15.09.2022

Harald Mahrer: Mit Innovation gegen die drohende Deindustrialisierung

Die Energiepreisentwicklung könne Abwanderung von Unternehmen bedeuten, warnt der WKO-Präsident. Wieso Energie-Hilfen und Innovationsgeist nun Hand in Hand gehen müssen.
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Harald Mahrer, Präsident Wirtschaftskammer Österreich - Vier-Tage-Woche
Harald Mahrer, Präsident Wirtschaftskammer Österreich | (c) Marek Knopp

Von Kleinunternehmen wie Bäckereien, über Mittelständler bis hin zu großen Leitbetrieben – sie alle leiden momentan unter den explodierenden Energiekosten. Doch hätte die aktuelle Krisensituation antizipiert und die damit verbundenen Folgewirkungen abgefedert werden können? Teilweise, meint Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer im brutkasten Interview. Wie bereits in den vergangenen Monaten verweist Mahrer auf die Sanktionen gegenüber Russland, die bereits im November 2021 geplant (“Der Spiegel” berichtete) und “nur mit einer Gehirnhälfte” gedacht waren.

Auch wenn Europa gut beraten sei, dem Aggressor Wladimir Putin gegenüber “deutlich aufzutreten”, müssten nun der unzureichenden Abwägung ökonomischer Konsequenzen Rechnung getragen und die Marktmechanismen entsprechend angepasst werden. “Die aktuellen Energiepreise greifen tief in den Wettbewerb der Betriebe ein”, erklärt Mahrer. Für zahlreiche Unternehmen, welche die hohen Energiepreise bezahlen müssen, werde die Abwanderung aus Österreich zu einer ernstzunehmenden Option.

Droht Österreich eine Deindustrialisierung?

Als Beispiel nennt der WKO-Präsident den Tiroler Kupferproduzenten Montanwerke, der sich auf die Aufbereitung von Altkupfer spezialisiert hat und als Vorzeigebetrieb der Kreislaufwirtschaft gilt. Kupfer ist ein wichtiger Werkstoff für erneuerbare Energien und ist unter anderem für Elektroautos essentiell. Allerdings zählen Unternehmen wie die Montanwerke zu den energieintensivsten Betrieben mit einem Energiekostenanteil von etwa 35 Prozent, wie Mahrer erläutert. “Wenn die Energiepreise drastisch steigen, hat dies eine dramatische Preissteigerung für das Produkt zufolge – obwohl es ein Produkt der Aufbereitung, des Recyclings, der Kreislaufwirtschaft ist.”

Die globalen Abnehmer der heimischen Vorzeigebetriebe würden diese Teuerung nicht mittragen und sich etwa in Asien nach günstigeren Alternativen umsehen. Und damit sei der Spezialist auf dem Gebiet des Kupferrecyclings nicht alleine: Viele Unternehmen aus Europa, die unter strengen Rahmenbedingungen – Stichpunkt Umweltschutz – aufgebaut wurden und regional produzieren, seien durch die aktuelle Lage dazu gezwungen, zu schließen oder ihre Produktion in Länder zu verlagern, wo die Auflagen deutlich niedriger sind. Eine solche Situation sei sowohl für den Umweltschutz als auch für die Volkswirtschaft verheerend. “Covid war im Vergleich dazu der Kindergeburtstag”, bewertet Mahrer die aktuelle Lage.

Mit Energie-Hilfen und Innovation aus der Krise

“Es ist kein Entweder-oder”, antwortet Mahrer auf die Frage, ob die Energiekostenzuschüsse für Unternehmen innovationshemmend sind. Die Förderungen müssen als “Hilfe zur Selbsthilfe” verstanden werden. Wenn Betriebe aus Kostengründen gezwungen sind, ihre Produktion einzustellen ” und der Wirtschaftsstandort Österreichs dadurch Gefahr läuft, diese Unternehmen zu verlieren, “da blutet mein Herz”, klagt Mahrer. Im ersten Schritt müsse die Regierung diese Alarmsignale ernst nehmen und kurzfristig Abhilfe schaffen, indem sie die extremen Energiepreise überbrücken.

Die Innovationsorientierung, um energieeffizient zu wirtschaften und teilweise “out of the box” zu denken, sei jedoch Aufgabe der Betriebe, um mittel- und langfristig im Rennen zu bleiben. Allerdings bräuchte es auch einen Mindset-Shift gegenüber Unternehmen, denen laut Mahrer fälschlicherweise vorgeworfen wird, klimaschädlich zu agieren, obwohl sie eigentlich Vorzeigebetriebe seien, die auf internationaler Bühne als Inspiration dienen und somit eine “Win-Win-Situation für das Klima sowie für den Standort” darstellen.

Zum Schluss betont Mahrer nochmal die Bedeutung von Innovation bei der Krisenbewältigung: “Wir sind gerade alle aufgefordert, uns in dieser Situation noch mehr mit dem Thema Innovation zu beschäftigen.” Sowohl junge Gründer:innen als auch etablierte Unternehmer:innen sollten in der aktuellen Situation nicht die Bedrohung, sondern die Chance sehen.

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Vizzard360, Peter Pane
(c) zVg - Das Vizzard360-Team mit Founderin Jana Sabel (2.v.l.).

Jana Sabel ist einmal im Monat in Wien. Sie pendelt zwischen Hamburg und der österreichischen Hauptstadt hin und her, um zu netzwerken, wichtige Events zu besuchen und sich um den Wiener Standort ihres Startups Vizzard zu widmen. Wie sie Kind und Karriere unter einen Hut bringt, hat sie bereits berichtet – hier nachzulesen.

Dieses Mal erzählt sie von einem großen Deal ihres Startups, der zugleich den Eintritt in den deutschen Markt bedeutet. Und weitere Vorteile bietet.

Vizzard erstellt digitale Zwillinge

Vizzard ist spezialisiert auf die Erstellung von virtuellen Rundgängen. Jeder, der in oder mit Immobilien arbeitet, könne mit VR-Erlebnissen des Startups Prozesse vereinfachen, Mitarbeiter:innen einschulen, Gäste begeistern oder den aktuellen Bestand einer Immobilie erfassen. Dafür erstellt das Startup digitale Zwillinge, die “zeitlos sind”, wie Sabel erklärt. Die Gründerin hat bereits Investitionsangebote ausgeschlagen und konnte dennoch mit Vizzard seit 2021 jedes Jahr den Umsatz verdoppeln.

Dem offiziellen Eintritt in Deutschland am ersten Jänner 2024 folgte kurz danach ein Großauftrag von der Restaurantkette Peter Pane. Es handelte sich um einen sechsstelligen Auftrag um 60 Restaurant-Filialen aufzunehmen und in 3D zu erfassen.

“Besser als jeder Kredit”

“Das ist besser als jeder Kredit oder Investor”, meint Sabel. “So kann man das Team wachsen lassen. Ich habe viel über Skalierung gelernt, wie man Mitarbeiter schult, wie man Konzepte aufsetzt. Und wir haben viel mehr unseren eigenen USP erkannt. Dadurch, dass wir Wissen über die Hotellerie und Tourismus besitzen, haben wir ein gutes Auge für Details.”

Genau aus diesem Know-how entstand schlussendlich das Konzept für den Großauftrag aus Deutschland. Es wurde etwa jedes Detail im Restaurant derart verarbeitet, sodass es im gleichen Licht dasteht, wie das nächste. Zudem wurde jeder Tisch wurde gleichsam hergerichtet. Bis dato konnte Vizzard bereits über 50 Restaurants von Peter Pane scannen.

Vizzard360, Peter Pane
(c) zVg – 3D-Erfassung von Peter Pane in Osnabrück.

Der Effekt von diesem Deal war neben dem Durchstarten im deutschen Markt die Entwicklung einer internen Organisationsroutine, “um größer rauszukommen” in den Branchen, die das Startup als Zielgruppen ausgemacht hat: Immobilien, “Short und Long Stays”, Alters- und Studentenheime.

Bei Peter Pane war vorrangig das Dogma die Gemütlichkeit zu transportieren und auf Google Maps die Sichtbarkeit zu steigern bzw. ihre Website zu pushen. Denn: “Die Verweildauer bei 3D-Rundgängen ist länger”, weiß Sabel zu berichten.

3-fach längere Verweildauer

Die US-All-in-One-Plattform für die 3D-Raumerfassung Matteport zeigt in diesem Sinne ein Beispiel eines Immobilienhändlers, bei dem es eine deutliche Steigerung der Buchungen gab: “Fast 90 Prozent der Vacasa-Immobilienangebote sind mit Matterport verknüpft. Und die Ergebnisse sprechen für sich: Bei Angeboten mit digitalen Zwillingen von Matterport haben wir unsere Buchungsrate um fast zwölf Prozent gesteigert. Die Gäste verbringen auch dreimal so viel Zeit damit, sich diese Häuser anzusehen”, heißt es dort.

Glaube an Österreich

Sabel selbst erwähnt, dass ihr Startup nun stärker in Deutschland tätig ist, da der österreichische Immobilienmarkt schwieriger sei. In der Republik würden “alle das Geld noch zusammenhalten”. In der Bundesrepublik erkenne man bereits die Möglichkeiten, sich durch 3D-Rundgängen zu positionieren.

“Wir glauben weiter an Österreich”, so Sabel, “und wollen auch hier große Kunden erreichen. Wir befinden uns in Gesprächen zu virtuellen Ausstelllungen, wo man weiter Tickets verkaufen könnte, auch wenn sie in der realen Welt nicht mehr da sind. So könnte man andere Märkte erreichen. Zum Beispiel mit einer Seite für US-Kunstliebhaber, die ihre 20 US-Dollar zahlen, um virtuell durch Ausstellungen zu laufen, als wären sie vor Ort. Es hat ja nicht jeder hat die Möglichkeit zu reisen.”

Vizzard mit Zukunftsideen

Zwar noch Zukunftsmusik, aber bereits in den Köpfen des Vizzard-Teams sind zudem Ideen, wie Tisch-Reservierungen im virtuellen Raum zu ermöglichen, bei dem sich User:innen ganz genau umsehen und den Wunsch-Tisch reservieren können.

“So etwas hat den Vorteil, dass im Vergleich ein Promo-Video irgendwann endet. Nach wenigen Sekunden vielleicht. Der virtuelle 3D-Rundgang endet erst, wenn das Interesse vorbei ist”, sagt Sabel.

Sie selbst möchte im nächsten Jahr weiterhin den Umsatz ihres Startups verdoppeln und weiter Akquise betreiben.

“Wir haben monatlichen Cash-Flow und die Ausgaben sind gedeckt”, so die Gründerin. “Wenn man nur ‘bootstrapped’ ist, hat man normalerweise nicht die Zeit, mit jenen Kunden zu sprechen, die man haben möchte. Wir aber haben jetzt einen langen Atem.”

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