22.06.2017

Interview mit Post-Innovationschefin Preziosa: “Als Konzern kann man auch innovativ sein”

In den letzten Jahren hat sich unsere Kommunikation rasant verändert. Das stellt Konzerne vor große Herausforderungen. Auch die österreichische Post.
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(c) Post: Dahlia Preziosa

Dahlia Preziosa ist die Leiterin des Online-Innovationsmanagements bei der Österreichischen Post AG. Sie ist sich sicher, dass es das Unternehmen auch in zehn Jahren noch geben wird. Dafür setzt man längst nicht mehr nur auf den Briefversand. Kein Wunder, mit der Entwicklung des Internets hat sich unsere Kommunikation sehr stark in den Online-Bereich verlagert. Heutzutage schreibt man lieber E-Mails als Briefe. Wie gehen Unternehmen damit um, dass ihre Geschäftsfelder dem Erdboden gleichgemacht werden? Managerin Preziosa betont im Interview, dass man auch als großer Konzern innovative Schritte setzen kann.

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Die Post verbindet man mit dem klassischen Brief, Paketen, Briefmarken und Print, auslaufenden Modellen also. Wie dringend braucht die Post eine Verjüngungskur?

Gerade in den letzten Jahren ist die Post sogar sehr innovativ gewesen, vielleicht manchmal einfach ein wenig versteckter und für den Kunden nicht so wahrnehmbar. Besonders viel ist bei der Lösungsfindung im Kundenbereich passiert. Menschen können heutzutage sogar sehr individuell ihre Interaktion mit der Post gestalten, zeit- und ortsunabhängig.

Heißt das, dass ich meine Pakete jederzeit aufgeben kann?

(c) Foto: Lukas Ilgner

Ja, denn wir haben Selbstbedienungszonen gestaltet. Nun muss man ein Paket nicht mehr zu den Filialzeiten aufgeben, sondern kann dieses einfach in einer speziellen Box hinterlegen. Und auch unser Digitalangebot erweitern wir kontinuierlich und ermöglichen unseren Kunden, ortsunabhängige Services zu nutzen: Für einen Nachsendeauftrag braucht der Kunde keinen Postmitarbeiter mehr, er kann alles online abwickeln. Und per Post- App lassen sich Sendungen umleiten, etwa in eine der 24/7 offenen Abholstationen. Auch das Dokumentenservice ist wenigen bekannt: Bekommen wir die Erlaubnis, scannen wir die Post für Firmen ein und übermitteln
diese. Die Post lässt den Kunden viel Freiheit und stellt die Selbstbestimmtheit in den Mittelpunkt.

Durch die Digitalisierung ist das traditionelle Geschäftsmodell am Aussterben, die gesamte Kommunikation wandert ins Internet. Ist das etwas, wovor man bei der Post Angst hat?

Natürlich ist das ein Bedrohungsszenario für die Post, das Phänomen hat auch einen Namen: Die E-Substitution schlägt in den verschiedenen Cross-Unternehmen in unterschiedlichen Größenszenarien auf: Auf Österreich wirkt sich das mit drei bis fünf Prozent Rückgang bei den Briefmengen pro Jahr aus, in Dänemark ist es bereits ein zweistelliger Prozentsatz. Wir stellen uns dieser Herausforderung, indem wir uns überlegen, in welche neuen Bereiche wir investieren sollten.

In welche Bereiche investiert die Post?

Ein großer Bereich ist hier bestimmt der E-Commerce. Ja, einerseits schrumpft unser klassisches Geschäftsmodell, andererseits wachsen wir anderswo: Nun überlegen wir gerade, wie wir im E-Commerce-Bereich Kunden, Händler und Hersteller noch unterstützen können; dabei gar nicht nur im logistischen Bereich …

Welche Startups sind für die Post interessant?

Wir schauen uns verschiedenste Startups an. Wichtig ist, dass das Businessmodell zur Post passt. Wir sind kein Unternehmen mit Venture Capital. Konkret: Die Post schaut sich im Markt um, ist an Startups interessiert, die zum Post-Modell passen, entweder als Verlängerung des typischen Geschäfts, als Ergänzung zu unserem Kerngeschäft oder als Player im angrenzenden Geschäftsfeld. So oder so soll sich die Post mit ihrer Unternehmenskompetenz einbringen können.

Frech gefragt: Wird es die Post in fünf bis zehn Jahren noch geben?

Natürlich sind wir uns bewusst, dass wir uns überlegen müssen, in welche Bereiche wir investieren müssen. Darum setzen wir so stark auf Innovation. Das ist übrigens kein Wort bei der Post, das nur so dahergesagt wird und wo dann nichts passiert – wir machen uns ernsthafte Gedanken. Als ich zur Post kam, dachte ich, dass das Unternehmen sehr traditionell ist und die Mühlen langsam mahlen. Aber ich wurde eines Besseren belehrt! Die Post ist sogar sehr aktiv, und viele Kollegen, mit denen ich täglich zu tun habe, sind sich des digitalen Trends sehr stark bewusst. Also: Ja, die Post wird es auch noch in zehn Jahren
geben.

Sie klingen sehr sicher …

Natürlich, alleine unsere Logistik-Kompetenz wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen. Man sehe sich den Wandel an, der durch den E-Commerce entsteht: Einerseits wollen viele nicht mehr zwangsläufig in ein physisches Geschäft gehen, trotzdem muss die Ware aber irgendwie zum Kunden kommen. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass man als Logistik-Unternehmen gute Chancen hat.

Redaktionstipps

Führt der Digitalisierungsprozess in der Post nicht zu einem Filialsterben?

Unser Filialnetz ist in den letzten Jahren durch die Post-Partner sogar größer geworden. Klar, immer wieder gab es auch Umstrukturierungen, wenn sich Filialen einfach nicht ausgezahlt haben. Es gilt jedoch, dass wir einen staatlichen Auftrag haben und nicht einfach wahllos Filialen zumachen können, immerhin sind wir als Post die Verpflichtung eingegangen, die Grundversorgung zu garantieren, die wir auch übererfüllen.

Demnach setzt man weiterhin auf das bestehende Post-Modell?

Ich glaube daran, dass der Kunde selbstständig wählen möchte, ob er lieber unser digitales Angebot nutzt oder klassisch in die Filiale geht. Es ist bestimmt nicht so, dass jeder Kunde in zehn Jahren nur noch digital denkt. Ja, ein „Shift“ findet statt, und ja, Händler sollen sich warm anziehen, aber es wird von einer gelungenen Verbindung abhängen. Der stationäre Handel muss seine Hand digitalen Geschäftsmodellen reichen und gemeinsame Angebote kreieren.

Wo funktioniert dieses Modell etwa?

Nun, es gibt schon Gründe, wieso Amazon Pop-up-Stores macht. Und das liegt sicher nicht daran, dass sich da wer gedacht hat: „Oh, jetzt sind wir nett zu unseren Kunden und holen jene ab, die nicht so onlineaffin sind.“ Da steckt ein Businessmodell dahinter. Warum suchen sich Online-Händler physische Outlets? Ich glaube, es geht um eine richtige Verbindung der verschiedenen Kanäle. Wir als Post müssen daran arbeiten, die verschiedenen Touchpoints zusammenzuführen, um unseren Kunden eine gute User-Experience zu liefern.

Was haben Sie aus Ihren Jobs in den diversen Digitalunternehmen mitgenommen?

Den Satz „Es kommt immer anders, als man denkt.“ Ich versuche, flexibel zu bleiben. Pläne schmieden ist gut, aber verbeißen darf man sich nicht. Und Leidenschaft ist extrem wichtig. Vor allem in Internetbereich trifft man auch auf viel Unternehmergeist. Einen Entrepreneur macht wahrscheinlich genau das aus: Leidenschaft, Risikobereitschaft, Flexibilität und Glaube.


Dieses Interview erschien im Brutkasten Magazin #3


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Pneumo Planet
Pneumo-Planet-Erdhäuser versprechen niedrige Kosten und Energieeffizienz. © Pneumo Planet

Ressourcenknappheit, extreme Wetterlagen und steigende Preise zwingen uns dazu, Wohnkonzepte neu zu denken. Zudem zieht es immer mehr Menschen ins Grüne, weg von der Betonlandschaft der Großstädte. Also wie könnte das Wohnen in zehn Jahren aussehen? Das Unternehmen Pneumo Planet rund um Architekt Thomas Herzig liefert eine vielversprechende Vision für das Wohnen der Zukunft. Im Gespräch mit brutkasten erklärt der Gründer wie seine modularen Erdhäuser funktionieren.

Wohnungen liegen teils unter der Erde

Die Pneumo-Planet-Fertighäuser bestehen aus modularen Raumeinheiten, die durch aufblasbare Membrankonstruktionen gebildet und zu kompletten Wohneinheiten verbunden werden. Diese Wohneinheiten sind teilweise unterirdisch in die Erde eingegraben. Das hört sich im ersten Augenblick ungewöhnlich an, soll laut Unternehmen jedoch zahlreiche Vorteile bieten.

Entwurf eines Pneumo-Planet-Fertighauses. © Pneumo Planet

Durch die teils unterirdische Lage nutzt das Erdhaus die thermischen Eigenschaften des umgebenden Bodens. Dort sind die Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter nämlich minimal. So soll laut Pneumo Planet eine konstante Raumtemperatur von rund 20 Grad aufrechterhalten werden, ohne dass Energie für das Heizen im Winter oder Kühlen im Sommer benötigt wird.

Erdhäuser seien eine günstige und ressourcenschonende Alternative

Das Besondere am Erdhaus ist die aufblasbare Membranstruktur, die nicht nur eine geringe Masse aufweist, sondern zusätzlich auch ressourcenschonend sei. Herzig erklärt auf der Website, dass der Bau von Pneumo Planet im Vergleich zu einem herkömmlichen Haus aus Ziegeln und Beton pro Quadratmeter etwa 1.000 Euro günstiger sei.

Zudem verbrauche das Fertighaus nur „minimales Grünland“ und habe daher „keine negativen Auswirkungen auf Natur und Tierwelt“. Daher sei das Konzept laut Unternehmen eine ressourcenschonende, energieeffiziente und kostengünstige Bauweise.

Derzeit befinden sich die Pneumo-Planet-Erdhäuser noch in der Weiterentwicklung. Einige Dinge müsse man noch langfristig erforschen, wie beispielsweise die Langlebigkeit der Membranfolien. Grundsätzlich seien diese in der Theorie beständig, eine offizielle Garantie ist jedoch noch nicht gegeben, so Herzig.

Moon Habitat: autarker Lebensraum auf dem Mond

Das Konzept des Erdhauses stammt ursprünglich aus dem von der ESA finanzierten Projekt „Moon Habitat“. Herzig, der sich vor sechs Jahren auf Weltraumarchitektur spezialisiert hat, entwickelte im Jahr 2022 einen Entwurf für einen Lebensraum auf dem Mond. Er erklärt gegenüber brutkasten, dass aufblasbare Konstruktionen für die Raumfahrt aufgrund des geringen Transportgewichts besonders gefragt seien. Die Konstrukte seien so konzipiert, dass sie “mit einem Minimum an Material ein großes Volumen erreichen”.

Der Entwurf sieht vor, dass die Lebensräume langfristig autark funktionieren, indem Sauerstoff, Nahrung und Wasser in Gewächshäusern produziert und recycelt werden, während ausschließlich Sonnenenergie genutzt wird.

Pneumo Planet Moon Habitat: So könnte ein Lebensraum auf dem Mond ausschauen. © Pneumo Planet

Ein ähnliches Konzept entwickelte das Unternehmen auch für den Mars. Der Gründer positioniert diesen Entwurf als „ersten aufblasbaren Lebensraum für fremde Planeten und den Mond“, der „perfekt” vor kosmischer Strahlung und Mikrometeoriten schützen soll. „So schaffen wir im aufblasbaren Habitat eine natürliche Umgebung, in der Pflanzen, Mikroorganismen, Tiere und Menschen in Symbiose leben“, heißt es auf der Website.

Erster Prototyp in Planung

Derzeit handelt es sich bei den Erdhäusern nur um Entwürfe – ein erster Prototyp wird diesen Sommer auf Herzigs Grundstück in Niederösterreich gebaut. Dafür erhielt das Unternehmen die ESA-BIC-Förderung. In einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren wird nun die Verwirklichung seiner Geschäftsidee mit 50.000 Euro unterstützt, verrät Herzig gegenüber brutkasten.

Nachdem der erste Prototyp steht, erhofft sich das Unternehmen weitere Förderungen oder Venture Capital, um damit die Weiterentwicklung des Erdhauses finanzieren zu können. Abgesehen davon, finanziert sich das Jungunternehmen rein aus eigenen Mitteln und “vor allem mit viel unbezahlter Eigenleistung”, so der Gründer. Herzig selbst beschäftigt sich schon seit rund 18 Jahren mit aufblasbaren Konstruktionen. Im August 2024 gründete er dann offiziell Pneumo Planet.

Team: Gründer Thomas Herzig, Daniil Zhilstov (Architekt) und Aiko Herzig (Back Office). © Pneumo Planet

Menschen seien “was das Wohnen betrifft, etwas konservativ”

Bis zu den ersten Pilotprojekten wird es noch eine Weile dauern. Herzig kann sich jedoch bereits vorstellen, die ersten Erdhäuser als Ferienwohnungen zu vermieten. So will er “ein besonderes Wohnerlebnis” schaffen und den Menschen die Skepsis nehmen. Denn laut Herzig seien die meisten Menschen “was das Wohnen betrifft, etwas konservativ eingestellt”. Es werde Zeit brauchen, bis man ein bereiteres Publikum erreichen kann, sagt der Gründer.

Herzig selbst zeigt sich überzeugt von Pneumo Planet: “Es gibt einfach keine andere Baumethode, mit der man ökologischer bauen kann, außer man baut gar nichts. Ich denke schon, dass das eine Baumethode ist, die sicher sehr anders ist und generell das Wohnen und Bauen sehr verändern kann in Zukunft”.

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