15.11.2018

GovTech: WhatsApp für Behördengänge

Der öffentliche Sektor investiert Milliarden in die Digitalisierung der Verwaltung. GovTech soll künftig mit smarten Apps jeden Behördengang online ermöglichen - eine gigantische Spielwiese für Startups.
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GovTech
(c) Denys Rudyi / Fotolia.

GovTech ist der Shortcut für Government Technology. Das neue Buzzword hat das bereits schwer angestaubte E-Government ersetzt. GovTech umfasst heute einen rund 400 Milliarden US-Dollar schweren weltweiten Markt. Für Startups sei der öffentliche Sektor „extrem spannend“, sagt Rainhard Fuchs. Der Head of Public Sector bei der Startup-Drehscheibe Pioneers hat im Mai die erste europäische GovTech-Konferenz in Wien gehostet. Fuchs: „Alleine der österreichische Markt hat ein theoretisches Potenzial von 8 Millionen Einwohnern. Das sind enorme Reichweiten.“ In vielen Ländern hat sich die öffentliche Hand daran gemacht, Behördenwege auch im so genannten Front-End, also auf der Benutzer-Oberfläche, für Bürger zu erleichtern. Vorreiter in Europa sind Großbritannien und Estland. Der baltische Staat hat unter anderem die Krankenakten seiner Bürger in der Blockchain-Technologie verankert und online personalisiert. International haben die USA und Singapur die Nase vorn.

+++ GovTech-Pioneers: “Verwaltungen bieten schlechtesten Service zu höchsten Kosten” +++

GovTech: International haben die USA und Singapur die Nase vorn

Die Services von US-Kommunen machen etwa ein Viertel des weltweiten GovTech-Volumens aus. Viele US-Städte und Bundesstaaten haben in den vergangenen Jahren in öffentliche Zugänge für die Bereiche Bildung, Gesundheit oder in die Finanzadministration investiert. Und hier kommt Maximilian Schnödl ins Spiel. Der Österreicher lieferte US-Kommunen mit der Verwaltungssoftware Accela die digitale Struktur für deren GovTech-Vorhaben. 80 Prozent der 50 größten US-Städte, darunter New York, L.A. und Boston, verwenden laut eigenen Angaben die Software, um Genehmigungen und regulatorische Verfahren abzuwickeln. User-Engagement-Prozesse finden auf Social Media statt oder werden über Programmschnittstellen, so genannte APIs, in andere Applikationen exponiert. Künftig sei noch viel mehr möglich, sagte der ehemalige Accela COO und CFO beim Pioneers-Festival im Vorjahr: „Durch die Datenanalyse der Applikationen können Verwaltungen total innovative Services wie No-Stop-Shops anbieten. Das gibt es in Österreich übrigens schon seit 2015 für die antragslose Familienbeihilfe, die ohne eigenes Zutun ausbezahlt wird.“

österreich.gv.at für die zehn wichtigsten Behördengänge

Schnödl, der inzwischen CEO der Accela-Tochter Springbrook Software ist, darf sich zu den Pionieren im GovTech-Bereich rechnen. Deshalb zählt auch die öffentliche Hand in Österreich auf seine Expertise: Er ist unter anderem Aufsichtsrats-Chef im Bundesrechenzentrum (BRZ). Das BRZ hostet als größter IT-Provider des Bundes die Verfahren und Abläufe der Ministerien, ist Schnittstelle zum Bürger und verantwortet auch die Umsetzung der Digitalisierungsoffensive der Bundesregierung (der brutkasten berichtete) auf Behördenebene. Jüngstes Projekt ist die Plattform österreich.gv.at, die künftig die zehn wichtigsten Behördengänge online zugänglich machen wird, etwa die standesamtliche Anmeldung eines Neugeborenen. Der Go Live ist für Frühjahr 2019 geplant. Das BRZ will damit die Lücke schließen, die sich seit einigen Jahren auftut: Österreich war Vorreiter bei der Implementierung von elektronischen Verwaltungsverfahren. So wurde bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in Back-End-Systeme des BRZ investiert, etwa für die Personalverrechnung von 400.000 öffentlich Bediensteten. Was dabei auf der Strecke blieb, war das Front-End, sprich: die Usability für den Endkunden.

Österreich: Schon bald das Mekka für Digital Government?

Das soll sich ändern. „Wir wollen das Front-End verbessern, darum geht es bei österreich.gv.at, dann werden wir auch sehr schnell das Mekka des Digital Government sein“, glaubt BRZ-Geschäftsführer Markus Kaiser. Das BRZ setzt dafür verstärkt auf Kooperationen mit Startups. Innovationsschmieden und High Potenzials wird generell der rote Teppich ausgerollt. „Startups mit innovativen Ideen sind herzlich willkommen, sagte Christine Sumper-Billinger, ebenfalls Geschäftsführerin des BRZ, unlängst bei der Eröffnung der Innovation Factory, einer Art Schnittstelle zwischen öffentlichem Sektor und Startups. „Da ist definitiv Dynamik drin“ glaubt auch der GovTech-Experte bei Pioneers, Rainhard Fuchs. Im BRZ und den Ministerien gebe es viele hochmotivierte Entscheider, eine Art Aufbruchsstimmung sei zu spüren: „Wir habe einiges aufzuholen, aber die Chance zurück an die Spitze ist da.“

Den Menschen die Angst vor der Digitalisierung nehmen

Es gebe auch schon konkrete Kooperationen mit Startups. Als Beispiel nennt Fuchs das Unternehmen difacturo, das mit einem Blockchain-basiertem E-Rechnungssystem auch das BRZ zu seinen Kunden zählt. Aber der für viele Startups spannendere Markt sei der Ausbau des Front-End: „Wenn Behördengänge benutzerfreundlich aufbereitet via App abrufbar sind, nehmen wir den Menschen auch die Angst vor der Digitalisierung. Selbst unsere Großeltern kommunizieren mittlerweile über WhatsApp, da müssen wir hin. Freilich geht das nicht von heute auf morgen.“ Zum Teil gebe es aber auch hierzulande schon benutzerfreundliche Produkte, die an der Vermarktung scheiterten. „Die App der Sozialversicherungsträger ,meine SV‘ hat wirklich gute Features, aber die Bekanntheit könnte höher sein. Es gibt viele tolle Gov-Tech-Tools mit unterirdischen Nutzungsraten. Das muss und wird sich ändern. Die Digitalisierungsagentur des Bundes wird künftig auch eine zentrale Rolle einnehmen.

Video-Interview zur Digitalisierungsagentur DiA

Bundesministerin Margarete Schramböck und Leiter der staatlichen Digitalagentur Andreas Tschas im Live Gespräch

Margarete Schramböck, die Ministerim beim Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und Andreas Tschas, der neue Leiter der staatlichen Digitalisierungsagentur (DIA) im Live-Gespräch über die neue Rolle, die Aufgaben, Pläne und den Weg zur Spitze des EU Digitalisierungsindex.

Gepostet von DerBrutkasten am Montag, 17. September 2018

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Die liebe Not mit AI-Act und anderen regulatorischen Anforderungen für Unternehmen in Österreich und der EU prägt die aktuelle Standort-Diskussion wie kaum ein anderes Thema. Dass man sich diese bürokratischen Hürden auch zu Nutzen machen und dabei anderen Unternehmen helfen kann, will das Wiener Startup Daiki beweisen – brutkasten berichtete bereits im Oktober über ein Millioneninvestment.

Zentrale Anwendung zur KI-Überwachung

Daiki launchte nun seine AI-Registry, wie das Startup heute bekanntgab. Die Anwendung, die über ein SaaS-Modell vertrieben wird, dokumentiert und überwacht sämtliche KI-Systeme, die im Unternehmen genutzt werden. Sie soll dabei einen umfassenden Überblick über KI-Risiken und Compliance schaffen, für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sorgen und klare Insights zur Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit der genutzten Systeme liefern.

“Detaillierter Katalog der KI-Systeme und -Modelle”

“Die KI-Registry ermöglicht es Unternehmen, einen detaillierten Katalog der KI-Systeme und -Modelle zu erstellen, die ihr Team verwendet oder entwickelt, indem es Vorlagen für gängige Modelle verwendet oder eigene Systembeschreibungen erstellt”, heißt es vom Startup. Nach der Fertigstellung erhielten Unternehmen ein Feedback von Daiki mit konkreten Verpflichtungen und Empfehlungen für das Qualitätsmanagement durch automatisches Benchmarking und die Überprüfung der Einhaltung durch Experten. Nach erfolgreicher Überprüfung erhalten die Unternehmen einen “trustworthiness score”.

Daiki-System auch für Unternehmen mit hohem Risiko laut AI-Act

Nicht nur reine Anwender, sondern auch Unternehmen, die gemäß EU-AI-Act als “Bereitsteller und Anbieter von KI-Systemen” mit hohem Risiko eingestuft werden, könnten mithilfe der AI-Registry alle regulatorischen Anforderungen erfüllen, betont man bei Daiki.

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