14.09.2016

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

Neben Nixe Bier ist die Lieferei Constantin Simons zweites großes Projekt. In Teil 2 des Brutkasten-Interviews erzählt er, wie das Getränkeversand-Startup schnell viel mehr wurde, als ein Vertriebskanal für Nixe, und nach welchen Kriterien die Lieferei ihre Partner auswählt.
/artikel/interview-lieferei
(c) Lieferei: Constantin Simon

⇒ Hier geht es zu Teil 1 des Interviews über Nixe Bier 

Provokant gefragt: Wurde die Lieferei gegründet, um Nixe besser absetzen zu können?

Ursprünglich ja. Das kann man im Prinzip so sagen – auch wenn mittlerweile der Fokus viel größer ist. Wenn die Vertriebsmöglichkeiten nicht da sind, muss man sie schaffen. Wir haben in Österreich mit zwei großen Platzhirschen im Lebensmittelhandel eine schwierige Situation. Nicht nur Nixe hat dieses Problem, sondern auch viele andere unabhängige, kleine Marken, die bis jetzt nicht die Möglichkeit hatten effizient ihre Kunden zu erreichen. Und wir lösen es jetzt mit der Lieferei pauschal für uns und viele dieser Marken, die inzwischen unsere engen Partner sind.

+++ Wiener Jungunternehmer übernimmt Vertrieb für Startups +++

Wie finanziert ihr die Lieferei?

Wir haben im Moment eine größere Finanzierungsrunde, wo wir mit Business-Angels und VCs sprechen. Wir sind im vergangenen Jahr stark gewachsen, haben Gas gegeben. Wir haben das, was wir im Kleinen entwickelt haben, perfektioniert. Wir haben sehr viel an den Strukturen gearbeitet, die im Hintergrund ablaufen. Ab Herbst werden nun weitere Produkte und Produktgruppen dazukommen. Alles, was in diesem Food & Beverage-Startup-Bereich interessant ist, dafür wollen wir die Drehscheibe sein. Wir suchen Partner, die dazu passen und interessiert sind, das mit aufzubauen.

“Wenn man aus all dem die richtige Mischung zusammenbekommt, dann hat man nicht so schlechte Chancen.”

Wie viel Potenzial gibt es in Österreich für Startups am Getränkemarkt überhaupt noch? Und was braucht ein Getränke-Startup, um hier bestehen zu können?

Es gibt natürlich insgesamt schon sehr viele Produkte am Markt. Es gibt aber auch immer wieder neue Ideen. Es ist die Aufgabe der Gründer, die passende Innovation zu bringen. Was dabei in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist, ist die Qualität. Die großen Getränkekonzerne haben relativ viele künstliche Inhaltstoffe in ihren Produkten. Ein großer Trend in Österreich ist aber weiterhin Bio als Qualitätsmerkmal. Hier gibt es also Potenzial. Ein weiterer Trend ist, dass Produkte immer weniger Zucker haben. Die Leute haben genug von der Übersüßung. Dazu muss man heute einfach speziellere Geschmäcker und speziellere Inhaltsstoffe, zum Beispiel „Superfoods“, bieten. Wenn man aus all dem die richtige Mischung zusammenbekommt, kombiniert mit einem coolen Design und Packaging, dann hat man nicht so schlechte Chancen.

+++ Flüssiges Gold? Der Weg zum erfolgreichen Getränke-Startup +++

Wie kommt ein Getränk oder Snack ins Sortiment von der Lieferei?

Mit den Produkten, die wir aufnehmen, wollen wir auch wirklich Erfolg haben. Wir wollen gemeinsam mit all diesen Getränkemarken, und bald auch Essensmarken, eine starke Position aufbauen. Mittlerweile bekommen wir relativ viele Zusendungen und Kontaktaufnahmen. Wir schauen dann, was gut zur Lieferei und zu unserer Zielgruppe passt. Nur wenn wir einen echten Mehrwert für die Marken schaffen und dafür sorgen können, dass sie eine kritische Größe erreichen, beginnen wir eine Zusammenarbeit. Wir wissen aus eigener Erfahrung wie schwierig die Marktstrukturen sind und wollen dieses Know-How nutzen, um gemeinsam Erfolg zu haben.

Was sind Gründe, dass ihr ein Produkt nicht ins Sortiment aufnehmt?

(lacht) Wenn wir es einfach nicht leiwand finden. Wir beurteilen das nach einer Mischung aus Soft- und Hardfacts. Wenn uns das Produkt nicht schmeckt, dann werden wir es auch nicht gut verkaufen können. Wir nehmen es auch nicht auf, wenn wir bereits ein gleichartiges Produkt im Sortiment haben. Denn wir wollen ja, dass unsere Partner gerne bei uns gelistet sind und wirklich davon profitieren. Deswegen werden wir nicht die direkte Konkurrenz von ihnen gleich daneben listen. Auch wenn es sonst irgendwelche ethischen, oder anderen Bedenken gibt, lehnen wir ein Produkt ab. Und wir werden auch mit niemandem zusammenarbeiten, der zwischenmenschlich unmöglich ist. Denn das Ganze soll uns auch Spaß machen.

“Es ist wie mit Underground-Musikern: Nur weil sie plötzlich von vielen Leuten gehört werden, heißt das nicht, dass ihre Qualität schlechter wird.”

Einige Getränke, die ihr mit der Lieferei vertreibt, gibt es inzwischen auch im Supermarkt. Kann es passieren, dass etwas aus dem Sortiment gekickt wird, wenn es nicht mehr independent genug ist?

Wann ist es nicht mehr independent genug? Es ist wie mit Underground-Musikern: Nur weil sie plötzlich von vielen Leuten gehört werden, heißt das nicht, dass ihre Qualität schlechter wird. Es ist eher der fundamentale Faktor, ob das Produkt von Qualität und Design her noch passt. Das ist eine Sache, bei der wir sehr überlegt vorgehen. Einige Produkte sind einfach bereit, auch einer großen Masse vorgestellt zu werden. Sie sollen ja auch erfolgreich und kostendeckend sein. Wenn sie in ausgewählten Supermärkten verfügbar sind, dann hilft das natürlich. Es ist aber wichtig, dass diese Supermärkte ein gewisses Image haben, das auch zur Marke passt, also etwa keine Diskonter sind. Die Produkte von kleineren Firmen stehen dann auch in einem speziellen Regal. Das bringt den Spirit rüber, macht das Produkt aber trotzdem noch mehr Leuten zugänglich. Das ist grundsätzlich sehr gut.

Was verkauft sich am besten?

Wir haben in jedem Bereich Produkte, die wirklich gut laufen. Es gibt auch regionale Unterschiede. Etabliertere Produkte wie Club Mate und Fritz Cola sind eher in den nicht so urbanen Regionen gefragt. Auf der anderen Seite haben wir Neuheiten wie Monotee, die eher in der Wiener Innenstadt bestellt werden. Da wir verschiedene Segmente bedienen, versuchen wir auch das Sortiment spannend für verschiedene Gruppen zu halten. Gut gehen zum Beispiel auch Themenboxen wie Adventkalender, Osterboxen, oder zu anderen Spezialthemen, die zur Jahreszeit passen.

Du hast gerade regionale Unterschiede angesprochen. Wird in ganz Österreich viel bestellt, oder gibt es Bundesländer, in denen es noch nicht so gut läuft?

Eigentlich haben wir aus allen Bundesländern laufende Bestellungen und auch fixe Partner. Wir beliefern Gastronomen in vielen Regionen in ganz Österreich. Wir sind sowohl im städtischen, als auch im ländlichen Bereich aktiv. Unser großer Vorteil ist, dass wir wirklich alles abdecken können. Mit unserer exklusiven Logistik-Schiene können wir sehr effizient ausliefern.

+++ Coolshop: Regionalität ist die einzig effektive Konkurrenz für Amazon +++

Und wie sieht es international aus?

Wir sind im letzten Jahr sehr, sehr stark gewachsen und haben die ganze Zeit das System nachgezogen und vergrößert. Wir haben hier in Österreich alle Hände voll zu tun, weil die Nachfrage zum Glück sehr gut ist. Wir wollen im ersten Schritt jetzt einmal hier das System perfektionieren. Doch sobald es dann die nächsten Möglichkeiten für Wachstumsschritte gibt, ist so ein fix fertiges System natürlich leicht umlegbar. Deutschland liegt dann ganz klar auf der Hand. Dort können wir unser Sortiment mit Österreichischen Spezialitäten spannend anbieten. Für die nächste Zeit haben wir dort aber noch nichts Eigenständiges geplant. Wir sind aber teilweise schon dabei, Produkte in andere Märkte zu exportieren, zurzeit hauptsächlich nach Taiwan.

“Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man einmal reinarbeitet, reinarbeitet, reinarbeitet und dann zunächst kein Ergebnis sieht.”

Dein Ratschlag an Founder, die ganz am Anfang stehen?

Der Bereich, in dem man etwas macht, sollte wirklich zu einem passen und man sollte dort wirklich einen Mehrwert bieten können. Das Wichtigste ist, dass man, solange man ein überlegtes Konzept hat, sich nicht durch Rückschläge aus der Bahn werfen lässt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man einmal reinarbeitet, reinarbeitet, reinarbeitet und dann zunächst kein Ergebnis sieht. Die Sachen, die man ins Laufen gebracht hat, kommen aber ein paar Monate später auf einen zurück. Wenn man in diesem Zwischenzeitraum aufgibt und sagt: „Ok, es ist eh nix“, dann wird das nicht ins Laufen kommen. Alle Startup-Geschichten, die ich kenne, sind eine Story von laufenden Rückschlägen und wie man diese möglichst schnell überkommt. Wichtig ist es dann, dass man keinen Fehler zweimal macht. Gleichzeitig sollte man sein eigenes Modell natürlich auch hinterfragen. Es muss schon solide Anhaltspunkte geben, dass das funktionieren kann und nicht nur ein Luftschloss sein.

⇒ Hier geht es zu Teil 1 des Interviews über Nixe Bier 

 

Links:

www.lieferei.at

www.nixe-bier.com

Deine ungelesenen Artikel:
vor 14 Stunden

Tset: Wiener Scaleup holt sich 12,7 Mio. Euro Investment

Die Software von Tset hilft Industrie-Kunden bei Produktkosten- und CO2-Emissionsberechnungen. Die aktuelle Series-A-Kapitalrunde ist schon das zweite Investment in dieser Höhe.
/artikel/tset-wiener-scaleup-holt-sich-127-mio-euro-investment
vor 14 Stunden

Tset: Wiener Scaleup holt sich 12,7 Mio. Euro Investment

Die Software von Tset hilft Industrie-Kunden bei Produktkosten- und CO2-Emissionsberechnungen. Die aktuelle Series-A-Kapitalrunde ist schon das zweite Investment in dieser Höhe.
/artikel/tset-wiener-scaleup-holt-sich-127-mio-euro-investment
Tset
Das in Wien und Kuchl ansässige Scaleup wurde 2018 von Andreas Tsetinis und Sasan Hashemi gegründet | (c) tset

Kunden wie die BMW Group (brutkasten berichtete), Lego oder Thyssenkrupp setzen auf die SaaS-Software des Wiener Scaleups Tset. Diese verspricht sofortige Einblicke, wie Designänderungen die Produktkosten sowie den CO₂-Fußabdruck und soll frühzeitig Optimierungspotenziale aufzeigen. Die Lösung könne von der frühen Entwicklungsphase bis zur Serienproduktion eingesetzt werden, so das Scaleup. Das Ergebnis für den Kunden sei eine höhere Marge sowie Transparenz hinsichtlich der Emissionen.

Automobilbranche besonders spannend für Tset

Zu einem besonders spannenden Markt innerhalb des großen Industrie-Bereichs wurde für Tset die Automoilbranche. Neben der oben erwähnten BMW Group ist etwa auch der milliardenschwere deutsche Auto-Zuliefer-Riese Brose nicht nur Kunde, sondern über seinen VC-Arm auch Bestandsinvestor beim 2018 von Andreas Tsetinis und Sasan Hashemi gegründeten Wiener Scaleup. Der Konzern war 2022 bei einer 13 Millionen Euro schweren Kapitalrunde (erst im Frühling 2023 kommuniziert) – brutkasten berichtete – als strategischer Investor eingestiegen.

Auf 13 Millionen Euro 2022 folgen 12,7 Millionen Euro 2024

Nun holt sich Tset in seiner Series A-Finanzierungsrunde mit 12,7 Millionen Euro einen annähernd gleich hohen Betrag. Das Kapital kommt neben Bestandsinvestor Brose Ventures auch vom Schweizer VC Carbon Removal Partners und der deutschen Ingenics Holding. Letztere soll auch Consulting-Leistungen im Bereich Cost Engineering und Total Cost Ansatz, inklusive CO₂-Fußabdruck der hergestellten Produkte, einbringen, heißt es vom Scaleup. Das Kapital soll in die Weiterentwicklung der Software, den Ausbau des Partner-Ökosystems und ins strategische Wachstum fließen.

Tset-Gründer: “Auf Wachstum und Expansion in neue Regionen und Branchen nun optimal vorbereitet”

Die Gründer Hashemi und Tsetinis kommentieren in einer Aussendung: “Durch die Regulierung der CO₂-Emissionen und den immer intensiveren Wettbewerb in der Automobilindustrie wächst der Bedarf nach unserer Software. Auf dieses Wachstum und die Expansion in neue Regionen und Branchen sind wir nun optimal vorbereitet. Nach unseren Erfolgen im europäischen Raum arbeiten wir jetzt verstärkt auch am Markteintritt in Nordamerika und Asien.”

Expansion in weitere Branchen geplant

Dazu soll der Vertrieb kontinuierlich ausgebaut und die Expansion in andere Branchen wie die Maschinenbau- oder die Haushaltsgeräteindustrie sowie den Industriebau verstärkt werden. Aktuell beschäftigt Tset an seinen zwei Standorten in Wien und Kuchl mehr als 100 Entwickler:innen und Industrieexpert:innen.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Interview: Lieferei will Vertriebsproblem kleiner Marken lösen