Im April präsentierte das Wiener EdTech-Unicorn GoStudent seine KI-Lernplattform. Nun veröffentlichte es eine Studie, die auf deutliche Grenzen im KI-Einsatz hindeutet.
Im April beim Launch der KI-gestützten Lernplattform “GoStudent Learning” mag sich so mancher Beobachter schon zukünftige Geschäftsmodelle des Wiener Unicorns ausgemalt haben. Wiewohl seitens des Scaleups deutlich betont wurde, das KI-Tutorin “Amalia” auf der Plattform nur ergänzend zu menschlichen Nachhilfe-Lehrer:innen zum Einsatz kommt, braucht es nicht viel Fantasie, um sich eine – deutlich günstigere – reine KI-Nachhilfe vorzustellen.
Hybrider Ansatz bleibt Präferenz am Markt
Doch das Bestehen auf den hybriden Zugang dürfte im Markt weiterhin der bessere Weg sein. Das legen Ergebnisse einer von GoStudent selbst durchgeführten Studie mit mehr als 3.000 Teilnehmer:innen aus sieben Ländern, darunter 1.641 Nachhilfelehrer:innen, 1.030 Eltern und 419 Schüler:innen nahe.
Ein Kernergebnis: 84 Prozent der Eltern würden die Lehrkräfte ihres Kindes nicht komplett durch KI ersetzen. Auch 68 Prozent der Schüler:innen geben an, dass sie trotz KI weiterhin auf menschliche Nachhilfe setzen. Das Segment für reine KI-Nachhilfe im Online-Nachhilfemarkt dürfte aktuell also noch ziemlich überschaubar sein. GoStudent schlussfolgert daraus: “KI kann das Lernen unterstützen, aber die persönliche Betreuung und emotionale Unterstützung, die nur menschliche Nachhilfelehrer bieten, bleiben unersetzlich.”
Unterschiedliche Zweifel an Dienlichkeit von KI
Das liegt gewiss auch an weiteren Zweifeln, die die Befragten an der Technologie hegen. So nutzen laut Studie zwar 72 Prozent der Schüler:innen KI für ihre Schulaufgaben, aber nur 53 Prozent meinen, dadurch besser zu verstehen. Fast die Hälfte meint zudem, dass KI sie fauler macht. Auch auf Seiten der Nachhilfelehrer:innen befürchten 46 Prozent, dass KI die Motivation zum tiefen Lernen schwächt. Überdies sehen 75 Prozent der Eltern, 76 Prozent der Schüler:innen und 60 Prozent der Nachhilfelehrer:innen in KI je nach Anwendung eine Form des Betrugs. Es dürfte für GoStudent bei all diesen Erkenntnissen ein relativ schwieriger Weg zu einem KI-Geschäftsmodell sein, das wirklich gut am Markt angenommen wird.
Edit: Dieser Artikel enthielt bei Veröffentlichung Zitate von GoStudent-Gründer und -CEO Felix Ohswald. Diese wurden nachträglich zurückgenommen mit der Begründung, fälschlicherweise versendet worden zu sein.
Runtastic: Büros in Pasching, Salzburg und Wien werden zugesperrt – 170 Jobs fallen weg
Es gab bereits seit Tagen Gerüchte. Nun ist es Gewissheit. Adidas schließt die Runtastic-Büros in Pasching, Salzburg und Wien. Und kündigt 170 Mitarbeiter:innen.
Runtastic: Büros in Pasching, Salzburg und Wien werden zugesperrt – 170 Jobs fallen weg
Es gab bereits seit Tagen Gerüchte. Nun ist es Gewissheit. Adidas schließt die Runtastic-Büros in Pasching, Salzburg und Wien. Und kündigt 170 Mitarbeiter:innen.
Es ist das Ende eine Ära. Runtastic galt als der “erste große Exit in unserem Ökosystem” (220 Millionen Euro), wie auch Founder Alfred Luger vor wenigen Monaten dem brutkasten erzählte (siehe Video unten). Er selbst hat als letzter Founder das Unternehmen 2022 verlassen.
Nun sperrt der deutsche Konzern adidas, der das Paschinger Startup 2015 übernommen hat, Runtastic zu. Die Büros in Pasching bei Linz, Salzburg und Wien werden gestrichen – 170 Mitarbeiter:innen werden gekündigt.
70 Jobs schon im Vorjahr gestrichen
Diese Entwicklung hatte sich schon länger abgezeichnet: Im März 2023 hieß es bereits: “Runtastic möchte sich zukünftig auf seine App ‘adidas Running’ fokussieren und wird die aktuell zusätzlich bestehende App ‘adidas Training’ in den kommenden Monaten einstellen. Zudem werden die Unternehmensstrukturen ‘effizienter’ ausgerichtet sowie Projekte und Teams verkleinert”. Damals wurden bereits 70 von 250 Jobs gestrichen.
Zudem hatte es seit vegangenem Freitag Gerüchte auf der Plattform reddit über ein All-Hands-Meeting am heutigen Montag (konkret eine Betriebsversammlung) gegeben, für das auch “Leute aus dem Urlaub ins Büro gebeten wurden” (inkl. NDA-Erklärungen), wie es dort heißt. Ein User namens “bjorn_gulden”, der sich nach dem Vorstandsvorsitzenden von adidas benannt hat und seit dem 13. September existiert, war bei dieser Diskussion federführend.
Verzahnung mit anderen Digitalangeboten von adidas
Zur Einordnung: Runtastic wurde 2009 von Florian Gschwandtner, René Giretzlehner, Christian Kaar und Alfred Luger gegründet. Vier Jahre danach stieg der Axel Springer-Verlag ein und sicherte sich 50,1 Prozent Anteile. 2015 übernahm adidas das ehemalige österreichische Vorzeige-Startup.
Nach der Übernahme erfolgte eine immer stärkere Verzahnung mit anderen Digitalangeboten des Unternehmens. Die Mitarbeiter:innen von Runtastic brachten etwa ihr Know-how auch in anderen Digitalbereichen des Konzerns ein, beispielsweise bei der Weiterentwicklung der adidas App, der adidas Confirmed App oder in die Kooperation mit dem Fitnessanbieter LesMills.
Offizielle Mitteilung von adidas
Laut offizieller Pressemittelung wird die Running App “adidas Running” künftig aus den bestehenden zentralen Unternehmensstandorten in Herzogenaurach, Amsterdam und Saragossa betrieben werden.
Ziel der Entscheidung sei es, das Know-how und die digitalen Kompetenzen an weniger Standorten zu bündeln, so effektiver am Digitalangebot des Unternehmens arbeiten zu können und gleichzeitig Strukturen an Marktbedingungen und die strategische Ausrichtung des Unternehmens anzupassen.
“Infolge der Entscheidung werden die Runtastic-Standorte in Österreich – Pasching, Wien und Salzburg – von denen aus zuletzt schwerpunktmäßig an der Running App gearbeitet wurde, bis Mitte 2025 schrittweise geschlossen. Davon betroffen sind derzeit rund 170 Runtastic Mitarbeiter:innen. Für diese besteht die Möglichkeit, sich auf Positionen an den adidas Standorten Herzogenaurach, Amsterdam oder Saragossa zu bewerben”, heißt es per Aussendung.
Runtastic-Geschäftsführer Dunlap: “Unterstützen bei einem Wechsel”
Scott Dunlap, Geschäftsführer von Runtastic erklärt den Schritt: “Wir bedauern die Auswirkungen der Entscheidung sehr und setzen alles daran, den Veränderungsprozess für alle Betroffenen respektvoll und fair zu gestalten. Wir sind im Austausch mit den Mitarbeitenden dazu, wie wir in dieser Situation unterstützen können, sei es bei einem Wechsel an einen anderen adidas-Standort oder bei einer beruflichen Neuorientierung. Wir bedanken uns bei allen Runtastic-Mitarbeiter:innen für ihren unermüdlichen Einsatz. Sie hatten in den vergangenen zehn Jahren einen wesentlichen Anteil daran, die digitalen Kompetenzen bei adidas auf- und auszubauen, und haben die adidas Running App zu einem zentralen Bestandteil des Digitalangebots des Unternehmens entwickelt.”
Tobias Seemann, bei adidas Senior Vice President Global Digital & eCommerce, ergänzt: “Die Bündelung unserer digitalen Kompetenzen an wenigen Standorten ist ein wichtiger Schritt, um unser Digitalangebot zielgerichtet weiterzuentwickeln, unseren Kunden die bestmöglichen digitalen Erlebnisse zu bieten und uns gleichzeitig stärker auf die Kernkompetenzen von adidas zu fokussieren. Wir verstehen, dass diese Entscheidung für viele unserer Mitarbeiter:innen eine Herausforderung darstellt. Deshalb werden wir alles tun, um den Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten und umfassende Unterstützung anzubieten.”
In Österreich bleibt adidas trotz der Entscheidung verwurzelt. So plant das Unternehmen seinen Marktanteil in Österreich in diesem und im kommenden Jahr auszubauen, sowohl durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit Partnern im Einzelhandel als auch über eigene Geschäfte.
Aus dem Archiv: “Adidas war die Kür” – Alfred Luger von Runtastic
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