10.02.2015

Gastbeitrag: Kann Crowdsourcing wirtschaftliche Innovationen fördern?

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Beim Crowdsourcing wird die kollektive Intelligenz einer Gruppe genutzt, auch als Schwarmintelligenz bezeichnet.

Mussten Menschen früher unmittelbar und real zusammen sein, um eine Gruppe zu bilden, so ist heute möglich, sich virtuell zu treffen, um Erfahrungen und Gedanken auszutauschen. Crowdsourcing steht für die Intelligenz von Kollektiven im Internet mit welchen wirtschaftliche Innovationen gefördert werden .

Immer schon zeichneten sich erfolgreiche Unternehmen durch ihre innovative Kraft aus, denn neue Produkte sind die Triebfeder wirtschaftlicher Entwicklungen. Innovation lebt von Ideen und diese zu finden, ist eine Kunst, ein diffiziler Prozess und zugleich der Glaube daran, dass es möglich ist, das Unmögliche möglich zu machen. „Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt“, hat Albert Einstein gesagt, „dann gibt es keine Hoffnung für sie“.

Wie aber entstehen Ideen?

Damit Ideen geboren werden können, benötigt es Eingabe und Intuition. Das lässt sich nicht erzwingen, denn eine Intuition entsteht oft ganz zufällig und unerwartet. Innovation ist oftmals das Ergebnis einer gelungenen Problemlösung. Viele Ideen werden über Jahre hin entwickelt und das braucht Zeit. Tim Burners Lee hatte seine Idee für das World Wide Web schon zehn Jahre bevor er es der Öffentlichkeit präsentierte. Er suchte nach einer Lösung zur Organisation eigener Daten und daraus entstand eine Technologie, die es Wissenschaft und Forschung ermöglichte, Informationen zu tauschen.

In Folge wurde das Internet zu einem weltweiten Phänomen, das wiederum zur globalen Vernetzung geführt hat. Der US-amerikanische Autor und Kolumnist Steven Johnson, der sich mit der soziologischen Bedeutung der Entstehung technischer Entwicklungen beschäftigt, stellt weiter fest: Damit sich Ideen entwickeln können, spielt der gedankliche Austausch mit anderen Menschen eine entscheidende Rolle. Er spricht von „Emergenz“ und meint das, was entsteht, wenn das Ganze größer ist als die Summer der Teile.

Was hat sich durch das Internet verändert?

Unter Crowdsourcing versteht man einen offenen Call an eine unbestimmte Menschenmenge. Oder anders gesprochen: Man stellt sein Problem dar und fragt andere um Rat. Damit wird es möglich, Teilaufgaben an eine Gruppe von Menschen auszulagern, die man andernfalls niemals kennen gelernt hätte. Jeff Howe, Autor und Journalist des Wired Magazine, der den Begriff Crowdsourcing geprägt hat, geht davon aus, dass die gleichen Interessen und Leidenschaften – etwa ein gemeinsames Hobby – eine große Rolle beim Erfolg eines Crowdsourcing-Projektes spielen“. Vom Prinzip her eignet sich Crowdsourcing für Unternehmen, Regierungen, Gruppen, Einzelpersonen und Organisationen.

Beispiele für Open Innovation

Was beim Crowdsourcing genutzt wird, das ist die kollektive Intelligenz einer Gruppe, die auch als Schwarmintelligenz bezeichnet wird. Insgesamt ist es ein Verhalten, wonach die Kommunikation von Individuen intelligente Verhaltensweisen der gesamten sozialen Gruppe hervorrufen kann. Viele Unternehmen und Organisationen bedienen sich heute der Idee der verbundenen Gehirne.

So hat der US-amerikanische Computerhersteller DELL im Jahr 2007 die Open Innovation Plattform gestartet, auf der Nutzer aus aller Welt inzwischen 21.600 Ideen eingebracht haben. Über diese Ideen wurde 745.207 mal abgestimmt und es wurden 101.051 Kommentare abgegeben. Im Ergebnis wurden 548 Ideen vom Unternehmen umgesetzt und auf der Plattform präsentiert. www.ideastorm.com

Aber auch der Softwarekonzern SAP setzt Maßstäbe mit seinem Community Network, das die Möglichkeiten der SAP-Partner und Kunden durch ein integriertes Netzwerk von weltweitem Know-how und die besten Technologien mit Hilfe der Community erweitert. SAP betrachtet die innovativen Impulse aus dem Crowdsourcing als entscheidende Quelle für Ideen und Innovationen. www.scn.sap.com/community/coil

Open Innovation wird aber auch in anderen Bereichen genutzt, etwa bei der Lösung sozialer Problemstellungen. OpenIDEO ist eine Crowdsourcing-Plattform für soziale Fragen. Eine jüngst gestellte Problemstellung war: „Wie können wir gemeinsam Strategien finden, um den Kampf gegen Ebola zu fördern?“ Dabei sollen nicht nur Forschungsergebnisse eingebracht werden, sondern alle Ideen, Bilder und Kommentare, die bei der Problemlösung insgesamt hilfreich sind. Nach Ablauf einer zuvor festgelegten Frist, sollen die gemeinschaftlich gesammelten Ergebnisse an die relevanten Entscheidungsträger weiter gegeben werden. https://openideo.com/

Der US-amerikanischer Automobilhersteller Local Motors betrachtet den Einsatz von Crowdsourcing als eines der wichtigsten Prinzipen für Innovation. Local Motors schrieb Anfang des Jahres 2014 einen Designwettbewerb aus und die Community entwarft und designte Autos in der Crowd. Das Produkt ist übrigens das erste 3D-druckbare Auto, das bereits vor Ablauf des Jahres in Chicago vorgestellt wurde. Unter den unzähligen Entwürfen, die dabei entstanden sind, setzte sich das Design mit dem Namen Strati durch, ein faszinierendes Beispiel für eine weltweite Innovation durch Crowdsourcing. https://localmotors.com/

Kategorien des Crowdsourcing auf einen Blick

In welchen Bereichen Crowdsourcing eingesetzt werden kann, hat Carl Esposti, Gründer der Website Crowdsourcing.org analysiert. Vier Möglichkeiten hat er identifiziert:

  • Man versucht aus einer Gruppe von Menschen die geeigneten Arbeiter zu identifizieren.
  • Man fragte eine Gruppe nach der Lösung für ein bestimmtes Problem.
  • Man nutzt die Crowd, um Wissen zu finden und zu organisieren.
  • Man nutzt die Crowd, um Ideen, Meinungen und Feedback einzuholen.

Dabei lassen sich 5 Kategorien identifizieren:

  • Distributed Knowledge: dient der Entwicklung gemeinsamen Wissens.
  • Crowdfunding: dient der Generierung von Kapital.
  • Cloud Labor: bietet die Möglichkeit, über das Internet Arbeitskräfte zu finden.
  • Crowd Creativity: ist eine Form gemeinsamer kreativer Produktion.
  • Open Innovation: ist eine Form des Crowdsourcing, die bei der gezielten Ideenfindung für Unternehmen und Institutionen hilft.

Crowdsourcing ist für Unternehmen relevant

Crowdsourcing stellt die Möglichkeit für die Entwicklung einer alternativen Kultur dar und verhilft vor allem technologiegetriebenen Start-Ups zu kreativen Impulsen. Es werden neue Formen der Datenpools und des Austausches geschaffen, die nicht nur eine Chance für Nischen und Gleichgesinnte bilden, sondern auch für etablierte Unternehmen extrem interessant sind. Crowdsourcing ist daher für alle Unternehmen des 21. Jahrhunderts relevant und stellt eine Möglichkeit dar, Innovations-Prozesse schneller und lebendiger zu entwickeln. Die verbundenen Gehirne verkürzen die Zeit, die es benötigt um eine Idee zu entwickeln und schaffen im Kollektiv ein völlig neues Klima für wirtschaftliche Innovationen. 

www.watchdogs.at

 

 

Elisabeth Hödl ist Partnerin bei WATCHDOGS – The Data Company und als Chief Scientific Officer für die Entwicklung der Forschungskapazitäten und Forschungsprodukte sowie für die Kommunikation mit der Scientific Community zuständig. WATCHDOGS SCIENCE ist Knotenpunkt für wissenschaftliche, rechtliche und mediale Trends in der Informationsgesellschaft.

Martin Zechner ist Partner und CEO von WATCHDOGS – The Data Company. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen Datenverknüpfung, Datenkommunikation und Datenkrisen. Er lehrt an der Montanuniversität Leoben, ist Gründer der Martin Zechner & Partner Strategieberatung und einer der führenden Krisenexperten Österreichs.

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie “No Hype KI“, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.

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Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: “Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen”. Gleichzeitig habe es auch “schöne Erfolge” gegeben. Für Porak ist klar: “Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“

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Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“

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Peter Ahnert sieht dabei auch ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung: KI werde tendenziell nicht nur zu klein gedacht, sondern meist auch in Zusammenhang mit Risiken wahrgenommen: “Es werden die Chancen nicht gesehen.” Woran liegt es? “Zu einem erheblichen Teil daran, dass noch zu wenig Bildung und Aufklärung an dem Thema da ist. In Schulen, in Universitäten, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Hand.” Hier müsse man ansetzen, sagt der Nagarro-Experte.

Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: “Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.” Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber “viel größer” als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. “Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart”, sagt Gorzala.

IBM-Programm: “Die Angst war weg”

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Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: “Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?”, führt er aus.

Venture Capital: “Müssen in Europa ganz massiv was tun”

Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. “An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun”, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.

Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. “51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.” Ahnerts Appell: “Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.”

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

Marco Porak ergänzt: “Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.” Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. “Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.”


Die gesamte Folge ansehen:


Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?”

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?”

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”

Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
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Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

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Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


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