19.05.2023

InfluCancer-Gründerin: Krebspatient:in sein muss gelernt werden – fast wie ein Job

Krebs ist in unserer Gesellschaft weiterhin ein Tabuthema. Martina Hagspiel hat es sich mit ihrer Patient:innenorganisation InfluCancer und ihrer Agentur Kurvenkratzer zum Ziel gesetzt, dies zu ändern. Wie das gelingt kann, erläutert sie im brutkasten-Interview.
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Martina Hagspiel, Gründerin von InfluCancer und Kurvenkratzer | Foto: Caro Strasnik
Martina Hagspiel, Gründerin von InfluCancer und Kurvenkratzer | Foto: Caro Strasnik
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Dieser Artikel entstand im Rahmen von “Innovator of the Year“. Franz Josef Zeiler von der Donau Vesicherung wurde in der Kategorie “Corporate Innovation” ausgezeichnet. Die Donau Versicherung hat das gewonnene Mediavolumen gespendet und dem Verein InfluCancer zur Verfügung gestellt.


Über Krebs spricht man nicht gerne – das Thema ist in unserer Gesellschaft weiterhin tabubehaftet. Das stellte auch Martina Hagspiel fest, als sie 2010 selbst an Brustkrebs erkrankte. Ihr wurde es daraufhin zum Anliegen, das Thema auf eigene, unkonventionelle Weise anzusprechen. Ein erstes Crowdfunding für ein geplantes Buch scheiterte noch.

Doch dadurch ließ sie sich nicht von ihrem Weg abbringen. Sie gründete die Patient:innenorganisation InfluCancer und die Agentur Kurvenkratzer, deren Geschäftsführerin sie ist.

Seither ist viel passiert: Auf der Website von InfluCancer schreiben mittlerweile 50 Blogger:innen, die mit ihren Artikeln über 100.000 Leser:innen erreichen. InfluCancer betreibt außerdem einen eigenen Podcast und einen Kongress. Im brutkasten-Interview erzählt Martina Hagspiel, wie all dies entstand, worauf man achten sollte, wenn man über eine Krebserkrankung spricht – und erklärt, warum das Vice-Magazin für sie immer ein Vorbild war.


brutkasten: Du hast InfluCancer gegründet, nachdem du 2010 selbst an Brustkrebs erkrankt bist. Wie kam es zur Gründung? Wann kam dir die Idee und wie wurde dir klar, dass es eine Organisation wie InfluCancer braucht?

Martina Hagspiel: InfluCancer hieß ganz zu Beginn Kurvenkratzer, wie heutzutage unsere Agentur. Unter diesem Titel startete das Projekt in 2014. Im Zuge meiner Erkrankung, dem Austausch mit anderen Patient:innen, durch meine Selbsthilfegruppe und dem Internet wurde mir bewusst, dass es unglaublich viele unterschiedliche Herangehensweisen an den Lebensumstand Krebs gibt. Und alle scheinen in sich schlüssig und nachvollziehbar. Gepaart mit dem Bewusstsein, dass es sich hier offensichtlich um ein Tabu handelt, wollte ich einen neuen Weg finden, das Thema zu besprechen.

Im ersten Schritt wollten wir ein Buch produzieren, das in 25 Geschichten den Umgang mit Krebs schildert – künstlerisch begleitet von sehr honorigen und international bekannten Fotograf:innen aus der ganzen Welt. Dafür haben wir eines der ersten Kickstarter-Projekte in Österreich gelauncht, wir waren tatsächlich unter den ersten 10 Projekten hierzulande – meine Tante aus Kanada half mir, denn Kickstarter gab es in Österreich eigentlich noch nicht.

Obwohl wir 53.000 Euro eingesammelt hatten, scheiterte das Crowdfunding, da wir unsere Schwelle nicht erreichten. Im Nachhinein ein Glück, weil so musste ich die Dinge neu denken. Und neu war digital. Das Smartphone war plötzlich da und somit war der Zugang zu einer einfachen Art der Videoproduktion vorhanden. Wir erzählten die Geschichten also nun in Videoformat. Von dort entwickelten sich die Dinge Schritt für Schritt weiter. 2018 gründete ich dann die Patient:innenorganisation, die heute InfluCancer heißt.

Was lief der Start und was waren die ersten Schritte nach der Gründung?

Wichtig zu erwähnen ist: Egal in welcher Entwicklungsstufe, ob während des Crowdfundings, zur Gründung der Patient:innenorganisation oder dann in der weiteren strategischen Ausrichtung und Weiterentwicklung: Es gab einige Menschen entlang des Weges, die sich überdurchschnittlich viel engagiert und eingebracht haben, dem Projekt eine Rutsche gelegt haben, ihr Wissen angeboten oder uns flankiert haben und dafür werde ich für immer dankbar sein.

Ich glaube, ohne die Hilfe von vielen können solche Ideen nicht aus ihren Kinderschuhen steigen, weil von einer messbaren Rentabilität ist man hier weit entfernt. Und Menschen mögen ja Visionen sehr gerne, aber wenn diese dann in Arbeit ausarten, verschwinden typischerweise auch die lautesten Enthusiasten.

Wie hat sich InfluCancer entwickelt? 

Was InfluCancer heute ist: In allem, was wir tun, geht es um Selbstwirksamkeit, Mündigkeit und Handlungskompetenz für Patient:innen. Und Tabu brechen natürlich, deswegen gibt es uns in bunt, angstfrei und ohne Blatt vor dem Mund. Wir haben eine starke Community. Zwar ist sie von außen betrachtet nicht so groß, die Interaktionsrate allerdings ist immens und der Kontakt untereinander sehr herzlich.

Unsere Website ist eine Plattform für Krebsblogger:innen geworden. Inzwischen bloggen über 50 Personen bei uns, die bereits über 500 Blogbeiträge verfasst haben. Ihre Reichweite darf dabei nicht unterschätzt werden – sie haben deutlich über 100.000 Leser:innen im Jahr, bei einer Verweildauer von 2,5 Minuten. Unsere Aufgabe ist es, ihnen das technische Gerüst und die entsprechende SEO zur Verfügung zu stellen.

InfluCancer gibt es als Podcast (“Let’s talk about Krebs, Baby!“) und als Kongress. Letzterer richtet sich an qualifizierte Patient:innenstimmen aus der DACH-Region. Unsere Teilnehmer:innen bekommen bei uns Marketing und Kommunikations-Input, um ihre Arbeit da draußen besser und lauter zu machen. Denn Professionalisierung ist für uns Patient:innen wichtig. Speziell in der Interessensvertretung ist das ein echtes Thema geworden.

Du hast einmal gesagt, “Ich bin wirklich über die Krebserkrankung glücklich geworden”. Ein solcher Satz wird für viele am ersten Blick überraschend, für manche möglicherweise sogar irritierend sein. Kannst du erläutern, warum es der Fall war, dass du über die Erkrankung glücklich geworden bist?

Das ist einfach erklärt: Wer krank ist, hat nur einen Wunsch. Fakt. Alles andere wird unwichtig. Wenn du wieder gesund bist: Zack. Glücklich. Fast. Das wär zu leicht. Dazwischen liegt ein steiniger Weg, Dehnungsstreifen vom Anpassen, Depression, Angst, hinfallen, aufstehen, noch mal hin…

Ich hatte mir mal vorgenommen: Wenn ich den Löffel abgebe, dann mache ich das wenigstens mit wehenden Fahnen. Warum hat man den Rest sonst durchgehalten? Ich habe in Folge immer wieder versucht meine Entscheidungen danach zu fällen, ob ich glücklich bin oder nicht. Manche davon waren klein, andere sehr groß. Das Resultat: Inzwischen lebe ich sehr zurückgezogen, bin wirklich sehr viel in der Natur und führe ein leises Leben. Und das passt zu mir.

Eng verbunden mit InfluCancer ist die Agentur Kurvenkratzer, die du bereits erwähnt hast. Wie kam es dazu, dass aus der Patient:innenorganisation eine Werbeagentur für digitale Gesundheitskommunikation und ein Onlinemagazin entstanden ist?

Die Dinge haben sich entwickelt. Der Schmerzpunkt war die Doppelbelastung. Wer patient:innengetriebene Interessensvertretung machen will, hat in Österreich keinerlei Basis-Finanzierung, wie zum Beispiel in Deutschland. Das heißt, du machst deine Arbeit entweder gemeinnützig und somit gratis, über Sponsoring finanziert oder mit einem Geschäftsmodell. Letzteres zu finden war gar nicht so einfach, speziell, weil ich auch nicht unseren Weg verlassen wollte – nämlich hilfreiche Inhalte für Patient:innen zu erstellen.

Mein Vorbild in der Sache war immer das Vice-Magazin. Rotzfrecher Journalismus in Kombination mit einer Werbeagentur. Und so haben wir dann Schritt für Schritt gestartet.

In welchen Bereichen ist Kurvenkratzer heute aktiv?

Kurvenkratzer ist eine Werbeagentur für digitale Gesundheitskommunikation mit starkem Fokus auf Patient:innensprache und Patient:innenrealitäten geworden. Wir leben ‘patient centricity’ im Bereich der chronischen Erkrankungen, mit einer Prise mittendrin statt nur dabei – weil wir eben mitten aus der Patient:innen-Community kommen. Wir machen im Auftrag unserer Kunden viel Video-Produktion, Podcast-Produktion, Patient:innen-Materialien, Workshops, Community Advisory Boards und Summits mit allen möglichen Facetten.

Und wir sind im Bereich serious gaming gelandet. Das ist uns eher passiert, aber wir haben bereits zwei Spiele entwickelt, mit Hilfe derer komplexe, erklärungsbedürftige Themen aufgegriffen werden. Zum Beispiel haben wir im Auftrag eines Kunden 2022 einen Online-Escape-Room zum Thema Gesundheitsdaten gebaut.

Im Kurvenkratzer-Magazin sprechen wir über Krebs. Laut. Hier beschäftigen wir uns furchtlos, bunt und durchaus frech mit allen Facetten eines Lebens mit und nach Krebs, weil er aus unserer Sicht ein Thema ist – und kein Tabu. Im Magazin haben wir noch einen stärkeren Fokus auf Selbstwirksamkeit und Handlungskompetenz. Bei uns lesen aktuell im Jahr über 100.000 Patient:innen, ihre Angehörigen und in einem kleinen Prozentsatz medizinisches Personal. Bis dato wurden knapp 200 liebevoll recherchierte Artikel in das Magazin gebracht. Darüber hinaus arbeiten wir am Aufbau von einem Krebslexikon und in 2023 kommen vier neue, sehr Recherche-intensive Serien dazu.

Du hast jetzt schon angesprochen, dass mit dem Magazin euer Anspruch ist, euch mit allen Facetten mit Krebs zu beschäftigen und ganz explizit auch laut zu sein. Ihr kämpft damit auch dagegen an, dass Krebs als Tabuthema gilt. Inwiefern siehst du dabei Bewegung in der Gesellschaft, hat sich in den letzten Jahren etwas verändert? Geht es bereits in die richtige Richtung oder haben wir noch einen langen Weg vor uns?

Leider sind wir hier noch am Anfang. Natürlich gibt es bestimmte Krebsarten, die viel Sichtbarkeit bekommen. Aber grundsätzlich ist das Thema Krebs ein tabubehaftetes und von Schweigen flankiert. Menschen mit Krebs sind nach wie vor stigmatisiert und tatsächlich ganz aktiv von sozialer Ausgrenzung bedroht.

Krebs ist nicht nur für Erkrankte ein Schock, sondern auch für Angehörige und Zugehörige. Zu unheimlich ist das Thema, zu groß die Herausforderung, das Thema Tod zu nahe. Überforderung und Angst vor der Thematik führen oftmals zu einer gewissen Ohnmacht und Sprachlosigkeit. Somit ist das offene Gespräch unerlässlich. Das ist nicht einfach.

Um Sprachlosigkeit zu durchbrechen, kann man einfach fragen: Wie hättest du gerne, dass wir über deine Krebserkrankung sprechen? Wie kann ich dich unterstützen, um durch diese schwierige Zeit zu kommen? Und wohl das Wichtigste: Ich bin da.

Ein paar typische Floskeln sollte man allerdings vermeiden: „Du musst kämpfen!“ Diese kriegerische Sprache ist im Kontext Krebs nicht ganz angebracht. Was passiert im Falle einer Verschlechterung? Kämpft man dann nicht genug?

„Du musst stark sein!“: Es ist keine Frage von Stärke oder Schwäche, mit einer Krebserkrankung umzugehen. Es ist eine Frage von „ein Schritt nach dem anderen“, manche sind groß, manche klein, einer mal rückwärts, dann wieder voran. Es geht darum, den nächsten Schritt zu machen.

“Du musst positiv denken!“ Nix muss man. Bei Krebs verändert sich schlagartig das ganze Leben. Eine positive Grundhaltung einzunehmen ist im Angesicht von Existenzsorgen und Todesangst nicht nur schwierig, sondern auch manchmal nicht situationsadäquat. Der Optimismus kommt dann wieder, wenn man ins Tun kommt.

Bei Krebs die Lebensqualität zurückzuerlangen bedeutet auch, auf die aktuellen Bedürfnisse zu achten. Das kann gemeinsam oder einzeln geschehen. Vor allem in Familien ist es für Angehörige wichtig, Auszeiten zu schaffen und neben der Konfrontation mit der Krebserkrankung dennoch gewohnten Beschäftigungen nachzugehen.

Du sagst, dass die Interessen von Patient:innen, besonders in Österreich, derzeit nur unzureichend vertreten werden. Warum ist das so und was läuft hier falsch?

International nennt sich eine professionelle Interessensvertretung ‘Patient Advocacy’, ein Wort, das man hierzulande noch kaum kennt. ‘Patient Advocacy’ beschreibt die patient:innengetriebene, aktive Interessenvertretung für Patient:innen in der Öffentlichkeit, in gesundheitspolitischen und medizinischen Gremien sowie gegenüber Forschung, Krankenkassen, Gesundheitsorganisationen und Pharma- und Medizintechnikindustrie.

Zu den inhaltlichen Zielen gehört das Vorantreiben von Forschung und Entwicklung, eine verbesserte Qualität der Versorgung oder aber auch die Beschäftigung mit legislativen und regulatorischen Fragen. Dabei werden der Mehrwert der patient:innenzentrierten Behandlung, die Vorteile der frühzeitigen Einbindung in die Forschung und die Pluspunkte von qualifizierten Erfahrungsberichten erklärt, gefördert und gefordert.

In der österreichischen Praxis haben ‘Patient Advocates’ in Forschung und Entwicklung sowie gesundheitspolitischen Gremien (noch) keinen echten Platz, denn hierzulande wird aufgrund aktueller Gesetzestexte nicht zwischen Laienpatient:innen und einer professionellen Patient:innenvertretung unterschieden.

Auch fehlen Erfahrung, Wissen und Verständnis der einzelnen Stakeholder:innen, wann und wie qualifizierte Patient:innenstimmen in verschiedene Themen eingebunden werden sollen. Und was wirklich fehlt, ist eine gesetzlich gesicherte Basisfinanzierung für Patient:innenorganisationen. Es wird also primär über und nicht mit Patient:innen gesprochen und nicht auf Augenhöhe entschieden. Das wollen wir ändern.

Was braucht es, damit es zu einer Veränderung kommt?

Aus meiner Sicht ist ein wesentliches Hindernis, dass es immer noch keine offizielle Berufsbezeichnung für eine professionelle Patient:innenvertretung gibt. Trotz Qualifikation wird ‘Patient Experts’ immer noch der Lai:innenstatus zugeschrieben. Die Lösung liegt in der Innovation und im mutigen Handeln der relevanten Stakeholder:innen. Es braucht hier einen Kulturwandel und Paradigmenwechsel. Es muss verstanden werden, dass optimale Versorgung nur dann gelingen kann, wenn qualifizierte Patient:innenstimmen nicht nur einen Platz am Verhandlungstisch, sondern auch ein Stimmrecht haben.

Um an diesem Wandel mitzugestalten ist InfluCancer Mitglied in der Allianz der onkologischen Patient:innenorganisationen. Dort wird an einem universitären Lehrgang für „Patient Advocacy“ mitgearbeitet, um die Interessensvertretung in Form eines ‘grassroots movements’ lauter werden zu lassen. Und ich selbst bin als ‘Patient Advocate’ national und international sehr aktiv unterwegs, um an diesen Themen möglichst aktiv mit zu gestalten.

Aktuell arbeitet ihr an einem Arbeitsbuch durch die Krebstherapie, bei der Selbstwirksamkeit und Mündigkeit die großen Themen sind und ihr auf 300 Seiten Patient:innen in ihrem neuen Leben anleitet. Was kannst du uns dazu sagen?

Eine Krebsdiagnose ändert einfach alles. Es ändert sich der eigene Körper, der Alltag, das Familiensystem, die Beziehung, Freundschaften, Ernährung, Bewegung, das Energieniveau und das Berufsleben. Es entstehen neue Ängste, neue Sorgen und neue Bedürfnisse. Niemand wird darauf vorbereitet. Es passiert. Patient:innen sehnen sich in dieser Situation nach Struktur, Anleitung und sicherem Boden.

Glücklicherweise sind Patient:innen oft nicht mehr dieses uninformierte Exemplar von einst, das ohne zu hinterfragen befolgt, was die ärztliche Betreuung sagt. Wir sind aktiv geworden, wollen mitreden, verstehen, mitentscheiden, Verantwortung für unseren Körper tragen. Zu Beginn muss Patient:in sein aber wirklich erst gelernt werden. Es ist schon fast wie ein neuer Job. Es zahlt sich allerdings aus, hier ehrgeizig zu werden, denn mündige Patient:innen leben länger.

Mündig zu sein, bedeutet nicht nur, ständig Dr. Google zu befragen und auf eine halbwegs gute Antwort zu hoffen. Google scheint viel zu wissen, aber die Suchmaschine spuckt nur aus, was sie zuvor gefüttert bekam. Ein Medizinstudium gehört da nicht dazu. Um aus der Informationsflut und den widersprüchlichen Inhalten valide Inhalte herauszufiltern, braucht es schon einiges an Kompetenz

Ein Mündigkeitsprozess beginnt mit einer oder meistens vielen Fragen an das medizinische Personal. Patient:innen, die ungeniert fragen, haben gute Karten, ihren Behandlungsverlauf mitgestalten zu können. Mündigkeit bedeutet auch, das Verstehen der eigenen medizinischen Information, um in Anleitung mit dem ärztlichen Personal die relevanten Therapie-Entscheidungen mitfällen zu können. Mündige Patient:innen verstehen, was mit ihnen passieren soll, und können ein waches Auge auf ihren Behandlungsverlauf haben. Es geht sogar noch weiter: Mündige Patient:innen haben eine höhere Therapietreue, weil sie durch die Informationsflut durchgeschwommen sind und verstehen worum es geht. Um hier ein wenig anzuleiten, sind wir gerade dabei, ein Arbeitsbuch durch die Therapie zu gestalten.

Checklisten helfen bei der Vorbereitung für das nächste Gespräch mit der ärztlichen Person (Stichwort ‘Shared Decision Making’). Darüber hinaus hilft es mit dem Nebenwirkungsmanagement und soll den Therapie- und Krankheitsalltag besser strukturieren. Das Buch motiviert mit einfach bewältigbaren Challenges täglich zum Durchhalten und schafft Bewusstsein für Dinge, die den Behandlungserfolg einer Krebstherapie unterstützen, wie zum Beispiel regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, positive Geisteshaltung mit Affirmationen und anderen Übungen.

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Ferry Fischer, Coach und Unternehmensberater (c) Ferry Fischer

Du siehst einen Golfprofi, wie er auf den letzten Löchern der finalen Runde ruhig und voller Konzentration den Fokus behält und das Turnier souverän gewinnt. Kann er das, weil er so talentiert ist oder weil er geheime Tricks kennt? Nein, er kann das, weil er sich selbst kennt und kontinuierlich seine mentale Fähigkeiten, die jede:r besitzt, entwickelt hat.

Selbstvertrauen kommt von Selbstbewusstsein. Je bewusster ich mir über meine Fähigkeiten und meine Schwachstellen bin (und natürlich auch, wie ich damit gut umgehen kann), desto mehr entwickle ich Vertrauen in mich selbst. Das ist ein Prozess stetiger Reflexion und Entwicklung.

Ich selbst halte mich für einen durchschnittlich talentierten Sportler und habe jeden Sport, den ich ausgeübt immer erst sehr spät begonnen. Dennoch war ich ehrgeizig und wollte was erreichen, also habe ich einen wichtigen Aspekt des Erfolges mehr entwickelt als die anderen. Die mentale Stärke. Und damit ist mir sowohl im Sport als auch im Beruf weit Überdurchschnittliches gelungen.

Hier stelle ich dir nun meine „Best Of Mental-Stärken“, bzw. Techniken vor, damit du auch davon profitieren kannst.

1. Resilienz: Der Umgang mit Rückschlägen

Im Sport ist Scheitern unvermeidbar – Golfer:innen, Tennisspieler:innen, etc. verlieren die allermeisten Turniere und gewinnen nur wenige. Mental starke Athlet:innen wissen: Eine Niederlage macht sie nicht zum Versager oder zur Versagerin, sondern gibt ihnen die Chance, zu lernen und zu wachsen.

Wichtig ist, dass ich weiß, dass ich es schaffen kann und von jeder Niederlage lerne. Unbeirrbar gehe ich meinen Weg, aber ich hinterfrage mich ständig und passe mich durch die Erfahrung des temporären Scheiterns an.

Wenn du im Golf den ersten Schlag gleich mal in den Wald schlägst und die Nerven bewahrst, mit dem Mindset „das braucht jetzt genau mich, um doch noch erfolgreich das Loch zu Ende zu spielen“, dann gibst du dem Erfolg eine gute Chance. Wenn du es dann schaffst, ist das Erfolgserlebnis umso größer. Schaffst du es nicht, dann nimmst du deine Learnings, gehst zum nächsten Loch und bist um ein Stück erfahrener, um mit einer ähnlichen Situation nun besser umzugehen (wie du das noch zwischen zwei Löchern schaffen kannst, zeige ich dir im Punkt 3).

Umsetzung für Founder:innen:

Lernperspektive einnehmen: Nach jedem Rückschlag bewusst analysieren: „Was lief gut? Was lief schlecht? Was lerne ich daraus?“ (am besten schriftlich, das verstärkt es noch) Fehlerkultur etablieren: Im Team kommunizieren, dass Fehler und Misserfolge ein natürlicher Teil des Wachstumsprozesses sind und Lessons Learned nach jedem Projekt etc. einfordern.

2. Klare Zielsetzung: Der Kompass zum Erfolg

Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, dann habe ich nie aufgegeben (und schon gar nicht aus Frust oder Enttäuschung), war jedoch stets bereit, mich aufgrund der Erfahrungen anzupassen. Das heißt, entweder habe ich mein Tun angepasst, um das Ziel zu erreichen oder ich habe das Ziel nach einer strukturierten Analyse der Fakten verändert oder verworfen (das ist für mich kein Aufgeben, sondern eine wohl durchdachte und selbstreflektierte neue Entscheidung).

Manchmal öffnen sich Möglichkeiten, die du nie für möglich gehalten hast und die sich erst ergeben, weil du dran geblieben bist. Solange ich an meine Vision glaube und bereit bin, mich, den Weg und die Rahmenbedingungen stets zu hinterfragen, kann mich nichts aufhalten. Das Ziel ist das Ziel, der Weg muss sich dem Ziel anpassen und ich mich auch.

Umsetzung für Founder:innen:

Sei dir klar, was du mit deinem Unternehmen erreicht haben willst: Setze dir nun (Zwischen-)Ziele, die dich dorthin bringen werden, und verfolge sie. Wenn du diese Ziele nicht erreichst, dann passe an (Schritte, Methoden, Zwischenziele). Aber verliere nicht das visionäre Ziel aus den Augen! OKR als Methode hilft da besonders gut!

Miss es oder vergiss es: Damit wir uns den Fortschritt nicht schönreden, was sehr leicht geschieht, müssen wir messen und laufend anpassen. Aber nie das große Ziel aus den Augen verlieren. Was leicht geht: genießen und dann mehr davon. Was schwer geht, noch einmal probieren und dann hinterfragen! Mein Motto dabei: „Face the brutal facts!“

3. Mentale Visualisierung: Erfolg beginnt im Kopf

Dabei gibt es zwei Ausrichtungen:

1. Mentales Vorerleben: Du siehst das Erreichen des Ziels vor Augen. Oder den erfolgreichen Abschluss mit Investor:innen.

Es zahlt sich aus, im Unterbewusstsein das Erfolgserlebnis im Vorhinein auszulösen, um dein Selbstbewusstsein zu stärken und den Fokus auf Erfolg zu lenken. Kein:e Slalomläufer:in der Welt würde den Slalom in Angriff nehmen, ohne vorher den erfolgreichen Lauf visualisiert zu haben. Würde er/sie das nicht machen, wäre ein Ausscheiden wohl das sichere Ergebnis.

Ich stelle mir vor schwierigen Gesprächen immer vor, wie das Gespräch zur Zufriedenheit beider gut endet. Nicht, wie es verläuft, denn das ist egal, Hauptsache es endet gut. Wenn dann das Gespräch oder die Verhandlung eine komische Richtung einnimmt, dann sage ich mir: „Interessant, wie sich das gerade entwickelt. Gut dass ich weiß, wie es ausgeht!“. Mit dieser Technik ist ein Erfolg nicht garantiert, aber die Erfolgswahrscheinlichkeit steigt enorm.

2. Mentales Umerleben: Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen real und imaginär Erlebtem. Es speichert beides als Erfahrung ab. Das können wir uns zu Nutze machen.

Wenn also etwas schief gelaufen ist, dann setze dich hin und erlebe die Situation so, wie sie optimal hätte verlaufen sollen. Spiele die Situation ideal durch und speichere so einen Erfolg ein, an den sich dein Unterbewusstsein dann in der nächsten ähnlichen Situation erinnern wird.

Umsetzung für Founder:innen:
Vorbereitung durch Visualisierung: Stelle dir vor einem Pitch oder einem schwierigen Gespräch vor, wie du souverän auftrittst und dein Ziel erreichst. Mentales Umerleben durchspielen: Nimm jeden Misserfolg her, analysiere, was schief gelaufen ist und wie du es hättest besser oder ideal machen können und spiele dann die Situation mit der Idealversion durch. Nimm die Erfolgsgefühle dabei war, das steigert noch den Effekt.

4. Selbstdisziplin: Die Kunst der konstanten Umsetzung flexibler Planung

Erfolg ist immer das Ergebnis des Tuns. Du kannst daher den Erfolg nicht machen, sondern nur ermöglichen. Machen kannst du aber deinen täglichen Beitrag. Daher überlege dir, was du jeden Tag ganz konkret tun kannst, um deinen gewünschten Erfolg zu schaffen. Setze dir Zwischenziele, um zu überprüfen, ob du den erwünschten Fortschritt erreichst. Erreichst du den Fortschritt nicht, dann überlege, ob das Ziel richtig gewählt ist und/oder ob das tägliche Tun ausreicht und passe bei Bedarf an.

Jetzt ist es wichtig, den täglichen Zweifel auszuschalten. Einmal in der Woche oder alle zwei Wochen darf angepasst werden. Täglich wird getan und abgehakt. Das funktioniert! Alleine durch das tägliche Abarbeiten des Plans deines eigenen Beitrags entsteht ein Erfolgserlebnis, das dich vorantreibt.

Wie ich mit Hockey im Alter von 21 Jahren begonnen habe und mir zum Ziel gesetzt habe, es in die erste österreichische Liga zu schaffen, war mir klar, dass mir technisch nahezu jeder Hockeyspieler, der von Kindheit an trainiert hat, überlegen sein wird. Was ich aber tun kann, war meine mentale Stärke und meine körperliche Kondition mehr zu entwickeln, als die anderen. Ich hatte einen genauen Plan für beides und nach 10 Jahren hatte ich es geschafft. Um die Zeit war ich sogar den österreichischen Nationalspielern, mit denen ich einmal trainiert habe, konditionell und mental überlegen. Ich habe in dieser Zeit jede Woche nach einem Plan trainiert und diese Pläne laufend nach meinen Fortschritten und Rückschritten angepasst. Heute würde man sagen, ich habe nach OKR trainiert. Das gab es damals aber noch nicht als Begriff.

Umsetzung für Founder:innen:
Routinen etablieren: Plane deinen täglichen Beitrag zum Erfolg und halte dich an diese Struktur. Überlegt anpassen: Passe deinen Plan nur in ruhigen Momenten an, nicht wenn unter der Woche Frust oder Zweifel aufkommen. Alles braucht seine Zeit, sich zu entwickeln und daher ist es wichtig, Pläne in Ruhe und überlegt zu erstellen und anzupassen. Wenn es aber keine messbare Entwicklung gibt, dann ist es auf jeden Fall Zeit, anzupassen.

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