05.08.2024
FORSCHUNG

Intelligente Salzburger Feuerwehrjacke schützt vor Überhitzung

Eine kühlende Feuerwehrjacke soll Einsatzkräfte unterstützen. Im Auftrag von Texport arbeitet Salzburg Research mit der Uni Salzburg an einem Prototypen. Erste Ergebnisse zeigen die Wirksamkeit.
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Salzburg Research Texport Feuerwehrjacke Sensorik Kühlende Feuerwehrjacke
Salzburg Research-Forscher Severin Bernhart und Texport-Geschäftsführer Otmar Schneider mit einem Prototyp einer intelligenten Feuerwehrjacke vor der Brandsimulationsanlage (c) Salzburg Research/wildbild

Unter einer Feuerwehrjacke schwitzt man. Meist sind Einsatzkräfte schon nach dem Anlegen ihrer 20 Kilogramm schweren Ausrüstung verschwitzt, die hohen Temperaturen bei einem Brand belasten den Körper zusätzlich. Wird immer mehr Schweiß produziert, steigt die Luftfeuchtigkeit unter der Jacke immer mehr. Bis der Körper es nicht mehr schafft, sich abzukühlen. An diesem “Kipppunkt” drohen Feuerwehrleute zu kollabieren. Eine intelligente Feuerwehrjacke will diesen Wendepunkt nun frühzeitig erkennen.

Die Forschungsgesellschaft Salzburg Research entwickelte die Jacke im Auftrag des Feuerwehrausstatters Texport und in Kooperation mit der Universität Salzburg. Eingebaute Sensoren erkennen, wann eine Person zu überhitzen droht. Ein Kühlungssystem in der Jacke wird daraufhin ausgelöst. Texport-Geschäftsführer Otmar Schneider gilt als Initiator des Projekts, er erklärt seine Beweggründe für das Forschungsprojekt so: “Meine Vision ist, Hitzestress bei Feuerwehrleuten automatisiert zu vermeiden. Denn Hitzestress führt zu verminderter Leistungsfähigkeit und im schlimmsten Fall zu einer Ohnmacht, sodass Retter selbst gerettet werden müssen.”

Sensoren eingebaut

Wie startet man ein solches Forschungsprojekt? Zunächst war es eine Herausforderung, automatisiert festzustellen, wann dieser “Kipppunkt” für Feuerwehrleute erreicht ist, an dem sie zu kollabieren drohen. Für eine erste Laborstudie wurden daher Sensoren in die Textilien eingearbeitet, die Schweiß und Luftfeuchtigkeit in der Jacke schätzen sollten. Die Studienteilnehmer:innen mussten mit Schutzanzug, Helm und Sauerstoffflasche in die Sauna und anschließend aufs Laufband. Danach mussten sie Fragen für einen kognitiven Test beantworten.

Severin Bernhart vom Forschungsinstitut Salzburg Research, das auf Bewegungsdatenanalyse spezialisiert ist, erklärt: “Dadurch wollten wir herausfinden, mit welchen Sensoren und Parametern wir den Hitzestress zuverlässig ermitteln können und wo diese Sensoren am besten angebracht werden sollten.” Mit diesen Daten konnten sie einen Algorithmus trainieren, der den Zeitpunkt des “Kipppunkt” berechnen kann. Ein erster Prototyp der Jacke wurde gebaut.

Tropenklima unter der Feuerwehrjacke

Das Gefühl unter einer Feuerwehrjacke könne man sich wie in den Tropen vorstellen, sagt Severin Bernhart. Durch den vielen Schweiß wird die Luft unter der Jacke immer feuchter, bis sie irgendwann gesättigt ist. Dann funktioniert das körpereigene Kühlsystem nicht mehr und die Körperkerntemperatur steigt immer weiter. An diesem Punkt steigt das Risiko der Dehydrierung und eines Kollaps. Hier kommen nun die textilen Sensoren in der Jacke ins Spiel: Sie können die Menge an Schweiß und die Luftfeuchtigkeit in der Jacke grob messen und das Startsignal für das Kühlsystem geben.

Bernhart folgt dem Vergleich von vorher, die Kühlung sei wie “wenn man trockene Luft aus Sibirien in die Tropen hineinpustet”. Trockene, frische Luft werde über textile Luftschläuche in Impulsen in die Jacke geleitet. Die Luft stammt aus einer kleinen “Sodastream-großen” Sauerstoffflasche. Man müsse sehr sparsam mit der Luft umgehen, erreiche aber durch die regelmäßigen Luftimpulse dennoch einen Kühlungseffekt.

In drei Jahren am Markt

Bisher waren die Prototypen-Tests in der Brandsimulationsanlage sehr erfolgreich. Die Testpersonen hätten die Kühlung als sehr angenehm beschrieben. Jannic Wälde von der Universität Salzburg war mit den objektiven Messungen betraut. Ob eine steigende Körpertemperatur wirklich verhindert werden konnte, ist derzeit noch nicht klar. Die Auswertung läuft noch. Würden sich die Vitalparameter der Feuerwehrleute tatsächlich verbessern, wäre das ein wichtiger Schritt hin zu sichereren Einsätzen. Denn bei Hitzestress verhalten sich Menschen risikobereiter, impulsiver, treffen möglicherweise falsche Entscheidungen und überschätzen ihre körperliche Leistungsfähigkeit.

Bernhart sieht auch großes Potential am weltweiten Markt für Feuerwehrausrüstung. In den USA herrschen zum Beispiel strengere Auflagen als in Österreich, die Feuerwehrkleidung kann dort mit bis zu 35 Kilogramm knapp doppelt so viel wiegen wie hierzulande. Das führe auch zu viel mehr kollabierenden Feuerwehrleuten in den USA. Hier könnte die kühlende Feuerwehrjacke Abhilfe schaffen.

Bernhart hofft, in einem Folgeprojekt die Sensorik und Kühlung weiter zu verbessern. In den bisherigen Feldmessungen wurde die Kühlung halbautomatisch ausgelöst, das soll in Zukunft vollkommen automatisch möglich sein. Laufen die weiteren Tests so erfolgreich wie bisher, könnte das System in drei Jahren auch in realen Einsätzen verwendet werden. Und für weniger Schweiß unter der Feuerwehrjacke sorgen.

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Tomohiro Ishikawa und Miyu Nishihira (v.l.) | (c) brutkasten / Martin Pacher

Herkömmliche Drohnen navigieren in offenen Bereichen oft mithilfe von GPS, um ihre Position und Flugroute zu bestimmen. In geschlossenen Gebäuden oder unterirdischen Bauwerken wie Tunneln ist dies jedoch nicht möglich. Daher sind spezielle technologische Lösungen erforderlich, um eine zuverlässige Navigation von Drohnen in solchen Umgebungen zu gewährleisten. Eine Lösung dafür entwickelt das japanische Technologieunternehmen Spiral Inc., das 2016 von Tomohiro Ishikawa gegründet wurde.

Spiral liefert Lösung mit Augmented Reality (AR)

Durch den Einsatz von Augmented-Reality-Markern navigieren die Drohnen präzise durch Innenräume und ermöglichen eine lückenlose Überwachung von Infrastrukturen wie Dämmen, Tunneln, Abwassersystemen oder anderen schwer zugänglichen Orten. Die sogenannte “MarkFlex-Air (MFA)-Technologie eignet sich somit besonders für Einsätze in Umgebungen, in denen kein GPS-Signal zur Verfügung steht.

Die Technologie kommt aktuell zur Inspektion von Tunneln zur Anwendung | (c) Spiral

Die Drohnen erfassen in Echtzeit Videodaten und senden diese in die Cloud, wo sie sofort ausgewertet werden können. Dies ermöglicht es Bauunternehmen, schnelle, datenbasierte Entscheidungen zu treffen, die den Fortschritt ihrer Projekte beschleunigen und gleichzeitig die Kosten senken.

In Japan hat das Unternehmen sich bereits in mehreren Projekten bewährt, darunter Tests mit dem japanischen Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus sowie führenden Bauunternehmen. So wurde die Technologie dafür eingesetzt, um Shinkansen-Eisenbahntunnel zu inspizieren.

Expansion nach Europa

Nach den erfolgreichen Projekten in Japan verfolgt das Unternehmen nun ehrgeizige Pläne für die internationale Expansion, insbesondere in Europa. “Wir haben herausgefunden, dass es enorme Potenziale in der europäischen Industrie gibt,” so Miyu Nishihira, Global Marketing Manager von Spiral Inc. gegenüber brutkasten. Sie betont die wachsende Nachfrage nach der innovativen Drohnentechnologie.

Miyu Nishihira | (c) brutkasten / martin pacher

Der nächste logische Schritt sei der Einstieg in den europäischen Markt. “Ich habe Gespräche mit potenziellen Kunden in Österreich geführt, wie Bauunternehmern, Bauingenieurbüros und Eisenbahngruppen”, so Nishihira. Und sie merkt an: “Sie sind daran interessiert, unsere Drohnen in Notfällen, wie bei Unfällen in Tunneln, oder zur Erstellung von 3D-Karten auf Baustellen zu nutzen.“ Die positiven Rückmeldungen würden zeigen, dass die Technologie in Österreich auf großes Interesse stößt und einen wichtigen Beitrag zur Bau- und Sicherheitsbranche leisten könne.

Österreich als idealer Ausgangspunkt – FlexCo in Gründung

Aufgrund der wachsenden Nachfrage nach ihren innovativen Drohnentechnologien hat Spiral Inc. sich dazu entschieden, einen Standort in Österreich zu eröffnen. Derzeit befindet sich FlexCo in Gründung, deren Geschicke künftig Nishihira als Österreich-Geschäftsführerin verantworten wird.

Als großen Standortvorteil betont sie unter anderem, dass Österreich über eine große Anzahl an Tunnelprojekten verfügt. So sei der Markt hierfür vier Mal größer als in Japan. Zudem würde es auch einen großen Kreis an potentielle Kunden wie die Strabag oder Porr geben “Österreichs zentrale Lage in Europa und seine herausragende Expertise im Bereich Bau- und Infrastrukturlösungen machen das Land zum idealen Ausgangspunkt für unsere Expansion.”

Bei der Präsentation war auch der japanische Botschafter Ryuta Mizuuchi in Österreich anwesend | (c) brutkasten / martin pacher

Unterstützung durch Global Incubator Network

Neben den Gesprächen mit potenziellen Kunden betont Nishihira auch die Unterstützung durch das Global Incubator Network Austria (GIN), das entscheidend für den Markteintritt von Spiral Inc. in Europa sei. “Das Global Incubator Network hat uns dabei geholfen, wichtige Verbindungen in Österreich und darüber hinaus zu knüpfen,“ sagte sie. “Durch das Netzwerk haben wir Zugang zu lokalen Partnern erhalten, die uns helfen, unsere Technologie an die Bedürfnisse des europäischen Marktes anzupassen.”

Spiral Inc wird seit Frühling 2023 über das GO Austria Programm des Global Incubator Network unterstützt. Mit dem Programm werden jedes Jahr Startups aus den GIN-Zielregionen von Asien nach Österreich eingeladen (brutkasten berichtete). Im konkreten Fall von Spiral wurde das Unternehmen von GIN im Rahmen des GO AUSTRIA PLUS Programms bei der Unternehmensgründung und den damit verbundenen Aufwänden und Kosten unterstützt.

Das Unternehmen ist übrigens das zweite japanische Startup, das sich über das Programm in Österreich ansiedelte. Erst im Mai 2023 eröffnete auch das japanische Startup Godot sein EU-Forschungs- und Entwicklungszentrum in Wien.

Die Indoor-Drohnentechnologie wurde bei cargo-partner iLogistics Center präsentiert | (c) martin pacher / brutkasten

Präsentation der Technologie bei cargo-partner

Zum Marktstart in Österreich präsentierte Spiral Inc. am Donnerstag im cargo-partner iLogistics Center nahe dem Wiener Flughafen vor ausgewähltem Fachpublikum seine Technologie. In Österreichs größter Logistik Halle aus Holz wurden mehrere Indoor-Testflüge erfolgreich absolviert.

Erst im letzten Jahr wurde die österreichische Spedition Cargo-partner Teil der Nippon Express Group, die wiederum in Spiral Inc. investiert ist. Neben der Inspektion von Tunneln könnte die Technologie künftig auch im Bereich der Logistik Anwendung finden, wie Martin Schenzel, Geschäftsführer von cargo-partner Österreich, betonte.

Spiral plant, die Funktionen seiner Drohnen in der nächsten Phase weiter auszubauen. Geplant ist die Integration von Sensoren wie Gasdetektoren, chemischen Sensoren und Mikrofonen, um die Anwendungsbereiche der Technologie zu erweitern. Drohnen sollen so künftig zusätzliche sicherheitskritische Aufgaben übernehmen können, wie etwa die Detektion von schädlichen Gasen.


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