12.11.2019

Höhle der Löwen Staffel-Finale: “Kein Startup sondern ein Startdown”

Beim Staffel-Finale von "Die Höhle der Löwen" ging es um Periodenunterwäsche, eine Einkaufs-App und um Wiener Schattenspiele. Zudem bezeichnete Unternehmer Carsten Maschmeyer ein Startup als "Startdown", bevor er sich als möglicher Investor aus dem Rennen nahm.
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(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer - Kristine Zeller (l.) und Kati Ernst stellen mit "ooshi" den Löwen Periodenunterwäsche vor.
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Die Ersten Pitcher beim diesjährigen Staffelfinale von “Die Höhle der Löwen” waren Leon Benedens und Paul Seehorst. Sie haben sich mit ihrem Startup fairment das Ziel gesetzt, die Fermentation “wiederzuentdecken”. Das Unternehmen bietet in seinem Online-Shop Sets und Kulturen an, mit denen jeder seinen eigenen Kombucha ansetzen kann. In einem Set sind Tee, Zucker, ein Glas, diverses Zubehör und eine Anleitung enthalten. Die Gründer forderten 950.000 Euro Investment für zehn Prozent Anteile.

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Für die Darmflora

Durch den Prozess der Fermentation enthalte der Tee Vitamin- und Nährstoffquellen. Zusätzlich bringe der fermentierte Tee mit seinen Kombucha-Pilzen die Darmflora ins Gleichgewicht und entgifte die Leber, argumentierten die Gründer.

“Kombucha im Handel ohne Wirkung”

Um zu zeigen, wie leicht die Herstellung des Kombucha ginge, baten die Gründer Finanzinvestor Carsten Maschmeyer aus seinem Sessel.  Nach der Demonstration durch den Löwen meinte Dagmar Wöhrl, dieses Getränk gebe es doch bereits. Benedens warf daraufhin ein, dass die bestehenden Kombucha-Drinks pasteurisiert und damit jeglicher Wirkung beraubt seien.

Hohe Firmenbewertung

Neben dem DIY-Kombucha bietet das Startup auch Sets und Kulturen für unter anderem Sauerkraut, Brot, Ingwer-Bier oder veganen Joghurt an. Tech-Investor Frank Thelen, der zum letzen Mal in der Höhle der Löwen-Jury saß, wollte daraufhin wissen, warum das Unternehmen knappe zehn Millionen Euro wert sei.

Ein Fehler des Gründers

Die Antwort: Fleiß und ein Online-Umsatz von über einer Million Euro im letzten Jahr. Thelen sagte daraufhin, dass die Bewertung extrem progressiv sei, da eine Million Euro Umsatz “nicht der Hammer wäre”. Zudem würde er nicht seine Zeit und die Zeit seines Teams für “nur” zehn Prozent Beteiligung “reinstecken”. Das mache ihm keinen Spaß.

Benedes entgegnete nach dieser ersten Absage, dass das Startup alleine heuer bis zu dreieinhalb Millionen Euro Umsatz machen werde – mit einem Löwen könnte dies auf über fünf bis zehn Millionen Euro steigen. Ralf Dümmel stoppte ihn und meinte: “Da haben sie jetzt einen Fehler gemacht”.

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(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Leon Benedens (l.) und Paul Seelhorst (r.) präsentierten Carsten Maschmeyer und seinen Kollegen mit “Fairment” ein Kombucha DIY-Set.

“Kein Bock für zehn Prozent”

Das Gründer-Duo sei “spitze” und kompetent. Nur handele es sich um ein Produkt mit großem Erklärungsbedarf. Er hätte eigentlich Lust mitzumachen, jedoch “keinen Bock” 950.000 Euro für zehn Prozent Anteile zu bezahlen, um dann noch so viel Kraft hineinzustecken. Das wäre für ihn und sein Team “nicht lieferbar”. Daher stieg auch Dümmel aus.

Bewertung weiterhin ein Problem

Ähnlich argumentierte die Familien-Unternehmerin Wöhrl bevor sie ausstieg. Shopping-Queen Judith Williams wollte indes wissen, warum das Duo denn überhaupt einen Löwen bräuchte. Um auf die Strukturen zurückzugreifen und das ganze auf ein höheres Level zu heben, war die Antwort von Benedes. Dies brachte Sonderlob von der Investorin, die beide Founder “megastark” nannte. Jedoch haderte auch sie mit dem ausgerufenen “Einkaufspreis”.

Dreimal “zu wenig”

Während Williams und Thelen darüber berieten, ob sie den Gründern doch ein Gegenangebot machen sollten, meldete sich Maschmeyer mit einer Erkenntnis zu Wort. So gesund das Produkt sei, es hätte eine kleine Zielgruppe. Weniger Menschen würden das trinken als etwa Apfelsaft oder Cola. Noch weniger würden es selber machen wollen. Zudem wäre es ein Mini-Anteil, den sie hier feilbieten würden. Ein potentieller Investor weniger.

“Take it or leave it”

Die Gründer gaben nicht auf und betonten, in den USA wäre der Fermentations-Markt ein Milliardenmarkt. Williams stimmte zu. Sie und der bereits “ausgestiegene” Thelen signalisierten danach doch Lust zu investieren. 950.000 Euro für dreißig Prozent lautete das “take it or leave it”-Angebot.

Verhandlungen

Nach kurzer Beratung kam es dann doch zu einem Gegenangebot seitens der Gründer, denn sie wollten für die gewünschte Summe “bloß” 15 Prozent Anteile abgeben. Daraufhin blieben ein Duo ohne Deal und eine sichtlich enttäuschte Williams zurück, die gern mitgemacht hätte.

Schattenspiele aus Wien

Der nächste Auftritt bei “Die Höhle der Löwen” gebührte den beiden Wienern Gerd Wolfinger und Roland Huber. Mit HomeShadows entwickelten die Erfinder einen “Schattensimulator” für das eigene Heim als Einbruchsschutz. Mit einer speziellen Technologie werden vom Gerät des Startups, das ganz normal in die Steckdose gesteckt wird, Schattenbewegungen im Raum simuliert. Diese sollen den Eindruck erwecken, dass jemand zu Hause ist, um potentielle Einbrecher abzuschrecken. Für ihre Idee wollten die Beiden 100.000 Euro für 20 Prozent Anteile.

Löwe für die Masse gesucht

Nach einem Einbruch vor vier Jahren hatte Gerd Wolfinger die Idee dazu. Mittlerweile ist die Erfindung patentiert, jedoch gebe es bisher noch wenige Exemplare des Simulators, sagen die Gründer. Ein Löwe solle dabei helfen, die Massenproduktion zu starten.

Reale Simulation

Das Gerät des Duos sei fähig, die Bewegungsgeschwindigkeit der “falschen Schatten” zu ändern, zwei verschiedene Schatten miteinander interagieren zu lassen und auch Pausen einzulegen, an denen sie durch die Wohnung “huschen” – alles, um die Simulation realer werden zu lassen.

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(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Gerd Wolfinger (M.) und Roland Huber aus Wien präsentieren wollen mit ihren Schatten-Simulationen Einbrecher abschrecken.

Auch Maschmeyer einst ein Einbruchsopfer

Maschmeyer erzählte, auch er sei einst Opfer eines Einbruchs geworden und schilderte kurz seine damalige Angst, nach diesem Vorfall in seinem eigenem Heim zu schlafen. “Es war ein schlechtes Gefühl”, sagte er. Daher fände der Juror alles gut, was Einbrüche oder dergleichen verhindere. Danach ging es um Statistiken.

Hohe Produktionskosten

Die Gründer hätten zwei Monate vor der Aufzeichnung der Show die erste Serienlieferung von 1000 Stück erhalten. Während der Markt-Testphase hätte man 130 Stück absetzen können. Die Produktionskosten von 31 Euro zu dem Zeitpunkt könnte man in höherer Auftragslage auf bis zu 25 Euro drücken.

Kein IoT

Maschmeyer meinte, die Gründer hätten da eine tolle Idee, die aber nicht ins Jahr 2019 passe. Das hätte er sich vor zehn Jahren vorstellen können. Das Produkt von HomeShadows hätte zudem das Problem, das es nicht mit anderen Geräten vernetzbar wäre. Laut den Gründern wäre dieses Gerät jedoch extra derart einfach gedacht, sodass es Kunden ganz einfach anstecken und verwenden könnten. Dennoch fand es Maschmeyer in einer Zeit von IoT “antiquiert”. Er stieg aus.

System nicht “schlau genug”?

Konzernchef Nils Glagau zeigte sich von der Vorführung und den zu sehenden Schatten-Silhouetten nicht überzeugt und stieg so wie Wöhrl aus. Auch Medien-Profi Georg Kofler meinte, schlaue Einbrecher würden das System doch durchschauen. Er zweifelte an der Behauptung der Gründer, dass Gelegenheitseinbrecher ein Objekt ihrer Wahl maximal eine Minute lang auskundschaften würden. Ein potentieller Financier weniger.

Dümmel anderer Meinung

Der bisherige schweigsame Dümmel war, wie öfter in dieser Staffel, anderer Meinung als die restliche Jury. Ihm gefiel die simple Lösung und Handhabung der Idee der beiden Wiener. Kein weiteres ähnliches Produkt wäre so gut wie HomeShadows, was Bewegung betreffe. Er bot 100.000 Euro für 33 Prozent. Die beiden Erfinder nahmen das Angebot an.

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Periodenunterwäsche

Die Dritten bei “Die Höhle der Löwen” waren Kristine Zeller und Kati Ernst. Sie haben mit Ooshi eine “Periodenunterwäsche” entwickelt. Die Unterwäsche sauge laut Gründerinnen das Menstruationsblut dank eines Membransystems auf und verhindere das Auslaufen. Sie  verspreche ein trockenes Gefühl ohne Bakterien und Gerüche. Das Unternehmerinnen-Duo forderte für zehn Prozent Anteile 300.000 Euro.

Models im Studio

Die Gründerinnen warteten als Pitch-Hilfe mit drei Models auf, die drei Slip-Versionen im Studio präsentierten. Man könne mit ihrem Produkt komplett auf Tampons verzichten, so die Aussage der beiden Pitcherinnen. Wöhrl störte sich daran, dass man aufgrund der Beschichtung und spezieller Wolle den Slip nur bei 40 Grad waschen solle.

Drei Mal Männer-Absprünge

Thelen stieg als erster aus – das Produkt würde nicht zu ihm passen. Maschmeyer fand es eine gute Idee, empfahl aber eine Frau als Investorin, die sich damit identifizieren könne. Für Dümmel war dieses Produkt ein Problemlöser, der aber online gut aufgehoben wäre. Somit blieben Wöhrl und Williams über.

Angebot und Gegenangebot

Wöhrl hatte das Gefühl, sich mit so einer Hose nicht wohl fühlen zu können. Auch sie stieg aus. Williams nannte daraufhin die Gründerinnen “stark”, sie hätte aber “ein paar kleine Zweifel”. Dennoch bot sie die geforderte Summe für 30 Prozent Beteiligung. Die Gründerinnen kamen mit einem Gegenangebot zurück: 15 Prozent für 300.000 Euro. Das war für die Investorin und ihr Team zu wenig. Sie stieg aus. Kein Deal für Ooshi.

Halbe Million für Gratis-App

Den vorletzten Auftritt bei “Die Höhle der Löwen” dieses Jahr hatten Andreas Klett und Leo von Klenze. Mit Scansation stellten sie eine kostenlose App vor, mit der man direkt im Einkaufswagen eines Supermarktes gewählte Produkte selbst scannen kann und an der Kasse nur die errechnete Summe per QR-Code zahlt. Dadurch sollen unnötige Wartezeiten vermieden werden. Die beiden Wirtschaftsmathematiker forderten für fünfzehn Prozent Anteile eine halbe Million Euro Investment.

Anonyme Aufzeichnungen

So funktioniert’s: Nachdem Scannen und Abfotografieren der Waren im Einkaufswagen, erzeugt die App den QR-Code, mit dem man zur Kasse geht. Man müsse nichts mehr aufs Kassenband legen und der Kassier Nichts mehr selbst scannen außer dem Code. Ein weiterer Vorteil der App sei, dass alles anonym geschehe. Der Supermarkt würde nach der Bezahlung nicht wissen, welches Produkt der jeweilige User erworben hätte. Die Daten würden keinem Nutzer persönlich zugeordnet werden. Der gewählte Supermarkt können nur eruieren, dass der Käufer X etwa eine bestimmte Nudelsorte gekauft habe.

(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Andreas Klett (Foto) und Leo von Klentze aus München präsentierten mit “Scansation” einen digitalen Shopping-Begleiter.

Missbrauch möglich

Mit dieser Information könne der Markt dann aufs Handy passende oder ähnliche Sonderangebote zusenden. Glagau warf unmittelbar nach dem Pitch ein, dass Ladenbesitzer doch gar nicht kontrollieren könnten, wie viele Produkte im Einkaufswagerl tatsächlich gescannt wären und wie viele nicht. Man könne die Idee doch leicht missbrauchen.

Zwei Bausteine zum Diebstahlschutz

Die Gründer verwiesen aufs Foto, das über dem QR-Code erscheint, als einen wichtigen Baustein zum Diebstahlschutz. Der zweite wären Stichproben vom Händler oder vom System selbst ausgeführt.

Die Installation eines solchen Systems in einem Supermarkt würde einmalig 4000 Euro kosten. Hinzu kämen noch Lizenzkosten von je 150 Euro im Monat fürs Basissystem. Die Kosten für die Integration für das Startup beliefen sich auf knapp die Hälfte.

Nutzungsvorteil?

Maschmeyer strich heraus, dass mit ihrer App der Kunde zum Kassierer würde. Er stellte die Frage, ob denn dieser überhaupt Lust darauf hätte, alles selber zu scannen. Auf die Frage nach dem Nutzungsvorteil eines Users der App, meinten die Gründer, es gebe eine integrierte Einkaufsliste, die das System automatisch abhake und aus den historischen Einkäufen auch selbst erstellen könne. Diese Möglichkeit gefiel Glagau nicht.

Digitalisierung oder Einkaufskontrolle?

Der Neo-Löwe dieser Staffel meinte, dass kein Einkaufsladen es gern hätte, wenn ein Kunde derart kontrolliert an Einkäufe herangehen würde. Zusatzeinkäufe und dergleichen würden entfallen. Diesem Einwurf folgend meinte Klett, dass die beiden Gründer prinzipiell “Freunde des stationären Handels wären” und sie ihm ein Tool in die Hand geben würden, um Digitalisierung zu betreiben – und um Kunden zu halten.

Zu wenig Kunden in zwei Jahren

Die Tatsache, dass das Startup in zwei Jahren bis zur Sendeaufzeichnung bloß zwei Läden als Kunden gewinnen konnte, spreche Bände, meinten daraufhin Glagau und Maschmeyer. Den Plan 2022 mit knapp 1000 Märkten einen Umsatz von rund fünf Millionen Euro zu erwirtschaften, bremste Maschmeyer sofort mit einer Anekdote.

Vergleich mit “Barzahlen”

Der Investor ist bei der Cash-Payment Solution “Barzahlen” beteiligt. Sie hätten 15.000 Märkte als Kunden. Die Gründer hätten damals den Launch um zwei Jahre verschoben, da sie gemeint hätten: Unter 3500 Supermärkten würden sie für ihre App Niemanden werben.

Die beiden Pitcher bräuchten einerseits mehrere Millionen User, auf der anderen Seite tausende Märkte, die die App akzeptieren, so Maschmeyer weiter. Kofler fand hingegen die Grundidee gut, jedoch sei weder für den Unternehmenskunden noch den User der Zusatznutzen groß genug. Er stieg aus.

Keine Replik auf Kritik

Wöhrl empörte sich danach über die hohe Bewertung, wenn man doch einen Löwen wolle, der als strategischer Partner eine Menge Arbeit vor sich hätte. Auch sie war raus. Auch Glagau zeigte sich aus dem gleichen Grund verärgert und verweigerte sogar, sich eine Replik auf seine Kritik anzuhören. Der nächste Löwe, der sich verabschiedete. Es folgte Dümmel unmittelbar.

“Kein Startup sondern ein Startdown”

Maschmeyer überlegte, wie er den Gründern helfen könnte, kam aber nur zur Erkenntnis dem Duo sein Beileid auszusprechen. Das Fundament der Unternehmer wäre zu schwach um die zukünftigen Aufgaben zu bewältigen. Zwei Märkte in zwei Jahren wären ein deutliches Zeichen, dass man mit der Idee keine Chance habe. Scansation wäre kein Startup sondern ein “Startdown”. Kein Deal.

Kakaokugel bei “Die Höhle der Löwen”

Den Abschluss von “Die Höhle der Löwen” 2019 bildete Elias Gharbaoui. Mit Elimba hat der 23-jährige Wirtschaftsstudent ein Startup gegründet, das Kakaokugeln zum Trinken anbietet. Diese können in heißen Flüssigkeiten aufgelöst werden. Eine Kugel enthalte mindestens 25 Gramm Kakao ohne Zusätze. Dafür würden laut Gründer ganze und ungeröstete Kakaobohnen verwendet werden, um wertvolle Inhaltsstoffe des Kakaos nicht zu zerstören. Der Gründer forderte 50.000 Euro für zehn Prozent Anteile.

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Kakao-Zeremonie?

Nach der Kostprobe von einer “Light-Version” mit 25 Prozent Kakaoanteil und einer herberen mit 30 Prozent, die positive Reaktionen hervorrief, erzählte der Gründer von der aphrodisierten, belebenden Wirkung seines Getränks. Er habe das selbst in Peru bei einer Kakao-Zeremonie erlebt.

Lob und Tadel

Dümmel stieg aus, da Gharbaoui sein Produkt eher in den Cafes sah, anstatt im Lebensmittel-Einzelhandel. Wöhrl fand es sympathisch, das der Gründer mit seiner Mutter das Unternehmen führt, während Kofler nicht erkennen konnte, wie man aus dieser Idee eine Firma mit einem Unternehmenswert von einer halben Million Euro machen sollte. Er stieg aus.

Kleine Zielgruppe

Investor Maschmeyer lobte den Einsatz des Gründers, meinte aber das Ganze sei im zu verspielt. Das Logo würde nicht für Schokolade stehen, man müsse das Produkt erklären und vielleicht sogar Schoko-Zeremonien mögen. Die Zielgruppe wäre ihm zu klein. Auch er war raus.

Eine Löwin weniger

Wöhrl fand sich danach im Zwiespalt wider. Sie konnte sich mit dem Gründer identifizieren, jedoch überzeuge sie das Produkt nicht ganz. Die Erklärungsbedürftigkeit wäre das Problem. Schweren Herzens stieg sie aus.

Hin und her…

Glagau indes wollte für die gewünschten 50.000 Euro 25 Prozent Anteile. Gharbaoui machte dem Investor ein Gegenangebot: 50.000 Euro plus working capital von 150.000 Euro für 20 Prozent. Das war dem Investor zu viel. Nach kurzer Diskussion meinte Glagau, er bräuchte 24,9 Prozent für die 50.000 Euro. Alles was in Sachen Finanzierung nachher anstehe, würden die Beiden schon zusammen hinbekommen. Deal.


⇒ Fairment

⇒ Homeshadows

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⇒ Scansation

⇒ Elimba

⇒ DHDL-Folgen zum Nachsehen auf TVNOW

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Ida Tin, Co-Founderin von Clue (c) Valerie Maltsev

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Bunte Hosenanzüge, gepaart mit hohen Absätzen, Sneakers, langen Locken und eleganten Kurzhaarschnitten – beim diesjährigen Global Leaders Summit, organisiert von the female factor und unterstützt von der Stadt Wien, gleicht das Publikum einem bunten Bällebad. An diesem ungewöhnlich warmen September­donnerstag füllt sich das Wiener Rathaus mit über 500 weiblichen Führungskräften aus 50 Nationen.

Is this how a leader looks like?

Mittendrin ragt die dänische Founderin Ida Tin aus der Menge. In einem grau-weiß gestreiften Blazer und mit elegantem Hair-Updo setzt sie kontrollierte Schritte auf den roten Teppich, der Besucher:innen den Weg ins Rathaus markiert. Links und rechts stehen weiß bezogene Stehtische, vor einer türkisen Fotowall tummeln sich Hosenanzüge. „This is how a leader looks like“ steht auf der Fotowand.

„Schriftstellerin“ ist die Berufsbezeichnung, die aus diverser Berichterstattung rund um die dänische Gründerin hervorgeht. In ihrem ersten Buch schrieb sie über Motorradreisen. In Dänemark wurde es zum Bestseller. Ihre Geschichte ist eine, die von vielen gehört und gelesen gehört – denn Ida heißt heute „Mother of Femtech“.

Mother of Femtech

Ida wurde im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro geboren und war einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Lebens auf dem Motorrad unterwegs. Mit ihren Eltern und ihrem Bruder hat sie so mehrere Länder der Welt bereist.

Zusammen mit ihrem Vater ­arbeitete sie später für Moto Mundo, einen ­ Motorrad-Reiseveranstalter. In den frühen 2000ern organisierte sie Motor­radtouren durch Vietnam, die USA, Kuba, Chile oder die Mongolei; 2009 erschien ihr besagtes Buch „Direktøs“, in dem sie von ihren Reiseerfahrungen erzählt.

Weil auf Reisen kein Tag ist wie der andere, stand Ida vor einem Problem: Woher weiß sie, wann ihre Monats­blutung kommt? Händisch mitzuschreiben ging nicht, am Motorrad war kaum Platz. Sie brauchte etwas Handliches; etwas, das immer dabei ist. Und etwas, das selbst mitdenkt.

Ida kam auf eine Idee – ­ wenige Jahre später startete sie eine der weltweit ersten Tracking-Apps für Frauengesundheit. Ida gründete Clue als App für menstruierende Personen im Jahr 2012 in Berlin, gemeinsam mit Hans Raffauf, Moritz von Buttlar und Mike LaVigne. Über die Jahre wurde Clue zu einer der berühmtesten Apps unter Menstruierenden. Damit schuf Ida eine technologische Lösung zur Verbesserung von Frauengesundheit – eine Femtech-Lösung.

Forgive me, but I think there is a little bit of a lack of vision for Europe.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Zurück am Global Leaders Summit höre ich Ida zu, wie sie auf der Global Stage des Großen Festsaals im Wiener Rathaus spricht. Ida setzt ihre Worte gezielt; im Trubel des Summits sticht sie nicht mit Lautstärke hervor, sondern mit Präsenz. Ohne ihre Stimme zu heben, finden Idas Worte ihren Weg durch die Geräuschkulisse des Festsaaltreibens. Sie spricht von einer Reform unseres Ökosystems.

„Let’s invite men into our world“ und „Sense your body, pay tribute to your mental health“ sind nur zwei der Aussagen, die man selten von Gründer:innen im Business-Kontext hört. Mit dem Aufbau ihres Unternehmens hat sie den Begriffen „Gründung“ und „Unternehmensführung“ eine neue Bedeutung verliehen. Sie hat sie menschlicher gemacht.

Nach dem Panel bleibt Zeit für ein kurzes Interview. Wieder schafft es Ida, mit bewusst gesetzten Wortkombinationen eine wichtige Message zu kommunizieren: „Wir müssen aufpassen, was wir als erfolgreich betrachten. Früher war Erfolg Geld, ein hoher Return on Investment; noch größere Finanzierungsrunden. Doch wenn wir ehrlich sind, ist der eigent­liche Reichtum unsere Gesundheit.“

Wie ein System funktioniert

Unverkennbar geht es in unserem Gespräch nicht nur um Geld: „Mehrere Studien zeigen, dass Investitionen in die Gesundheit von Frauen die Wirtschaft ankurbeln. Erst dieses Jahr hat McKin- sey einen Report herausgebracht, der zeigt: Wir würden uns jedes Jahr eine Billion Dollar sparen, wenn die Gesundheitsbedürfnisse von Frauen an- gemessen erfüllt würden.“

Ida zeigt in unserem Interview, dass sie das Thema bewegt: „Frauengesundheit ist teuer, gar keine Frage. Aber wir wissen mittlerweile auch: Wenn es Frauen gut geht, geht es ihren Unternehmen gut, ihren Familien und schließlich auch der Gesellschaft. Viel­fältige Teams begünstigen integrative Unternehmen, bringen weniger Voreingenommenheit und tatsächlich bessere Geschäftsergebnisse.“

Als ob das nicht schon selbsterklärend genug wäre, betont Ida mit einem Kopfnicken: „Wenn wir also Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.“

“Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und engstirnig.”

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Gesundheit!

Dass das in der Corporate-Bubble schwierig umzusetzen ist, weiß Ida. Auch alle bunten Hosenanzüge, die sich zum Global Leaders Summit im Wiener Rathaus versammelt haben, wissen es. Dass nicht tatenlos zugesehen werden darf, wie Frauen, ihre Gesundheit und ihr Potenzial im Unternehmertum vernachlässigt werden, weiß auch jede vor Ort.

„Wir wissen doch alle, dass man mehr Perspektiven in Führungsebenen bringt, wenn man Frauen dort reinsetzt. Wenn man sie einfach machen lässt und niemanden zu formen versucht. Wir leben in einer Kultur, vor allem in der Tech-Szene, in der wir Menschen formen. Du stellst jemanden an, du formst dir deine Arbeitskraft so, wie du sie willst, drückst sie in interne Strukturen. Du etablierst Arbeitsmodelle, die sich nach 40 Wochenstunden richten und Menschen gesundheitlich belasten. Und nicht selten endet das im Burnout. Ich denke, wir müssen uns in dieser Hinsicht mehr am Gesundheitsaspekt unserer Arbeit orientieren. Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“, so Ida.

Wenn wir Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Langsam lasse ich mir Idas Worte durch den Kopf gehen. „Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“ Ja, der Satz kommt wahrlich aus dem Mund einer der erfolgreichsten Founder:innen unserer Zeit. Das ist das Mindset jener Unternehmerin, die mit ihrer Tracking-App den Begriff Femtech prägte und den Grundstein für eine ganze Branche schuf. Sogar Apple war von Idas Technologie begeistert und bat um Zusammenarbeit.

Idas Mindset kommt nicht von irgendwo: „Meine Eltern waren ein Beispiel für Menschen, die genau das taten, was sie wirklich gerne machten; auch, wenn das in den Augen mancher als verrückter kleiner Traum schien. Mit ihrem Traum haben sie sich immerhin ihren Lebensunterhalt verdient. Und ich denke, wenn einem als Kind die Chance gegeben wird, die Welt zu sehen, bekommt man ein Gefühl dafür, wie viele Realitäten es da draußen gibt; und wie viele Dinge miteinander verknüpft sind.“

Der Mangel an Vision

Stichwort Verknüpfung: Sollten wir nicht zuerst anfangen, auf nationaler Ebene zu denken, bevor wir uns die ganze Welt vorknöpfen? Ida sieht das anders:

„Wie soll ein kleines, noch so starkes Land in einem schwachen Europa überleben? Wenn es zu politischen Unruhen auf europäischer Ebene kommt, sind wir alle verwundbar. Wenn die Wirtschaft in Europa zusammenbricht, werden auch einzelne Staaten zusammenbrechen. Es macht keinen Sinn, in nationalen Einheiten zu denken. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns in Zukunft versorgen können. Wir müssen ein bisschen mehr an unseren Planeten denken. Ich glaube, es mangelt an einer Vision für Europa; und an gutem Storytelling.“

Der neue Erfolg

Ida redet Klartext über Tatsachen, die eigentlich jeder kennt, aber niemand wirklich wahr­ haben möchte. Mit einem weiteren Kopfnicken teilt sie Lösungsansätze:

„Wenn wir unsere Wirtschaft in etwas Nachhaltiges verwandeln wollen, müssen wir Erfolg neu definieren. Zurzeit feiern wir Investments, wir feiern finanzielle Rendite. Wir feiern Unicorns. Aber die Welt verlangt nach einer mehrdimensionalen Vorstellung von Erfolg.“

Ida meint: sich selbst nach eigenen Maßstäben als erfolgreich zu bezeichnen; Gesundheit als Erfolg zu bezeichnen. Und: „Unternehmen aufzubauen, in denen Menschen gesund sein können, in denen Menschen offen queer sein können, in denen Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen; in denen man sie nicht zwingt, Alkohol zu trinken – und in denen eine integrative Kultur geschaffen wird.“

Wir brauchen weniger

Mit Clue hat Ida genau das versucht, und zwar mit einem der wohl umstrittensten New-Work-Themen unserer Zeit: der Vier-Tage-Woche. „Wir haben gesehen, dass unsere Leute an vier Tagen in der Woche genauso viel geleistet haben wie an fünf.“

Ida bot ihrem Team neben vier Arbeitstagen damit auch drei freie Tage, die Möglichkeit für Side Projects und mehr Zeit für Sport, Familie und Ruhe. „Viele hatten das Gefühl, dass ihr Leben eine ganz neue Qualität gewonnen hat. Und zusätzlich gibt es auch eine Menge an Studien und Daten, die zeigen, dass das funktioniert“, so Ida.

Wie in Island

So wie in Island, wo seit 2020 51 Prozent der Arbeitnehmenden reduzierte Wochenarbeitszeiten von 35 bis 36 Stunden bei gleichem Lohn wie zuvor hatten. Heute soll der Anteil noch etwas höher liegen, heißt es von einer Studie des britischen Autonomy Institute und der isländischen Association for Sustainability and Democracy (Alda). Im vergangenen Jahr soll die Wirtschaft Islands um fünf Prozent gewachsen sein – damit verzeichnet der Staat eine der höchsten Wachstumsraten in Europa.

In Idas Office gab es an den vier Arbeitstagen außerdem schuhfreie Zonen, einen Meetingraum ohne Tisch sowie Schwimm- und Fitnessstunden für ihre Mitarbeiter:innen. „Es sind die kleinen Dinge, die die Leute zusammen und zum Lachen bringen. Irgendwann hatten wir sogar eine Vorstandssitzung im tischlosen Raum.“

Kannst du acht Stunden am Tag sitzen?“ Ida reißt mich aus meinem kurzen Tagtraum. „Ich kann es nicht!“, wirft sie hinterher. „Auch jeder Sportler weiß, dass man Erholung braucht, um Höchstleistung zu erbringen. Warum sollte man das als arbeitender Mensch also vernachlässigen?“

Die Planeten-Perspektive

Nach fast 40 Minuten werden wir von zwei bunten Hosenanzügen unterbrochen. Die Zeit für das Interview ist um, das nächste steht an. Eine Frage fehlt uns aber immer noch: Wie lässt sich unsere Gesellschaft nun nachhaltig umbauen?

„Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und sie macht uns engstirnig. Niemand auf diesem Planeten muss exorbitant viel besitzen. Alles über einem bestimmten Betrag könnte in Klimafonds fließen, in Sozialprojekte, in die gerechte Verteilung von Vermögen. Die Monopolisierung von Reichtum schafft ein großes demokratisches Problem; und schließlich auch ein Problem für Innovation.“

Was uns Ida sagen will: Man kann keine Gesellschaft aufrechterhalten, in der zu wenige zu viel und zu viele zu wenig haben. „Ich wünsche mir, dass wir an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Manchmal frage ich mich: Warum haben wir nicht eine gemeinsame Marke für unseren Planeten? Einen gemeinsamen Plan mit einer gemeinsamen Perspektive. Das wäre etwas, das uns in unserem Tun sicherlich einiges an Klarheit und Ambition geben würde.“

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