24.05.2024
FORSCHUNG & WIRTSCHAFT

Henrietta Egerth-Stadlhuber: „Die Politik muss F&E als prioritäres Thema sehen“

Interview. Henrietta Egerth-Stadlhuber ist Co-Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Im brutkasten-Interview spricht die studierte Handelswissenschaftlerin über den Wirtschaftsstandort Österreich, universitäre Forschung und ihre Forderungen an die Politik.
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Henrietta Egerth-Stadlhuber bei der FTI-Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ der WKÖ(c) WKÖ/Marek Knopp
Henrietta Egerth-Stadlhuber bei der FTI-Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ der WKÖ(c) WKÖ/Marek Knopp

Die Co-Geschäftsführerin der FFG absolvierte das Studium der Handelswissenschaften an der Universität Linz und arbeitete danach einige Jahre in Brüssel. Egerth-Stadlhuber war danach für die Industriellenvereinigung tätig, ehe sie im Jahr 2000 in das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit wechselte, wo sie für Wirtschaftsförderungen sowie Forschung und Entwicklung zuständig war. Seit September 2004 ist sie Geschäftsführerin der FFG.

Egerth-Stadlhuber ist Mitglied von Wissenschafts- und Forschungsräten (Stmk., Sbg.) und darüber hinaus in Kuratorien und Aufsichtsräten vertreten, wie z.B. im Institut für Höhere Studien (IHS), der Universität Wien und seit 2019 Mitglied im Aufsichtsrat der Erste Group Bank AG.

Brutkasten sprach mit Egerth-Stadlhuber am Rande der Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ von der WKÖ.


brutkasten: Wie gut funktioniert aktuell die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft in Österreich? 

Henrietta Egerth-Stadlhuber: Österreich steht gut da, was die Forschung und Entwicklung angeht. Mit 3,3 Prozent, die wir in Forschung und Entwicklung investieren, sind wir eines der Top Länder in Europa. Es ist aber eben auch eine gewisse Inputgröße, die für Forschung wichtig ist. Wir sehen in Zeiten wie diesen, dass gerade KMUs sich schwertun, die Innovationstätigkeiten aufrechtzuerhalten. Diese brauchen die öffentliche Hand, die unterstützt. Die FFG ist jetzt Partner und investiert antizyklisch. Damit übernehmen wir einen Teil des Risikos, damit gerade mittelständische Unternehmen in Österreich weiterhin innovieren können. 

Wo liegen momentan die akutesten Probleme in diesem Bereich? 

Wir haben in Summe einen teuren Standort in Europa. Von Energiepreisen oder Themen wie Regulierung sind gerade kleine und mittlere Unternehmen besonders betroffen. Auf der anderen Seite haben wir auch Stärken in Europa. Wirklich kluge Köpfe, ganz tolle Forscherinnen und Forscher und das auch im Nachwuchs.

Wir haben tolle Institutionen und Europa hat den Vorteil, im Vergleich zu anderen Gegenden der Welt, dass wir eng beisammen sind. Außerdem gibt es gerade in Österreich eine gute Kommunikation untereinander. Das beginnt bei Bildungsinstitutionen, Unternehmen, universitären Einrichtungen und nicht-universitären Einrichtungen. Hier ist das Miteinander sehr viel leichter und diesen Schatz müssen wir noch stärker heben. 

Wo sehen Sie denn Probleme bei der universitären Forschung? 

Ich glaube nicht, dass wir Probleme haben, sondern dass wir in Österreich noch stärker kompetitiver in das Einwerben von Mitteln gehen könnten. Wir sehen, dass in anderen Ländern die Universitäten Teile ihres Budgets kompetitiv einwerben müssen. Dafür müssen die Budgets bei Agenturen erhöht werden, damit diese finanziellen Mittel auch bereitstehen. Diese Mittel müssen dann von den Universitäten im Wettbewerb eingeworben werden und das erhöht üblicherweise die Qualität der Projekte und des Outputs. 

Wo sollten aus Ihrer Sicht die forschungspolitischen Prioritäten gesetzt werden in Österreich? 

Das wichtigste wäre, dass die Politik Forschung und Entwicklung als prioritäres Thema sieht. Es ist wichtig, das nicht nur in Sonntagsreden zu erwähnen, sondern dem politisch, und damit im Budget, Ausdruck zu verleihen. Wir brauchen mehr Investitionen in F&E im Standort Österreich, damit wir wettbewerbsfähig für die Zukunft bleiben. 

Wieso passiert das nicht? 

Es passiert in einem relativ hohen Ausmaß, aber wir sehen, dass andere Märkte und andere Wirtschaftsregionen nicht stehenbleiben. Diese investieren massiv, denn sie wissen, dass dies die wesentliche Basis von Wertschöpfung an einem entwickelten Standort ist. Da müssen wir mithalten. Mein Appell: Wir dürfen uns nicht ausruhen auf dem, was wir schon investiert haben, sondern wir brauchen eine sichtbare zusätzliche Dynamik. 

Mehr Geld für Forschung und Entwicklung, für Innovation und das nicht, weil man das grundsätzlich gerne fordert, sondern weil jeder Euro, den wir in F&E investieren, einen Return of Investment durch gesteigerte Umsätze etc. nachweislich von acht Euro hat. Dieses Investment lohnt sich und jeder Euro, den man in Forschung und Innovation in Österreich investiert, bringt dem Standort Arbeitsplätze und Wohlstand. 

(c) WKÖ/Marek Knopp

Fehlt es an dieser Stelle vielleicht an Kommunikation? 

Das mag durchaus sein, es ist aber Aufgabe der Politik auch Themen aufzunehmen, die vielleicht nicht mehrheitstauglich sind und trotzdem das richtige zu tun. Daran glaube ich fest. 

Wie kann der Standort Österreich im globalen Wettstreit mit Ländern wie China und den USA mithalten? 

Wir sind als Österreich ein Teil Europas und gerade im Forschungszusammenhang gibt es ein europäisches Forschungsprogramm, in dem wir überproportional verankert sind. Das hat nicht nur den Mehrwert, dass wir uns Gelder dort abholen, sondern vor allem, dass es ganz starke Netzwerke für Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen innerhalb Europas gibt.

Nur als Europa können wir selbstverständlich gegenüber den USA und China reüssieren. Wir sind ein starker Binnenmarkt, aber es ist auch ganz wichtig, dass wir neue Märkte erschließen. Wir müssen international als Europa agieren und uns neue, am besten demokratische, Wirtschaftsräume erarbeiten. Dies geht insbesondere durch Forschungskooperationen zwischen Österreich und Europa und eben diesen Ländern. 

Blicken Sie in dieser Hinsicht positiv in die Zukunft oder sehen Sie die Aussichten eher pessimistisch? 

Ich bin sehr positiv, weil ich an die Kraft des Guten und des Sinnvollen glaube. Da sehe ich das Glas halb oder dreiviertel voll, statt halb leer. Es braucht aber Impulse und Anreize sowie positive Unterstützung und ein Mindset, in dem wir Forschung und Innovation als eine echte politische Priorität sehen. 

Vielen Dank für das Gespräch.

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(c) cycoders GmbH - Die Geschäftsführer von cycoders Martin Guess und CEO Thomas Mörth.

Getuschel. Hinter vorgehaltener Hand wird geflüstert, Gespräche erst fortgesetzt, wenn die Führungskraft außer Hörweite ist. Man mutmaßt, man nimmt an. Man glaubt, dass die Firma Probleme hat und sich womöglich von Leuten trennen muss. Die Sorge wächst und man fürchtet, dass es einen treffen könnte. Und an die Arbeit zu denken, ist mit einem solchen Gefühl nur schwer möglich. So ähnlich geht es zu Krisenzeiten in Unternehmen zu, weiß Lolyo Co-Founder und CEO Thomas Mörth, der auch gemeinsam mit Martin Guess Geschäftsführer von cycoders ist. Er möchte mit seiner App Ängste von Mitarbeiter:innen lindern.

Lolyo mit direktem Draht

Die Idee dazu kam ihm vor ein paar Jahren, als er in seiner Werbeagentur kundenseitig den Wunsch verspürte, eine verbesserte digitale und interne Kommunikation zu entwickeln. “Es gab am Markt bereits einige Lösungen, aber die waren zu teuer oder zu kompliziert”, erzählt er. “Also haben wir entschieden, das wir uns der Sache annehmen.”

Heraus kam Lolyo, eine Mitarbeiter:innen-Mitmach-App als Kommunikationstool, das man aufs eigene Smartphone laden kann und so direkten Zugang zum Führungsteam erhält.

“Wenn man Mitarbeiter binden möchte, mitteilen, was man alles tut, dann war das bisher mit klassischen Kanälen schwierig”, so Mörth weiter. “So ein Tool ist heutzutage jedoch unverzichtbar und funktioniert nicht bloß einseitig, sondern auch umgekehrt. Es ist ein direkter Draht zur Unternehmensführung.”

Das Zeitalter der Verunsicherung

Gerade jetzt, wo Unternehmen Personal abbauen müssen oder zumindest die Gefahr dazu groß sei, herrsche in der Regel große Verunsicherung, weiß der Founder. “Das schlägt sich negativ in der Produktivität nieder, denn ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten.”

Die Folgen dieser negativen Gefühle können für alle Seiten verheerend sein: Die Arbeitsmoral verschlechtert sich und eine sinkende Produktivität, erhöhter Stress und Burnout-Gefahr schleichen sich ein und lähmen den täglichen Betrieb.

Mit den psychischen Folgen für die verbleibenden Mitarbeiter:innen hat sich Alexander Ahammer mit seinem Team vom VWL-Institut der Johannes Kepler Universität Linz in einer Studie beschäftigt. Eine der Erkenntnisse: Innerhalb eines Zeitraums von eineinhalb Jahren nach dem Personalabbau der untersuchten Firmen erfolgten 6,8 Prozent mehr Medikamentenverschreibungen sowie 12,4 Prozent mehr Krankenhaustage, erwähnte der Ökonom 2022 in einem APA-Gespräch. Dass diese Ängste Arbeitgeber:innen viel Geld kosten können, wurde auch in einer Studie der FH Köln aus dem Jahr 2000 belegt, wie Mörth erwähnt. “Diese Angst kann man aber mit den richtigen Instrumenten wegnehmen.”

Lolyo als mobiles Intranet

Lolyo ist im Detail ein mobiles Intranet, das Mitarbeitende miteinander vernetzt. Die drei primären Kanäle – News, Pinnwand und Chat – sollen dabei einen optimalen Informationsfluss garantieren. Zudem enthält die App eine Vielzahl an Features, die das Engagement erhöhen und interne formelle Abläufe wesentlich vereinfachen soll. Im Idealfall soll sie für alle Mitarbeitenden den Zugang zu allen digitalen Services des Unternehmens anbieten.

Insgesamt gibt es 30 verschiedene Features, die von Terminen, Formularen, Umfragen über automatische Übersetzung bis hin zum Start eines eigenen Podcast-Kanals verschiedene Angebote parat halten. Der Mitmach-Booster von Lolyo ist zudem als Anreiz gedacht, aktiv zu bleiben. Wenn man sich Nachrichten durchliest, liked oder kommentiert, erhält man Punkte, die dann in einem vom Unternehmen aufgesetzten “Goodies Store” eingelöst werden können. “Das ist unser USP”, sagt Mörth. “Wir haben diese Art von ‘Gamification’ von Anfang an integriert.”

300 Kunden

Seit dem Beginn im Jahre 2018 konnte Lolyo 300 Kunden (Anm.: darunter Liebherr, Efco, Recheis, Wutscher Optik) aus 15 Ländern für sich gewinnen. “Corona war für uns ein glücklicher Fall, denn die Unternehmen mussten umdenken”, erinnert sich Mörth. “Der Bedarf nach guter Kommunikation hat sich ja damals plötzlich erhöht.”

Auch die Mundpropaganda war für das 16-Personen starke Team wesentlich. “Wir sind ein kleines Unternehmen und nicht investorengetrieben”, erklärt der Founder. “Und haben keine Millionen an Marketing-Budget. Der Erfolg kam über unsere ‘Word of Mouth-Taktik’. Damit konnten wir bisher unseren Umsatz jährlich verdoppeln.”

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