04.11.2016

Kommentar: Österreich – Im (Gründer-)Land der Vorsichtigen

Österreich soll Gründerland Nummer Eins werden, heißt es von Staatssekretär Harald Mahrer und anderen Regierungs-Politikern immer wieder. Bei all der Vorsicht in diesem Land scheint dieser Plan jedoch eher absurd.
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Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste: Sie hilft uns, kostbares zu erhalten, uns auf der sicheren Seite zu bewegen und nicht hinzufallen. Was Vorsicht dagegen ganz sicher nicht ist, ist die Mutter des Gründerlands Nummer Eins. Dass ein Startup zu gründen bedeutet, Neues zu schaffen, die sichere Seite zu verlassen und das Risiko hinzufallen in Kauf zu nehmen, ist ein Gemeinplatz. Ja, diese Binsenweisheit ist so abgedroschen, dass ihre hundertste Wiederholung an dieser Stelle bei der Brutkasten-Leserschaft gewiss nur noch zu einem müden Gähnen führt.

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Auf dem Weg zum Gründerland Nummer Eins?

Und doch musste die Binsenweisheit hier nochmal wiederholt werden. Denn in der hohen Politik, in der Bevölkerung und bei potenziellen Investoren scheint sie keineswegs angekommen zu sein. So kam etwa am Tag, als im Ministerrat das Reförmchen der Gewerbeordnung beschlossen wurde, eine Presseaussendung über eben jenen Ministerrat herein, in der Staatssekretär Harald Mahrer wie folgt zitiert wurde: “Die heutigen Maßnahmen vereinfachen und verkürzen die Unternehmensgründung und ersparen aufwendige Behördenwege. Damit setzen wir einen weiteren Punkt aus dem Startup-Paket um und nähern uns unserem Ziel, Gründerland Nummer Eins zu werden.”

“Schon alleine die ‘neue’ Gewerbeordnung mit ihren nun 81 reglementierten Gewerben hindert dieses Land am Erreichen des gesteckten Ziels”

Große Vorsicht bei Politikern

Zugegeben, Mahrer sprach hier nicht die Gewerbeordnung, sondern andere Regelungen, wie etwa eine beschlossene One-Stop-Shop-Lösung für Gründungen an, die den bürokratischen Aufwand wohl tatsächlich mindern wird. Doch just an jenem Tag, an dem die Regierung, wie so viele vor ihr, zeigte, dass für sie Vorsicht Priorität vor allem anderen hat, von einem Schritt Richtung Gründerland Nummer Eins zu sprechen, ist eine Farce. Denn schon alleine die “neue” Gewerbeordnung mit ihren nun 81 reglementierten Gewerben hindert dieses Land am Erreichen des gesteckten Ziels. Und sie ist nur ein kleiner Teil des gesamten politisch-rechtlichen Konstrukts, das eben vor allem eines begünstigt: Vorsicht.

Große Vorsicht bei Eltern und Freunden

Vorsichtig sind hierzulande jedoch bei Weitem nicht nur die Politiker. Es sind eigentlich alle. Eine Studie in Deutschland hat nun ergeben, dass rund zwei Drittel aller Eltern dort ihren Kindern davon abraten würden, ein Startup zu gründen. Die Zahl dürfte in Österreich nicht viel anders sein. Der typische Österreicher freut sich über die Erfolge von Runtastic, als hätte er sie selbst zu verantworten, sagt dann aber einem Freund mit einer Geschäftsidee: “Das würde ich mir an deiner Stelle gut überlegen.” Weil wenn die Leute das Produkt wirklich haben wollen würden, hätte es doch schon jemand anderer auf den Markt gebracht und überhaupt hätte man als Selbstständiger nur Probleme. Und am wichtigsten: Das Risiko wäre viel zu hoch.

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Große Vorsicht bei Investoren

Nun, es sind ja nicht alle Österreicher so vorsichtig. Und so wagen sich dann doch erstaunlich viele an die Gründung eines Startups heran. Dass die gesetzliche Lage sie nicht unbedingt begünstigt, wurde bereits besprochen. Was hierzulande jedoch auch ins Auge sticht, ist die Vorsicht der Investoren. Ein höherer sechsstelliger Betrag ist in Österreich schon ein Rieseninvestment. Klassisches Venture Capital ist eine Seltenheit. Die meisten Investoren werden als Business Angels aktiv, weil da behält man zumindest ein bisschen Kontrolle. Sie investieren in verschiedenste Startups kleinere Beträge, sodass ein Ausfall nicht zum großen Problem werden kann. Denn Vorsicht muss sein.

Große Vorsicht bei Milliardären und etablierten Unternehmen

Dabei gibt es in Österreich durchaus Menschen, die, sogar ohne großes persönliches Risiko, deutlich höhere Beträge riskant investieren könnten. 34 Milliardäre beziehungsweise Milliardärsfamilien gibt es nach Recherchen des Wirtschaftsmagazins Trend etwa in Österreich. Einige davon sind von Beruf sogar Investoren – aber Startups wären ihnen scheinbar zu riskant. Jedes mittelständische Unternehmen, dem es gut geht, leistet sich ab und an interne Millionen-Investitionen. Von Venture Capital-Investitionen, wie es in anderen Ländern durchaus üblich ist, will man aber auch dort nichts wissen.

“Mit dem Mentalitätswechsel schaut es hier im (Gründer-)Land der Vorsichtigen nicht besonders gut aus.”

Resümee: Der Plan “Gründerland Nummer Eins” wirkt absurd

“Wir brauchen eine Startup-Mentalität”, sagte der damals frischgebackene Kanzler Christian Kern beim Pioneers-Festival im Mai. Zwei Dinge seien an dieser Stelle gesagt: Erstens, der Kanzler sollte mit seiner Regierung mit gutem Beispiel vorangehen und es künftig ein bisschen riskanter angehen, als zuletzt bei der Gewerbeordnung. Zweitens, auch wenn das passiert, schaut es hier im (Gründer-)Land der Vorsichtigen nicht besonders gut mit dem Mentalitätswechsel aus. Einstweilen wirkt der Plan, Gründerland Nummer Eins zu werden, jedenfalls absurd.

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Andreas Bierwirth, AVCON, neuer Job, magenta,
(c) Marlena König

Erst im Sommer letzten Jahres gab Andreas Bierwirth bekannt, dass er nach nur acht Monaten die Erste Group verlassen möchte, um einen neuen Job als CEO von Avcon Jet zu werden. Bierwirth war zudem seit über zehn Jahren Pilot und Aufsichratsmitglied im Unternehmen (brutkasten berichtete).

Am Dienstag veröffentlichte der Top-Manager dann das überraschende Posting über seinen privaten LinkedIn-Account: “Ich habe den Aufsichtsrat der Avcon Jet AG gebeten, meine Funktion als CEO der Avcon Jet AG niederzulegen”. Auf die näheren Hintergründe geht Bierwirth nicht ein. Dazu schreibt er lediglich: “Meine private Passion als Pilot der Business Aviation mit einer Managementfunktion zu verbinden, war eine sehr besondere Erfahrung.”

Management-Stationen von Andreas Bierwirth

Bierwirth hat bereits zahlreiche Management-Stationen hinter sich. Von 2002 bis 2006 war Geschäftsführer von Germanwings und später unter anderem als CFO bei Austrian Airlines tätig. Einer breiteren Öffentlichkeit in Österreich wurde der gebürtige Deutsche über seine Postion als CEO von Magenta Telekom bekannt. Dazu schreibt er in seinem LinkedIn-Posting über seine berufliche Zukunft auch: “Meine Leidenschaft für transformatorische und komplexe Managementthemen wie bei Magenta, Germanwings und der Austrian werden sicherlich wieder im Fokus stehen”.

Fokus auf Aufsichtsratchef von Do&Co und private Investitionen

Zunächst möchte sich Bierwirth auf die Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender der Do&Co AG konzentrieren sowie auf den “Erfolg einiger privater Investitionen.” Laut wirtschaft.at hält der Manager aktuell Beteiligungen an mehreren Unternehmen. Dazu zählt beispielsweise das Aviation-Startup Aeromond sowie SchuBu-Systems.


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