Bei einem Unternehmertreffen in einer kleinen österreichischen Gemeinde spricht Elisabeth Mayerhofer zum Thema Digitalisierung. Es geht um die Chancen für den heimischen Wirtschaftsstandort, warum KMU dafür eine zentrale Rolle spielen und was ihnen Digitalisierung bringen kann. Für die Geschäftsführerin der Julius Raab Stiftung, ein Think Tank zur Digitalisierung in der Wirtschaft, sind das selbstverständliche Themen. In der Realität kleiner Betriebe sind sie noch nicht angekommen.

Google? Die neuen Gelben Seiten!

„Am Ende haben wir uns darauf geeinigt, dass Google die neuen Gelben Seiten sind und dass man deshalb dort aufscheinen sollte“, erzählt Mayerhofer. Manchmal ist es schwierig, kleinere Betriebe von den Vorteilen der Digitalisierung zu überzeugen: „Ein Handwerksbetrieb in einer kleinen Gemeinde wird über Google vielleicht auch in der nächsten größeren Stadt gefunden und will das vielleicht gar nicht. Die Mundpropaganda in der eigenen Region sorgt für ausreichend Geschäft“. Für Firmen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen und deren Markt stark regional orientiert ist, hat Digitalisierung eine ganz andere Bedeutung, als für Unternehmen die auch über die Grenzen ihrer Gemeinde hinaus aktiv sein wollen. Mayerhofer: „Die große politische Herausforderung ist es, diese Bandbreite abzudecken”.

Die meisten KMU sind „Digitale Neulinge“

Kleinere und mittlere Unternehmen – das sind Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern – machen den Großteil der Wirtschaftsleistung in Deutschland und Österreich aus. Die Digitalisierung dieser KMU steht deshalb auf der politischen Agenda weit oben. Bei den Unternehmen scheint die Botschaft aber nur begrenzt anzukommen. Der Großteil der 1700 befragten Firmen ordnet sich im Rahmen einer aktuellen Digitalisierungsstudie für KMU in Österreich als „Digitaler Neuling“ oder mit geringem digitalem Wissen ein.

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Digitalisierung? Vielleicht eine Homepage

Während sich die innovative Startup-Szene den Kopf über Blockchain und Künstliche Intelligenz zerbricht, beschäftigt die Mehrheit der kleineren und mittleren Unternehmen ganz andere Fragen. Fast die Hälfte der Teilnehmer der Digitalisierungsstudie denkt darüber nach, im nächsten Jahr eine eigene Homepage umzusetzen. Sechs Prozent wollen eine App.

Der Fleischhauer und das Internet

Dass die Digitalisierung selbst kleinen Unternehmen viel bringen kann, ist klar. Ein Beispiel: Fleischhauer kämpfen trotz steigenden Fleischkonsums ums Überleben. Die Handwerksbetriebe werden durch Supermärkte und Diskonter aus dem Markt gedrängt. Burkhard Schultes Fleischerei-Betrieb in Mönchengladbach gehört nicht zu den Opfern. Dass Schulte + Sohn heute 35 Millionen Euro Jahresumsatz macht, hat mit Schultes wachem Auge für Trends zu tun. Den Trend zu hochwertigem (Bio-)Fleisch können Diskonter nicht bedienen. Und Schulte trotzt sogar der Theorie, dass das Internet für hochwertige Lebensmittel kein geeigneter Vertriebsweg ist. Der vor neun Jahren gestartete Onlineshop Gourmetfleisch.de verzeichnet zweistellige Zuwachsraten und schreibt seit 2015 schwarze Zahlen.

„Innerhalb von zwei Jahren kann ein Unternehmen überflüssig werden“, Nikolaus Franke, WU Wien.

„Wenn man als Unternehmen nicht flexibel auf Trends reagiert, ist das ein großes Problem“, sagt Nikolaus Franke, der an der WU Wien das Institut für Entrepreneurship und Innovation leitet. Durch die Digitalisierung hat sich die Geschwindigkeit stark erhöht. Franke: „Innerhalb von zwei Jahren kann ein Unternehmen komplett überflüssig werden“.

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Ein Blick auf andere Märkte hilft

Ein Patentrezept für Innovation gibt es nicht. Ein innovationsfreundliches Umfeld lässt sich aber in jedem Unternehmen schaffen. Franke erstellt jährlich ein Ranking der 100 innovativsten KMU, die „Top 100“. Was diese Unternehmen verbindet? „Diese Unternehmen sind ganzheitlich auf Innovation ausgerichtet“, erklärt Franke. Einen Innovationsmanager einzustellen genüge nicht. Die Innovationsbereitschaft müsse sich durch die gesamte Organisation ziehen. Und typischerweise seien diese Unternehmen stark nach außen gerichtet: „Sie versuchen global Trends aufzuspüren, binden ihre Kunden ein und schauen auch in andere Märkte“.

Digitalisierungs-Opfer: „schöpferische Zerstörung“

Innovativ sein, das kann nicht jedes Unternehmen. Doch darauf, dass es bislang immer gut gegangen ist, sollte man sich nicht verlassen. „Es gab in den letzten Jahren leider viele Traditionsunternehmen, die pleite gegangen sind“, sagt Franke. „Grund Nummer eins war, dass man Innovationen in Technologie und Markt verpasst hat und einfach nicht mehr wettbewerbsfähig war.“ Das sei im Einzelfall bedauerlich und mitunter tragisch für die betroffenen Personen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet sei es aber eben der Prozess der „schöpferischen Zerstörung“, wie man Innovationen auch nennt: das bessere Neue verdrängt das schlechtere Alte.

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