12.05.2017

Generation Digital trifft auf Kammerzwang

Der Fachverband der Versicherungsmakler klagt das Vergleichsportal „durchblicker.at“. Kämpft da eine sterbende Branche verbittert ihren Überlebenskampf oder ist die Kritik gerechtfertigt?
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durchblicker.at
(c) facebook.com/durchblicker - Co-Founder Reinhold Baudisch und Michael Doberer mit erfolgreichem Geschäftsjahr 2018.

„Die eigene Kammer klagt uns“, schreibt Reinhold Baudisch, Geschäftsführer von durchblicker.at, in einem langen, sich erklärenden Facebook-Posting. Er wirft den Standesvertretern vor, Geheimgutachten zu erstellen, Unwahrheiten zu verbreiten. Besonders ärgert ihn, dass der Fachverband der Versicherungsmakler den direkten Kontakt mit seinem Unternehmen, dem Onlinetarifvergleich „durchblicker.at“, schlicht verweigert. Im Generalsekretariat des zuständigen Fachverbandes war auch für den Brutkasten bisher niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Aus heiterem Himmel kam ein Anwaltsschreiben mit einer 11-Punkte-starken Unterlassungserklärung. „Das war ruf- und kreditschädigend, deswegen haben wir nicht unterschrieben“, meint Baudisch. Bisher hätte das Unternehmen keine ernstzunehmende Chance bekommen, die Sache auszudiskutieren. Dabei hatte man das direkte Gespräch immer wieder gesucht. „Dass die eigene Standesvertretung nicht einmal dazu bereit ist, sich mit uns an einen Tisch zu setzen, sehe ich nicht ein“, so der Unternehmer.

Eingeschränkt oder intransparent?

Der Gründer gibt sich kampfbereit: „Wir werden nicht zulassen, dass uns ein paar Fachverbandsfunktionäre so schaden, dass die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich nicht mehr selbst online vergleichen können“. durchblicker.at will „mündigen Konsumenten gerade in intransparenten Märkten Information bieten und die eigene Entscheidung erleichtern“, doch die Versicherungsmakler unterstellen ihnen „irreführende Dienstleistungen“ und werfen dem Startup Verstöße gegen die Gewerbeordnung und das Wettbewerbsrecht vor. Die Plattform sei „für Konsumenten nicht transparent“, lautet eine der Anschuldigungen. Unter den Anbietern seien auch jene großen Versicherungsunternehmen aufgelistet, die die Teilnahme abgelehnt hätten. „Damit wird auf durchblicker.at der Eindruck vermittelt, beim Versicherungsvergleich den gesamten Markt abzubilden, was bei den KonsumentInnen falsche Erwartungen weckt“, schreibt der Fachverband in einer Presseaussendung. Lediglich im Kleingedruckten erhalte man die „unzureichende Information, dass eine Tarifberechnung nicht möglich ist, da diese maßgeblichen Anbieter am Vergleich nicht teilnehmen wollen“. Die „spärlichen Vergleichsergebnisse“ böten keinen ausreichenden Marktüberblick.

„Wir halten mit der Information, dass nicht 100 Prozent des Marktes verglichen werden können, nicht hinter dem Berg“, entgegnet der Reinhold Baudisch. Das Ziel sei zweifellos, den ganzen Markt darzustellen, aber einzelne Anbieter versuchen, sich dem Vergleich zu entziehen. „Wir stellen auch einzelne Anbieter, die nicht verglichen werden möchten, dar. Im Vergleichsergebnis zeigen wir zusätzlich jene Anbieter an, die nicht berechnet werden können“, erklärt er. Der Konsument hätte schließlich das Recht zu wissen, was es sonst noch gibt und das sei klar ausgeschildert. „Gerade uns mangelnde Transparenz beim Marktvergleich vorzuwerfen, ist ein schlechter Witz.“

Vorwurf: Gegen die Standesregeln eines unabhängigen Versicherungsmaklers

Dem entgegnet Christoph Berghammer. Er ist Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten der WKÖ und selbst Geschäftsführer der CEBCO Versicherungsmakler GmbH. In seiner Aussendung schreibt er: „Als Laie verlässt sich der Konsument naturgemäß darauf, dass beim Versicherungsvergleich der gesamte Markt abgebildet wird.“ Das sei nicht möglich, wenn mehr als fünf große Anbieter am Vergleich nicht teilnehmen. Jedenfalls widerspricht das den Standesregeln eines unabhängigen Versicherungsmaklers, der zur Vermittlung des bestmöglichen Versicherungsschutzes – also zum „best advice“ – verpflichtet ist“, betont er.

Investor Hansi Hansmann schaltet sich ein

durchblicker.at-Investor Hansi Hansmann freut sich, dass das Startup als ernstzunehmende Konkurrenz am Markt auffällt und wundert sich, dass der Maklerverband nach sieben Jahren meint, es wäre nicht gesetzeskonform. durchblicker.at sei immerhin schon seit 2010 am Markt und vergleicht seither Versicherungen. Online hat sich die Plattform schon zum Marktführer in Sachen Strom- und Gaswechsel entwickelt. 2015 erfolgte jeder vierte Wechsel über durchblicker.at. Das sorgt natürlich für ordentlich Druck auf allen Märkten, bei denen Tarife eine Rolle spielen. Die Plattform vergleicht nicht nur Tarife für Strom und Gas, Telekommunikation, sondern auch Finanzprodukte wie Kredite, Girokonten und Sparzinsen. Und eben Versicherungen – für Baudisch klare „Innovationsnachzügler“. Während andere Branchen, wie die Reisebranche oder Finanzdienstleister, vertriebsorientierte Prozesse längst ins Digitale gehoben hätten, seien die Versicherungen noch vollauf damit beschäftigt, interne Prozesse zu digitalisieren. „Bei Versicherungen wird noch sehr viel mit Papier und mit Gesprächen zwischen Menschen gearbeitet“, sagt der Gründer.

In seinem Facebook-Posting richtet er sich auch an Makler-Kolleginnen und -Kollegen: Viele in der Branche hätten Angst vor der Digitalisierung, doch niemand könne den Fortschritt aufhalten. Das wäre auch nicht im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten, meint Baudisch. „Wir sind überzeugt, dass man den Fortschritt gestalten kann, und sind gerne bereit an Konzepten für die Zukunft des Berufsstandes mitzuarbeiten. Letztlich könne nur ein Miteinander die Branche weiterentwickeln. Hansmann bestärkt: Das werde noch ein langer Weg mit der Digitalisierung hierzulande. Er spricht von einer „sterbende Branche“ und bezieht sich dabei auf die alten Strukturen und Ansätze, wie Versicherungen bisher verkauft werden. Unterstützt würden diese in ihrem „Überlebenskampf“ von den „Kämmerern“ – in den Augen des Investors „stets Bewahrer alter Strukturen“.

Das Startup sucht den Diskurs: „Liebe Fachverbands-Funktionäre, wir laden euch nochmals ein, endlich mit uns zu reden, uns Eure von uns mitfinanzierten Gutachten zu zeigen und uns zu sagen, was Ihr eigentlich von uns wollt“, fordert Baudisch in seinem Posting einen fairen Interessensausgleich.

Zwangsmitgliedschaft, aber keine faire Vertretung

Letztlich geht es um die große Frage: Was darf Online-Beratung? „Der Verband vertritt da eher einen realitätsfernen Standpunkt und möchte den selbständigen Online-Vergleich für KonsumentInnen verhindern“, sagt Baudisch. Besonders bitter ist freilich, dass man sich in Österreich diese Vertretung gar nicht erst aussuchen kann. Es herrscht Mitgliedschaftszwang. „Wenn ich mir die rund 5.000 Euro Kammerumlage sparen kann, ist mir das egal, aber solange ich das zahlen muss, erwarte ich, dass die Vertreter an zukunftsfähigen Ideen arbeiten und nicht versuchen, den Fortschritt aufzuhalten“, sagt er. Selbstverständlich solle der Fachverband sicherstellen, dass sich jeder an die Spielregeln hält, meint der Gründer. Was ihn aber stört, ist das „parteiliche Vorgehen“ der Funktionäre. Er erzählt von einem Sonder-Newsletter des Wiener Fachverbands, im dem die Mitglieder informiert wurden, dass man gegen durchblicker.at rechtlich vorgehen wolle. Das Unternehmen selbst hat diese Email nicht erhalten, sondern erst aus den Medien vom Einreichen der Klage erfahren. „Man hat uns eindeutig von Information abgeschnitten“, meint Baudisch. „Das ist keine faire Behandlung und stellt keine objektive und ausgleichende Interessensvertretung dar.“

Bis Anfang 2018 möchte die Fachvertretung die Europäische Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) umsetzen. „Fairer Wettbewerb und Informationspflicht der Versicherungsmakler gegenüber ihren Kunden“ sei darin ein wesentlicher Bestandteil. Dieser Rechtsstreit wird also richtungsweisend sein.

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(c) Liquid AI - (v.l.) Mathias Ledhner, Eva Rus, Alexander Amini und Ramin Hasani von Liquid AI.

Liquid AI CEO Ramin Hasani war von 2016 bis 2020 “Machine Learning Researcher” an der TU Wien; sein CTO Mathias Lechner machte von 2018 bis 2022 am “Institute of Science and Technology Austria (ISTA) seinen PhD – davor in der österreichischen Hauptstadt seinen Master, ebenfalls an der Technischen Universität.

Liquid AI: Weniger Daten und Rechenleistung nötig

Nun vermelden beide ein 250 Millionen US-Dollar Investment für ihr Bostoner MIT-Spin-off (Liquid AI hat im Vorjahr bereits rund 46,6 Millionen US-Dollar an Startkapital erhalten): “Diese Finanzierung wird uns dabei helfen, die Entwicklung, Skalierung und Bereitstellung von ‘Liquid Foundation Models’ (LFMs: Allzweck-KI-Modelle, die weniger Daten und Rechenleistung benötigen) zu beschleunigen, unseren leichtgewichtigen, universell einsetzbaren KI-Modellen, die private, effiziente und zuverlässige KI auf Unternehmensniveau für alle ermöglichen”, teilen sie per Blogeintrag mit.

Das Ziel von Liquid AI, dessen Bewertung nun laut Bloomberg bei über zwei Milliarden US-Dollar liegt, ist es, das leistungsfähigste und effizienteste “KI-System in jeder Größenordnung” zu entwickeln.

“Wir sind stolz darauf, dass unsere neuen, branchenführenden Partner unserer Mission vertrauen; gemeinsam wollen wir souveräne KI-Erfahrungen für Unternehmen und Nutzer freisetzen”, sagt Hasani.

Skalierbarkeit

Seit der Gründung des KI-Startups hat das Duo daran gearbeitet, zu beweisen, dass ihre Wissenschaft und Technologie skalierbar sei: “Wir haben unsere textbasierten Modelle veröffentlicht, multimodale LFMs angekündigt und begonnen, unsere KI-Produkte mit wichtigen Partnern auf dem Markt zu testen, um ihre Wirkung in der Praxis zu demonstrieren”, heißt es weiter.

In der nächsten Phase möchte Liquid AI die Series-A nutzen, um ihre Recheninfrastruktur zu skalieren, die Produktbereitstellung im Edge- und On-Premise-Bereich zu beschleunigen, z. B. LFM-Inferenz- und Feinabstimmungs-Stacks, und um ihre KI-Angebote über Partnerschaften einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Liquid AI: Vorteile ausdehnen

“Wir werden unsere KI-Produkte in geschäftskritische Workflows in vielen Bereichen wie Unterhaltungselektronik, Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, E-Commerce und Biotechnologie integrieren”, so das Team weiter. “Die Finanzierung wird auch die wissenschaftliche und technologische Entwicklung von Liquid AI beschleunigen und die Vorteile von LFMs auf mehr Modellgrößen und Datenmodalitäten ausdehnen.”

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