04.03.2024

GenAI potentieller Motor für Wirtschaftswachstum, aber Österreich nur “Nachzügler”

Generative KI (GenAI) könnte das Wirtschaftswachstum in Österreich pro Jahr um 0,3 Prozent bis zu 0,7 Prozent steigern. Das entspräche bis 2030 einem zusätzlichen potentiellen BIP von bis zu 25 Mrd. Euro.
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GenAI, BIP, Wirtschaftswachstum Österreich.
(c) Strategy& - Philipp Wackerbeck, Partner bei Strategy& und globaler Leiter Financial Services (l.) und Matthias Schlemmer, Partner und Leiter des Bereichs Daten und KI bei Strategy& Europa.

Der Einsatz generativer KI (GenAI) könnte Österreich zu einem Wirtschaftswachstum von jährlich 0,3 bis 0,7 Prozent verhelfen und so bis 2030 zu einem zusätzlichen potenziellen BIP von bis zu 25 Mrd. Euro führen. Das geht es aus der Studie “Embracing the GenAI Opportunity” von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, hervor, die das Wertschöpfungspotenzial von generativer KI in 20 Industrien weltweit analysiert hat.

GenAI: Investitionen nötig

“GenAI bietet gerade in der aktuell eher zurückhaltenden Stimmung in der österreichischen und europäischen Wirtschaft eine riesige Chance: Durch potentielle Produktivitätssteigerungen könnten Herausforderungen wie der Fachkräftemangel in einzelnen Bereichen gelöst werden. Wenn hiesige Firmen fokussiert in die Nutzung der Technologie investieren, kommt Österreich wieder ins Handeln und könnte sowohl die Wirtschaft als auch die Innovationskraft mithilfe von GenAI ankurbeln“, erklärt Philipp Wackerbeck, Partner bei Strategy& und globaler Leiter Financial Services.

Für ganz Europa beziffert die Analyse das mögliche BIP-Plus durch generative KI bis 2030 auf 470 bis 960 Mrd. Euro. Um das volle Potenzial von Gen AI ausschöpfen zu können, seien innovationsfreundliche Standortfaktoren, die Bereitstellung erforderlicher finanzieller Ressourcen sowie entsprechende Regulierungen notwendig. Wie stark einzelne Volkswirtschaften tatsächlich von generativer KI profitieren, hänge wesentlich von den Rahmenbedingungen im jeweiligen Land, der Geschwindigkeit der Technologieadaption sowie dem Branchenmix ab.

High Impact Industries

Die Auswirkungen generativer KI unterscheiden sich zwischen einzelnen Branchen enorm. Zu den potentiell größten Gewinnern zählen alle Bereiche, in denen große Mengen Daten erhoben, analysiert und verarbeitet werden. Zu solchen “High Impact Industries” gehören laut Studie etwa die Technologie- und Softwarebranche, Telekommunikations- und Medienunternehmen, die Pharmaindustrie oder der Finanzsektor.

Bis zum Jahr 2030 könnte GenAI in diesen Sektoren Produktivitätsgewinne von acht bis 15 Prozent ermöglichen. Deutlich geringer fallen die möglichen Effizienzschübe in Bereichen wie dem Einzelhandel, der Immobilienwirtschaft, dem Tourismus oder dem Gesundheitswesen aus. Diesen Sektoren könnte GenAI einen Aufschwung etwa beim Verkauf oder durch starke Personalisierung in der Kundenansprache verschaffen und die Produktivität um vier bis sechs Prozent heben.

Am wenigsten profitieren voraussichtlich Sektoren wie die Landwirtschaft, der Bau oder die Chemie von generativer KI. Für diese stark von körperlicher Arbeit, industrieller Fertigung sowie hohem Materialeinsatz und Energiebedarf geprägten “Low Potentials” prognostiziert die Studie nur indirekte Effizienzgewinne von zweieinhalb bis fünf Prozent. Der Blick auf den österreichischen Branchenmix zeigt dabei, dass genau dieser “Low Potential”-Sektor mit 43 Prozent etwas weniger als die Hälfte zum österreichischen BIP beiträgt, während die “High Impact Industries” mit 15 Prozent Wertschöpfungsanteil lediglich ein knappes Sechstel ausmachen.

GenAI im Finanzsektor mit großem Potential

“Je nach Branche setzt generative KI an ganz unterschiedlichen Hebeln an. Zum Beispiel bietet der Finanzsektor ein großes Potential für den Einsatz generativer KI. Im Wealth-Management liegt der Fokus etwa auf der exzellenten Kundenbetreuung. GenAI-Assistenten können Kundenberater:innen hier helfen, ihre Beratungsgespräche effizienter vorzubereiten und ermöglichen ein verbessertes Kundenerlebnis durch individualisierte Beratung und maßgeschneiderte Investmentvorschläge. Wir sehen immer mehr Projekte zu generativer KI mit Effizienzsteigerungspotentialen von bis zu 20 Prozent“, sagt Wackerbeck.

Global betrachtet hat Österreich noch Aufholbedarf bei generativer KI und zählt zu den “GenAI-Nachzüglern” – und somit zu jenen Ländern mit hohen strukturellen Barrieren, die eine effektive Nutzung des GenAI-Potentials, unter anderem durch eine starke Konzentration auf arbeitsintensive Sektoren wie die Landwirtschaft und Branchen mit niedrigem Technologieniveau, verhindern.

Österreich Schlusslicht

In dieser Gruppe ist Österreich vor Portugal und Griechenland sogar Schlusslicht – weiters zählen auch Länder wie Norwegen, Polen, Spanien, Italien, China, Japan und Kanada zu den Nachzüglern. Hingegen sind Deutschland, Frankreich und die Niederlande besser aufgestellt und gelten als “Potentielle GenAI-Begünstigte” – sprich, als jene Länder, die das Produktivitätspotential von GenAI zwar erkennen, aber nur dann davon profitieren können, wenn sie Standortfaktoren wie die digitale Infrastruktur verbessern.

Das vielversprechendste BIP-Wachstumspotential durch GenAI weisen Länder der Kategorie “Unmittelbare GenAI-Begünstigte” auf, deren derzeitige Industriestruktur gut geeignet ist, um GenAI-bedingte Produktivitätssteigerungen zu realisieren. Dazu zählen die Spitzenreiter Schweiz, Belgien, Schweden, Großbritannien und die USA.

Um den Rückstand bei GenAI aufzuholen, muss Österreich, laut Studie, vor allem auf Unternehmen mit großem GenAI-Potential setzen, etwa aus der Tech-, Software-, Medien oder Pharmabranche, und hier ein Wachstum anstreben. Zugleich müssen die entsprechenden Firmen generative KI so tiefgreifend wie möglich in ihre Unternehmensbereiche und Wertschöpfungsketten integrieren. Außerdem brauche es attraktive Standortfaktoren, ausreichende Finanzmittel sowie innovationsfreundliche Regulierungen, um das volle geschätzte Potential von 0,7 Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr durch GenAI hierzulande erreichen zu können.

Nachzügler-Branchen brauchen GenAI-Strategie

“Um eine effektive GenAI-Transformation in Österreich voranzutreiben, müssen Unternehmen dazu ermutigt werden, Geschäftsmodelle mit einer innovativen, aufgeschlossenen Denkweise neu zu gestalten. Vor allem Unternehmen der Nachzügler-Branchen müssen eine GenAI-Strategie entwickeln und Tools verstärkt nutzen, um den Rückstand zu den ‘High Potential’-Branchen aufzuholen“, sagt Matthias Schlemmer, Partner und Leiter des Bereichs Daten und KI bei Strategy& Europa. “Damit dies gelingt, kommt es auf Unternehmen, Bürger und Politik gleichermaßen an. Generative KI ist eine sehr mächtige, aber dennoch nicht die einzige Technologie mit dem Potential, das künftige Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Eine auf mehrere Technologien ausgerichtete Investitionsstrategie von Unternehmen und Politik ist daher erfolgsentscheidend.”

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Das femble-Founderteam Lina Graf und Daniel Steiner (c) Michael Engele

Sie überfluten soziale Medien: Falsch-Informationen rund um Gesundheit und Medizin. Was sich als Gefahr für uninformierte User:innen entpuppt, bietet Chancen für neue Geschäftsfelder. Gegen Fake-News und für mehr verifizierte Information setzen sich immer mehr Mediziner:innen in sozialen Kanälen ein. Ein neues Berufsfeld wurde allmählich geboren: die “Health-Influencer:innen”.

Femble macht Ärzte zum “verifizierten Influencer”

In den vergangenen Monaten entstand damit ein Trend, der eine medizinische Fachausbildung mit der Nahbarkeit des Influencer-Seins kombiniert. Und ein Trend, der leider sowohl Chancen als auch Fehlerquellen beinhaltet.

Diesem Problem nimmt sich das Tiroler FemTech-Startup femble an. Es will die Beziehung zwischen Ärzten und Patient:innen stärken – und generativer KI einen sicheren und verifizierten Platz in der Gesundheitsbranche bieten.

Das in Volders nahe Hall in Tirol gegründete Startup hat sich zum Ziel gesetzt, Mediziner:innen einen vertrauenswürdigen Influencer-Status zu verleihen. Basierend auf der Erkenntnis: Patient:innen wollen Infos über soziale Kanäle, aber am liebsten nur von ihren eigenen Ärzten. Mit einer neuen Idee transformierte Femble sein ursprüngliches Geschäftsmodell – und holte sich dafür ein sechsstelliges Investment.

Zyklus-App wird zu Info-Plattform

Femble wurde im November 2020 gegründet. Ursprünglich wollte das Startup eine B2C-App für Zyklusbeschwerden aufbauen – basierend auf der persönlichen Gesundheitsgeschichte von Co-Founderin Graf. Der Plan ging auf: Nach kurzer Zeit entstand eine Community von über 40.000 Frauen und Dutzenden Ärzten. Die Intention: Frauen sollten sich schnelle und von Ärzten verifizierte Infos über Schmerzen während und rund um die Monatsblutung holen können.

Schritt für Schritt bauten sich Graf und Steiner vom Inntal aus eine Community aus mehreren Tausend Userinnen auf. Der Content war User-orientiert, aber anonym. Die Infos waren verifiziert, aber unpersönlich.

Patient:innen wollen Infos “nur von ihrem Arzt”

Das damalige Modell stieß an seine Grenzen. Das Founderteam erkannte Lücken – unter anderem dank umfangreichen Feedbacks von involvierten Mediziner:innen:

Man wolle Patientinnen effektiver informieren und begleiten, Behandlungszeiten verkürzen und Wissen über Basisfragen effizienter und sicherer verbreiten. Eine Thematik, die sich nicht nur auf den Sektor Frauengesundheit beschränkt, sondern in der gesamten Health-Branche zu verantworten ist.

Mit diesem Wissen startete femble seine Reise zu einer “Recommender Engine” für personalisierte Gesundheitsinhalte. Das Ziel: Frauen bei individuellen Beschwerden gezielt zu unterstützen.

Pivot soll Fake News bekämpfen

Ende 2024, vor gut zwei Monaten, hat sich das Team dazu entschieden, das Geschäftsmodell von femble zu transformieren. “Wir führen etliche Gespräche mit Nutzerinnen und Ärzten und haben dabei verstanden, dass Gesundheitsinformation nicht von beliebigen Ärzten kommen sollte, sondern von den eigenen”, erzählt Co-Founder Daniel Steiner.

Die Zyklus-App mit anonymisierten Gesundheitstipps war Geschichte. Die neue femble-Version positioniert sich seither als Plattform für Ärzt:innen mit der Intention, deren Beziehung zu Patientinnen “grundlegend neu zu denken und effizienter zu gestalten.”

Mediziner:innen werden zu Influencer:innen

“Mit femble ermöglichen wir es Ärzten, zu vertrauenswürdigen Health-Influencerinnen für ihre eigenen Patientinnen zu werden”, so Co-Founderin Lina Graf. Aktuell beobachte das Founderteam einen Trend “hin zu exklusiven digitalen Communities, und das Aufkommen von generativer KI in Videos wird diesen Wandel beschleunigen”. Umso wichtiger sei es, verifizierte Informationen über vertrauenswürdige Quellen bereitzustellen.

Die Vorteile von medizinischer Fachausbildung und der Nahbarkeit des Influencer-Seins mit gezielter Zielgruppen-Ansprache trugen Früchte: Nur zwei Monate nach dem Pivot berichtet das Startup bereits von positiver Resonanz vonseiten der Community. Insbesondere im Bereich Frauengesundheit stoßen die Lösungen von femble bei Ärzt:innen und Kliniken auf Interesse, heißt es.

Für das laufende Jahr 2025 nimmt man sich einen weiteren Pivot vor: Ein neuer Übersee-Standort ist geplant – die USA sind im Visier. Dazu dient das im letzten Jahr eingeholte Investment im Rahmen einer Angel-Runde. Rund 350.000 Euro soll von mehreren Angels in das Tiroler FemTech geflossen sein. An Bord sind europäische Business Angels, wie das Startup gegenüber brutkasten anmerkt.

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