03.01.2019

20 Rezepte für die Fahrt in die Hölle der gescheiterten Startups

Gastkommentar. Die beiden Seriengründer und Investoren Wieland Alge und Walter Ischia haben für uns aus ihrer Erfahrung 20 Rezepte für die Fahrt in die Hölle der gescheiterten Startups aufgeschrieben. Obacht: Sarkasmus!
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Dead Coins 20 Rezepte für die Fahrt in die Hölle der gescheiterten Startups - Wieland Alge und Walter Ischia
(c) fotolia.com - fotokitas

Der Unterschied zwischen den wahnsinnig erfolgreichen Startups, die innerhalb weniger Jahre zu globalen Unternehmen werden oder zumindest von solchen für hunderte Millionen gekauft werden und dem Rest ist der richtige Zeitpunkt. Zur richtigen Zeit einen Bedarf zu erkennen, ihn zu befriedigen und das in einer Art, die vorher nicht funktioniert hat. Google, Microsoft, Facebook, Instagram, Youtube, PayPal, etc. verdanken ihren Erfolg vor allem anderen dem richtigen Zeitpunkt.

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Trivialitäten

Daneben gibt es tausende andere Unternehmen, die aus Startups in den letzten 20 Jahren entstanden sind und zehntausende, die beim Versuch verblüht und verschwunden sind. Leider verschwinden die meisten lautlos, sodass es kaum gesicherte Information gibt, was man denn tunlichst vermeiden sollte, um nicht zur Mehrheit zu gehören. Darum gibt es wiederum hunderte Ratgeber, die einem das Kochrezept für das erfolgreiche Startup versprechen. Die Ratgeber gibt es gedruckt, online oder auch in Fleisch und Blut. Und alle schreiben voneinander ungeniert ab und ergehen sich in Trivialitäten.

Fegefeuer Startupszene

Es gibt aber abseits des Fatalismus ein paar erstaunliche Erkenntnisse, wie man seinen Wagemut mit dem Untergang bezahlt, ohne es wirklich zu merken. Ein Hauptgrund ist die Startupszene, in die die hoffnungsfrohe Jungunternehmerin eintaucht und wo alles glitzert und nach Einhörnern duftet. Unangenehmerweise ist das eine Art Fegefeuer, dem man zu entrinnen hat, wenn man nicht flott in die Hölle der gescheiterten Startups weitergereicht werden will.

Erfolgreiche Startups sind Wachstumsunternehmen, von Kopf bis Fuß aufs Größerwerden eingestellt. Komischerweise findet man beliebig viele Beispiele, wie dies von Startuppern mit Begeisterung ignoriert wird.

20 Rezepte für die Fahrt in die Hölle der gescheiterten Startups

Wir haben versucht, eine nicht vollständige und nicht evidenzbasierte Liste an Ansätzen zusammenzustellen, die viele Jungunternehmerinnen beherzigen und damit ihr erstes Scheitern beschleunigen. Dabei sind manche Nona-Punkte (die man trotzdem oft findet) und ein paar nicht so unmittelbar klare Punkte. Manche sind dabei, die sogar kontra-intuitiv sind.

Anmerkung der Redaktion: Obacht, Sarkasmus! 😉

#1 Sei einzigartig, das wichtigste beim USP ist das U!

Es gibt nur ca acht Milliarden Menschen, das heißt, wenn Du als Einzige eine bestimmte Idee hattest, ist das ganz normal, dass die acht Milliarden nur darauf gewartet haben. Konkurrenz ist ein Zeichen von Müdigkeit eines Marktes. Mach, womit noch niemand Erfolg hatte! Sei nicht besser, sondern anders! Kunden lieben das.

#2 Hole Dir Feedback von Deiner Familie und Freunden

Friends and Family haben nur dein Wohl im Sinn, sie werden dich nicht hängen lassen. Speziell deine Mama wird dir immer sagen, dass deine Idee hervorragend ist. Das ist besonders wichtig, um nicht von potentiellen Kunden irritiert zu werden. Diese dürfen erst so spät wie möglich erfahren, dass du ihre ureigensten Probleme gelöst hast. Was wissen die schon! Wichtig ist einzig und allein, deine Motivation hochzuhalten.

#3 Beginne sofort mit strukturiertem Vertrieb

Wenn du selbst noch nicht genau weißt, wer denn deine Kunden sind und warum sie deine Idee kaufen sollen, ist die richtige Zeit, loszulassen und Profis zu holen. Diese erkennt man daran, dass sie in etwa fünfmal soviel verdienen wollen wie du. Vertriebsprofis lassen sich auch nicht von fehlenden Preislisten und Zielgruppen irritieren.

#4 Beginne nie mehr mit strukturierten Vertrieb

Ziehe die richtigen Schlüsse aus deinem ersten Vertriebsversuch. Nämlich: Niemand kann dein Produkt so gut verkaufen wie du selbst. Die potentiellen Kunden kommen aufgrund deiner Genialität in Scharen, das ist Skalierbarkeit genug. Technologie ist alles, Vertrieb ist nichts.

#5 Vertrieb funktioniert am besten über Partner

Wenn du gemerkt hast, dass Vertriebsmitarbeiter im eigenen Unternehmen Schwierigkeiten haben, erfolgreich zu verkaufen, gibt es nur eine Lösung. Das müssen andere machen. Suche Vertriebspartner, denn diese haben mehr Zeit und Lust als du, deine Produkte zu verkaufen. Vor allem brauchen sie sicher weniger Voraussetzungen, sich auf dein Produkt einzulassen als deine eigenen Sales-Spezialisten. Deine Kunden werden froh sein, endlich nicht mehr mit dir und deinem Team zu tun zu haben.

#6 Mach dir ein cooles Logo

Egal, wer deine Kunden sind, sie werden dich immer nach deinem Logo bewerten. Es muss aussagekräftig sein, eine tiefgehende Interpretation ermöglichen und es muss speziell dir gefallen. Es ist dein Banner, unter dem deine Heerscharen in die Schlacht ziehen werden, die du aber durch deine blendende Strategie schon im Voraus gewonnen hast. Alles unter einem 6-monatigen Prozess wäre ein fataler Fehler!

#7 Dein Onkel ist der beste Investor

Die besten Unternehmen sind immer noch Familienunternehmen. Deshalb ist es wichtig, bereits zu Beginn möglichst viele familiennahe Investoren zu gewinnen. Besonders, wenn dann diese Heuschrecken kommen, wirst du es schätzen, wenn dein Onkel den Venture Capital Manager mal so richtig in die Mangel nimmt. Auf die paar Millionen kannst du nämlich gern verzichten, denn die Werte deiner Familie sind unantastbar.

#8 Der Freund deines Onkels ist der beste Firmenanwalt

Das wichtigste regelt man immer noch in der Familie. Gerade wenn bei der Gründung jeder Euro zählt, ist der Familienanwalt Gold wert. Unternehmen zu gründen ist eine Allerweltsaufgabe, das geht neben Erbschaft, Scheidung, Verkehrsunfall locker nebenher. Deine zukünftigen Kunden und Investoren werden deine unkonventionellen Verträge lieben. Es darf schließlich auch einmal menscheln.

#9 Dein erster Kunde als Investor und Gesellschafter

Dein erster Kunde ist wichtig. Wichtiger als alle anderen, die später kommen. Deswegen steht ihm auch das Recht auf die erste Nacht und die sofortige Heirat zu. Niemand kennt dich so gut wie dein erster Kunde. Sicher, ein bisschen eifersüchtig kann er schon werden. Eigentlich hat er auch andere strategische Interessen als du mit deiner Firma. Aber hey, erste Liebe rostet nicht, wer braucht schon andere Investoren und einen Exit?

#10 Der höchstbietende Investor ist der beste für dich

Das ist nämlich der einzige, der dein Geschäftsmodell und deine Genialität so richtig versteht. Andere flüstern dir ein, dass er vielleicht nur verzweifelt oder der dümmste Investor ist. Höre nicht auf sie, sie sind dir deinen Erfolg nur neidisch.

#11 Beteilige ja keine Mitarbeiterinnen an deinem Erfolg

Das Unternehmen lebt von deiner Genialität, Energie und Engagement. Mitarbeiterinnen sind austauschbar. Deswegen steht ihnen auch kein Anteil am Wertzuwachs zu. Allein wegen deiner geistigen Größe werden sie trotzdem immer das Unternehmen vor andere Interessen stellen. Und wenn die Konkurrenz mal anruft haben sie taube Ohren, denn sie lieben dich ja.

#12 Jede frühe Mitarbeiterin muss auch Gesellschafterin werden

Selbstverständlich teilst du gerne. Weil du aber kein Geld hast, bekommen alle Mitarbeiterinnen einen Anteil am Unternehmen. Es ist ja eh noch nichts wert. Dann ist es auch einfacher, alles im Gesellschafterkreis und Mitarbeiterinnenkreis gleichzeitig zu besprechen. Klar, für die später rekrutierten gibt es dann nichts mehr. Aber das müssen sie aushalten. Schließlich sind alle, die die ersten Jahre mitgemacht haben, automatisch die besten.

#13 Auch wenn du gerade kein Geld suchst, solltest du bei Investoren präsentieren

Investoren haben ohnehin viel Zeit und freuen sich immer, wenn ihnen Unternehmen vorgestellt werden. Ganz besonders auf dich warten sie. Gerne sitzen fünf Investment Manager einen Nachmittag mit dir zusammen und hören die Visionen aus dir heraussprudeln. Dass du gar nicht mit ihnen zusammenarbeiten willst, macht ihnen nichts aus. Investoren sind ja froh, wenn mal jemand kommt, die nicht ihr Geld will. Wenn du dann tatsächlich eine Finanzierungsrunde vorbereitest, dann kennen dich alle schon und du wirst offene Türen einrennen. Oder so ähnlich.

#14 Das tollste am Startup-Leben ist das klein sein

Startups sind darum viel cooler als etablierte Unternehmen, weil sie klein und nett sind. Wenn du Mitarbeiterinnen suchst, schau immer darauf, dass sie gern in Kleinstunternehmen arbeiten. Streiche immer hervor, wie schlecht doch das Betriebsklima in größeren Unternehmen ist und wie superwichtig es ist, klein zu bleiben und das nie zu ändern. Wenn dein Startup erfolgreich wird, tauschst du einfach alle diese Mitarbeiterinnen aus, weil du ja jetzt dummerweise kein kleines Unternehmen bist. Aber mach dir keine Sorgen, das passiert bei dir eh nicht.

#15 establish garage culture

Damit sich die Kleinstfirma auch möglichst lange wie eine Kleinstfirma anfühlt, musst du unbedingt ein paar coole Gewohnheiten einführen, die nur zu fünft funktionieren. Jeden zweiten Tag in der Firma für alle zu kochen oder LAN Partys mit Pizza gehören da unbedingt dazu. Wenn dann niemand mehr für 25 Mitarbeiterinnen kochen will und der Erfolg als Verschlechterung der Kultur wahrgenommen wird, ist das halt Pech. Aber dir passiert das nicht. Du bleibst ja klein, weil nur kleine Startups coole Startups sind.

#16 Gründe deine Firma mit deinen allerbesten Freunden

Der Sandkasten und der Schulhof sind die besten Trainingscamps. Teams, die sich dort gut verstehen, gehen durch dick und dünn. Freundschaften halten alles aus, da muss dann auch niemand Chefin werden. Hilfreich ist auch, dass alle dieselben Interessen haben. Dann kann man im Unternehmen auch toll zu viert dasselbe machen, während man sich mit den anderen Dingen nicht beschäftigen muss.

#17 Halte große Probleme von Deinen Mitarbeiterinnen fern

Mitarbeiterinnen verstehen die ganzen Herausforderungen des Startup-Unternehmens nicht. Sprich deshalb möglichst wenig über große Veränderungen und schon gar nicht über Probleme. Wenn du einen Kundenauftrag unbedingt brauchst, überspiele es mit einem Lächeln. Wenn es dann nicht hinhaut, reduziere die Personalkosten um 40 Prozent. Die betroffenen Mitarbeiterinnen werden dafür größtes Verständnis haben. Die nicht betroffenen werden froh sein, dass sie wieder mehr Platz haben.

#18 Überrasche deine Kunden mit deinem Produkt. Sie werden dein Produkt lieben.

Das wichtigste ist Geheimhaltung. Da nur du verstehst, was deine Kunden eigentlich brauchen, darfst du dich durch ihre Meinung nicht irritieren lassen, es würde nur ablenken. Sobald du nach ein paar Jahren dein Wunderwerk enthüllst, werden alle auf die Knie fallen und dich umarmen und mit Geld überschütten. Niemand wird gerne gefragt welche Probleme sie lösen wollen. Alle wollen doch nur an deiner Genialität teilhaben.

#19 Mach alles selbst. Das sichert Einzigartigkeit und Qualität.

Weil niemand so genial ist wie du und dein Team, kannst du nichts zukaufen. Dein Produkt ist so einzigartig, dass niemand auch nur einen Aufkleber oder eine einzelne Codezeile beitragen könnte. Deine Mitarbeiterinnen eigentlich auch nicht, aber du kannst ja nicht gar alles selber machen. Wobei du am Ende dann doch wieder selbst zupacken musst. Das Schicksal eines Genies. Investoren lieben das.

#20 Dein Produkt ist so vielfältig, dass Du gleich mehrere Zielgruppen damit erreichst

Eng umrissene Zielgruppen sind für Loser. Die richtig wichtigen Dinge sind für alle da. Deine Technologie ist schließlich so revolutionär, dass man es gleichzeitig für die Hauspflege von alten Menschen, im Autobau und für junge Partyfreaks einsetzen kann. Wie man zu den verschiedenen Gruppen hinkommt, ist ja schließlich nicht dein Problem. Dafür hast du eine Teilzeitmarketingkraft mit einem Budget von 5.000 Euro vorgesehen. Weil der Rest geht dann ohnehin viral.


Zu den Autoren:

Wieland Alge und Walter Ischia sind Seriengründer. Gemeinsam mit vier weiteren starteten sie vergangenes Jahr in Innsbruck den Company Builder MAD. Dabei handelt es sich nicht um eine Abkürzung, wie die beiden betonen.

⇒ Zur Page von MAD

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“Wir hatten immer schon 40 bis 50 Prozent Wachstum, haben aber dabei immer im Vordergrund gehabt, nicht das Mitarbeiterwachstum als Indikator zu sehen, sondern nachhaltig zu wachsen”, sagt er. “Wir bewegen uns mit dem Haustiermarkt in einem dankbaren Markt, ja. Aber unsere gute Arbeitsleistung kommt nun zurück. Da hat uns die 4-Tage-Woche sehr geholfen. Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen, die nur vier Tage arbeiten wollen, sondern gute Leute, die sich mit der Firma identifizieren.”

Das Paschinger Startup wagte erst vor rund dreieinhalb Jahren den Sprung in die USA, der auch gut vorbereitet war. “Wir haben acht Jahre lang gewartet, diesen Schritt zu gehen”, erklärt Hurnaus. “Wir wussten, wenn wir ‘in Europa gewinnen’, dann wird es leichter für uns, als für einen US-Amerikaner, der nach Europa will. Wir haben hier verschiedenen Länder, mehr Sprachen und unterschiedliche Währungen. Für uns war es die richtige Entscheidung.”

USA überholt Deutschland

Mittlerweile hat der US-Markt den bisherigen Spitzenreiter Deutschland überholt. Schätzungsweise 66 Prozent der US-Haushalte oder etwa 86,9 Millionen Familien besitzen in den Vereinigten Staaten ein Haustier. Dies geht aus der National Pet Owners Survey 2023–2024 der American Pet Products Association (APPA) hervor.

“Unsere Marktpenetration ist wesentlich geringer als in Deutschland”, sagt Hurnaus. “Wir werden im ersten Quartal 2025 auch in Mexiko launchen, in den nächsten beiden Jahren aber keine weitere Erweiterung anstreben. Der Fokus bleibt auf diesen Märkten.”

Tractive bald in Mexiko

Tractive hat in der Zeit seines Bestehens eine Wandlung erfahren. Jedes zweite Jahr hat man bisher ein Produkt für Hund und Katze herausgebracht – vor wenige Wochen den neusten Tracker. Dabei aber “sehr stark eine Transformation durchlaufen”, wie der Founder erklärt. Weg vom einfachen GPS-Tracker hin zum Gesundheitstracker.

“Es ist ein Frühwarnsystem und soll nicht den Tierarzt ersetzen. Wir sagen nur, dass wir etwas bemerkt haben, eine Veränderung im Verhalten oder bei der Bewegung, etc…”, erklärt Hurnaus. “Da steckt viel Potential darin. Denn wir haben erkannt, dass Leute den Bedarf haben, zu wissen, wie es dem eigenen Haustier wirklich geht.”

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