19.05.2023

InfluCancer-Gründerin: Krebspatient:in sein muss gelernt werden – fast wie ein Job

Krebs ist in unserer Gesellschaft weiterhin ein Tabuthema. Martina Hagspiel hat es sich mit ihrer Patient:innenorganisation InfluCancer und ihrer Agentur Kurvenkratzer zum Ziel gesetzt, dies zu ändern. Wie das gelingt kann, erläutert sie im brutkasten-Interview.
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Martina Hagspiel, Gründerin von InfluCancer und Kurvenkratzer | Foto: Caro Strasnik
Martina Hagspiel, Gründerin von InfluCancer und Kurvenkratzer | Foto: Caro Strasnik
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Dieser Artikel entstand im Rahmen von “Innovator of the Year“. Franz Josef Zeiler von der Donau Vesicherung wurde in der Kategorie “Corporate Innovation” ausgezeichnet. Die Donau Versicherung hat das gewonnene Mediavolumen gespendet und dem Verein InfluCancer zur Verfügung gestellt.


Über Krebs spricht man nicht gerne – das Thema ist in unserer Gesellschaft weiterhin tabubehaftet. Das stellte auch Martina Hagspiel fest, als sie 2010 selbst an Brustkrebs erkrankte. Ihr wurde es daraufhin zum Anliegen, das Thema auf eigene, unkonventionelle Weise anzusprechen. Ein erstes Crowdfunding für ein geplantes Buch scheiterte noch.

Doch dadurch ließ sie sich nicht von ihrem Weg abbringen. Sie gründete die Patient:innenorganisation InfluCancer und die Agentur Kurvenkratzer, deren Geschäftsführerin sie ist.

Seither ist viel passiert: Auf der Website von InfluCancer schreiben mittlerweile 50 Blogger:innen, die mit ihren Artikeln über 100.000 Leser:innen erreichen. InfluCancer betreibt außerdem einen eigenen Podcast und einen Kongress. Im brutkasten-Interview erzählt Martina Hagspiel, wie all dies entstand, worauf man achten sollte, wenn man über eine Krebserkrankung spricht – und erklärt, warum das Vice-Magazin für sie immer ein Vorbild war.


brutkasten: Du hast InfluCancer gegründet, nachdem du 2010 selbst an Brustkrebs erkrankt bist. Wie kam es zur Gründung? Wann kam dir die Idee und wie wurde dir klar, dass es eine Organisation wie InfluCancer braucht?

Martina Hagspiel: InfluCancer hieß ganz zu Beginn Kurvenkratzer, wie heutzutage unsere Agentur. Unter diesem Titel startete das Projekt in 2014. Im Zuge meiner Erkrankung, dem Austausch mit anderen Patient:innen, durch meine Selbsthilfegruppe und dem Internet wurde mir bewusst, dass es unglaublich viele unterschiedliche Herangehensweisen an den Lebensumstand Krebs gibt. Und alle scheinen in sich schlüssig und nachvollziehbar. Gepaart mit dem Bewusstsein, dass es sich hier offensichtlich um ein Tabu handelt, wollte ich einen neuen Weg finden, das Thema zu besprechen.

Im ersten Schritt wollten wir ein Buch produzieren, das in 25 Geschichten den Umgang mit Krebs schildert – künstlerisch begleitet von sehr honorigen und international bekannten Fotograf:innen aus der ganzen Welt. Dafür haben wir eines der ersten Kickstarter-Projekte in Österreich gelauncht, wir waren tatsächlich unter den ersten 10 Projekten hierzulande – meine Tante aus Kanada half mir, denn Kickstarter gab es in Österreich eigentlich noch nicht.

Obwohl wir 53.000 Euro eingesammelt hatten, scheiterte das Crowdfunding, da wir unsere Schwelle nicht erreichten. Im Nachhinein ein Glück, weil so musste ich die Dinge neu denken. Und neu war digital. Das Smartphone war plötzlich da und somit war der Zugang zu einer einfachen Art der Videoproduktion vorhanden. Wir erzählten die Geschichten also nun in Videoformat. Von dort entwickelten sich die Dinge Schritt für Schritt weiter. 2018 gründete ich dann die Patient:innenorganisation, die heute InfluCancer heißt.

Was lief der Start und was waren die ersten Schritte nach der Gründung?

Wichtig zu erwähnen ist: Egal in welcher Entwicklungsstufe, ob während des Crowdfundings, zur Gründung der Patient:innenorganisation oder dann in der weiteren strategischen Ausrichtung und Weiterentwicklung: Es gab einige Menschen entlang des Weges, die sich überdurchschnittlich viel engagiert und eingebracht haben, dem Projekt eine Rutsche gelegt haben, ihr Wissen angeboten oder uns flankiert haben und dafür werde ich für immer dankbar sein.

Ich glaube, ohne die Hilfe von vielen können solche Ideen nicht aus ihren Kinderschuhen steigen, weil von einer messbaren Rentabilität ist man hier weit entfernt. Und Menschen mögen ja Visionen sehr gerne, aber wenn diese dann in Arbeit ausarten, verschwinden typischerweise auch die lautesten Enthusiasten.

Wie hat sich InfluCancer entwickelt? 

Was InfluCancer heute ist: In allem, was wir tun, geht es um Selbstwirksamkeit, Mündigkeit und Handlungskompetenz für Patient:innen. Und Tabu brechen natürlich, deswegen gibt es uns in bunt, angstfrei und ohne Blatt vor dem Mund. Wir haben eine starke Community. Zwar ist sie von außen betrachtet nicht so groß, die Interaktionsrate allerdings ist immens und der Kontakt untereinander sehr herzlich.

Unsere Website ist eine Plattform für Krebsblogger:innen geworden. Inzwischen bloggen über 50 Personen bei uns, die bereits über 500 Blogbeiträge verfasst haben. Ihre Reichweite darf dabei nicht unterschätzt werden – sie haben deutlich über 100.000 Leser:innen im Jahr, bei einer Verweildauer von 2,5 Minuten. Unsere Aufgabe ist es, ihnen das technische Gerüst und die entsprechende SEO zur Verfügung zu stellen.

InfluCancer gibt es als Podcast (“Let’s talk about Krebs, Baby!“) und als Kongress. Letzterer richtet sich an qualifizierte Patient:innenstimmen aus der DACH-Region. Unsere Teilnehmer:innen bekommen bei uns Marketing und Kommunikations-Input, um ihre Arbeit da draußen besser und lauter zu machen. Denn Professionalisierung ist für uns Patient:innen wichtig. Speziell in der Interessensvertretung ist das ein echtes Thema geworden.

Du hast einmal gesagt, “Ich bin wirklich über die Krebserkrankung glücklich geworden”. Ein solcher Satz wird für viele am ersten Blick überraschend, für manche möglicherweise sogar irritierend sein. Kannst du erläutern, warum es der Fall war, dass du über die Erkrankung glücklich geworden bist?

Das ist einfach erklärt: Wer krank ist, hat nur einen Wunsch. Fakt. Alles andere wird unwichtig. Wenn du wieder gesund bist: Zack. Glücklich. Fast. Das wär zu leicht. Dazwischen liegt ein steiniger Weg, Dehnungsstreifen vom Anpassen, Depression, Angst, hinfallen, aufstehen, noch mal hin…

Ich hatte mir mal vorgenommen: Wenn ich den Löffel abgebe, dann mache ich das wenigstens mit wehenden Fahnen. Warum hat man den Rest sonst durchgehalten? Ich habe in Folge immer wieder versucht meine Entscheidungen danach zu fällen, ob ich glücklich bin oder nicht. Manche davon waren klein, andere sehr groß. Das Resultat: Inzwischen lebe ich sehr zurückgezogen, bin wirklich sehr viel in der Natur und führe ein leises Leben. Und das passt zu mir.

Eng verbunden mit InfluCancer ist die Agentur Kurvenkratzer, die du bereits erwähnt hast. Wie kam es dazu, dass aus der Patient:innenorganisation eine Werbeagentur für digitale Gesundheitskommunikation und ein Onlinemagazin entstanden ist?

Die Dinge haben sich entwickelt. Der Schmerzpunkt war die Doppelbelastung. Wer patient:innengetriebene Interessensvertretung machen will, hat in Österreich keinerlei Basis-Finanzierung, wie zum Beispiel in Deutschland. Das heißt, du machst deine Arbeit entweder gemeinnützig und somit gratis, über Sponsoring finanziert oder mit einem Geschäftsmodell. Letzteres zu finden war gar nicht so einfach, speziell, weil ich auch nicht unseren Weg verlassen wollte – nämlich hilfreiche Inhalte für Patient:innen zu erstellen.

Mein Vorbild in der Sache war immer das Vice-Magazin. Rotzfrecher Journalismus in Kombination mit einer Werbeagentur. Und so haben wir dann Schritt für Schritt gestartet.

In welchen Bereichen ist Kurvenkratzer heute aktiv?

Kurvenkratzer ist eine Werbeagentur für digitale Gesundheitskommunikation mit starkem Fokus auf Patient:innensprache und Patient:innenrealitäten geworden. Wir leben ‘patient centricity’ im Bereich der chronischen Erkrankungen, mit einer Prise mittendrin statt nur dabei – weil wir eben mitten aus der Patient:innen-Community kommen. Wir machen im Auftrag unserer Kunden viel Video-Produktion, Podcast-Produktion, Patient:innen-Materialien, Workshops, Community Advisory Boards und Summits mit allen möglichen Facetten.

Und wir sind im Bereich serious gaming gelandet. Das ist uns eher passiert, aber wir haben bereits zwei Spiele entwickelt, mit Hilfe derer komplexe, erklärungsbedürftige Themen aufgegriffen werden. Zum Beispiel haben wir im Auftrag eines Kunden 2022 einen Online-Escape-Room zum Thema Gesundheitsdaten gebaut.

Im Kurvenkratzer-Magazin sprechen wir über Krebs. Laut. Hier beschäftigen wir uns furchtlos, bunt und durchaus frech mit allen Facetten eines Lebens mit und nach Krebs, weil er aus unserer Sicht ein Thema ist – und kein Tabu. Im Magazin haben wir noch einen stärkeren Fokus auf Selbstwirksamkeit und Handlungskompetenz. Bei uns lesen aktuell im Jahr über 100.000 Patient:innen, ihre Angehörigen und in einem kleinen Prozentsatz medizinisches Personal. Bis dato wurden knapp 200 liebevoll recherchierte Artikel in das Magazin gebracht. Darüber hinaus arbeiten wir am Aufbau von einem Krebslexikon und in 2023 kommen vier neue, sehr Recherche-intensive Serien dazu.

Du hast jetzt schon angesprochen, dass mit dem Magazin euer Anspruch ist, euch mit allen Facetten mit Krebs zu beschäftigen und ganz explizit auch laut zu sein. Ihr kämpft damit auch dagegen an, dass Krebs als Tabuthema gilt. Inwiefern siehst du dabei Bewegung in der Gesellschaft, hat sich in den letzten Jahren etwas verändert? Geht es bereits in die richtige Richtung oder haben wir noch einen langen Weg vor uns?

Leider sind wir hier noch am Anfang. Natürlich gibt es bestimmte Krebsarten, die viel Sichtbarkeit bekommen. Aber grundsätzlich ist das Thema Krebs ein tabubehaftetes und von Schweigen flankiert. Menschen mit Krebs sind nach wie vor stigmatisiert und tatsächlich ganz aktiv von sozialer Ausgrenzung bedroht.

Krebs ist nicht nur für Erkrankte ein Schock, sondern auch für Angehörige und Zugehörige. Zu unheimlich ist das Thema, zu groß die Herausforderung, das Thema Tod zu nahe. Überforderung und Angst vor der Thematik führen oftmals zu einer gewissen Ohnmacht und Sprachlosigkeit. Somit ist das offene Gespräch unerlässlich. Das ist nicht einfach.

Um Sprachlosigkeit zu durchbrechen, kann man einfach fragen: Wie hättest du gerne, dass wir über deine Krebserkrankung sprechen? Wie kann ich dich unterstützen, um durch diese schwierige Zeit zu kommen? Und wohl das Wichtigste: Ich bin da.

Ein paar typische Floskeln sollte man allerdings vermeiden: „Du musst kämpfen!“ Diese kriegerische Sprache ist im Kontext Krebs nicht ganz angebracht. Was passiert im Falle einer Verschlechterung? Kämpft man dann nicht genug?

„Du musst stark sein!“: Es ist keine Frage von Stärke oder Schwäche, mit einer Krebserkrankung umzugehen. Es ist eine Frage von „ein Schritt nach dem anderen“, manche sind groß, manche klein, einer mal rückwärts, dann wieder voran. Es geht darum, den nächsten Schritt zu machen.

“Du musst positiv denken!“ Nix muss man. Bei Krebs verändert sich schlagartig das ganze Leben. Eine positive Grundhaltung einzunehmen ist im Angesicht von Existenzsorgen und Todesangst nicht nur schwierig, sondern auch manchmal nicht situationsadäquat. Der Optimismus kommt dann wieder, wenn man ins Tun kommt.

Bei Krebs die Lebensqualität zurückzuerlangen bedeutet auch, auf die aktuellen Bedürfnisse zu achten. Das kann gemeinsam oder einzeln geschehen. Vor allem in Familien ist es für Angehörige wichtig, Auszeiten zu schaffen und neben der Konfrontation mit der Krebserkrankung dennoch gewohnten Beschäftigungen nachzugehen.

Du sagst, dass die Interessen von Patient:innen, besonders in Österreich, derzeit nur unzureichend vertreten werden. Warum ist das so und was läuft hier falsch?

International nennt sich eine professionelle Interessensvertretung ‘Patient Advocacy’, ein Wort, das man hierzulande noch kaum kennt. ‘Patient Advocacy’ beschreibt die patient:innengetriebene, aktive Interessenvertretung für Patient:innen in der Öffentlichkeit, in gesundheitspolitischen und medizinischen Gremien sowie gegenüber Forschung, Krankenkassen, Gesundheitsorganisationen und Pharma- und Medizintechnikindustrie.

Zu den inhaltlichen Zielen gehört das Vorantreiben von Forschung und Entwicklung, eine verbesserte Qualität der Versorgung oder aber auch die Beschäftigung mit legislativen und regulatorischen Fragen. Dabei werden der Mehrwert der patient:innenzentrierten Behandlung, die Vorteile der frühzeitigen Einbindung in die Forschung und die Pluspunkte von qualifizierten Erfahrungsberichten erklärt, gefördert und gefordert.

In der österreichischen Praxis haben ‘Patient Advocates’ in Forschung und Entwicklung sowie gesundheitspolitischen Gremien (noch) keinen echten Platz, denn hierzulande wird aufgrund aktueller Gesetzestexte nicht zwischen Laienpatient:innen und einer professionellen Patient:innenvertretung unterschieden.

Auch fehlen Erfahrung, Wissen und Verständnis der einzelnen Stakeholder:innen, wann und wie qualifizierte Patient:innenstimmen in verschiedene Themen eingebunden werden sollen. Und was wirklich fehlt, ist eine gesetzlich gesicherte Basisfinanzierung für Patient:innenorganisationen. Es wird also primär über und nicht mit Patient:innen gesprochen und nicht auf Augenhöhe entschieden. Das wollen wir ändern.

Was braucht es, damit es zu einer Veränderung kommt?

Aus meiner Sicht ist ein wesentliches Hindernis, dass es immer noch keine offizielle Berufsbezeichnung für eine professionelle Patient:innenvertretung gibt. Trotz Qualifikation wird ‘Patient Experts’ immer noch der Lai:innenstatus zugeschrieben. Die Lösung liegt in der Innovation und im mutigen Handeln der relevanten Stakeholder:innen. Es braucht hier einen Kulturwandel und Paradigmenwechsel. Es muss verstanden werden, dass optimale Versorgung nur dann gelingen kann, wenn qualifizierte Patient:innenstimmen nicht nur einen Platz am Verhandlungstisch, sondern auch ein Stimmrecht haben.

Um an diesem Wandel mitzugestalten ist InfluCancer Mitglied in der Allianz der onkologischen Patient:innenorganisationen. Dort wird an einem universitären Lehrgang für „Patient Advocacy“ mitgearbeitet, um die Interessensvertretung in Form eines ‘grassroots movements’ lauter werden zu lassen. Und ich selbst bin als ‘Patient Advocate’ national und international sehr aktiv unterwegs, um an diesen Themen möglichst aktiv mit zu gestalten.

Aktuell arbeitet ihr an einem Arbeitsbuch durch die Krebstherapie, bei der Selbstwirksamkeit und Mündigkeit die großen Themen sind und ihr auf 300 Seiten Patient:innen in ihrem neuen Leben anleitet. Was kannst du uns dazu sagen?

Eine Krebsdiagnose ändert einfach alles. Es ändert sich der eigene Körper, der Alltag, das Familiensystem, die Beziehung, Freundschaften, Ernährung, Bewegung, das Energieniveau und das Berufsleben. Es entstehen neue Ängste, neue Sorgen und neue Bedürfnisse. Niemand wird darauf vorbereitet. Es passiert. Patient:innen sehnen sich in dieser Situation nach Struktur, Anleitung und sicherem Boden.

Glücklicherweise sind Patient:innen oft nicht mehr dieses uninformierte Exemplar von einst, das ohne zu hinterfragen befolgt, was die ärztliche Betreuung sagt. Wir sind aktiv geworden, wollen mitreden, verstehen, mitentscheiden, Verantwortung für unseren Körper tragen. Zu Beginn muss Patient:in sein aber wirklich erst gelernt werden. Es ist schon fast wie ein neuer Job. Es zahlt sich allerdings aus, hier ehrgeizig zu werden, denn mündige Patient:innen leben länger.

Mündig zu sein, bedeutet nicht nur, ständig Dr. Google zu befragen und auf eine halbwegs gute Antwort zu hoffen. Google scheint viel zu wissen, aber die Suchmaschine spuckt nur aus, was sie zuvor gefüttert bekam. Ein Medizinstudium gehört da nicht dazu. Um aus der Informationsflut und den widersprüchlichen Inhalten valide Inhalte herauszufiltern, braucht es schon einiges an Kompetenz

Ein Mündigkeitsprozess beginnt mit einer oder meistens vielen Fragen an das medizinische Personal. Patient:innen, die ungeniert fragen, haben gute Karten, ihren Behandlungsverlauf mitgestalten zu können. Mündigkeit bedeutet auch, das Verstehen der eigenen medizinischen Information, um in Anleitung mit dem ärztlichen Personal die relevanten Therapie-Entscheidungen mitfällen zu können. Mündige Patient:innen verstehen, was mit ihnen passieren soll, und können ein waches Auge auf ihren Behandlungsverlauf haben. Es geht sogar noch weiter: Mündige Patient:innen haben eine höhere Therapietreue, weil sie durch die Informationsflut durchgeschwommen sind und verstehen worum es geht. Um hier ein wenig anzuleiten, sind wir gerade dabei, ein Arbeitsbuch durch die Therapie zu gestalten.

Checklisten helfen bei der Vorbereitung für das nächste Gespräch mit der ärztlichen Person (Stichwort ‘Shared Decision Making’). Darüber hinaus hilft es mit dem Nebenwirkungsmanagement und soll den Therapie- und Krankheitsalltag besser strukturieren. Das Buch motiviert mit einfach bewältigbaren Challenges täglich zum Durchhalten und schafft Bewusstsein für Dinge, die den Behandlungserfolg einer Krebstherapie unterstützen, wie zum Beispiel regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, positive Geisteshaltung mit Affirmationen und anderen Übungen.

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Das Team von StartUp Burgenland am Abend der StartUp Lounge im Wiener Filmquartier (c) Maze&Friends

Vor vier Jahren startete StartUp Burgenland mit dem Ziel, das wirtschaftliche Potenzial der Region zu fördern und zu erweitern. Mittlerweile hat StartUp Burgenland mit seinem Inkubator- und Accelerator-Programm auch über die Grenzen des Bundeslandes hinaus einen wesentlichen Impact erzielt und zahlreiche junge Menschen im Aufbau ihres Unternehmens gefördert.

In vier Durchgängen haben bislang 30 Startups am StartUp Burgenland Accelerator und Inkubator teilgenommen. “Es ist wunderbar auf die letzten vier Jahre zurückzublicken und zu sehen, mit welcher Bandbreite an Gründerinnen und Gründern wir zusammengearbeitet haben”, eröffnete Martin Trink, Leiter von StartUp Burgenland, die StartUp Lounge am vergangenen Donnerstag, den 13. November 2024.

Im Rahmen der StartUp Lounge lud die Wirtschaftsagentur Burgenland in das Wiener Filmquartier im fünften Wiener Gemeindebezirk, um den Abschluss des vierten Batches des Inkubator- und Accelerator-Programms mit sieben der teilnehmenden Startups und zahlreichen Stakeholdern der heimischen Innovationsszene zu feiern.

Moderatorin Elisabeth Gamauf (li.), Michael Gerbavsits (Mitte), Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Burgenland, und Martin Trink (rechts), Leiter StartUp Burgenland (c) Maze&Friends

“StartUp Burgenland ist ein Ort, an dem Gemeinschaft wächst”

Den Impact, den der StartUp Burgenland Accelerator bei den jungen Menschen vor Ort erzielt, ist unverkennbar: Know How, Kunden und Kapital sind nur drei der vielen Benefits, die Teilnehmende rund um das Coaching, Mentoring und Networking in den letzten acht Monaten mitnehmen konnten. Die Unterstützung geht weit über den Rahmen des Programms hinaus.

Michael Gerbavsits, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Burgenland, hob die essenzielle Rolle von StartUp Burgenland hervor: “StartUp Burgenland ist mehr als nur ein Programm für Geschäftsideen – es ist ein Ort, an dem eine Gemeinschaft wächst, die innovatives Unternehmertum als essenzieller Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung begreift. Mit umfassender Unterstützung von der Ideenentwicklung bis zur Markteinführung hat sich das Projekt als unverzichtbar etabliert.”

Die StartUp Lounge diente nicht nur als offizielles Abschlussevent, um jungen Talenten eine Bühne zu geben, auf der sie den Fortschritt der letzten Monate präsentieren durften. Neben Networking in einer familiären Atmosphäre durfte das Publikum im Rahmen des Abendprogramms der Erfolgsgeschichte des Brüder- und Gründerpaares Patrick und Markus Reinfeld zuhören, die schon in Batch 1 des StartUp Burgenland Accelerators ihr Business “Pflegenavi” gestartet haben.

“Wir unterstützen nicht nur Geschäftsmodelle, sondern vor allem auch junge Menschen. Wir begleiten sie über ein paar Monate und manchmal auch noch länger”, begrüßte Geschäftsführer Gerbavsits die beiden Founder.

Im Rahmen der StartUp Lounge fanden Founder:innen, Mentor:innen und Stakeholder:innen aus dem Ökosystem zusammen. (c) Maze&Friends

“Es gibt keinen Hard Cut, das Team ist immer proaktiv dabei”

“Wir sind heute als Vorzeigeprojekt da. Um zu zeigen, wie wir uns seit Batch 1 weiterentwickeln konnten und uns nun auf dem Markt etabliert haben”, so Patrick Reinfeld. Das Brüderpaar sprach von laufender Unterstützung vonseiten des StartUp Burgenland Teams. Und vor allem von Authentizität und Menschlichkeit:

“Es gibt hier keinen Hard Cut, das gesamte Team von StartUp Burgenland bietet uns seither laufende Unterstützung – lange über das Programm hinaus. Das Team war und ist immer proaktiv dabei, heben immer ab, wenn wir etwas brauchen. Und gerade jetzt, wo wir dabei sind, unser Produkt so richtig im Markt auszurollen, haben sie uns hier zur StartUp Lounge eingeladen und uns die Chance gegeben, uns hier vor Stakeholdern nochmals zu positionieren und zu zeigen, wo unsere Reise hingeht. Das ist etwas ganz Besonderes.”

Pflegenavi entwickelt e-Wallets für Heimbewohner:innen

Im Rahmen des Accelerator-Programms 2021 gründeten die Brüder ihr Startup Pflegenavi. Drei Jahre später verzeichnete das Startup schon mehrere tausend User:innen. Darunter namhafte Organisationen wie die Caritas und der Samariterbund.

Pflegenavi fokussiert sich auf die Verwaltung von Bewohnergeldern – also Drittgeldern – in Pflegeheimen. “Wir haben uns die Frage gestellt: Was sind die Herausforderungen bei Leiter:innen von Pflegeeinrichtungen? Hier geht es klassisch um die Verwaltung von Bewohnergeldern, um die Verwaltung von Rechten und Risiken. Und auch um Haftungsthemen. Hier setzt Pflegenavi an: Wir haben eine digitale Allround-Lösung entwickelt, mit der wir Pflegeeinrichtungen eine transparente Verwaltung dieser Bewohnergelder ermöglichen.”

Das FinTech entwickelte eine cloudbasierte Softwarelösung, um eine digitale, auf e-Wallets basierende Depotverwaltung zu ermöglichen, die Bewohnergelder sicher und klar abgrenzt. E-Wallets, also elektronische Geldbörsen, können Bewohner:innen und Besucher:innen der Pflegeeinrichtungen eine einfache, digitale Abwicklung ihrer Zahlungen garantieren. Damit lassen sich alltägliche Zahlungen für Bewohner:innen oder Angehörige einfach und sicher abwickeln.

“Wir haben unseren Co-Founder gefunden”

Das Gründerteam pries indes den Mehrwert des StartUp Burgenland Accelerators im Laufe seiner Geschäftsentwicklung an. Essenzielle Vorteile seien neben zielgerichteten Coaching- und Workshop-Sessions vor allem die zahlreichen Möglichkeiten zum Networking:

Dank des Accelerators habe das Team gemerkt, dass ihm die IT-Komponenten gefehlt hat: “Der größte Mehrwert war hier die Vernetzung mit unserem jetzigen Co-Founder Rainer Schuster, der uns genau diese Lücke optimal füllen konnte. Mittlerweile haben wir einen Product-Market-Fit gefunden, der gut performt und bereits weitere Geschäftsfelder erreicht. Aktuell wollen wir den Rollout in Österreich vorantreiben, 2025 geht es in Richtung Deutschland.”

Vertrauenswürdige KI im Fokus

Nach den Eindrücken des Startups Pflegenavi bereicherte Verena Krawarik, Head of Innovation der APA, den Abend mit einem Panel zu den Herausforderungen des EU AI Acts. Krawarik sprach über den Stellenwert von “Trustworthy AI” rund um den bevorstehenden EU AI Act und berief sich auf heimische Informationsstellen zum Thema AI – darunter die KI-Servicestelle, TÜV-Ratgeber sowie die RTR. Außerdem zur Sprache kamen Rahmenbedingungen zu Künstlicher Intelligenz im Innovationsmanagement.

Verena Krawarik, Head of Innovation der APA (c) Maze&Friends

“Februar ist Schlüsseltermin, ab dann sind verbotene KI-Praktiken auch wirklich verboten. Dann dürfen sie keine Praktiken anwenden, die in China vielleicht Gang und Gebe sind”, so die Innovationsexpertin. Sie gewährte außerdem Einblicke in die im AI Act vorgesehenen Risikoklassifizierungen sowie zur bevorstehenden Transparenzpflicht.

Abschließend appellierte Krawarik, frühzeitig mit AI-spezifischer Grundausbildung und einschlägigen Schulungsprogrammen zu beginnen, um Wissenslücken in Unternehmen zu vermeiden und die Affinität gegenüber neuester technologischer Entwicklungen zu intensivieren.

Über die StartUp Lounge äußerte sich die Innovationsexpertin: “Ich finde es ganz toll, dass hier zu Themen Lösungen entstehen, die gar nicht leicht zu lösen sind. Das zeigt die Kompetenz der jungen Leute hier, und das begeistert mich sehr.”

StartUp Walk durch sieben aufstrebende Accelerator-Projekte

Als krönenden Abschluss begab sich das Publikum auf den “StartUp Walk” im Filmquartier: Sieben der acht teilnehmenden Startups aus Batch 4 des Accelerators durften ihr Unternehmen in 90 Sekunden vor den anwesenden Stakeholdern pitchen. Jedes Team erzählte auf äußerst authentische Art und Weise von seiner persönlichen Reise im StartUp Burgenland Accelerator.

Unter den sieben anwesenden Startups fanden sich: Friends in Flats, KOMO, teamchallenge.at, Bimexperts, FireFighter Rescue App, Reefmaster und Trumpet Star. Kurze Einblicke in die Pitches der Teams finden sich am Ende des Artikels.

Nach Alumnus-Talk, AI-Panel und StartUp Walk tauschten sich die pitchenden Startups mit den anwesenden Key Playern des Ökosystems aus – und feierten ihre Fortschritte der letzten Monate im Rampenlicht des Abends.

“Die jungen Menschen brennen für ihr Unternehmen”

Auch teilnehmende Stakeholder aus der Innovationsszene zeigten sich begeistert von der Menschlichkeit, Kompetenz und der Hingabe, die von den Jungunternehmen vermittelt wurde. Einer davon ist Alexander Raffeiner. Der Coach und PR-Stratege durfte “die Teams im Bereich PR und Kommunikation coachen und sie auf die Pressekonferenzen vorbereiten. Für mich war es heute eine echte Belohnung, zu sehen, wie gut alle Startups ihre Ideen gepitched haben.”

Über die Begeisterung der Teams ließ sich nicht hinweg sehen: “Die jungen Menschen brennen für ihr Unternehmen. Da gibt es schon die ein oder anderen Hürden zu überwinden. Aber wenn du siehst, wie weit diese jungen Menschen es in kurzer Zeit bringen, bin ich als Coach richtig stolz”, so Raffeiner.

Niki Futter: “Das Burgenland versucht, im eigenen Umfeld Startups aufzubauen und zum Erfolg zu führen”

Auch Niki Futter, Business Angel und Vorstandsvorsitzender der invest.austria, war bei der StartUp Lounge vor Ort: “StartUp Burgenland ist ein Incubator für ein Bundesland, das versucht, im eigenen Umfeld Startups aufzubauen und zum Erfolg zu führen. Wir haben heute sieben Startups gesehen, die durch das Programm gelaufen sind. Das ist heute ihr Abschlussabend. Und man kann ihnen nur alles Gute wünschen.”

Auch die Atmosphäre des Abends ließ den Business Angel nicht unberührt: “Es war eine wunderbare Veranstaltung. Insbesondere hat es mich gefreut, Verena Krawarik von der APA wieder zu sehen, die zu den Top-Expert:innen im AI-Bereich in Österreich zählt und die hier einen doch substantiell breiten und vernünftigen Einblick in die Problematik der AI-Regulierung gegeben hat”, meint Niki Futter zu Programm und Atmosphäre des Abends.

“Ein ganz großes Danke”

Schließlich schloss StartUp-Burgenland-Leiter Martin Trink den offiziellen Teil der Veranstaltung mit den Worten: “Das ist keine One-Man-Show. Das funktioniert nur deshalb, weil wir ein großartiges Team sind. Ein ganz großes Danke an alle!”

Allen, denen es mit einer neuen Geschäftsidee nun in den Fingern juckt, bietet sich bis Ende November noch die Möglichkeit, sich zur Aufnahme in den kommenden Batch 5 des StartUp Burgenland Incubators und Accelerators zu bewerben. Im Jänner geht der neue Durchlauf an den Start – mit einer Besonderheit, wie Leiter Martin Trink verkündete:

“StartUp Burgenland – als jüngstes AplusB Mitglied – veranstaltet gemeinsam mit der aws den Business Angel Day 2025 am 23.Oktober 2025 im Schloss Esterhazy – eine ideale Gelegenheit, um Investoren und Gründer zusammenzubringen, den Austausch zu intensivieren und neue Partnerschaften zu fördern.“


Diese Startups pitchten im StartUp Walk

Friends in Flats

Mathias Molnar von Friends in Flats (c) Maze&Friends

Den ersten Pitch startete das Startup Friends in Flats, das die Vermietung von Wohnungen als Wohngemeinschaften digitalisiert und den Prozess für Wohnungseigentümer und Mieter:innen damit effizienter gestaltet. Vom StartUp Burgenland Accelerator profitierte das Team vor allem dank der “vielen Connections und hochklassigen Workshops”.

KOMO

Sebastian Kolbe von KOMO (c) Maze&Friends

Weiter ging es mit dem Startup KOMO rund um Gründer Sebastian Kolbe – er selbst ist Inhaber eines Küchenstudios. Kolbe entwickelte eine ERP-Softwarelösung für Küchenstudios – aus eigener Frustration rund um papierreiche Auftragsabwicklung und -verwaltung heraus. Das Ziel der Software ist es, Arbeitsabläufe in Küchenstudios zu digitalisieren und effizienter zu gestalten.

teamchallenge.at

Matthias und Karin Leonhardt von teamchallenge.at (c) Maze&Friends

Die dritte Station des StartUp Walks war das Jungunternehmen teamchallenge.at. Mit seiner “Outdoor-Challenge” für Firmen, Vereine, Freunde oder Familien versucht das Startup, Team-Building unkompliziert und per Smartphone im Freien zu ermöglichen. Das Gründerteam besteht aus ehemaligen Leistungssportlern im Orientierungslauf. Dementsprechend ähneln die vom Startup konzipierten Challenges einer Kombination aus Schnitzeljagd, Escape-Room und Orientierungsparcours. Mittels QR-Code lassen sich Aufgaben am Handy abrufen und interaktiv in Teams lösen.

Bimexperts

Eva Galas von Bimexperts (c) Maze&Friends

Weiter ging es mit dem Startup Bimexperts, das sich der Emissionsreduktion in der Gebäude- und Baubranche verschrieben hat. Mit ihrem Softwaretool TGA Concept will die Bimexperts GmbH in Kombination mit KI Planungsfehler, Energiekosten sowie Materialverschwendung reduzieren und damit Kosten sparen sowie die Bauqualität fördern. Somit sollen mehr Zeit und Ressourcen zur Konzeption von nachhaltigen Lösungen für Bauprojekte geschaffen werden.

FireFighter Rescue App

Lukas Thurner von FireFighter Rescue App (c) Maze&Friends

An fünfter Stelle pitchte das Startup FireFighter Rescue App. Um bei Feuerwehreinsätzen den Zugriff auf benötigte Informationen zu beschleunigen und den Informationsfluss effizient zu gestalten, hat der freiwillige Feuerwehrmann und Softwareentwickler Lukas Thurner eine App entwickelt, die digitale Vernetzung von Feuerwehren ermöglicht: Dazu wird jedes teilnehmende Einsatzfahrzeug mit einem Tablet ausgestattet, das über die FireFighter-Rescue-App Zugang zu spezifischen Informationen zum Einsatz liefert. Und damit eine sichere und effiziente Bewältigung ermöglichen soll.

Reefmaster

Stefan Kofler von Reefmaster (c) Maze&Friends

Das sechste pitchende Startup hat sich der Mission der Heim-Aquarien-Reinigung verschrieben. “Ein Aquarium ist zu viel Arbeit” soll ab sofort keine Ausrede für dessen Anschaffung mehr sein. Denn die Idee des Gründers und CEOs Stefan Kofler ist es, Meeres-Aquarien mittels nutzerfreundlicher Technologien vom “Reefmaster Piper” selbst reinigen zu lassen. Dabei handelt es sich um ein vollautomatisches Wasseranalyse-System, das bis zu 26 Arbeitstage im Jahr sparen soll. Der Reefmaster Piper übernimmt Reinigung, Wartung und Messung der Wasserqualität.

Trumpet Star

Mario Schulterer von Trumpet Start (c) Maze&Friends

Zu guter Letzt überraschte ein Pitch mit musikalischer Untermalung das Publikum auf seinem StartUp Walk: Trumpet Star verbindet digitale und analoge Lernmethoden für das Instrument Trompete. Die multimediale Technologie soll es Schüler:innen jeglichen Alters ermöglichen, per App auf Smartphone, Tablet oder im Lernheft Trompete zu lernen. Mit der Lernplattform sollen Schüler:innen auch außerhalb des Klassenzimmers beim Üben motiviert und unterstützt werden.

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