12.09.2022

Höhle der Löwen: Eine Million Euro für Rollstuhlrad

Zwei 19-Jährige mit einem "Next-Generation"-Folder, ein Rollstuhlrad zum Dritteln und eine Katzensperre für Beutebringer - das gab es in der Höhle der Löwen.
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(c) RTL - Carsten Maschmeyer zeigte sich begeistert von trivida.

Johannes Baumgart und Valentin Steudte waren die ersten, die die Höhle der Löwen betraten. Sie möchten die nächste Generation der Hefter einleiten und somit das Leben von Millionen Schüler:innen verbessern.

NextFolder in der Höhle der Löwen

Die Schulfreunde besuchen die 13. Klasse des Sportgymnasiums Oberhof und haben ihr eigenes Startup gegründet. Bereits mit 15 Jahren hatten sie die Idee zu NextFolder, denn vor allem die starren Metallringe herkömmlicher Ringhefter hätten das Schreiben darin erschwert und das Umheften mehrerer Seiten auf einmal umständlich gemacht.

“Wir haben die starren Metallringe durch flexible Kunststoffringe ersetzt. Legt man nun den Arm zum Schreiben an, biegen sich die Kunststoffringe einfach und machen Platz. Mit dem NextFolder wollten wir ein Heftersystem schaffen, das praktisch und möglichst nachhaltig ist”, erklärten sie den Löwen.

NextFolder
(c) RTL – Valentin Steudte (l.) und Johannes Baumgardt präsentierten mit NextFolder einen innovativen Schulhefter.

Erhältlich in verschiedenfarbiger Pappe, sind alle Komponenten sowie die Hefterhülle einzeln austauschbar und alle Einzelteile können nachgekauft werden. “Wir denken Ordner neu. Die alten Modelle wurden von Erwachsenen für Kinder und Jugendliche gemacht. NextFolder ist ein Produkt von Schülern für Schüler:innen”, erklärte Baumgart.

Bei der Gründung ihrer Firma Invental Industries UG waren beide Founder noch minderjährig und so hat Steudtes Oma den Part übernommen. “Meine Oma hat bis jetzt 100 Prozent der Anteile, aber wird diese natürlich jeweils 50/50 auf uns überschreiben”, erklärte er. Um NextFolder auf dem Markt etablieren zu können, benötigten sie 80.000 Euro und boten dafür 30 Prozent ihrer Firmenanteile an.

Nach viel Lob, aber doch vier Absagen, bot Ralf Dümmel die gewünschte Summe. Und bekam den Deal.

Trivida: Ein Rollstuhlrad, das sich auseinandernehmen lässt

Die 2-fache Olympiasiegerin und 17-fache Weltmeisterin Kristina Vogel stellte den Löwen gemeinsam mit den Gründern Christine Pflaumbaum, Wolf Dietrich Pflaumbaum und Christian Czapek trivida vor – ein teilbares (TÜV-geprüftes) Rollstuhlrad, das den Ein- und Ausstieg in den Rollstuhl vereinfachen soll.

“Es geht um Selbständigkeit, Barrierefreiheit, Inklusion und die Würde im Alltag”, sagte Christine Pflaumbaum. Kristina Vogel, seit einem Trainingsunfall im Jahr 2018 querschnittsgelähmt und jetzt Markenbotschafterin für trivida, ergänzte: “Als behinderter Mensch wird einem ganz oft die Mündigkeit genommen­ – nicht nur von Gegebenheiten, die man in der Außenwelt findet. Man möchte auch alltägliche Dinge allein machen. Ich möchte allein unter die Dusche, allein ins Bett oder auf die Couch.”

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(c) RTL – V.l.: Kristina Vogel, Wolf Dietrich Pflaumbaum, Christian Czapek und Christine Pflaumbaum haben mit trivida ein teilbares Rollstuhlrad entwickelt.

Das Rad von trivida soll dabei helfen, diese Selbständigkeit so lange wie möglich zu bewahren. Es sei das weltweit erste, in drei Teile zerlegbare Rollstuhlrad, das Menschen mit Behinderung einen barrierefreien und sicheren Positionswechsel vom und in den Rollstuhl ermögliche. Das jeweils obenstehende Segment könne dabei, ohne Reduzierung der Standsicherheit, aus dem Rad ohne Anstrengung herausgenommen werden.

Denn, Positionswechsel werden im Alltag eines Rollstuhlfahrers in unzähligen Situationen verlangt. Für Betroffene, Pflegepersonal und Angehörige sind diese Transfers vom und in den Rollstuhl eine zeitraubende und kraftzehrende Belastung. Die einfachere Lösung für alle Beteiligten wäre ein seitlicher Transfer. Hier stellen aber herkömmliche Rollstuhlräder, die über die Sitzfläche hinausragen, ein großes Hindernis dar.

“Ein gigantisches Produkt”

Es kann zu Stürzen und Verletzungen kommen, weil sich die Person nicht hoch genug heben kann. Durch trivida soll dieses Hindernis eliminiert werden. Das Ziel der Gründer:innen ist es, ihr Produkt auch “weltweit ins Rollen zu bringen”. Dafür benötigten sie 1.000.000 Euro und boten zehn Prozent ihrer Firmenanteile an.

Ein äußerst souveräner Auftritt führte dazu, dass sich Carsten Maschmeyer, Dagmar Wöhrl und Nico Rosberg heimlich berieten. Sie nannten das Produkt “gigantisch” und boten die Million für 20 Prozent. Deal für trividia.

Mango-Spaghetti in der Höhle der Löwen

“Wir werden die Löwen heute mit lateinamerikanischen Streetfood kulinarisch verzaubern”, kündigten Marcel Martin und Dayan Estrada in der Höhle der Löwen an. Kennengelernt haben sich die gebürtige Kolumbianerin und der Deutsche während ihres Studiums in Australien.

“Natürlich wollte ich, dass mein Freund mein Land und mein Lieblingsgericht aus der Kindheit kennenlernt”, erzählte die Gründerin. So begann es und nun möchten beide die Mango-Spaghetti am Markt Deutschland etablieren.

MangoMates
(c) RTL – Dayan Estrada (l.) und Marcel Martin von MangoMates.

2021 gründeten sie daher MangoMates und sind aktuell mit einem Laden in einer Berliner Mall vertreten. “Neben dem Klassiker mit Limette und Salz, haben wir auch Variationen mit Chili und Knoblauch. Aber auch süße wie mit einem selbstgemachten Eierlikör, einer Schokoladensauce oder einer veganen Creme, wahlweise garniert mit einem Topping”, stellte Martin die Produktpalette vor. Die Forderung: 100.000 Euro für 15 Prozent der Firmenanteile.

Die Kostprobe führte zu Lobpreisungen, allerdings zeigten die Gründer Unsicherheiten bei der Frage nach dem Geschäftsplan. Sie hatten Schwierigkeiten, Zahlen zu nennen und kein Franchise-Konzept. Georg Kofler schwärmte beim Abschied vom Eierlikör des Startups und riet dazu, das Konzept zu ändern und den Likör über einen Onlineshop zu verkaufen. Kein Deal für MangoMates.

Hautpflege aus Muttermilch

Personalisierte Hautpflege ist die Geschäftsidee der nächsten Pitcher der Höhle der Löwen. Levke und Björn Lorenzen haben mit Memoire Cosmetics ein Startup erschaffen, das personalisierte Hautpflege aus Muttermilch herstellt.

“Meine Muttermilch enthält einfach alles, was Babys brauchen. Sie ist reich an Vitaminen, Proteinen und Nährstoffen. Darüber hinaus stärke ich das Immunsystem meines Kindes, weil meine Muttermilch alle Antikörper enthält”, erklärten die Founderin. “Sie bringt von Natur aus all das mit, was unsere Haut zur Pflege braucht. Sie enthält Vitamine, ist feuchtigkeitsspendend, hautberuhigend und stärkt das hauteigene Immunsystem.”

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(c) RTL – Levke und Björn Lorenzen brachten mit Mémoire personalisierte Muttermilch-Kosmetik in die Höhle der Löwen.

Nachdem die eigene Tochter an einer starken Hautreaktion mit roten juckenden Pusteln gelitten hatte, wollte Levke die Symptome mit der eigenen Muttermilch behandeln. Doch die gezielte, lokale Anwendung mit der flüssigen Milch erwies sich als schwierig und so suchte sie nach einer Lösung.

Alle Rezepte, die sie im Internet recherchiert hatte, waren allerdings für die dreifache Mutter nicht das Richtige. Daher entwickelte das Paar ihr eigenes Produkt.

Zweitägiges Verfahren

Memoire Cosmetics ermöglicht jeder Mutter die individuelle Anfertigung von Muttermilchkonzentrat aus ihrer eigenen Muttermilch. Benötigt werden dafür 70 Milliliter, die durch ein zweitägiges, durch Druck und Kälte schonendes Trocknungsverfahren vom Startup zu einem hochkonzentrierten Muttermilchpulver verarbeitet und an Kund:innen zurück versandt werden.

Angewendet werden kann das Pulver pur oder auf Wunsch als Emulsion. Das Angebot an die Löwen: 60.000 Euro für 25 Prozent der Firmenanteile.

Den meisten Löwen war das Produkt zu nischig. Zudem konnten die Gründer:innen nach vier Monaten Marketing bloß 50 Stück ihres Produkts vertrieben. Nils Glagau jedoch hatte Lust mitzumachen und bot für 30 Prozent 60.000 Euro. Er bekam den Zuschlag.

KittyFlap in der Höhle der Löwen

Jean Paul, Brigitte, Céline und Jasmine Kölbl warn die nächsten in der Höhle der Löwen. Sie sind Besitzer von drei Freigänger-Katzen, die gerne in der Natur auf Mäusejagd gehen und ihre Beute stolz als Geschenk der Familie mitbringen.

“Doch einmal im Haus verlieren sie das Interesse daran”, berichtete Jasmine den Löwen, und Céline ergänzte: “Meine Eltern und ich dürfen dann die Geschenke der Katzen jagen oder die Reste zusammenfegen.”

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(c) RTL – Jean Paul, Céline (M.) und Jasmine Kölbl präsentierten mit KittyFlap eine Katzenklappe mit Beuteerkennung.

Auch Vater Jean Paul gingen die nächtlichen Jagdeinsätze auf die Nerven, sodass er beschloss, etwas dagegen zu tun. Zwei Jahre verbrachte der 58-jährige KI-Experte für Cybersecurity im Bastelkeller und präsentierte in der Pitch-Show mit KittyFlap eine Katzenklappe mit automatischer Beuteerkennung. Sie ist mit einem Bewegungssensor ausgestattet.

Bilderkennungssoftware

“Die von mir selbst entwickelte Bilderkennungssoftware analysiert die Fotos sekundenschnell und weiß so, ob eine Katze mit oder ohne Maus kommt und steuert so entsprechend die Katzenklappe”, erklärte der Wirtschaftsinformatiker seine Erfindung. “Damit die KittyFlap funktioniert, haben wir sie mit tausenden Katzenbildern trainiert. Mit der dazugehörigen App kann ich etwa die Schließzeiten verändern oder direkt auf die Bilder zugreifen.”

Um ihr Produkt zur Marktreife zu bringen, benötigte die Familie ein Investment von 150.000 Euro und bot dafür zehn Prozent der Firmenanteile an.

Das Problem mit dem Markteintritt

Zu Absagen der Löwen führte der Umstand, dass der Gründer nicht vorhatte, seinen Beruf für das Startup aufzugeben. Auch dass es noch rund ein Jahr bis zum Markteintritt dauern würde, war den Löwen zu lang. Kein Deal für KittyFlap.

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“Wir müssen durchhalten und nicht nach einem Jahr ungeduldig werden”

Finanzierungslücken, Schutzrechte und fehlendes Risikokapital. Die österreichische Startup- und VC-Landschaft steht vor einigen Hürden, die es souverän zu bewältigen gilt. Wie das am besten möglich ist und was man in puncto Risikobereitschaft von Übersee lernen kann, wurde im Rahmen der diesjährigen Technology Talks diskutiert.
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Im Wiener Museumsquartier lud das AIT zu den Technology Talks. Hier im aws-Workshop mit (v.l.n.r.) Moderator Dejan Jovicevic, Georg Kopetz, Birgit Hochenegger-Stoirer, Markus Wanko, Anna Pölzl, Manon Sarah Littek und Bernhard Sagmeister (c) Tanja Spennlingwimmer, aws

Alle Jahre wieder versammeln sich heimische und internationale Köpfe der Tech- und Wirtschaftsbranche zu den Technology Talks des Austrian Institute of Technology (AIT). Heuer allerdings mit einem besonderen Pivot: Die Technologiegespräche luden in das Wiener Museumsquartier.

Das Highlight der diesjährigen Gespräche: Die Panels und Workshop-Sessions mit heimischen und internationalen Innovationspionieren. Thematisch bewegte man sich nicht nur im makroökonomischen Innovationsfeld auf internationaler Ebene, sondern richtete auch einen gezielten Blick auf treibende Kräfte des heimischen Ökosystems.

So lud die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) im Rahmen einer zweiteiligen Workshop-Session Key Player der heimischen und internationalen Startup-, Spinoff- und VC-Szene zur Diskussion auf die Bühne. Unter dem Titel “Startups und Spinoffs: Von der Gründer:innen-Idee zur VC-Finanzierung” wurde in zwei 90-minütigen Sessions über folgende Fragestellung diskutiert:

Warum bleibt Österreich im internationalen Gründungswettlauf zurück? Was braucht es, um ein starkes Ökosystem für akademische Spinoffs zu schaffen und Anforderungen von Risikokapitalgeber:innen gerecht zu werden? Und: Wie kann der Wirtschaftsstandort Europa im internationalen Wettbewerb mithalten? Die nahezu einstimmige Antwort: Länder- und branchenübergreifender Zusammenarbeit sowie mehr Mut zum Risiko.

Die Workshop Session 2 mit (v.l.n.r.) Moderator Dejan Jovicevic, Patrik Cesky, Christian Hoffmann, Dorothea Pittrich, Alexander Svejkovsky, Doris Agneter, Birgit Mitter und Johannes Bintinger (c) Tanja Spennlingwimmer, aws

Zur Workshop-Session geladen wurden Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer der Austria Wirtschaftsservice GmbH, sowie Patrik Cesky, Geschäftsführer des aws Gründungsfonds. Außerdem zu Gast waren Doris Agneter, Geschäftsführerin von tecnet equity, Helmut Schönenberger, CEO der UnternehmerTUM GmbH der TU München, Birgit Hochenegger-Stoirer, Vizerektorin der Medizinischen Universität Innsbruck, Manon Sarah Littek des Green Generation Fund, Georg Kopetz, Geschäftsführer von TTTech, Christian Hoffmann der TU Wien sowie Alexander Svejkovsky, Managing Director des AIT.

Die Startup- und Spinoff-Szene wurde unter anderem von Anna Pölzl, Co-Founderin und CEO von nista.io, Markus Wanko von xISTA, Dorothea Pittrich von CellEctric, Birgit Mitter, Co-Founderin von Ensemo und Johannes Bintinger, CEO von n-Ink, vertreten.

“Wenn wir stehen bleiben, haben wir schon verloren”

“Lauft einfach los und macht. Wir müssen ständig rennen. Wenn wir stehen bleiben, haben wir schon verloren.” Klare Worte von Helmut Schönenberger, CEO der UnternehmerTUM GmbH der TU München, des Zentrums für Entrepreneurship in der Academia. Zum Start der Workshop-Reihe appelliert der CEO an mehr Tatendrang in der Universitätslandschaft: Ausgründungen und die Möglichkeit auf Entrepreneurship während oder nach der Ausbildung sollten in universitären Curricula noch breiteren Einklang finden. Erkenntnisse aus akademischer Forschung bringen großes Potenzial für Wirtschaft und Industrie.

Dennoch sieht Schönenberger eine Hürde im komplikationsfreien Zusammenspiel zwischen Academia und Entrepreneurship: Zugänge zu Risikokapital brauchen mehr Niederschwelligkeit und deutlich mehr Risikobereitschaft. Nicht zuletzt in ähnlicher Weise, wie sie in der US-amerikanischen VC-Landschaft präsent ist. Belegen lässt sich eine Disbalance investierter VC-Summen auch statistisch: Schönenberger zufolge käme das “meiste Geld aus den USA”.

Startups und Spinoffs noch besser “pushen”

Die zentrale Herausforderung: Startups und Spinoffs im Ökosystem noch besser zu pushen. Hier setzt als einer der wichtigsten heimischen Key Player die Austria Wirtschaftsservice (aws) an. Mit ihren Pre-Seed- und Seed-Förderprogrammen unterstützt sie Ausgründungen mehrdimensional. Strategisch und finanziell wird Unterstützung in der Frühphase geboten.

So half man unter anderem dem Tullner Startup und AIT Spinoff Ensemo rund um Birgit Mitter. Die Founderin sprach auch im Rahmen des Workshops über die Unterstützung durch die aws-Pre-Seed-Förderung und des niederösterreichischen Inkubators accent.

Inwiefern sich die Situation allerdings vonseiten der Founder:innen – teils frisch aus Universitäten und unbewusst dessen, welche Möglichkeiten im Startup- und Spinoff-Feld warten – gestaltet, wurde weiter im Rahmen der Workshop-Session diskutiert.

“Das Gründen war wenig auf meinem Radar”

Eine wichtige Stimme war dabei die nista.io-Founderin Anna Pölzl: Die TU-Absolventin hat ein Spinoff gegründet, ohne “im Studium je das Wort Startup gehört zu haben”. “Ich bin vor fünf Jahren auf der TU fertig geworden und habe meinen Co-Founder aus Zufall kennengelernt. Davor hab ich im Studium im Grunde nichts von Startups mitbekommen. Das Gründen war dementsprechend wenig auf meinem Radar”, erinnert sich die Founderin.

Schließlich kam es doch zur Gründung ihres EnergyTech-Startups. Allerdings sprang sie dabei “naiv ins kalte Wasser” – mangels Vorwissen. In ähnlicher Situation befand sich auch Birgit Mitter mit ihrem AIT-Spinoff Ensemo. Auch hierbei halfen Inkubatoren und die Pre-Seed-Förderung durch die aws dabei, sich vom “klassischen Wissenschaftsdenken und der akademischen Detailverliebtheit” zu lösen und unternehmerische Skills aufzubauen.

Eine nicht unwesentliche Rolle schreibt Mitter auch der Unterstützung des Startup Centers des AIT Austrian Institute of Technology zu: “Abgesehen von der tollen Unterstützung vonseiten des AITs sowie heimischer Inkubatoren was Betriebswirtschaft, Führung und unseren Proof of Concept anbelangt, haben wir vor allem eines gelernt: Gewisse Dinge brauchen Zeit. Und das Wichtigste ist, dass unser Produkt funktioniert. Wie und warum, das ist den Kunden egal. Hauptsache, es funktioniert.”

Mittlerweile hat sich auch Anna Pölzl zu einer der wichtigsten Startup-Founder:innen unseres Landes entwickelt. Mit einigen Jahren Erfahrung im Gepäck spricht die CEO die “verängstigte VC-Mentalität” in Österreich an: “Hierzulande sind wir schon sehr vorsichtig und von Angst getrieben – was in der VC-Szene ja durchaus ein Vorteil sein kann. Allerdings merken wir – gerade in puncto Fehlerkultur und Optimismus – viel mehr Potenzial, wenn wir über die Grenzen hinaus schauen.”

“Denkt ihr überhaupt groß genug?”

Aus Erfahrung verrät Pölzl einen “Geheimtrick” heimischer Startup-Founder:innen für Pitches vor ausländischen Investor:innen: “Unter österreichischen Gründer:innen ist das so ein Ding, dass man zwei Pitch Decks vorbereitet: Einmal für heimische und einmal für internationale Pitches. Hierzulande haben wir nämlich die Erfahrung gemacht: Wenn man zu hohe Summen fordert, wird man schief angeschaut. International wird man für dieselbe Summe allerdings auch schief angeschaut – weil die geforderte Summe zu niedrig ist. Dann hört man meistens: ‘Denkt ihr überhaupt groß genug?’”

Was Pölzl anspricht, könnte dem heimischen Ökosystem langfristig zum Verhängnis werden: Startups wandern ab, wenn sie anstreben, zu wachsen. Das liegt schlichtweg daran, dass es hierzulande an Wachstums- und Expansionskapital für Scaleups mangelt. Die Risiko- und Investitionsbereitschaft sei Übersee höher – sprich: In den USA und China, mit Großbritannien als Sprungbrett.

Das Problem, das im Zuge der Workshops aufgegriffen wird, ist kein neues. Dennoch muss darüber gesprochen und aktiv Maßnahmen gesetzt werden, um das Abwandern heimischer Scaleups zu verhindern, Innovation in Europa zu beheimaten und fortan auch Fachkräfte anzuziehen, um dem Wirtschaftskontinent Europa jenen Status zu verleihen, den er verdient hat. Nämlich: Eine Vorreiterrolle.

Viele Vorreiter befänden sich aktuell allerdings vermehrt in China und den USA. Unter anderem aufgrund höherer Risikobereitschaft, unter anderem aber auch aufgrund flexiblerer Regulierungen.

Mehr Verständnis in der Gesellschaft

Auch dazu brauche es hierzulande deutlich mehr Innovationsaffinität – vor allem in puncto Bio- und HealthTec. Und ein breites Verständnis für branchen- und sektorübergreifende Datenanalysen wie jener von anonymisierten Gesundheitsdaten. Dazu ergänzt Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer der aws: „Wir alle sollten durch konsequente Kommunikation überzeugender Beispiele in der Breite der Gesellschaft mehr Verständnis für Innovation als den Treiber bzw. die Garantie unseres Wohlstandes erzeugen.”

Ähnlicher Ansicht ist Birgit Hochenegger-Stoirer, Vizerektorin für Finanzen und Digitalisierung an der Medizinischen Universität Innsbruck:

“Wir sind uns bewusst, dass der Umgang mit Gesundheitsdaten ein kritisches Thema ist. Auf der anderen Seite muss dieses Thema großflächig kommuniziert und Verständnis dafür geschaffen werden. Gesundheitsdaten werden anonymisiert und verantwortungsvoll gehandhabt – und können die Zukunft unseres Innovationssystems deutlich mitgestalten. Anonymisierte Daten müssen nach einer klar definierten Governance an die Industrie weitergegeben werden, um Austausch, Forschungsfortschritt und Innovation zu schaffen. Die universitäre Grundlagenforschung muss sich in Richtung klinische Forschung entwickeln. Und dafür ist ein Rechtsrahmen notwendig, den es aktuell noch nicht gibt.”

“Wir müssen das Rad nicht neu erfinden”

Unis und Institute können den Schritt allerdings nicht alleine schaffen, sondern: Es braucht Hilfe vonseiten Politik und heimischer Wirtschaftstreiber. “Gerade Europa hat ein regulatorisches Mindset. Startups, Industrie und Universitäten müssen stärker zusammenarbeiten, denn BioTech wird immer wichtiger und endet nicht vor dem Krankenbett.”

Ein wesentlicher Appell der Vizerektorin: “Ich würde davor warnen, dass wir jetzt alle glauben, wir müssen das Rad neu erfinden. Wir dürfen keine Aliens produzieren, die für die Industrie unverwertbar sind. Lasst uns über den österreichischen Tellerrand hinausdenken. Die großen Player und Geldgeber sitzen außerhalb von Österreich. Wir müssen uns zusammenschließen und kollaborative Modelle entwickeln, damit wir für ausgewählte Branchen gute Lösungen haben.”

Im Lichte der Spinoff- und Forschungsthematik kam auch das Thema Intellectual Property (IP) zur Sprache. Die Vizerektorin appelliert an “gute Development-Möglichkeiten” und eine “aktive Transaktionskultur”, um geistiges Eigentum im Universitäts- und Industriekontext verwerten zu können. “Dabei dürfen wir nicht nur innerhalb der Uni- oder Förderlandschaft denken”, so Hochenegger.

“Sobald Skalierung ein Thema ist, gehen Startups hierzulande etwas unter. Unis müssen sich dafür professioneller aufstellen. Und zwar in Gremien, die nicht nur aus der Academia, sondern auch aus der Wirtschaft kommen. Dazu braucht es: Commitment, klare Transparenz und Nachhaltigkeit. Wenn wir in der Zusammenarbeit erfolgreich sein wollen, müssen wir durchhalten und nicht nach einem Jahr ungeduldig werden.”

Hier zeigt sich die aws Spinoff-Initiative als ein nationaler Wegweiser, der bereits einen erheblichen Mehrwert in puncto Awareness- und Transparenz-Steigerung von universitären Ausgründungen geschaffen hat. Die aws Spinoff Initiative Modul 1 für Hochschulen wurde im Rahmen der Workshops von den beiden anwesenden Hochschulvertreter:innen, namentlich Birgit Hochenegger-Stoirer der Med Uni Innsbruck und Christian Hoffmann der TU Wien, als sehr positiv hervorgehoben. So hieß es: “Hochgradige Forschung wird dank frühzeitiger Finanzierung durch die aws gut begleitet. Wir brauchen weitere Erfolgsmodelle wie diese, die zeigen, dass Ausgründungen unkompliziert, wirtschaftsfreundlich und innovationsgetrieben auch hierzulande funktionieren.”

“Das Ziel ist nicht nur Geld, sondern das Schaffen einer gemeinsamen Technologie”

Ganz so schlecht steht es um die heimische VC-Szene dann doch nicht – darüber spricht Anna Pölzl aus Erfahrung: “Es findet ein Umdenken statt: Risikokapital und Möglichkeiten des Corporate Venture Capitals werden vor allem in Hinblick auf strategische Partnerschaften immer wichtiger. Das Hauptziel ist nicht nur Geld, sondern das Schaffen einer gemeinsamen, zukunftsweisenden Technologie.”

Was Pölzl anspricht, lässt sich auch als allgemeiner Tenor der aws-Workshop-Sessions im Rahmen der diesjährigen Technology Talks wiedergeben: Es braucht mehr Kollaboration. Auch Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer der Austria Wirtscaftsservice GmbH, stellt sich hinter dieses Credo.

Für fundierte, branchenübergreifende Zusammenarbeit sei Österreich allerdings zu klein. Sagmeister appelliert an länderübergreifende Zusammenarbeit auf Europaebene – auch in puncto Risikokapital. Wenn es zu einem allgemeinen Dachfonds kommen sollte, macht Sagmeister deutlich: „Für den Erfolg eines Dachfonds ist ein professionelles Management Voraussetzung.“

Sie ist nicht zu überlesen: Die Message, die heimische Wirtschafts- und Forschungstreibende an unser Ökosystem senden. Länder- und Sektorübergreifende Kollaboration ist gefragt. Fragmentierung sei zwar ein Zeichen von “Fokus und Spezialisierung”, so Doris Agneter, Geschäftsführerin von tecnet equity, sei aber auch ein Hindernis für überregionale Synergienutzung und Kollaboration.

“Wir wollen Anker in der Seed- bis Series-A-Phase sein”

Wie die aws mit Herausforderungen dieser Art umgeht, erklärt Patrik Cesky, Geschäftsführer des aws Gründungsfonds, abschließend in folgenden Worten: „Wir wollen Anker-Investor in der Seed- bis Series-A-Phase sein und internationale Investoren dazu bewegen gemeinsam mit uns in österreichische Innovation zu investieren. Es gibt in Österreich insgesamt nicht sehr viele Frühphaseninvestments im Jahr. Deswegen fokussieren wird nicht nur auf bestimmte Industrien, sondern brauchen etwas Pragmatismus bei der Auswahl der Investments. So leisten wir im Rahmen unserer Möglichkeiten, den bestmöglichen Beitrag, um Startups in Frühphasen zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Alles, was darüber hinausgeht, braucht einen funktionierenden Kapitalmarkt mit privaten Fonds zur Anschluss- und Wachstumsfinanzierung.”

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