16.12.2019

#unchAIn, Teil 1: Was ist eigentlich Intelligenz?

Bei der neuen Artikelreihe "#unchAIn - Demystifying AI" kooperiert der brutkasten mit Ms. AI, um Vorurteile rund um Künstliche Intelligenz zu entmystifizieren. In einem Deep Dive beantworten Expertinnen dazu die heikelsten Fragen rund um das Thema KI. Beginnen wir also mit den Basics: Was ist eigentlich Intelligenz?
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Wie funktioniert unser Gehirn? Und was hat es mit unserer Intelligenz zu tun? (c) Adobe Stock / georgejmclittle

Künstliche Intelligenz ist eines der wichtigsten Tech-Themen unserer Zeit – denn es gibt wohl keinen Bereich des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, der nicht das Potenzial hat, von KI grundlegend verändert zu werden. Zugleich gibt es in diesem  Bereich viele Falschinformation und überzogene Erwartungen. Bei dem Projekt “#unchAIn – Demystifying AI” kooperiert der brutkasten mit Ms. AI, um gängige falsche Vorstellungen zu entmystifizieren. Expertinnen der jeweiligen Felder – von Philosophie über Wissenschaftbis zum Management – beantworten dabei in einer mehrteiligen Artikelreihe die wichtigsten Fragen zum Thema Künstliche Intelligenz.

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Zum Beginn der Artikelserie stellen wir grundlegenden Fragen zu diesem Thema: Wie definiert man eigentlich Intelligenz? Wie funktioniert das menschliche Gehirn, und wie macht es uns intelligent? Diese Fragen werden beantwortet von der AI-Expertin und Quantenphysikerin Dilek Demir, Isabell Claus, Co-Founder & Managing Director thinkers.ai, dem Philosophen Reid Blackman und Nancy Nemes, Founder Ms. AIA und #humanAIze, sowie CEO von Nemes Ventures.

Wie definiert man Intelligenz?

Dilek Demir, AI-Expertin und Quantenphysikerin: Intelligenz ist die Fähigkeit, Informationen im Zuge der emotionalen Intelligenz zum richtigen Zeitpunkt zu lernen, zu verstehen, zu speichern, wiederaufzurufen und wiederzuverwenden.

Dr. Isabell Claus, Co-Founder & Managing Director thinkers.ai: Menschliche Intelligenz umfasst die Möglichkeit, situationsspezifisch zu reagieren, die Neugier und eine sich über die Generationen weiterentwickelte Problemlösungskompetenz, sowie das Lernen aus bereits Erlebtem, also Fehler nicht immer wieder zu machen.

Nancy Nemes, Founder Ms. AI und #humanAIze, CEO Nemes Ventures: Das Verständnis der menschlichen Intelligenz entwickelt sich im Laufe der Zeit. Und obwohl es verschiedene Definitionen dafür gibt, müssen wir noch viel mehr tun, um die menschliche Intelligenz wirklich zu verstehen. Momentan definiere ich menschliche Intelligenz gerne als die Fähigkeit, Emotionen und emotionales Wissen zu erzeugen, wahrzunehmen, und darauf zuzugreifen; Emotionen kreativ, reflektierend und effektiv zu regulieren, um das intellektuelle Wachstum zu fördern; sowie klug aus Erfahrungen zu lernen, um sich an Umgebungen anzupassen und diese zu formen. 

Reid Blackman, Philosoph: An dieser Stelle ist es sinnvoller, das zu fragen, was Philosophen als eine “metaphysische Frage” bezeichnen: “Was ist Intelligenz?” oder “Was macht Intelligenz aus?” oder “Was ist die Natur der Intelligenz.” In der Beantwortung einer dieser Fragen erhalten Sie verschiedene Darstellungen darüber, was Intelligenz ist. Und alle diese Darstellungen werden verschiedenen Gegendarstellungen unterschiedlicher Stärke ausgesetzt sein. Was diese verschiedenen Sichtweise und  Analysen zusammenführt, ist die Tatsache, dass sie von einer Reihe von Beispielen ausgehen werden, bei denen die Menschen mehr oder weniger übereinstimmen, dass sie eine Art von Intelligenz besitzen.

Natürlich werden wir auf mehr oder weniger durchschnittliche, erwachsene Menschen verweisen und sagen: “Sie haben Intelligenz”. Ein Zeichen ihrer Intelligenz ist die Fähigkeit, sich an Ketten des Denkens zu beteiligen. Sie können zum Beispiel darüber nachdenken, wie sie das bekommen, was sie wollen – das, was wir “Means/End Reasoning” nennen können. Sie können auch darüber nachdenken, ob es sich lohnt, diese Ziele überhaupt zu verfolgen. Wir nennen das “Ends Reasoning”. Und wir können beobachten, dass andere Tiere sich mit Means/End-Reasoning beschäftigen, aber nicht mit Ends Reasoning.

Nemes: Auf der Technologieseite sollten wir zwischen maschineller Intelligenz, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz unterscheiden. Maschinelle Intelligenz ist, wenn Maschinen mit einigen (aber nicht allen) Aspekten der menschlichen Intelligenz programmiert werden, einschließlich Lernen, Problemlösung und Priorisierung. Es besteht aus verschiedenen Methoden des maschinellen Lernens, sowie Automatisierungstechniken. Künstliche Intelligenz ermöglicht es Computern, verfügbare Informationen zu verarbeiten und zu neuen Lösungen zu kombinieren, um bestimmte Ziele zu erreichen. Daher haben wir auf dem Weg zur KI (der höchsten Form der rechnergestützten Intelligenz) maschinelles Lernen und dessen Entwicklung, die maschinelle Intelligenz.

Blackman: Mathematisches Denken ist eine andere Art des Denkens. Wir machen es die ganze Zeit. Es scheint ein Merkmal unserer Intelligenz zu sein. Es stellt sich jedoch heraus, dass sich Maschinen mit mathematischem Denken beschäftigen können – wir nennen sie Rechner! Man könnte sagen: “Sie sind nicht wirklich an der Argumentation interessiert”, oder so etwas in der Art. “Es sind alles Nullen und Einsen, also ist es keine Argumentation”, könnte man sagen. Aber dann möchte ich darauf hinweisen, dass, wenn wir uns mit dem Denken beschäftigen, es sich immer um neuronale Zündungen und Synapsen handelt. Und daraus würde niemand rückschließen, dass Menschen nicht denken.

Es würde mich also nicht stören, wenn die Leute die Rechner als eine Art von Intelligenz beschreiben würden. Interessanterweise dachte Renee Descartes, dass eine Maschine nie in der Lage sein würde, sich mit mathematischem Denken zu beschäftigen, denn das war etwas, was nur der menschliche Verstand tun konnte. Das war eines der vielen Dinge, bei denen er falsch lag.

Wie funktioniert das menschliche Hirn, und wie macht es uns intelligent?

Blackman: Ganz allgemein würde ich sagen, dass das Gehirn eine Komplexität aufweist, die es möglich macht, dass es zum Beispiel glauben, begehren, hoffen, Angst haben, sowie zum Beispiel sehen oder hören kann.

Demir: Es ist bekannt, dass das Gehirn aus einem Bündel von wenigen Millionen neuronaler Cluster besteht, die mit Lichtgeschwindigkeit arbeiten und interagieren. Die interessantesten und herausforderndsten Teile sind die Nerven, die zu den Synapsen oder synaptischen Verbindungen führen. Hier, im Zusammenspiel mit den chemischen Wechselwirkungen und geladenen Ionen, findet der Informationsfluss statt, und das ist sehr interessant. Bisher wurden einige Krankheiten im Zusammenhang mit dem ZNS-System des Menschen beobachtet… und das ist schon fast alles, was wir darüber wissen.

Claus: Wenn wir wüssten, wie das Gehirn als Ganzes arbeitet, bräuchten wir wahrscheinlich nicht so lange, bis wir Maschinen ähnliche Abläufe beibringen. De facto bleibt uns aber genau das verborgen. Wir zerlegen einzelne Charakteristika, Fähigkeiten und Prozesse in unzähligen Studien und untersuchen sie mit Hilfe verschiedener Ansätze, Methoden und in mehreren Disziplinen. So kommen wir Stück für Stück zu neuen Erkenntnissen. Gleichzeitig fehlt uns aber der gesamtheitliche Überblick über alles, was die Menschheit heute über das Gehirn weiß. Maschinen haben in dieser Hinsicht eine Fähigkeit, die uns Menschen nach vorne katapultieren könnte: Die Verarbeitung massenhafter Daten. Sobald die massenhafte Datenverarbeitung zum Beispiel im Bereich der Erforschung des Gehirns mit der menschlichen Intelligenz verknüpft wird, haben wir die Chance, zu durchblicken, was alles in unserem Kopf passiert und was Intelligenz ausmacht.

Nemes: Das menschliche Gehirn ist das komplexeste Organ im menschlichen Körper und komplexer als jede bekannte Struktur des Universums. Unser Gehirn hat fast 100 Milliarden Neuronen, die Informationen in Form von elektrischen Signalen sammeln, verarbeiten und weitergeben. Bisher wissen wir jedoch nicht, wie die Unterschiede oder Ähnlichkeiten in den Eigenschaften dieser Zellen für menschliche kognitive Fähigkeiten wie Intelligenz von Bedeutung sind. Wissenschaftler, die im Rahmen des Human Brain Project arbeiten, haben zum ersten Mal einen direkten Zusammenhang zwischen der Größe der Gehirnzellen und dem IQ-Niveau entdeckt. So würden größere Neuronen im Temporallappen des Gehirns, die elektrische Signale mit höherer Geschwindigkeit erzeugen, zusammenhängen mit höheren Verarbeitungsraten und höherem Intelligenzniveau. Zu sagen, dass das Gehirn “wie ein großer Computer funktioniert”, ist eine ziemliche Vereinfachung, da es so viel mehr gibt, was das menschliche Gehirn einzigartig und intelligent macht. Zum Beispiel könnten wir ohne das Gehirn nicht atmen, sprechen, singen, spielen, lieben, arbeiten oder uns erinnern. Einzigartig menschlich ist es, abstrakte Konzepte zu verstehen, zu handhaben und zu erfinden, uns auszudrücken und unser Wissen zu nutzen, um unsere Umwelt zu manipulieren. Darwinisten (wie ich) glauben, dass die menschliche Intelligenz nur eine bestimmte Überlebensstrategie unter vielen anderen ist. Und während wir Computerprogramme haben, die Schach besser spielen können als der beste menschliche Schachspieler, haben wir immer noch keine einzige Maschine (man kann es auch “Roboter” nennen), die wie eine Katze springen oder wie ein Adler sehen oder fliegen kann. Es heißt zudem, Kultur, Fürsorge und Altruismus seien einzigartig menschlich.

Demir: Wir wissen also nicht viel über das menschliche Gehirn. Es werden nur Bereiche des Gehirns spezifiziert, und dennoch beobachtet die Medizin ständig neue knifflige und große Unterschiede in diesem Bereich. Eine Sache, die ich liebe und gelernt habe, ist, über ein bestimmtes Thema nachzudenken, indem ich Artikel lese, mit den richtigen Kollegen interagiere und die richtigen Dokumentationen anschaue. Ich bin mir nicht sicher, ob ein Gehirn uns intelligent macht. Es ist vielmehr das Zusammenspiel weniger verschiedener Parameter. Gefühle werden zum Beispiel überhaupt nicht beobachtet, aber sie sind auch in diesem Spiel ein wichtiger Faktor.

Deshalb kann ich hier nur eine Hypothese vorschlagen, und diese wäre die folgende: Ich denke, dass die Quantenphysik eine große Rolle im Prozess des Denkens, der Informationsspeicherung und des Wiederaufrufs von Informationen im menschlichen Gehirn spielt. Die Tatsache, dass es sich um geladene Ionen handelt, ist für mich ein Indikator dafür, dass dort eine gewisse “Quantenmagie” stattfindet.

Im nächsten Teil der Serie werden wir uns mit der Frage beschäftigen, ob Maschinen die menschliche Intelligenz kopieren können. Somit nähern wir uns schrittweise dem komplexen Thema der Künstlichen Intelligenz an.

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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