16.02.2024

Nach Konkursantrag: Rettung für Linzer Gitarren-Startup Fretello in Sicht

Das Linzer Startup Fretello mit seiner Gitarrenlern-App musste Anfang November einen Konkursantrag stellen. Nun scheint eine Rettung in Sicht, wie uns Interim-Geschäftsführer Berthold Baurek-Karlic erläuterte. Mit dem European Super Angels Club ist er einer der Gesellschafter des Startups.
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(c) Fretello

Gitarre lernen – ganz einfach über eine App. Diese Vision verfolgte das Linzer Gitarrenlern-Startup Fretello rund um das Gründer-Team Florian Lettner und Wolfgang Damm. Unter anderem konnte das Gründerduo dafür im Frühling 2022 ein drei Millionen Euro schweres Investment an Land ziehen. Damals kamen der finnische VC-Fonds Sparkmind, der European Super Angels Club (ESAC) rund um Berthold Baurek-Karlic sowie die Tractive-Mitgründer Michael Tschernuth und Michael Lettner an Bord. Schon zuvor hatten sich unter anderem Runtastic-Co-Founder Alfred Luger, der OÖ HightechFonds, startup300 und Business Angel Christiane Holzinger beteiligt. (brutkasten berichtete).

Fretello musste Konkurs anmelden

Das Wachstum sollte unter anderem über Vertriebspartnerschaften mit großen Namen aus der Musik-Industrie vorangetrieben werden. So verkündete Fretello 2022 eine Kooperation mit den beiden Musik-Instrumenten-Riesen Yamaha und Thomann. Beide Unternehmen boten ihren Gitarren-Käufer:innen ein kostenloses Probeabo der Gitarrenlern-App an. (brutkasten berichtete).

Allerdings blieben die beiden Vetriebspartnerschaften unter den Erwartungen und das Unternehmen geriet im Herbst 2023 in Zahlungsschwierigkeiten. Das Startup hatte knapp über eine Million Euro Schulden. Anfang November beantragte Fretello beim Landesgericht Linz ein Konkursverfahren. Das Unternehmen sollte somit geschlossen werden. Betroffen vom Konkurs waren 26 Gläubiger:innen.

Konkurs wird in Sanierung überführt

Nun kommt es jedoch zu einer Wendung im Fall Fretello. Wie Berthold Baurek-Karlic gegenüber brutkasten bestätigt, wird der Konkurs nun in eine Sanierung überführt. Für die Sanierung wurde unter dem Lead von Baurek-Karlic, der auch Gesellschafter und mittlerweile Interim-Geschäftsführer von Fretello ist, ein entsprechender Sanierungsplan ausgearbeitet. “Wir haben zahlreiche strategische Maßnahmen getroffen, darunter auch Kostensenkungen”, so Baurek-Karlic. Zudem soll mit der Digitalagentur viable das Produkt mit einem externen Team weiterentwickelt werden.

Der Sanierungsplan sieht zudem vor, dass eine Quote von 20 Prozent innerhalb der nächsten vier Jahre abbezahlt wird. “Zünglein an der Waage war natürlich, dass die Gläubiger dem Sanierungsplan zustimmen. Das ist mit Einstimmigkeit erfolgt”, so Baurek-Karlic. Juristische Unterstützung kam zudem vom erfahrenen Anwalt Michael Proksch, der in Österreich als Experte für Insolvenzfälle gilt.

Florian Lettner und Wolfgang Damm sind künftig allerdings nicht mehr operativ an Bord. Lettner ist mittlerweile bei Dynatrace tätig. Zuletzt führte nur mehr Damm die Geschäfte des Startups, wobei dieser ursprünglich auch den Konkursantrag stellte. Wie Baurek-Karlic erläutert, sollen beide Gründer dem Startup nun beratend zur Seite stehen.

Handelsgericht in Linz stimmt zu

Neben den Gläubigern erteilte auch der Masseverwalter seine Zustimmung zur Sanierung. Heute, Freitag um 09:10 Uhr gab es schlussendlich Gewissheit. Auch das zuständige Handelsgericht in Linz hat dem Antrag auf Sanierung stattgegeben. Ausschlaggebend dafür war unter anderem, dass erneut finanzielle Mittel für die Sanierung bereitgestellt wurden. Laut Baurek-Karlic handelt es sich dabei um einen mittleren sechsstelligen Betrag, der auf ein entsprechendes Treuhandkonto eingezahlt wurde.


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“Haelsi ist mein Herzensprojekt, bei dem ich sozusagen ‘all in’ gegangen bin. Emotional und auch wirtschaftlich, weil ich glaube, dass haelsi das Zeug dazu hat, das Gesundheitssystem zu revolutionieren”, sagte Österreichs bekanntester Business Angel Hansi Hansmann im Juni 2023 gegenüber brutkasten. Damals wurde ein Investment unter anderem durch ihn kommuniziert, das ihn mit 38,15 Prozent auch zum größten Anteilseigner des Wiener Startups machte.

Hansmann bereits von 2010 bis 2022 größter Anteilseigner

Bzw. wieder zum größten Anteilseigner machte, denn eigentlich war er das die längste Zeit. Das Unternehmen hinter der Marke haelsi ist nämlich die bereits 2010 gegründete mediClass Gesundheitsclub GmbH, bei der Hansmann von Beginn an bis 2022 die Mehrheit hielt und zeitweise sogar alleiniger Eigentümer war. Diese betrieb ein Gesundheitszentrum kombiniert mit digitalen Services.

mediclass und careety wurden mit neuem Konzept zu haelsi

Nach mehr als zehn Jahren als mediclass folgte dann im Mai 2023 aber die Neuaufstellung. Man habe nicht nur mediclass, sondern auch das Tech-Startup careety in das neue Konzept haelsi “eingebracht”, erklärte Co-Geschäftsführer Felix Faltin brutkasten vergangenes Jahr. Der careety-Gründer Christopher Pivec wurde zum zweiten Co-Geschäftsführer. Auch das neue Modell baut auf physischen Gesundheitszentren auf und kombiniert diese mit Online-Services. Hinzu kommt ein B2B-Angebot für betriebliche Gesundheit. Hier arbeite man bereits mit Unternehmen mit insgesamt mehr als 2.000 Mitarbeiter:innen zusammen, darunter EY, Geizhals und Journi, heißt es vom Startup.

Klare Skalierungs-Strategie

Dabei ist aber klar: Trotz des auf physischen Standorten aufbauenden Hybrid-Modells im B2C-Bereich hat haelsi eine klare Skalierungs-Strategie, wie Co-Founder Faltin gegenüber brutkasten ausführt: “Unser Modell können wir in kurzer Zeit auf beliebig viele Standorte ausweiten, wir verwenden für alle Services dieselbe Tech Infrastruktur – egal ob Termin in unseren Zentren, bei Unternehmen vor Ort oder online stattfinden. Unsere B2B Services brauchen überhaupt keine physischen Standorte, da sind wir extrem skalierbar.”

“Wir sind opportunistisch und kapitaleffizient”

Entsprechend ambitioniert ist auch die Zielsetzung: “Wir wollen in Österreich die klare Nummer 1 für praktische, hochwertige Medizin sein”, so Faltin. In Wien sei man das heute schon. “Wir sind opportunistisch und kapitaleffizient, sehen uns potentielle Zentren zur Übernahme oder Betriebsführung an, werden aber auch Zentren von Scratch aufbauen wenn es Sinn macht”, sagt der Gründer.

haelsi eröffnet bereits zweites Gesundheitszentrum in diesem Jahr

Und die aktuellen Zahlen nach der Neuausrichtung im Frühjahr 2023 sprechen für sich: Insgesamt betreuen über haelsi mittlerweile 80 Ärzt:innen und Therapeut:innen aus mehr 25 verschiedenen Fachrichtungen 20.000 Patient:innen. Und nun eröffnete das Startup bereits das zweite Gesundheitszentrum in diesem Jahr und kommt somit auf aktuell drei Standorte – allesamt in Wien. Was ist das Erfolgsrezept? “Wir sind seit 2024 ein effektiver Marktplatz. Ärzt:innen und Therapeut:innen, auf der Angebotsseite, finden bei uns das attraktivste Full-Service Modell im Markt. Die müssen sich bei uns um nichts mehr kümmern, außer ihre Patientinnen optimal zu betreuen”, sagt Faltin.

Monatlich mehr als 500 neue Patient:innen

Auf der Nachfrageseite gewinne man monatlich mehr als 500 neue Patient:innen – zu 75 Prozent über organische Kanäle, führt der Gründer aus: “Diese Menschen kommen zu haelsi, weil das Gesamtpaket unschlagbar ist: kinderleichte Onlinebuchung mit großer Terminauswahl, Wohlfühlatmosphäre und kurze Wartezeiten vor Ort, exzellente medizinische Betreuung, automatische Einreichung bei der Kasse und digitaler Zugriff auf Rezepte und Befunde.”

“Sind jetzt von überall in Wien in 30 Minuten erreichbar”

Das neu eröffnete dritte Gesundheitszentrum befindet sich im vierten Bezirk in Wien und ist ganz auf das Thema Physiotherapie ausgelegt. Er kommt zum “Flagship”-Standort im zweiten Bezirk und einem Facharzt- und Therapiezentrum im 18. Bezirk hinzu. “Wir sind jetzt von überall in Wien in 30 Minuten erreichbar”, so Faltin.

Dritter haelsi-Standort in nur vier Monaten aufgebaut

Und der Aufbau des dritten Standorts sei “in Rekordzeit” gelungen, sagt der Gründer: “Wir haben vier Monate vom ersten Kontakt mit der Vorbesitzerin und dem Go Live als haelsi-Zentrum mit acht Therapeut:innen gebraucht”, so Faltin. “Das ist für die Gesundheitswelt extrem schnell. Die Challenges sind operativ: Ärzte und Personal onboarden, Tech-Stack tauschen, unsere Prozesse und Marketing ausrollen. In einem normalen Ärztezentrum startet vielleicht ein neuer Arzt pro Jahr. Bei uns fängt jede Woche eine neuer Arzt oder Therapeut an.”

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