06.11.2017

Genspeed: 3 Mio Euro Investment für Mühlviertler Biotech-Startup

Genspeed hat ein kompaktes Schnelltestsystem für Vor-Ort-Diagnostik entwickelt. Es ist das bislang größte Investment, das die i2 Business Angels-Initiative der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) vermittelt hat.
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(c) Der Brutkasten / Philip Hofmacher: Viktor Pasquali (aws) und Genspeed-CEO Max Sonnleitner

Wenn ein Zahnarzt bei einem Patienten Verdacht auf Parodontitis hat, muss er eine Abstrichprobe im Mundraum entnehmen. Die wird ins Labor geschickt. Die Ergebnisse kommen nach fünf bis zehn Tagen zurück. Ist der Befund positiv, muss ein neuer Arzttermin vereinbart werden – die langen Termin-Wartezeiten bei Dentisten sind bekannt. Erst dann kann eine Antibiotika-Therapie, die auf den verantwortlichen Keim abgestimmt ist, beginnen. “Mit unserem System dauert der Testvorgang 20 Minuten. Eine gezielte Therapie kann noch am selben Tag beginnen”, sagt Genspeed-Co-Founder und CEO Max Sonnleitner. “Es ist aber nicht einfach ein Schnelltest, wie Streifentests. Die Ergebnisse sind so genau, dass das Labor obsolet wird”, erklärt der Gründer.

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Bislang größtes Investment über aws i2 Business Angels

Die Parodontitis-Diagnose ist einer von zwei Usecases, mit denen Genspeed momentan mit seinem Toaster-großen Schnelltestsystem am Markt ist. Auch mit der schnellen Diagnose von resistenten Krankenhaus-Keimen will das Startup aus Rainbach im Mühlkreis (Oberösterreich) punkten. “Potenziell können wir damit alle viralen und bakteriellen Infektionen im entsprechenden Abstrichmaterial feststellen”, sagt Sonnleitner. An weiteren Usecases werde bereits gearbeitet. Ganze drei Millionen Euro konnte das Startup, das als Management Buyout aus dem Unternehmen Greiner Bio-One hervorgegangen ist, aufstellen. Gelungen ist das über die i2 Business Angel-Initiative der aws. Es ist das bislang höchste Investment über dieses Programm.

“Mehrheit der nennenswerten Investoren Österreichs”

Investiert hat die EOSS Industries Holding GmbH. Sie ist eine von 270 Investoren, die bei aws i2 Business Angels bereits teilnehmen. “Bei uns werden jährlich etwa 600 Projekte eingereicht. Nach einer umfassenden Potentialanalyse, werden davon ca. 60 Projekte den rund 270 Investoren vorgestellt”, erklärt Viktor Pasquali von der aws. Die Projekte werden dabei anonymisiert. “Einer der Investoren könnte ja der Noch-Chef des Gründers sein”, erklärt Pasquali die Maßnahme. Man unterliege zudem Bestimmungen, die jenen des Bankgeheimnisses entsprächen. Die Liste der Business Angels ist nicht öffentlich, dürfte aber jedenfalls viele große Namen enthalten. “Wir können sagen, dass die Mehrheit der nennenswerten Investoren Österreichs bei uns gelistet ist”, sagt Pasquali. Eine Investoren-Vorauswahl wird nicht getroffen. Alle Projekte gehen stets an jeden der registrierten Investoren. Sonnleitner hat davon profitiert: “EOSS hat bislang nicht in der Diagnostik-Branche investiert. Sie hätten unsere Angebot vielleicht gar nicht bekommen, wenn vorher eine Auswahl getroffen worden wäre.”

Seit 2009 bei Greiner entwickelt

Für Sonnleitner sei die Anonymität auf seiner Seite nicht notwendig gewesen, sagt er. Der Buyout aus der Greiner Gruppe war bereits beschlossene Sache, als das Projekt im Sommer 2016 aws i2 Business Angels vorgestellt wurde. Ohne die Vorarbeit, die er und sein Team innerhalb des Konzerns seit 2009 geleistet hatten, wäre der Start von Genspeed übrigens gar nicht möglich gewesen, erzählt Sonnleitner. “Alleine die Zertifizierung dauert mehrere Jahre. Von der Entwicklung nicht zu sprechen. Als Startup hätten wir das so nicht stemmen können”, erklärt er.

Cartridges und Chips: Umsätze über Verbrauchsartikel

Vorerst fokussiere man nun auf Zahnärzte und Krankenhäuser als Kunden. In einem nächsten Schritt sollen etwa Tests für die Veterinärmedizin folgen. Mit Anschaffungskosten von rund 3000 Euro ist das Testgerät auch für kleinere Praxen leistbar. Dauerhaft will Genspeed nicht über den Geräteverkauf, sondern über die Verbrauchsartikel seine Umsätze generieren. Nachbestückt werden muss eine Cartridge mit drei biochemischen Reagenzien. Diese werden beim automatischen Testdurchlauf in einen mikrofluidischen Kunststoff-Chip durch ein patentiertes Verfahren eingespritzt. Für jeden einzelnen Test ist ein Kunststoff-Chip mit je sieben Teststreifen notwendig, die verschiedene Parameter abdecken. Diese Chips kommen, je nach Anwendung, im Verkauf an Ärzte auf etwa 15 bis 30 Euro pro Stück. Damit läge man zwar über den gängigen Laborkosten, “dafür sind wir viel schneller und gerade für Akutparameter ist dadurch eine schnellerer Therapiestart möglich”, sagt Sonnleitner.

“Zu jedem Therapeutikum ein Diagnostikum”

Für die Zukunft hat der Gründer große Pläne. Vorstellen kann er sich sein Gerät etwa in der Schnelldiagnostik von Tropenkrankheiten wie Malaria direkt vor Ort. Auch individualisierte und Gender-Medizin werde ein immer größeres Thema. “Es gilt mehr und mehr: Man braucht zu jedem Therapeutikum ein Diagnostikum. Wir wollen dazu beitragen, dass Medikamente immer stärker an die genauen Voraussetzungen der Patienten angepasst werden können”, sagt Sonnleitner. Nun soll es stetig vorangehen: “Die Entwicklung eines neuen Tests dauert etwa sechs Monate. Die klinische Studie dauert nochmal so lange.”

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Lalamu, Konkurs
(c) Lalamu

Zuerst eine Tonspur, dann das Video eines Gesichts (etwa auch auf einem Foto oder nicht allzu abstrakten Gemälde oder sogar auf einer Statue) aufnehmen – fertig. Die Aufnahmen werden vom Server mittels KI-basiertem Tool verarbeitet. Das Lip Sync-Video kommt nach ein paar Sekunden zurück und kann auf TikTok und Co gepostet werden. Das konnte das Produkt des Wiener Startups Lalamu.

Lalamu: Neben Lip-Sync auch B2B-Angebot

Die B2C-App, die in der Basis-Version kostenlos war und für die es mehrere Packages mit längerer Video-Dauer und ohne Werbung zu kaufen gab, war jedoch nicht der einzige Geschäftszweig. Lalamu wollte auch mit einem B2B-Angebot durchstarten. Konkret wandte man sich an Filmindustrie, Museen und Agenturen, die das AI-Algorithmus-basierte Tool des Startups für ihre Zwecke einsetzen sollten.

Mit diesen Vorhaben konnte man ein Investment ergattern: Das Wiener Unternehmen holte sich insgesamt 245.000 Euro von Investor:innen. Es wurde auch ins Microsoft for Startups-Programm aufgenommen, schaffte es mit der Lalamu Studio App in den Canva App Store mit mehr als 400.000 Usern und entwickelte schlussendlich die unabhängige Web-Platform lipsyncer.ai. Nun aber berichtet der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) vom Konkurs des KI-Startups.

Konkurs eröffnet

“Die LaLaMu EntertAInment GmbH kann ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Vom zuständigen Handelsgericht Wien wurde ein Konkursverfahren eröffnet”, heißt es dort.

Das sagt der Founder

Auf Anfrage erklärt Founder Matthias Spitzer, dass es in einer Zeit, in der das Startup Unterstützung gebraucht hätte, etwa für neue Developer, keine gegeben habe. Die Konkurrenz aus den USA (Runway und Sync Labs) hätten dagegen über die letzten Jahre mehrere Millionen US-Dollar an Investment erhalten.

“Das ist ein Genickbruch”, sagt Spitzer. “Da kommst du nicht mehr weiter.” Lalamu habe noch versucht mit Lipsyncer.ai “die Kurve zu kratzen”, habe die Videoqualität verbessert und optimiert, damit sie etwa bei Werbevideo-Vorproduktionen oder Erklärvideos zum Einsatz kommen kann. Doch leider hätten die vielen User:innen bloß den Free Modus-Bereich genutzt, wie der Founder erwähnt.

“Unser Umsatz hat es einfach nicht erlaubt, zu wachsen”, ergänzt Spitzer. “Wir wurden links und rechts überholt. Eigentlich waren wir ja eine Zeit lang im Sektor weltweit bekannt bzw. namhaft und spürten eine klare Bewegung nach vorne. Wir haben uns sehr erhofft mehr gesehen zu werden und eine großzügige Finanzspritze zu erhalten. Aber, was wirklich schade ist, keiner in Österreich hat sich getraut im großen Stil zu investieren.”

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