Oberlechner (v.l.n.r.) (c) Max Slovencik

Der ehemalige Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, ÖVP-Politiker Othmar Karas, wurde am Montag zum neuen Präsidenten des European Forum Alpbach (EFA) gewählt. Damit folgt er auf Andreas Treichl, der nach vier Jahren im Amt zurücktritt. Treichl, der zuvor CEO der Erste Group war, möchte sich künftig auf die Weiterentwicklung der Erste Stiftung konzentrieren.

Nach seinem Rücktritt empfahl er Othmar Karas als seinen Nachfolger – brutkasten berichtete. Nun zeigt sich Treichl erfreut: „Mit Othmar Karas steht einer der am meisten überzeugten Europäer überhaupt an der Spitze des EFA“.

Auch der neue EFA-Präsident Karas drückt seine Freude über das neue Amt aus: „Es ist mir eine Ehre, gemeinsam mit einem sehr starken Team Verantwortung für das EFA zu übernehmen. Wir können auf einem guten Fundament aufbauen, möchten aber auch neue Impulse setzen. Der Anspruch, sich tiefgehend mit den komplexen Fragen unserer Zeit zu befassen, sind für mich Motivation, das EFA gemeinsam mit allen Beteiligten weiterzuentwickeln“.

Erfahrene Persönlichkeiten in der EFA-Führungsebene

Das sind nicht die einzigen Neuigkeiten aus dem European Forum Alpbach. Zukünftig wird das EFA auf eine erweiterte Führungsebene setzen. Der ehemalige österreichische Bundeskanzler und derzeitige CEO des Bahndienstleisters ELL, Christian Kern (SPÖ), wird seine Expertise einbringen. Zudem werden auch Sabine Herlitschka, CEO von Infineon Austria, und Peter Oberlechner, Partner bei Wolf Theiss, Teil des Teams sein. Antonella Mei-Pochtler und Marie Ringler bleiben dem EFA weiterhin erhalten.

Der Vorstand der EFA-Stiftung setzt sich künftig aus Caroline Hornstein-Tomić, Winfried Kneip und Klaus Welle zusammen. Der Strategic Advisory Council wird von Armin Laschet, dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, geleitet.

Alpbach als “Treffpunkt für die besten Köpfe”

Das European Forum Alpbach setzt sich zum Ziel, Alpbach weiterhin „als einen Ort des Generationenaustausches und als Treffpunkt für die besten Köpfe aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft sowie Kunst und Kultur zu positionieren“. Die bereits bestehenden vier EFA-Schwerpunkte – Klima, Wirtschaft, Demokratie und Sicherheit – werden auch künftig im Mittelpunkt stehen.

Der ehemalige EFA-Präsident Treichl verfolgte mit „EFA365“ das Ziel, das European Forum Alpbach zu einer Institution zu entwickeln, die sich für die Zukunft Europas einsetzt und konkrete Ergebnisse erzielt. Karas wird dieses Ziel nun als Nachfolger Treichls weiterverfolgen.

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