23.02.2017

Traditionelle Industrie und Startups: Gegenseitiges Beschnuppern in NÖ

Was haben Westgriechenland, die spanische Extremadura und Niederösterreich gemeinsam? Nun, angeblich verfolgen alle drei dieselbe zukunftsorientierte politische Strategie zur Förderung von KMUs und des Unternehmertums im allgemeinen.
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Zur „Industry-Start-Up-Lounge“ luden das RIZ, Niederösterreichs Gründeragentur, und die Industriellenvereinigung Niederösterreich. © Andi Bruckner:

Dieses gemeinsame Ziel bewegte den Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) dazu, diese Gebiete zu küren. Niederösterreich ist damit amtierende „Europäische Unternehmerregion“ 2017. Darauf verweist Petra Patzelt, Geschäftsführerin der Niederösterreichischen Gründeragentur RIZ bei der Industry-Start-Up-Lounge unter dem Motto “Von A wie Accelerator bis Z wie Zukunftsbranchen!” – eine Veranstaltung, die das RIZ schon seit zwei Jahren gemeinsam mit der Industriellenvereinigung ausrichtet.

Raumfahrt in Wiener Neustadt

Als positives Beispiel erwähnt Patzelt den Deal der Technopol Wiener Neustadt – mittlerweile ein international anerkanntes Zentrum für die Raumfahrt – mit der European Space Agency. Da kooperieren Forschungseinrichtungen und Unternehmen wie RUAG Space Austria mit der NASA.

„Es ist leichter Ideen zum Fliegen zu bringen, wenn sowohl Investor als auch Gründer realistisch bleiben.”

Im Fokus des Abends und der gesamten Veranstaltungsreihe steht aber ganz klar das Zusammenbringen von Startups mit der österreichischen Industrie. „Laut einer deutschen Studie mit 2000 befragten Großunternehmen, kooperiert jeder dritte Konzern schon mit einem Startup“, sagt Thomas Salzer, Präsident der IV Niederösterreich. Er rät, bodenständig zu bleiben: „Es ist leichter Ideen zum Fliegen zu bringen, wenn sowohl Investor als auch Gründer realistisch bleiben.” Um beide erst einmal zusammenzubringen, veranstalten RIZ und IV ein neunmonatiges Mentoring-Programm mit mindestens zwei empfohlenen persönlichen Treffen, vor allem aber dem Austausch von Kontakten und Erfahrungswerten.

Redaktionstipps

Seit 1997 auf der Suche nach Startups

Als Vertreter der traditionellen Industrie spricht zum Beispiel Norbert Zimmermann von der Berndorf AG: „Wir sind im Jahr 1997 zu Startups gekommen aus seiner Sorge, dass wir aus dem Eisen schleifen, biegen und bohren nicht herauskommen.“ Einer Runde Österreicher, darunter auch Cornelius Grupp, seien damals bei einem Kongress in Nizza die Augen geöffnet worden. Von 500 Unternehmen war die Hälfte ein IT-Startup. Die erste Erfahrung im Laufe der Jahre sei also gewesen: „Wir können im Jahr 2010 keine reine Eisen-Manufaktur mehr sein. Wir müssen uns neu erfinden.“ Damit man sich nicht den Mund verbrennt, wird nie so heiß gegessen wie gekocht. Von 100 Projekten mit Startups habe Berndorf damals neun verwirklicht. „Drei davon waren großartig, eines wurde einverleibt und die Hälfte ist eingegangen mit spektakulären Einzelgeschichten“, schildert Zimmermann.

„Das Besteck betreiben wir heute als Hobby und als eine Verpflichtung zur Tradition Berndorf.“

Eine wichtige zweite Erfahrung habe gezeigt: „Wir bleiben beim Stahlverarbeiten und werden keine IT-Firma werden.“ Es sei jedoch immer wieder ein spannender Ausflug, um eines auszutesten: „Inwiefern können wir uns als Industrie neu erfinden? Das Besteck betreiben wir heute als Hobby und als eine Verpflichtung der Tradition Berndorf.“

+++Startup Barcamp: Wie Niederösterreich Gründer überzeugen will+++

Robotik, Lasertechnologie, neue Materialen

Wo also bekommt Berndorf seine Projekte her? – Zimmermann erzählt vom Hype am Anfang. Und da blickt er immerhin 20 Jahre zurück. „1997 gab es so gut wie keine Businessangels, wir waren früh dran.“ Er selbst bezeichnet sich auch gar nicht als solcher. „Ich bin Aufsichtsrat in einem Industriebetrieb.“ Berndorf bemüht sich über die Startups die eigene Industrie zu erweitern. Da geht es um Robotik, Lasertechnologie und neue Materialen. „Bei allem technischen Know-how und den Gesprächen was die Märkte und den Vertrieb angeht“, meint Hubert Schuhleitner „das mag seltsam klingen, aber ich schau mir ganz besonders die Menschen dahinter an.“

“Im Unterschied liegt die Chance.”

Schuhleitner ist relativ neu als Businessangel aktiv. Zuvor war er beim Autoscheinwerfer-Hersteller ZKW in Wieselburg, hat den Umsatz verdreifacht und acht Werke im Ausland aufgebaut. Jetzt unterstützt er Jungunternehmer dabei zu wachsen. „Ich will meinen Erfahrungsschatz nutzbringend verwerten“, sagt Schuhleitner über seine neue Tätigkeit. Die Gesetzmäßigkeiten in einem Unternehmen mit 7000 Mitarbeitern und einem Startup seien zwar sehr unterschiedlich. Aber wahrscheinlich liegt gerade darin die Chance.

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Das OroraTech-Führungsteam mit dem Kärntner Co-Founder Thomas Grübler (3.v.l.) | (c) OroraTech

Angesichts der Zunahme von Naturkatastrophen gewinnt die Entwicklung innovativer Technologien in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung. Eine dieser Technologien ist die „satellitengestützte Thermalsensorik“ von OroraTech. Mithilfe ihrer Nanosatelliten-Technologie kann das Startup Temperaturen auf der Erdoberfläche direkt aus dem Weltall messen und analysieren.

OroraTech wurde 2018 in München von dem österreichischen Co-Founder Thomas Grübler gegründet. Nach mehreren Finanzierungsrunden in Millionenhöhe gab Grübler im Oktober 2023 seinen Posten als CEO ab und übernahm die Rolle des Chief Strategy Officer (CSO). Nun verkündet OroraTech seine Zusammenarbeit mit der Deutschen Raumfahrtagentur (DLR).

OroraTech stellt “hochwertige Wärmedaten” für die Forschung zur Verfügung

Die Zusammenarbeit zielt darauf ab, einem breiten Netzwerk aus Forscher:innen und Wissenschaftler:innen entscheidende Daten zur Landoberflächentemperatur bereitzustellen. Grundlage dafür sind Informationen, die von OroraTechs Satelliten Forest-2 sowie dem bald startenden Otc-P1 im Orbit gesammelt werden.

„Durch die Partnerschaft mit OroraTech können wir deutschen Wissenschaftlern und Anwendungsentwicklern die hochwertigen Wärmedaten zur Verfügung stellen, die sie benötigen, um wirkungsvolle Forschung voranzutreiben und ihren innovativen Wert zu erkunden, während wir eine nachhaltigere Zukunft für alle Bürger aufbauen”, erklärt Godela Roßner, Leiterin der Erdbeobachtung bei der DLR.

Landoberflächentemperatur als wichtiges Instrument

OroraTech will mit seinen Echtzeitdaten Forscher:innen dabei unterstützen, „kritische Umweltprobleme besser zu verstehen und anzugehen“, erklärt das Startup.

„Daten zur Landoberflächentemperatur sind ein wichtiges Instrument, um zu verstehen, wie sich Umweltveränderungen auf Ökosysteme und städtische Gebiete auswirken. Wir sind stolz darauf, dass unsere Daten Wissenschaftlern in ganz Deutschland ermöglichen, innovative Lösungen für die Herausforderungen des Klimawandels zu entwickeln“, sagt Lisa-Katharina Habich, Leiterin der Geschäftsentwicklung bei OroraTech.

Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor

Diese Daten leisten einen wertvollen Beitrag für Forschung und Wissenschaft. Sie eröffnen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten: von der Überwachung städtischer Wärmemuster zur Förderung einer nachhaltigen Stadtplanung, über Waldbrandprävention bis hin zur Beobachtung der Bewässerung von Nutzpflanzen zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität.

Mit der „Integration der fortschrittlichen Wärmedaten von OroraTech in ihr Ökosystem“ will die DLR die zentrale Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor betonen. Diese Partnerschaft sei ein entscheidender Schritt für die erfolgreiche Umsetzung umfassender nationaler Klimainitiativen, heißt es in der Aussendung.

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