11.05.2023

Gegen die Wegwerfgesellschaft: Eine Bilanz des österreichischen Reparaturbonus

Im April 2022 wurde der Reparaturbonus in Österreich eingeführt. Die Nachfrage nach dem Zuschuss für Reparaturen sei groß, deshalb hat die Regierung die Mittel aufgestockt. Aber was bringt dieser Bonus? Brutkasten zieht Bilanz.
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Reparatur
Foto: unsplash

E-Waste oder Elektroschrott ist einer der am schnellsten wachsenden Abfallströme. Das mag zwar keine Überraschung sein, ein Problem ist es aber schon. Denn die Geräte enthalten nicht nur wertvolle Rohstoffe, sondern auch Materialien, die bei nicht fachgerechter Entsorgung gefährlich werden können.

Im Jahr 2020 hat jeder und jede EU-Bürger:in im Durchschnitt 10,3 Kilogramm Elektroschrott verursacht. Damit Elektroschrott erst gar nicht in diesem Ausmaß entsteht, sollten Elektro-Geräte so lange wie möglich genutzt werden. Doch teure und komplizierte Reparaturen senken die Motivation, genau das zu tun.

Abhilfe soll der im April 2022 eingeführte Reparaturbonus schaffen. Das ist eine Förderaktion des Bundesministeriums für Klimaschutz, bei der Privatpersonen mit Wohnsitz in Österreich bis zu 50 Prozent und maximal 200 Euro der Reparaturkosten von Elektrogeräten erstattet bekommen. Brutkasten hat beim Klimaschutzministerium (BMK) nachgefragt, welche Bilanz man nach einem Jahr Reparaturbonus ziehen kann.

Reparaturen attraktiv machen, ist das Ziel

Bis ein Smartphone in unseren Händen liegt, legt es meist einen weiten Weg zurück. In der Produktion werden viele Ressourcen benötigt und Emissionen ausgestoßen. Ein iPhone 13 verursacht laut Apple 64 Kilogramm CO2.

81 Prozent dieser Emissionen entstehen durch die Produktion. Diese Menge klingt nicht nach viel, aber laut CNN sei es so viel wie eine Autofahrt von LA nach San Diego verursacht. Denkt man daran, wie viele iPhones pro Jahr verkauft werden und wie viele andere Geräte energieintensiv hergestellt werden, wird klar, das CO2 Einsparungspotential dürfte groß sein.

Auf Nachfrage beim Klimaministerium, welches Potential der Reparaturbonus in Sachen CO2 Einsparung hat, kam die Antwort: Dazu gibt es keine Berechnungen. Grundsätzlich geht es beim Reparaturbonus um das wieder attraktiv machen von Reparaturen und so Geräte vor dem Wegwerfen zu bewahren und durch das Reparieren wertvolle Rohstoffe und Ressourcen zu sparen.”

Der Reparaturbonus und Arbeitsplätze

Bis 2026 stehen 130 Millionen aus dem Wiederaufbaufonds der EU für den Reparaturbonus zur Verfügung. Die Beantragung funktioniert unkompliziert. Auf der Homepage des Reparaturbonus reichen ein paar Klicks, um die Förderung zu erhalten. Innerhalb von drei Wochen kann man diese Förderung dann bei rund 3.538 in Österreich angesiedelten Partnerbetrieben einlösen.

Eine Berechnung, wie viele Arbeitsplätze durch diese Initiative entstehen könnten, gibt es nicht. “Aber viele, auch kleine Reparaturbetriebe, berichten uns, dass sich die Reparaturen im Vorjahr vervielfacht haben und es so zu verstärkter Personalaufnahme kommt. Der Reparaturbonus ist somit ein wichtiger Impuls für unsere kleinen Reparaturbetriebe und hilft, dass diese wertvollen Dienstleistungsbetriebe und das Knowhow erhalten bleiben“, so das Klimaschutzministerium.

Smartphones wurden am häufigsten repariert

Bis zum 17. April.2023 wurden in einem Jahr 567.076 Reparaturboni eingelöst. Am häufigsten werden Handys, Smartphones, Geschirrspüler, Kaffeemaschinen, Waschmaschinen und Laptops repariert. Von den 130 Millionen Euro wurden bis Mitte März 2023 bereits 51 Millionen Euro ausbezahlt.

Bis zum Jahr 2026 soll es den Reparaturbonus noch geben. Solange Mittel vorhanden seien, können laufend Reparaturbons beantragt werden. Auf die Frage, ob man sich vorstellen könne den Reparaturbonus über 2026 hinaus zu verlängern, kam keine Antwort. Man könne mit dieser Förderung aber beinahe allen Elektrogeräten des täglichen Bedarfs eine zweite Chance geben und das sei immer besser als Wegwerfen.

Der Reparaturbonus als Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft

Ein Reparaturbonus alleine wird das Problem der wachsenden Menge an Elektroschrott wohl kaum beheben können. Kund:innen wollen ihre Geräte laut Klimaministerium aber immer häufiger reparieren lassen.

Ein wesentliches Problem, das zu mehr Elektroschrott führe, sei eine vorzeitige Obsoleszenz. Das bedeutet, dass Geräte durch die Herstellungsweise nicht so lange halten, wie eigentlich möglich. “Zu wenige Produktinformationen über Geräte, aber auch geringe Erwartungen an die Langlebigkeit von Produkten, verbunden mit einer möglichen geringen Bereitschaft, Geräte reparieren zu lassen, führen dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Produkte deutlich weniger lange nutzen”, so das Ministerium.

Hersteller:innen und Verbraucher:innen würden sich somit gegenseitig beeinflussen, was Auswirkungen auf die Produktentwicklung und Konsummuster habe. “Dies erzeugt eine Abwärtsspirale. Das ist weder ökologisch noch sozial zielführend. Der Reparaturbonus setzt genau da an. Er ist ein wichtiges Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft.”

Laut Klimaministerium brauche es aber weitere Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen: Das reiche von der Neufassung der Ökodesign-Richtlinie, über verlängerte Garantien- und Gewährleistungszeiten bis zu Bewusstseinsbildungsmaßnahmen”, schildert das Klimaministerium.

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Startup-Politik - Das bringt Blau-Schwarz - Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag | Peter Lechner/HBF

Also doch Blau-Schwarz. Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos und dem Rücktritt von Karl Nehammer als ÖVP-Chef und Bundeskanzler starten nun Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP. Vor allem im Ausland wird auf die Aussicht auf einen Bundeskanzler Herbert Kickl mit Besorgnis reagiert. Auch im Inland sind sehr viele Menschen, die nicht die FPÖ gewählt haben, nicht glücklich damit.

Viele wirtschaftspolitische Überschneidungen

Eine relativ breite Zustimmung für Blau-Schwarz gibt es allerdings laut Medienberichten im Wirtschaftsflügel der ÖVP. Das hat gute Gründe, denn bei vielen von der ÖVP im Wahlprogramm geforderten wirtschaftspolitischen Maßnahmen dürfte man mit der FPÖ deutlich leichter auf einen gemeinsamen Nenner kommen, als es mit der SPÖ der Fall gewesen wäre. Die starken Differenzen in diesem Bereich dürften auch einer der Hauptgründe für das Platzen der schwarz-rot-pinken Koalitionsverhandlungen gewesen sein – auch für die Neos, die sich mit der ÖVP allein gut einigen hätten können, nicht aber mit der SPÖ.

Gute Chancen für Konsens bei zentralen Startup-Politik-Anliegen

Blau-Schwarz – sofern diese Verhandlungen nicht ebenfalls scheitern – bedeutet somit auch für die Startup-Politik relativ gute Chancen auf die Umsetzung einiger zentraler Forderungen der Community. Die größten Anliegen wurden bekanntlich vergangenes Jahr im Papier “Vision 2030” veröffentlicht.

Beteiligungsfreibetrag: Eigentlich Einigkeit, aber Sparpaket könnte zum Dealbreaker werden

Drei zentrale Forderungen hat die ÖVP explizit in ihr Wahlprogramm aufgenommen: Den Dachfonds, den Beteiligungsfreibetrag und die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes. Bei der FPÖ fanden sich diese zwar nicht explizit im Wahlprogramm, eine Einigung scheint aber bei allen drei realistisch. So hieß es vom “Bürgerbüro Team Kickl” auf brutkasten-Anfrage vor der Wahl, man wünsche sich “rechtliche Anpassungen für Risikokapitalgeber, etwa in Form von steuerlichen Begünstigungen” – sowohl für den Beteiligungsfreibetrag als auch für die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes im Sinne der Startup-Community ist damit die Tür geöffnet. Der wegen des Budget-Lochs angesagte Sparkurs könnte jedoch eine Steuerbegünstigung für Investor:innen gegenüber der breiten Bevölkerung schwer argumentierbar machen.

Dachfonds: Unterschiedliche Ansichten, aber Chance auf Einigung

Etwas schwieriger könnte eine prinzipielle Einigung beim Dachfonds werden. Von der FPÖ hieß es vor der Wahl auf brutkasten-Anfrage, Österreich müsse “rasch einen Venture-Capital-Fonds einrichten, der dabei hilft, die schwierigen Anfangsphasen für heimische Neugründungen im Technologiebereich zu bewältigen”. Das wäre ein Gegenmodell zum geforderten Dachfonds, der als “Fund of Funds” nur in Fonds investiert und auch nicht staatlich finanziert, sondern nur organisiert wird. Dass die FPÖ sich hier umstimmen lässt, scheint zwar gut möglich – denn bei den Freiheitlichen dürfte aus ideologischer Sicht nichts gegen das Dachfonds-Modell sprechen.

Die FPÖ ist aber freilich durch ihren Mandate-Überhang in der besseren Verhandlungsposition und könnten auch versuchen, ihr Modell durchzubringen. Wenn das Thema denn überhaupt wichtig genug für die verhandelnden Parteien ist – letztlich kann mit einer gewissen Sicherheit angenommen werden, dass startup-politische Maßnahmen von keiner Seite zur Koalitionsbedingung gemacht werden.

Lohnnebenkosten-Senkung: Ein Wille, aber im Budget-Loch womöglich kein Weg

Auch bei einer Reihe nicht startup-spezifischer, aber durchaus startup-relevanter wirtschaftspolitischer Maßnahmen könnten Blau und Schwarz gut zusammenfinden. Zu nennen wäre hier etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten, die prinzipiell beide Parteien in ihren Wahlprogrammen hatten. Hier könnte allerdings einmal mehr die Notwendigkeit rigider Sparmaßnahmen aufgrund der budgetären Situation einen Strich durch die Rechnung machen. Zwar gibt es bei den beiden Parteien einen Konsens, ausgaben- und nicht einnahmenseitig sparen zu wollen. Doch auch wenn man sich darauf einigt, keine Steuern erhöhen oder einführen zu wollen, sind Steuer- und Abgabensenkungen im großen Stil, wie es bei der Lohnnebenkostensenkung (oder etwa auch bei einer Senkung der Körperschaftssteuer, wo ebenfalls Konsens besteht) der Fall wäre, wohl ob der notwendigen Gegenfinanzierung momentan schwer umzusetzen.

Bürokratieabbau: Wohl mehr Ausnahmen als Maßnahmen

Der Bürokratieabbau ist ein weiteres Thema, bei dem FPÖ und ÖVP – geht man nach den Wahlprogrammen – gut zusammenpassen. Tatsächlich scheint die ÖVP bei diesem Thema aber ziemlich selektiv zu sein, wie Medienberichte zu Konflikten zwischen Pink und Schwarz in den geplatzten Koalitionsverhandlungen nahelegen. Mächtige Blöcke innerhalb der Partei wie die Landesorganisationen, die Beamtengewerkschaft und der Wirtschaftsbund verhindern demnach Bürokratieabbau-Maßnahmen in ihren jeweiligen Bereichen. Die FPÖ wiederum dürfte definitiv nicht für einen weiteren Wegfall von Notariatspflichten zu haben sein, ebenso wenig, wie für weitere Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte. Unterm Strich ist das Potenzial in dem Bereich also eingeschränkt.

Nachhaltigkeit im Out

Und es gibt auch einige Bruchlinien zwischen FPÖ und ÖVP, die sich auf die Startup-Politik auswirken könnten. Zu nennen wären hier neben der bereits genannten Rot-Weiß-Rot-Karte etwa die Differenzen in der EU-Politik. Ebenso könnte die Anti-Klimaschutz-Politik der FPÖ Auswirkungen auf Startups haben, etwa im Bereich Förderungen, die im Zuge der Sparmaßnahmen ohnehin auf der Abschussliste stehen dürften. Nachdem ein signifikanter Anteil der Startups in den vergangenen Jahren Nachhaltigkeit zu einem der Kernziele erhoben hat, könnte hier generell eine nicht förderliche Gesetzgebung zum Problem werden.

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