19.10.2018

“innovate or die”: Innovation in Familienunternehmen

Im Rahmen eines Workshop-Nachmittags am Erste Campus Wien in Kooperation zwischen Erste Bank und Deloitte ging es um das Thema Innovation in Familienunternehmen.
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der brutkasten / Haris Dervisevic: Reinhard Prügl über Innovation in Familienunternehmen
(c) der brutkasten / Haris Dervisevic: Reinhard Prügl über Innovation in Familienunternehmen
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Wie gehen Familienunternehmen mit den rasanten Entwicklungen in der Wirtschaft um? Welchen Einfluss haben technologische Veränderungen und wie wichtig sind Innovationen für den erfolgreichen Fortbestand familiengeführter Unternehmen? Diesen Fragen sowie den Chancen und Herausforderungen im Kontext Innovation gingen beim gestrigen Workshop-Nachmittag am Erste Campus Wien in Kooperation mit  Experten von Erste Bank und Deloitte aus den Bereichen Recht, Finanzen und Unternehmertum auf den Grund.

+++ Unternehmerfamilien: Warum auch die nächste Generation oft gründet +++

400 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr in Österreich

51 Prozent der österreichischen Betriebe sind Familienunternehmen, insgesamt erwirtschaften sie mehr als 400 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Somit sind familiengeführte Unternehmen ein wichtiger Bestandteil der heimischen Wirtschaft, mehr als 70 Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich sind in Familienunternehmen tätig. Dabei gilt zu beachten, dass ein familiengeführtes Unternehmen per Definition nicht abhängig von der Größe des Unternehmens ist, sondern von einem entscheidenden Faktor: dem wesentlichen Einfluss, den eine Familie auf die Strategie des Unternehmens hat und dadurch einen maßgeblichen Beitrag zum erfolgreichen Überleben des Unternehmens leistet. Dies kann in der Form von Beiräten stattfinden, aber auch in der operativen Führung.

Video-Interview mit Reinhard Prügl und Friedrich Wiesmüllner vom Event:

Längerer Fortführungswille

Familienunternehmen weisen wirtschaftliche Besonderheiten auf, die vor allem in Zeiten rasanter Veränderungen am Markt einen entscheidenden Faktor zum Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens beitragen. So werden zum Beispiel Entscheidungen eher langfristig getroffen, da ein familiengeführtes Unternehmen vor allem von einem längeren Fortführungswillen geprägt ist und hauptsächlich daran interessiert ist, Vermögenswerte aufzubauen, die generationenübergreifend weitergegeben werden können – im Gegensatz zu kurzfristigen Profiten und Exit-orientierten Geschäftsmodellen, wie es oft bei Startups der Fall ist.

“Ohne Innovation geht gar nichts”

Doch wie können Familienunternehmen gerade in Zeiten, die von rasanter Beschleunigung und immer schneller stattfindenden technologischen Veränderungen geprägt sind, mit diesem Ansatz überhaupt bestehen? Die Antwort ist einfach: Ohne Innovation geht gar nichts. “Wir leben in einer Zeit, in der es für alle Beteiligen eine Herausforderung darstellt, mit dem technologischen Fortschritt mitzuhalten – gerade Familienunternehmen, deren zentrales Ziel das langfristige Überleben ist, haben nur dann eine realistische Chance auf Fortbestand, wenn sie sich intensiv mit dem Thema Innovation auseinandersetzen. Ohne Innovation geht gar nichts, Innovation ist – getreu dem Motto innovate or die – der Schlüssel zum langfristigen Überleben einer Generation”, so Keynote-Vortragender Reinhard Prügl, wissenschaftlicher Leiter des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen (FIF) und Inhaber des Lehrstuhls für Innovation, Technologie und Entrepreneurship an der Zeppelin Universität.

Immer früherer Generationswechsel

Familienunternehmen sichern ihren Fortbestand durch die Weitergabe des Unternehmens an die nachfolgende Generation. Gerade diese Zeit des Generationenwechsels kann als Zeit des Umbruchs und der Veränderung genutzt werden, um Innovationen voranzutreiben und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Eine weitere Besonderheit ist, dass dieser Generationswechsel heutzutage immer früher stattfindet, da die jüngere Generation vor allem einen wichtigen Beitrag zum Thema Digitalisierung leisten und mit technologischen Veränderungen meist besser umgehen kann. Anstatt wie früher oft zwanzig Jahre zu warten, bis die nächste Generation das familieneigene Unternehmen übernehmen darf, ist es durchaus sinnvoll, den jüngeren Familienmitgliedern weitaus früher Zugang zu unternehmerischen Schlüsselpositionen zu verschaffen – idealerweise in Zusammenarbeit mit erfahrenen Führungskräften. Ein Austausch, von dem beide Seiten profitieren.

Video-Interview vom Event:

Digitalisierung und Innovation in Familienunternehmen

Live vom Erste Campus über die Innovation und Digitalisierung in Familienunternehmen und deren Startup-Collaboration mit Spezialthemen Vermögensübertragung, „Familienverfassung sowie Strukturierung und Transaktionen.

Gepostet von DerBrutkasten am Donnerstag, 18. Oktober 2018

Familienverfassung als Option

Doch gerade dieser Generationenwechsel ist nicht immer einfach – so herrscht in einem Familienunternehmen ein besonderes Spannungsverhältnis – dies kann sich je nach der Beziehung der Familienmitglieder zueinander besonders positiv oder negativ auf den geschäftlichen Erfolg auswirken. Eine Möglichkeit, diesen Spannungen vorzubeugen, besteht in der Erstellung einer Familienverfassung – ein rechtliches Dokument, das ähnlich einem Vertrag, den Ablauf unternehmensinterner Prozesse sowie die leitenden Werte, nach denen das Unternehmen auch in Zukunft geführt werden soll, festhält.

Familienunternehmen: Von traditioneller zu umsetzender Sichtweise

Die größte Herausforderung, mit der ein Familienunternehmen jedoch auch in Zukunft verstärkt konfrontiert sein wird, ist es, von der traditionellen Sichtweise in eine umsetzende Sichtweise zu kommen. Sonst besteht die Gefahr, dass Firmen, die seit mehreren Generationen am Markt bestehen, von innovativen Jungunternehmen überholt werden. Es sei Aufgabe von Politik und Gesellschaft, das Zusammenspielen beider Unternehmen zu fördern und somit den Fortbestand von Unternehmen, die einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung in Österreich beitragen, langfristig zu sichern.

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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