20.09.2021

Diese 5 Schritte müssen Unternehmen am Weg zur Klimaneutralität beachten

Die Kolumnistinnen und Nachhaltigkeitsexpertinnen Alice Schmidt und Claudia Winkler zeigen in fünf einfachen Schritten, wie Unternehmen und Organisationen vorgehen können, um guten Klima-Vorsätzen wirkungsvolle Taten folgen zu lassen.
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Viele Organisationen wollen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, scheitern aber daran, dass sie nicht wissen, wo sie beginnen sollen. Unsere Kolumnistinnen und Nachhaltigkeitsexpertinnen Alice Schmidt und Claudia Winkler wollen mit ihrer Kolumne “An Optimist’s Guide to a Sustainable Future” Abhilfe schaffen und holen innovative Unternehmen vor den Vorhang, die anderen Organisationen mit Tools und Rat zur Seite stehen, um Klimaschutz endlich anzugehen.

Wo beginnen?

Vor drei Jahren startete die damals 15-Jährige Schwedin Greta Thunberg ihren Schulstreik für das Klima. Daraus ist inzwischen eine globale Bewegung geworden. Am 24. September 2021 ist es wieder soweit: Fridays for Future ruft zum globalen Klimastreik auf.

Spätestens zum Weltklimagipfel (COP 26) in Glasgow Anfang November wird das Klima Thema wieder tagelang den öffentlichen Diskurs prägen. Wenn dann andere politische Realitäten kurz in den Hintergrund treten, werden sich Entscheidungsträger:innen noch stärker als bisher mit der Frage konfrontieren müssen, wie eine sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaft aussehen muss. Manche Unternehmen werden COP 26 zum Anlass nehmen, endlich ernsthafte Schritte in Richtung Klimaneutralität zu setzen. 

© Fridays for Future Deutschland

Schritt 1 | Verstehen

Ein erster, wichtiger Schritt ist, die Relevanz des Themas für die eigene Organisation zu erkennen. Dann gibt es mehrere Gründe aktiv zu werden. Für viele ist das Kostenargument naheliegend und überzeugend:  Wer heute seine Energieeffizienz steigert, kann sofort Kosten sparen.

Aber jetzt aktiv zu werden bedeutet auch, sich besser für die Zukunft zu positionieren. Die heutige Generation der High Potentials sucht nach Arbeitgebern, die nachhaltig denken und handeln. Geschäftspartner beginnen, ihre Lieferkette zu analysieren und bevorzugen CO2 – transparente Unternehmen; so mancher spürt schon wachsenden Druck aus der Wertschöpfungskette. Genauso suchen auch Investoren Unternehmen, die vorausdenken und den Risiken ins Auge blicken. Zuletzt gilt es auch die ständig steigenden regulatorischen Anforderungen zu berücksichtigen.

Langfristig wird es heißen: Kein Klimaschutz? Keine Kunden, keine Kredite, keine coolen Mitarbeiter.

Schritt 2 | Kalkulieren und Transparenz schaffen 

Viele Unternehmen haben keine Ahnung bzw. auch kein Gefühl dafür, wo das Gros ihrer CO2-Emissionen herkommt. Eine genaue Kalkulation ist auch gar nicht so einfach. Aber darum geht es nicht – grundlegend ist ein ungefähres Verständnis davon, wo die meisten Emissionen entstehen. Hier kommen Climate Techs wie planetly, Plan A und das österreichische Unternehmen glacier, oder traditionelle Player wie myclimate ins Spiel. Sie stellen Kalkulations-Tools und Softwarelösungen bereit und bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Emissions-Daten immer im Blick zu haben und kontrolliert zu reduzieren. 

Im Rahmen der Analyse lernen Unternehmer zu verstehen, welche Emissionen sie direkt beeinflussen können (Scope 1 und 2 – siehe Schaubild) und wo sie die Verantwortung für ihre Lieferkette übernehmen sollten (Scope 3). Denn zwei Drittel oder mehr der verursachten Emissionen entfallen in der Regel auf Emissionen, die durch die Unternehmenstätigkeit verursacht werden, aber vom Unternehmen nicht direkt beeinflussbar sind. Hier helfen Climate Techs Transparenz zu schaffen.

Schritt 3 | Ziele setzen

Wo steht die Organisation und was wollen ihre Stakeholder? Welchen Beitrag will und kann das Unternehmen leisten, und wie schnell? Hier sind mutige Entscheidungen gefragt. Wirklich nachhaltig und fortschrittlich denkende Unternehmen verpflichten sich zu Science Based Targets. Diese Reduktionsziele werden anhand wissenschaftlicher Grundlagen definiert und der nötige Beitrag des jeweiligen Unternehmens zur Erreichung der Pariser Klimaziele (Begrenzung der globalen Erderwärmung deutlich unter zwei Grad, besser 1.5 Grad) wird veröffentlicht und kontinuierlich beobachtet. Plan A, myclimate & Co können dabei helfen.

Wenn Unternehmen die von ihnen geweckten Erwartungen nicht erfüllen, betreiben sie Greenwashing; das trifft auch zu, wenn sie ausschließlich auf CO2-Kompensation anstatt auf Reduktion setzen. 

Alice Schmidt und Claudia Winkler

Schritt 4 | Reduzieren 

Letztlich ist aber das Unternehmen selbst gefordert Lösungen zu suchen, um die größten Hebel zur Emissionssenkung zu bedienen. Geeignete Maßnahmen müssen für alle Stakeholder Sinn ergeben: sie müssen sowohl ambitioniert als auch realistisch und umsetzbar sein. Da jedes Unternehmen unterschiedlich ist und die Wertschöpfungsketten und Emissions-Hebel von Sektor zu Sektor stark variieren gibt es keine Einheitslösung; Geheimrezepte gibt es schon gar nicht. Aber der Umstieg auf Grünstrom, die Verbesserung von Energieeffizienz in Gebäuden und in der der Produktion, grüne Wärme bzw. Kühlung und nachhaltige Mobilität sind für viele Organisationen passende Bereiche, in denen sofort Schrauben gedreht werden können. Viele der CO2 Measurement Tools geben hier wertvolle Tipps.

Greenwashing doesn’t pay und es ist extrem hilfreich, einen guten Überblick über den eigenen Fußabdruck zu haben.

Alice Schmidt und Claudia Winkler

Schritt 5 | Kompensieren mit Vorsicht

Unternehmen können ihre Emissionen kaum auf null senken, zumindest nicht kurzfristig. Dort wo nicht weiter reduziert werden kann ist Carbon Offsetting, also das Kompensieren verbleibender Emissionen, möglich. Bei vielen Unternehmen gibt es den Wunsch möglichst schnell klimaneutral zu werden bzw. das von sich behaupten zu können. Für diese gibt es als Übergangslösung die Möglichkeit nicht vermeidbare Emissionen zu kompensieren, indem in Projekte investiert wird, die Emissionen einsparen bzw. CO2 aus der Atmosphäre “saugen”. Es gibt eine breite Palette an solchen Projekten, wodurch sich Möglichkeiten ergeben, um die Kompensationsstrategie mit der Firmenstrategie zu verbinden. Der Preis pro kompensierter Tonne CO2-Äquivalent ist derzeit zwischen zirka zwölf und 25 Euro, je nachdem wo das Projekt geographisch verortet ist.

Kommunizieren ohne #greenwashing

Mit zunehmendem Interesse von Unternehmen an Klimaneutralität & Co wächst auch deren Hang zum Greenwashing. Manche Unternehmen sehen Nachhaltigkeitsversprechen primär als Marketing-Faktor, was oft relativ rasch ans Licht kommt, wenn diese Versprechen einer näheren Betrachtung nicht standhalten. Wenn Unternehmen die von ihnen geweckten Erwartungen nicht erfüllen, betreiben sie Greenwashing; das trifft auch zu, wenn sie ausschließlich auf CO2-Kompensation anstatt auf Reduktion setzen. 

Regierungen haben das Problem erkannt und stellen nun mehr und bessere Regularien auf die Beine, damit gegen den Wildwuchs irreführender Behauptungen auch rechtlich vorgegangen werden kann. Vor wenigen Wochen wurde eine Untersuchung gegen DWS eingeleitet, die Asset Management Tochter der Deutschen Bank. Eine Whistleblowerin hatte darauf aufmerksam gemacht, dass DWS es mit der Definition nachhaltiger Veranlagungen nicht so genau nimmt, was einen Kursrutsch von 15 Prozent zur Folge hatte. Was lernen wir daraus? Greenwashing doesn’t pay und es ist extrem hilfreich, einen guten Überblick über den eigenen Fußabdruck zu haben.

Der nachhaltige Ansatz von Climate Techs im Bereich CO2 Management

In unserem Buch ‘The Sustainability Puzzle’ argumentieren wir, dass Nachhaltigkeit einen ganzheitlichen Ansatz braucht. Das Modell von Climate Techs wie Planetly, glacier, myclimate und Plan A ist holistisch und greift mehrere der Puzzleteile auf, die wir im Buch beschreiben.

? Klimaschutz: Climate Techs die Unternehmen helfen, ihren CO2-Fußabdruck zu verstehen und zu verringern leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

? Nachhaltige Geschäftspraktiken: Evidenzbasierte Planung und regelmäßige Datenerhebung sind die Basis für nachhaltige Emissionsreduktion.

? Technologie als Enabler: Durch einfach zu handhabende Footprint Calculators und Tracking Platforms werden die Emissionen kosteneffizient im Blick behalten und vergleichbar. Benchmarking und Transparenz sind die Basis für Klimaschutz.

? Verantwortungsvoller Konsum: Konsumenten können die Emissionen der Produkte, die sie nutzen, besser nachvollziehen und vergleichen, und Unternehmen die auf Greenwashing setzen leichter meiden.

? Soziale Gerechtigkeit: Viele der Kompensationsprojekte im Angebot haben auch eine soziale Komponente und können lokal oder im globalen Süden gelegen sein.

Über die Autorinnen

Alice Schmidt und Claudia Winkler sind pragmatische Denkerinnen und Macherinnen im Bereich Nachhaltigkeit.

Alice Schmidt arbeitet mit UNO-Organisationen, NGOs, der Europäischen Union und Unternehmen an Nachhaltigkeit und sozialer Transformation in Entwicklungs- und Schwellenländern. Neben diversen Board-Funktionen ist sie an der Wirtschaftsuniversität Wien Lektorin für “Sustainable Business & Management for Tomorrow”.

Claudia Winkler ist leidenschaftliche soziale Innovatorin und Unternehmerin. Sie ist Gründerin mehrerer Unternehmen unter anderem des nachhaltigen Mobilfunkers goood mobile in Deutschland und Österreich Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche internationale Auszeichnungen u.a. als eine der „Most impactful global Social Innovators“ am World CSR Day 2019.

Ihre gemeinsamen Erkenntnisse und Erfahrungen aus 20+ Jahren Forschung und Praxis in 40+ Ländern zu Klimaschutz, Circular Economy, Technologie und nachhaltigem Wirtschaften teilen Alice und Claudia in ihrem neuen Buch “The Sustainability Puzzle”

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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