15.10.2015

Inkubatoren und Accelerators: Die Öffentlichen

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In der aktuellen Serie beleuchtet der Brutkasten Inkubatoren und Acceleratoren.

Zu den Inkubatoren der ersten Stunde in Österreich zählen auch von der öffentichen Hand finanzierte Programme wie Inits. Rund 160 Startups haben das intensive “Bootcamp” der Wiener Startup-Schmiede erfolgreich durchlaufen.

In Europa hat in den vergangenen fünf Jahren ein wahrer Boom von Inkubatoren und Accelerators eingesetzt. Laut einer Studie von Telefonica (The Accelerator and Incubator System in Europe) verzeichnen diese Programme einen jährlichen Zuwachs von 29 Prozent. Nach dem Stand Jänner 2014 gibt es demnach in Europa 260 Inkubatoren und Accelerators, das sind mehr als in den USA (rund 200).

In Österreich sind die “etablierten” Inkubatoren, die schon einen Track Record aufweisen können, von öffentlicher Hand (teil-)finanzierte Zentren. Darunter fällt das Inkubatorennetzwerk A plus B, in Wien vertreten durch Inits. Die 2002 gegründete Startup-Schmiede ist ein Unternehmen der Technologieagentur der Stadt Wien, der Uni Wien und der Technischischen Universität Wien. 158 Gründungen kann Inits mittlerweile vorweisen, darunter Erfolgsgeschichten wie Mysugr oder Shpock. Das Inkubationsprogramm dauert 18 Monate. Wer die Pre-Selection gemeistert hat, kommt für drei Monate ins Startup Camp, das zurecht auch als Bootcamp bezeichnet wird. In 100 Tagen wird intensiv am Geschäftsmodell gefeilt, dabei wird nach der Lean Startup Methode vorgegangen.

“Lean”, also möglichst schlank, soll der Prozess zum “minimum viable product” sein, der ersten für Kunden testfähige Produktversion.

“Da geht es vor allem darum, möglichst früh die Kundensicht einzunehmen, den Mitbewerb und den Markt wirklich gut zu kennen und das Geschäftsmodell nachzuschärfen oder wenn nötig auch neu auszurichten”, sagt Inits-Chefin Irene Fialka, die mit ihrem Team gerade die neuen Büroräumlichkeiten im Mediaquarter Marx bezogen hat, in dem sich unter anderem auch der Coworkingspace der gerade betreuten Gründer befindet. Schon bei der Marktrecherche sei es wichtig, nicht einfach nur zu googlen, sondern Kunden zu fragen, wie sie ihr “Problem” bisher gelöst haben, meint Fialka. “So kommt man unter Umständen auf Mitbewerber, mit denen man nicht gerechnet hätte.”

Schlankheitskur

“Lean”, also möglichst schlank, soll der Prozess zum “minimum viable product” sein, der ersten für Kunden testfähigen Produktversion. Nach drei intensiven konzepionellen Monaten gibt es bei Inits – das hat man sich von Inkubatoren aus dem Silicon Valley, wie zum Beispiel Y Combinator, abgeschaut – den Demo Day, bei dem die Startups erstmals öffentlich vor einer Jury, bestehend aus Investoren, Unternehmern, Beratern und Experten aus verschiedenen Fachrichtungen, pitchen dürfen. Danach bietet Inits noch 15 Monate Unterstützung für die Produktentwicklung, in dieser Phase werden Themen wie wie Prototyping, Marktzugang, Wachstum, strategische Partnerschaften und Finanzierung behandelt. Der Fokus liegt auf individuellen Coachingeinheiten.

Irene Fialka Porträt (c)Martina Draper

“Man muss sich dessen bewusst sein, dass man sich als Startup, wenn man sich so früh auf eine Kooperation einlässt, den strategischen Interessen des Partners unterordnen muss” (Irene Fialka)

Neuer Mitbewerb kritisch betrachtet

Den gerade entstehenden “Mitbewerb”, den Inkubatoren von Unternehmen wie A1 oder der Post, sieht Fialka prinzipiell positiv: “Es ist für jeden Startup-Standort wichtig, dass es auch privatwirtschaftliche Initiativen gibt. Gute Kontakte zu etablierten Unternehmen, sei es als Kunde oder Kooperationspartner, sind für Startups zentral. “Man muss sich aber dessen bewusst sein, dass man sich als Startup, wenn man sich so früh auf eine Kooperation einlässt, den strategischen Interessen des Partners unterordnen muss”, sagt Fialka. Um den Erfolg der in Österreich erst neu eingerichteten privatwirtschaftlichen Inkubatoren zu bewerten, sei es noch zu früh.

AWS-Förderungen für Inkubatoren und Accelerators

Ein beschleunigender Faktor für das Entstehen von privaten Inkubatoren dürfte eine neue Initiative des Austria Wirtschaftsservice (AWS) sein. Mit AWS Jumpstart wurde ein Förderprogramm für Inkubatoren und Accelerators ins Leben gerufen. Bis zum 14. Oktober konnten Anträge eingereicht werden. “Wir gehen davon aus, dass wir noch 2015 Förderanträge unterschreiben können”, sagt Viktor Pasquali vom AWS.

Nur gratis Arbeitsplatz ist zu wenig

Bis zu 150.000 Euro pro Inkubator gebe es, pro Jahr werden fünf Inkubatoren finanziert. In den Inkubatoren ansässige Startups werden mit bis zu 22.500 Euro gefördert. Voraussetzung, um eine Förderung zu bekommen, ist, dass der Inkubator bereits ein Jahr besteht und es einen Office Space gibt (virtuelle Inkubatoren werden nicht unterstützt), in dem sich bereits mindestens drei Startups angesiedelt haben. Und es müssten nachweislich bereits “Inkubationsdienstleistungen durchgeführt worden sein”, so Pasquali, also Workshops, Beratungen oder Ähnliches. Nur einen gratis Arbeitsplatz anzubieten, sei zu wenig, um sich als Inkubator zu qualifizieren.

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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