04.10.2015

Geld folgt Geld: Investoren wie Peter Thiel blicken auf FinTechs in Europa

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Bei Branchentreffen wie “Between the towers” in Frankfurt treffen Private-Equity-Manager in maßgeschneiderten Anzügen auf Firmengründer in Jeans und Turnschuhen. Und werben um die jungen Männer und Frauen mit Startup-Mindset. Der “Change” im Bankensektor ist längst da.

Im ersten Teil ging es um den Hype der FinTechs, die momentan in Europa aus dem Boden sprießen. Laut der Unternehmensberatung LSP Digital gibt es inzwischen rund 140 FinTechs  alleine in Deutschland. Zu den bekanntesten zählen Kreditech, Number26, Vaamo, Zencap, Auxmoney, Weltsparen, TransferWise und Lendstar. “Es ist eine Branche, die sich revolutioniert, was viele Chancen birgt, ähnlich wie in der Medienbranche vor 10 bis 15 Jahren”, meint Fabian von Trotha, Geschäftsführer des Investors Dieter-von-Holtzbrinck Ventures.

Die Bankbranche befindet sich daher im Umbruch und klassische Banker beginnen auf Konferenzen um die Firmengründer zu werben. Die Anzugträger suchen Alternativen zum klassischen Bankgeschäft. Beide verbindet die Hoffnung, bei der Neuordnung der Finanzbranche reich zu werden.

AAEAAQAAAAAAAAKXAAAAJGI1NGM2YmQ2LWRmYTgtNDBiZS1iODE0LTIwNDEwYzRjYjRhZgFabian von Trotha von Dieter-von-Holtzbrinck Ventures © LinkedIn

Viele Talente wollen nach der Uni heute nicht mehr bei einer Unternehmensberatung anheuern, sondern lieber ein Startup gründen. Zudem kehren zahlreiche Banker etablierten Geldhäusern den Rücken, um ihr eigenes Ding zu machen. Zum Beispiel Valentin Stalf. Der 29-Jährige hat einige Monate für die Deutsche Bank und die Startup-Schmiede Rocket Internet gearbeitet. 2013 ruft er dann zusammen mit Maximilian Tayenthal die Online-Bank Number26 ins Leben.

Bei dem Berliner Startup müssen Kunden zunächst nur ihre Email-Adresse hinterlegen. Dann erhalten sie eine Einladung zu einem Videotelefonat, bei dem sie sich mit einem Ausweis identifizieren. Damit ist die Kontoeröffnung bei Number26 abgeschlossen, wenige Tage später liegt die Kreditkarte im Briefkasten. “Die Kunden gehen immer seltener in die Filialen. Wenn, dann nur, um am Automaten Geld abzuheben”, sagt Stalf. “Und die Banken selbst haben Schwierigkeiten, online Produkte anzubieten, die benutzerfreundlich und praxisnah sind.” Dieses Manko wollen eine Vielzahl von FinTechs ausnutzen. Number26 kommt dabei laut Stalf gut voran. Innerhalb weniger Monate gewinnt das Unternehmen 40.000 Kunden, die Zahl der Mitarbeiter hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht auf 55.

Bei Number26 werden Kunden über jede Bewegung auf ihrem Konto per Kurznachricht informiert. Wenn sie Geld überweisen wollen, müssen sie lediglich einen Kontakt aus ihrem Telefonbuch auswählen und den Betrag eingeben. Der Empfänger kann dann sofort über das Geld verfügen und wird darüber per Kurznachricht informiert. Die monatlichen Ausgaben werden Kategorien wie Essen und Trinken, Shopping und Reisen zugeordnet und aufgelistet. Die Kreditkarte kann jederzeit mit der App gesperrt werden.

Der FinTech-Boom in “Good old Germany” ruft auch prominente angelsächsische Investoren auf den Plan. Peter Thiel, der zu den Mitgründern des Online-Bezahldienstes PayPal und den ersten Investoren von Facebook gehört, hat sich zuletzt an Number26 sowie am Hamburger Kredit-Vermittler Kreditech beteiligt. Investor Jörg Floeck ist überzeugt, dass dies der Branche in Deutschland weiteren Auftrieb geben wird. “Geld folgt Geld. Wenn große Investoren sehen, dass das Kapital in eine gewisse Richtung fließt, engagieren sie sich auch.”

team_valentin1Valentin Stalf von © Number26

Floeck pumpt über seine Firma HighLine Ventures Geld in Startups und arbeitet zudem beim Beratungsunternehmen Match Maker Ventures mit, das Jungunternehmen und etablierte Finanzkonzerne zusammenbringt. Viele Startups seien beim Marketing und der Abwicklung von Geschäften auf Banken angewiesen, kaum ein FinTech habe eine eigene Banklizenz, unterstreicht Floeck. “Im Gegenzug bekommen die Institute Zugriff auf die Ideen talentierter Entwickler, die niemals im Großraumbüro einer Bank arbeiten würden.” Kooperation statt Konfrontation, lautet das Motto.

Comdirect-Vorstand Sven Deglow sitzt regelmäßig mit Startups zusammen und lotet Partnerschaften aus. Inzwischen arbeitet die Online-Bank unter anderem mit der Plattform Wikifolio zusammen, auf der Anleger die Handelsstrategien von Profi-Investoren kopieren können. Gerade in puncto Geschwindigkeit können sich Geldhäuser einiges von FinTechs abschauen, findet Deglow. “Bisher haben Banken häufig Produkte fertig konzipiert – und sie anschließend mehrere Jahre lang programmiert. Als die Produkte dann auf den Markt kamen, waren sie teilweise bereits veraltet oder gingen am aktuellen Bedarf der Kunden vorbei.” Comdirect testet manche Angebote deshalb nun zunächst bei wenigen Kunden. Nur wenn deren Reaktionen positiv ausfallen und anfängliche Mängel behoben sind, kommt das Produkt für alle auf den Markt.

“Nur weil sie so ein cooler Techie sind, sind sie nicht frei von potenziellen Finanzrisiken”, Felix Hufeld von der deutsche Finanzaufsicht BaFin.

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin findet es gut, dass FinTechs frischen Wind in die Bankenbranche bringen. “Man muss Kleinstunternehmen erst mal kommen lassen. Wenn die von der ersten Sekunde an mit der ganzen Wucht einer klassischen Finanzregulierung konfrontiert sind, dann tut sich da nicht viel”, sagt BaFin-Präsident Felix Hufeld. Ab einer gewissen Größenordnung müssten sich dann jedoch auch die Neulinge an die strengen Bankenregeln halten. “Nur weil sie so ein cooler Techie sind, sind sie nicht frei von potenziellen Finanzrisiken.” Kunden gehen laut Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kein erhöhtes Risiko ein, wenn sie ihre Finanzgeschäfte über FinTechs abwickeln. “Man kann nicht sagen, dass das ‘neue Banking’ mit mehr Risiken verbunden ist, zumal herkömmliche Banken dieselben digitalen Vertriebskanäle mit denselben ihnen inhärenten Risiken verwenden.”

QuelleTeil eins hier auf www.derbrutkasten.com

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(c) Adobe Stock - Axel Bueckert

Ein Startup-Studio nach Vorbild von Rocket Internet sollte es werden. Acht Startups in vier Jahren aufzubauen lautete der Plan in Zahlen des Wiener Startup-Studios Trive Studio. Und die Zeichen standen gut. Es war Jänner 2022, die Boomphase seit Ende 2020 war in vollem Gange und niemand sollte ahnen, dass diese mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ein jähes Ende finden würde.

“Es gab noch nie eine bessere Zeit, um etwas zu gründen. Denn aktuell passen alle Rahmenbedingungen, man muss es nur tun”, sagte Trive Studio-Gründer Martin Sirlinger damals zum offiziellen Start im brutkasten-Interview. Das erste Startup des Studios – Emma Wanderer – war bereits einige Monate zuvor gelauncht worden.

Liquidation von Holding-Gesellschaft trive studio GmbH & Co KG

Doch keine drei Jahre später ist es mit dem “ersten Vollblut-Startup-Studio Österreichs”, wie Sirlinger es damals nannte, vorbei. Die trive studio GmbH & Co KG, die als Holding-Gesellschaft fungiert hat und namhafte Investoren, darunter Hansi Hansmann, an Bord hatte, wird liquidiert.

Unter der Hand gegenseitige Kritik nach Konkursen und Übernahme

Die Bilanz: Zwei Startups wurden gegründet, in ein weiteres investiert. Von diesen drei Startups wurde eines verkauft, die beiden anderen mussten Konkurs anmelden. Begleitet wurden diese Vorgänge von Kritik an Sirlinger und der Arbeit von Trive Studio – immer unter der Hand. Von Trive Studio gab es auf brutkasten-Anfrage kein öffentliches Statement dazu. Ein geplantes Interview kam nicht zustande. Fest steht: Zumindest einige der involvierten Akteur:innen gingen nicht im Guten auseinander.

Pluz Care lebt weiter, Emma Wanderer kürzlich neu gestartet

Dabei leben im Trive Studio geschaffenen Ideen auf die eine oder andere Weise weiter. Emma Wanderer startete kürzlich mit dem alten Gründer:innen-Team und einem neuen Konzept erneut. Pluz Care, das zweite im Studio gegründete Startup, besteht als Teil des Wiener Startups Teledoc, von dem es 2023 übernommen wurde, weiter. Doch Sirlingers Anfang 2022 formuliertes Ziel, zu “beweisen, dass das Studio-Modell als Assetklasse für Investor:innen sehr spannend sein kann und in der Lage ist, mit dem klassischen VC-Modell mitzuhalten”, kann wohl als gescheitert angesehen werden.

Statement von Trive-Studio-Gründer Martin Sirlinger

Edit: Nach Veröffentlichung dieses Artikels erhielt brutkasten ein Statement von Trive-Studio-Gründer Martin Sirlinger, das folgend im Wortlaut wiedergegeben wird:

“Die Liquidation der trive studio GmbH & Co KG ist der letzte Schritt eines geordneten Rückzugs. Er erfolgt aufgrund der Nichterreichung unserer gesetzten Ziele. Diese Maßnahme ist leider ebenso notwendig wie unausweichlich.

Das Studio-Modell per se zu kritisieren, trifft zu kurz. Externe Faktoren, wie etwa die Verschlechterung der makroökonomischen Lage, als auch interne Entwicklungen waren im Nachhinein betrachtet wesentlich ausschlaggebender.

Alle Beteiligten haben aus meiner Sicht ihr Bestes gegeben und es sind auch gute Dinge passiert, auf die man in Zukunft aufbauen kann.”

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