03.02.2017

Hub Wien: Ein bisschen Euphorie ist angebracht – und dann wieder zurück zur Arbeit!

Kommentar. Talent Garden, weXelerate und ein ambitioniertes Regierungsprogramm - 2017 scheint ein wirklich gutes Jahr für Wien als Startup Hub zu werden. Jetzt heißt es mehr denn je: An die Arbeit!
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Der Februar hat gerade erst begonnen und schon jetzt zeichnet sich ab, dass Wien als Startup Hub dieses Jahr einen enormen Schritt weiterkommt. Talent Garden, Europas größtes Startup-Campus-Netzwerk, wird in den kommenden Monaten im neunten Bezirk einen 5000 m² großen Standort eröffnen. Im Sommer wird mit weXelerate ein 8000 m² großes Startup-Zentrum im prestigeträchtigen Design-Tower am Donaukanal starten. Und die Regierung gibt Startups in ihrem aktuellen Programm gebührend Raum und macht nach wie vor den Anschein, dass sie den großen Worten zum Thema Startups auch Taten folgen lassen will.

+++ Startup-Paket im aktuellen Regierungsprogramm +++

Es ist Großes im Entstehen

Da kann und darf man schon durchaus ein bisschen euphorisch werden. Talent Garden sorgt für bisher nicht dagewesene Vernetzungsmöglichkeiten. weXelerate bringt eine Attraktivität für internationale Startups, die Wien noch nicht hatte. Beide involvieren die Old-Economy und schaffen eine Bühne für Kooperationen. Beide zeigen aber vor allem nach außen, und gegenüber jenem Teil der Bevölkerung, der sich noch wenig bis gar nicht mit Startups beschäftigt hat, dass Großes im Entstehen ist. Sie zeigen, dass man fest entschlossen ist, das große Potenzial auszuschöpfen. Und gerade rechtzeitig sollen auch die politischen Rahmenbedingungen ebenso attraktiv für nationale und internationale Startups werden.

Gelingt die Promotion-Meisterleistung?

Können wir Wien als Hub also bald wirklich in einem Atemzug mit London und Berlin nennen? Das hängt nicht nur, aber erheblich von der Umsetzung dessen ab, was nun angekündigt wurde. weXelerate will in seinen Accelerator etwa jährlich 100 Startups aufnehmen. Bedenkt man, dass so ein Programm nur dann sinnvoll ist, wenn die Teilnehmer nach relativ strengen Kriterien gewählt werden, braucht es einen regelrechten Massenansturm, um das Programm mit wirklich passenden Jungunternehmen zu füllen. Entsprechend sagt weXelerate-Founder Hassen Kirmaci auch, dass er mit 10.000 Bewerbungen pro Jahr rechnet, die primär aus dem CEE-Raum kommen sollen. Doch um das zu erreichen, muss in ganz Zentral- und Osteuropa aus dem Nichts ein Image als absoluter Top-Standort aufgebaut werden. Ob diese Promotion-Meisterleistung so schnell gelingt, bleibt abzuwarten.

+++ Erste Reaktionen zu weXelerate: “Das Ding hebt uns auf eine andere Stufe” +++

Kann Wien internationale FinTechs überzeugen?

Erschwerend kommt hinzu, dass man sich mit IoT, Media und vor allem FinTech drei Themenschwerpunkte ausgesucht hat, die von größeren Hubs bereits jetzt gut mit Programmen abgedeckt werden. Warum sollte also etwa ein vielversprechendes bulgarisches FinTech, wenn es schon den Ort wechselt, nach Wien und nicht nach London oder Berlin gehen? Diese Frage gilt es für das weXelerate-Team wirklich gut zu beantworten. Für Talent Garden gilt, wenn auch abgeschwächt, eine ähnliche Frage: Gelingt es, die Synergie-Effekte so erfolgreich zu promoten, dass heimische Startups wirklich in den Riesencampus ziehen und sich nicht eine günstigere Alternative suchen? Macht seine Größe den Campus tatsächlich so attraktiv?

Die Konkurrenz-Hubs schlafen nicht

Sind wir nun optimistisch und gehen davon aus, dass die großen Ziele der beiden Projekte so umgesetzt werden, heißt das trotzdem noch nicht, dass Wien seine Konkurrenz-Hubs nun reihenweise überholt. Denn auch dort schläft man nicht. Klar, im Wettlauf innerhalb des CEE-Raums sieht es, ob der Neuigkeiten, im Moment gar nicht schlecht aus, obwohl man nicht weiß, ob in Prag, Budapest oder Bukarest nicht doch schon ein größerer Campus in Planung ist. Und Städte in ganz Europa wie etwa Lissabon, das man, wie Wien, bis vor kurzem nicht auf dem Radar hatte, arbeiten ebenso mit Hochtouren daran zu London und Berlin aufzuschließen. In den beiden Top-Hubs herrscht erst recht kein Stillstand – um sie in absehbarer Zeit einzuholen, müsste Wien zumindest doppelt so schnell sein. Und hier kommt wieder die Regierung ins Spiel und die Frage, ob es ihr gelingt, für Startups dieses eine Mal tatsächlich keine “österreichische Lösung” zu finden.

Die Devise: An die Arbeit!

Doch genug gezweifelt. Wir wollten heute euphorisch sein und sind es mit gutem Grund – so gute Voraussetzungen, als durchzustarten, hatte Wien noch nie. Wichtig ist nun daher: Korken knallen lassen, Optimismus und Zuversicht tanken und im Mindset die Idee eines international bedeutenden Hub Wien wachsen lassen. Und mit diesem neuen Selbstvertrauen heißt es dann morgen: An die Arbeit! Und zwar mit doppelter Geschwindigkeit und Motivation, sodass auch wirklich etwas daraus wird. Im Silicon Valley ruht sich schließlich auch niemand aus.

+++ Kommentar: Österreich – Im (Gründer-)Land der Vorsichtigen +++

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Lalamu, Konkurs
(c) Lalamu

Zuerst eine Tonspur, dann das Video eines Gesichts (etwa auch auf einem Foto oder nicht allzu abstrakten Gemälde oder sogar auf einer Statue) aufnehmen – fertig. Die Aufnahmen werden vom Server mittels KI-basiertem Tool verarbeitet. Das Lip Sync-Video kommt nach ein paar Sekunden zurück und kann auf TikTok und Co gepostet werden. Das konnte das Produkt des Wiener Startups Lalamu.

Lalamu: Neben Lip-Sync auch B2B-Angebot

Die B2C-App, die in der Basis-Version kostenlos war und für die es mehrere Packages mit längerer Video-Dauer und ohne Werbung zu kaufen gab, war jedoch nicht der einzige Geschäftszweig. Lalamu wollte auch mit einem B2B-Angebot durchstarten. Konkret wandte man sich an Filmindustrie, Museen und Agenturen, die das AI-Algorithmus-basierte Tool des Startups für ihre Zwecke einsetzen sollten.

Mit diesen Vorhaben konnte man ein Investment ergattern: Das Wiener Unternehmen holte sich insgesamt 245.000 Euro von Investor:innen. Es wurde auch ins Microsoft for Startups-Programm aufgenommen, schaffte es mit der Lalamu Studio App in den Canva App Store mit mehr als 400.000 Usern und entwickelte schlussendlich die unabhängige Web-Platform lipsyncer.ai. Nun aber berichtet der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) vom Konkurs des KI-Startups.

Konkurs eröffnet

“Die LaLaMu EntertAInment GmbH kann ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Vom zuständigen Handelsgericht Wien wurde ein Konkursverfahren eröffnet”, heißt es dort.

Das sagt der Founder

Auf Anfrage erklärt Founder Matthias Spitzer, dass es in einer Zeit, in der das Startup Unterstützung gebraucht hätte, etwa für neue Developer, keine gegeben habe. Die Konkurrenz aus den USA (Runway und Sync Labs) hätten dagegen über die letzten Jahre mehrere Millionen US-Dollar an Investment erhalten.

“Das ist ein Genickbruch”, sagt Spitzer. “Da kommst du nicht mehr weiter.” Lalamu habe noch versucht mit Lipsyncer.ai “die Kurve zu kratzen”, habe die Videoqualität verbessert und optimiert, damit sie etwa bei Werbevideo-Vorproduktionen oder Erklärvideos zum Einsatz kommen kann. Doch leider hätten die vielen User:innen bloß den Free Modus-Bereich genutzt, wie der Founder erwähnt.

“Unser Umsatz hat es einfach nicht erlaubt, zu wachsen”, ergänzt Spitzer. “Wir wurden links und rechts überholt. Eigentlich waren wir ja eine Zeit lang im Sektor weltweit bekannt bzw. namhaft und spürten eine klare Bewegung nach vorne. Wir haben uns sehr erhofft mehr gesehen zu werden und eine großzügige Finanzspritze zu erhalten. Aber, was wirklich schade ist, keiner in Österreich hat sich getraut im großen Stil zu investieren.”

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