27.08.2018

IBM Watson-Manager über KI: “Da wird Österreich kaum mithalten können”

Wir haben mit Franz Dornig, dem Leiter des Cognitive Solutions-Bereichs von IBM Austria, über Chancen, Wege und Strategie für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz in Österreich gesprochen.
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© Johannes Felder
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Worin liegen die großen Chancen im Feld der Künstlichen Intelligenz (KI) und wie kann Österreich davon profitieren? Franz Dornig kümmert sich bei IBM Austria als Leiter des Cognitive Solutions-Bereichs unter anderem um Watson, die künstliche Intelligenz des IT-Riesen. Wir haben mit ihm am Rande von Hermann Hausers I.E.C.T. – Summer School gesprochen.

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Muss Österreich auf den KI-Zug aufspringen? Oder haben wir eh keine Chance?

Dornig: Das ist eine gute Frage. Es gibt aus meiner Sicht zwei unterschiedliche Ebenen, die da genau zu beleuchten sind. Das ist einmal der Forschungsansatz mit der Weiterentwicklung der Kerntechnologien der Künstlichen Intelligenz. Das muss natürlich in hochqualifizierten Forschungsumgebungen passieren. Was ist der Status quo, wie weit sind wir da? Ich glaube, dass wir da einen schweren Stand haben. Gegen große Nationen, die auch schon früher begonnen haben, in das Feld zu investieren und heute Finanzmittel in ganz anderen Größenordnungen als wir einsetzen, wird Österreich kaum mithalten können.

Ich habe vor Kurzem die Standford University besucht, dort mit österreichischen Professor Fritz Prinz gesprochen und erfahren, dass alleine Stanford ein Jahresbudget von sechs Milliarden Dollar zur Verfügung hat. Da kann man sich natürlich vorstellen, welche Ausbildungsqualität dort für einer relativ kleinen Anzahl von Studierenden zur Verfügung steht und auch welche Möglichkeiten diese Ausbildungsstätten im Kampf um die global besten Talente haben. Professor Prinz hat jetzt zum Beispiel einen 18-jährigen Mathematikstudenten aus China im Bereich der Materialwirtschaft unter sich. Der ist der Top-Mathematiker aus einem Einzugsgebiet von 60 Millionen Leuten. Das sind natürlich Umgebungen, wo man sich schon als Österreich fragen muss, ob wir da heute oder jemals mithalten werden können.

“Ich sehe jedenfalls keinen Grund, warum wir nicht die besten KI-Anwender werden können.”

Das andere Thema, neben der Forschung, liegt im Bereich der Anwendung – für mich ein ganz wichtiger Bereich. Wir haben heute eine sehr gute Wirtschaftssituation, obwohl die Technologie, mit der wir abreiten, großteils nicht aus Österreich kommt. Aber die Anwendung hat uns sehr produktiv gemacht. Ich denke also, dass auch hier mehr Potential in einer wirklich cleveren Anwendung der Core-Technologien der Künstlichen Intelligenz liegen wird.

Ich würde bei der Anwendung beginnen und versuchen das Wissen um diese Technologien möglichst breit zu streuen. Es sind sicher neue Ausbildungsstrukturen notwendig, damit eine breite Schicht an Arbeitskräften diese Technologien kennen lernt, ausbauen und gewinnbringend einsetzen kann. Hier sehe ich in Österreich ein riesiges Potential. Wir haben ein gut ausgeformtes Bildungssystem, das gut strukturiert ist – das müsste man jetzt modernisieren und vielleicht neue Strukturen anbieten. Ich sehe jedenfalls keinen Grund, warum wir nicht die besten KI-Anwender werden können.

Einer der größte Wettbewerbsvorteile der Zukunft wird für Unternehmen auch dann entstehen, wenn sie Systeme aufbauen, die exponentielles Lernen möglich machen. Die Technologien haben sich extrem schnell entwickelt und sie werden sich in den nächsten Jahren noch schneller weiter entwickeln. Die Unternehmen müssen nun Wege finden, ihre Mitarbeiter mit der selben Geschwindigkeit auszubilden, damit sie einfach fit bleiben. Aus der Bereitschaft zum schnellen lernen werden Unternehmen sehr viel Vorteile schöpfen können.

Video-Interview mit Hermann Hauser am Rande der I.E.C.T. Summer School 2018:

Welche Branchen sind in Österreich aus deiner Sicht prädestiniert, um KI zu etablieren?

Dornig: Ich glaube, dass keine Branche vom Thema Künstliche Intelligenz unberührt bleiben wird. Das kann für uns in Österreich wieder eine große Chance sein, zum Beispiel, um KI in Spezialbranchen zu etablieren – ich denke da etwa an den Tourismus. Dort sollte man nachdenken, wie man die Technologien anwenden kann und dann Lösungen, die vielleicht sogar global vermarktbar sind, entwickeln. Bereits heute wird zum Beispiel im Bereich Schnee und Lawinenforschung über KI-Anwendungen nachgedacht.

Was wird aus deiner Sicht auf politischer Ebene zu tun sein, um die KI-Etablierung voran zu treiben?

Dornig: Nun, wie immer muss die Politik die Rahmenbedingungen setzen. Das könnte in unterschiedlichen Bereichen passieren. Ausbildung ist sicher ein riesiges Thema – hier konkret der Zugang zu und die Unterstützung von neuen Ausbildungssystemen. Meine Vision wäre, diese neuen Technologien in einer Kombination von theoretischer und praktischer Ausbildung in sehr kurzen Phasen zu lehren. Statt einem sechsjährigen TU-Studium, könnte man Künstliche Intelligenz als Spezialzweig in einem sechsmonatigen Kurs direkt an einem konkreten Projekt machen – schon in Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen, die das dann einsetzen können. Die Kombination aus Ausbildung, staatlicher Förderung und Unterstützung aus der Wirtschaft kann sicher auch für die Studierenden sehr zielführend sein. Da gibt es bereits Modelle, die man für Österreich adaptieren könnte.

⇒ Zur Page der I.E.C.T. Summer School

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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