10.08.2022

Inflation: Unser Denken ist so kurzfristig und oberflächlich, dass es weh tut

Die Politiker und Experten sind völlig überfordert. Es wird gepfuscht und geschraubt und am Ende versuchen wir, eine Inflationskrise mit noch mehr Geld zu bekämpfen.
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Inflation: brutkasten-Kolumnist Niko-Jilch über die Inflationskrise
brutkasten-Kolumnist Niko-Jilch über die Inflationskrise | (c) brutkasten / Adobe Stock | Destina

Mit der Geldentwertung durch Inflation ist es so: Sie ist immer da, nur wenige bemerken sie – aber wenn man sie einmal erlebt hat, vergisst man es nie wieder. Mir ist sie in Argentinien aufgefallen, dem Musterland für den falschen Umgang mit Inflation. Das war 2008. Dort haben wir alle paar Wochen mit der Pizzabestellung neue Speisekarten bekommen. Mit neuen, höheren Preisen.

Heute kann ich den Preisen auch in Österreich und Europa dabei zusehen, wie sie steigen. Wer dieser Tage Bestellungen im Amazon-Warenkorb liegen lässt, kann täglich sehen, wie sie klettern. Es ist fast gespenstisch.

Inflation war auch meine große Sorge während der Eurokrise der Jahre 2010 bis 2012. Diese Sorge war aber eher unbegründet. Jahrelang war die Inflation den “Währungshütern” (was für ein lächerliches Wort) noch viel zu niedrig. Aber wer versteht, dass Inflation “immer und überall ein monetäres Phänomen” ist (Milton F.), wußte: es ist nur eine Frage der Zeit.

Die Inflation ist eine Umverteilungsmaschine – nach oben

Außerdem hat auch “niedrige” Inflation gewaltige Auswirkungen auf den eigenen Wohlstand und den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Inflation ist der mächtigste Umverteilungsmechanismus von unten nach oben, den es gibt. Wir sehen das jetzt in seiner Extremform. Wir sehen, dass Inflation (und ihre Folge, die Teuerung) ärmere Menschen und Haushalte stärker trifft als reichere.

Langfristig steigen die Besitztümer der wohlhabenden Schichten mit der Inflation im Preis (nicht unbedingt im Wert), während die unteren Einkommensschichten jeden Euro ausgeben müssen und sich dank der Geldentwertung immer weniger leisten können.

Es ist also nicht nur so, dass die Inflation die unteren Schichten härter trifft – sie führt auch dazu, dass die Vermögensschere immer weiter auseinander geht. Und das ist auch bei “niedriger” Inflation so, es fällt nur weniger auf.

Krieg und Pandemie sind nicht hauptschuld an der Inflation

Es ist deswegen fast unerträglich, dabei zuzusehen, wie diese Zusammenhänge ignoriert werden. Ja, viele haben zu früh vor Inflation gewarnt. Sie hatten recht, aber das Timing war falsch. Dennoch sollte man sich denken, dass diese Warner jetzt mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Pustekuchen!

Das Denken ist (auch dank der Inflation) inzwischen so kurzfristig und oberflächlich, dass es weh tut. Es findet keine Debatte dazu statt, wie es soweit kommen konnte. Stattdessen tun wir so, als wäre der Ukrainekrieg und die Pandemie an allem Schuld. Dabei sollte offensichtlich sein: Diese Events haben nur die Schwächen unseres Systems offengelegt und dessen Verfall beschleunigt.

Aber was interessiert das Politiker und Ökonomen? Jetzt ist ihre Zeit gekommen! Also wird munter herumgepfuscht und geschraubt. Mit Preisdeckeln, Einmalzahlungen, Debatten zu “Übergewinnsteuern”, Debatten zur “Verteilungsgerechtigkeit” und so weiter.

Das ganze mündet dann in der völlig verzweifelten Feststellung, dass diese Krise, die von zu viel Geld ausgelöst wurde, nur durch noch mehr Geld bekämpft werden kann.

Es gibt keine einfache Lösung für diese Krise

Die strukturellen Weichen für diese Krise wurden vor langer Zeit gestellt. Während der Finanzkrise, als die Banken mit frischem Geld gerettet wurden, obwohl sie es nicht verdient hätten. Während der Schuldenkrise, als die Staaten und der Euro mit frischem Geld gerettet wurden, statt die offensichtlichen Probleme der europäischen Konstruktion anzugehen. Während der Pandemie, als wir uns alle der kollektiven Lüge hingegeben haben, man könne die Weltwirtschaft zusperren und durch frisch gedrucktes Geld ersetzen.

Nein, es gibt keine einfache Lösung für diese Krise. Es gibt nur Pflaster, die kaum halten werden. Die völlig überforderten Politiker und Experten werden irgendwie versuchen, das zu durchtauchen. In der Hoffnung, dass wir es bis zur Winter-WM in Qatar wieder vergessen haben.

Dann wird die Wirtschaft noch schlechter dastehen als davor, der Staat wird noch größer sein, die Steuern noch höher, die Bürokratie noch lächerlicher und das Leben noch schwerer. Aber niemand wird die Zusammenhänge mit den Fehlentscheidungen der Vergangenheit sehen. 

Und in der nächsten Krise – sei sie inflationär, deflationär (Sprich: echter Zusammenbruch) oder was ganz anderes – tun wir wieder so, als wäre das alles total überraschend.

Es ist zum Verzweifeln.


Niko Jilch ist Finanzjournalist, Podcaster und Speaker. Website: www.nikolausjilch.com Twitter: @nikojilch

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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