28.02.2019

Flugtaxis made in Austria gehen noch dieses Jahr in Serienproduktion

Der in Österreich ansässige Aerospace-Konzern FACC und der chinesische Tech-Konzern Ehang wollen bereits im August 2018 die Serienproduktion ihrer bemannten Drohne in Österreich starten. Die Öffentlichkeitsarbeit wird Puls4 übernehmen.
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Partnerschaft EHang, FACC, Puls4, bemannte Drohne, Flugtaxi
(c) EHang: So sieht die bemannte Drohne aus

“Ich bin davon überzeugt, dass autonomes Fliegen früher passieren wird, als autonomes Fahren”, sagt Robert Machtlinger, CEO des in Österreich ansässigen Aerospace-Konzerns FACC. Und es ist keine vage Vision, die er umreißt, sondern bereits ziemlich konkret. Im Herbst 2018 hatte der ATX-Konzern, der zu den 20 weltweit größten Zulieferern der Luftfahrtindustrie zählt, eine Kooperation mit dem chinesischen Flugtaxi-Pionier EHang gestartet. Bereits im August will man nun in die Serienproduktion der bemannten EHang-Drohne gehen – in Österreich. Man arbeite bei FACC dazu derzeit noch an der Optimierung der Aerodynamik und des Gewichts, erklärt Machtlinger.

+++ Per Drohne von A nach B: Volocopter bringt Lufttaxis in Großstädte +++

“Unser Management fliegt mit dem EHang bereits zur Arbeit”

16 Propeller mit 16 separaten E-Motoren bewegen das autonome Luftfahrzeug für zwei Personen. 25 bis 30 Minuten Flugdauer bei einer Höchstlast von 200 Kilogramm und einer Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h sind derzeit mit dem Prototypen möglich. Er sei dabei leiser als eine Fotodrohne, sagt der FACC-CEO. Mittels Powercharging kann der Akku, zu dem man keine technischen Details nennen will, innerhalb von 15 Minuten auf 80 Prozent aufgeladen werden. In EHangs-Heimatstadt Guangzhou wird bereits seit einiger Zeit intensiv getestet. “Wir kommen bislang auf etwa 7000 Flugstunden, 2000 davon bemannt. Unser Management fliegt mit dem EHang bereits zur Arbeit”, erzählt Felix Lee, Overseas Manager bei EHang.

Erster Regelbetrieb bei Expo 2020 in Dubai

Genutzt werden dazu mit den örtlichen Behörden vereinbarte Flugkorridore. Solche soll es auch bei der Expo 2020 in Dubai geben, wo das Flugtaxi erstmals von einer breitere Öffentlichkeit als Shuttle genutzt werden soll. Schon jetzt sei EHang nach den absolvierten Flugstunden das weltweit führende Unternehmen in der neuen Branche, sagt Felix Lee. In Kooperation mit FACC wolle man sich dauerhaft an der Spitze positionieren. “Unser Vorteil ist, dass wir nicht in einen bestehenden Markt eindringen, sondern einen komplett neuen eröffnen”, sagt Lee.

300 EHangs bis Ende 2020

Seit 2015 wurden weltweit rund 70 Flugtaxi-Projekte gestartet. Man will bei EHang und FACC also nichts anbrennen lassen. “In den Jahren 2019 und 2020 ist die Produktion von 300 EHangs in Österreich geplant”, erklärt Robert Machtlinger. 2025 will man die Zahl 3000 erreichen. Dann soll der globale Markt laut Prognosen bereits bei 30 Milliarden US-Dollar stehen. “In diesem Jahr werden wir auch die österreichischen Montage-Linien duplizieren und lokale Produktionen in Nord-Amerika und Asien starten”, sagt der FACC-CEO. 2050 rechnet er dann mit einer weltweiten Gesamtzahl von 98.000 Drohnen aus dem Hause EHang/FACC.

Flugtaxi-Launch in Österreich erst später

Dennoch dürfte es im primären Produktionsland Österreich mit der Etablierung des Services etwas länger dauern. “Wir werden im asiatisch-pazifischen Raum starten, dann voraussichtlich in Südamerika launchen und erst später in Mitteleuropa loslegen”, sagt Machtlinger. Bezüglich notwendiger Regulatorien führe man aber bereits regelmäßige Gespräche mit den zuständigen nationalen und übernationalen (Luftfahrt-)Behörden.

“The Urban Air Mobility Project”: EHang beim 4GameChangers

Schon im April wird der EHang-Prototyp jedoch erstmals in Österreich öffentlich gezeigt. Besucher des 4GameChangers werden die Drohne in der Marxhalle besichtigen können. “Fliegen geht in der Halle leider nicht”, räumt Puls4-Chef Markus Breitenecker gegenüber dem brutkasten ein. Die Ausstellung der Drohne beim Festival ist Teil einer weitreichenden Kooperation zwischen Pro7-Sat1-Puls4, FACC und EHang, die heute verkündet wurde. Der Medienkonzern wird im Rahmen des Projekts “The Urban Air Mobility Project” die gesamte Öffentlichkeitsarbeit übernehmen. Zunächst in Österreich, dann im DACH-Raum und in weiterer Folge europaweit.

PK The Urban Air Mobility Project - Lufttaxi-Kooperation FACC, EHang, Puls4
(c) derbrutkasten/Haris Dervisevic: Pressekonferenz mit (vlnr.) Markus Breitenecker (Puls4), Robert Machtlinger (FACC), Cora Tang (EHang) und Felix Lee (EHang)

Breitenecker: “Größte Disruption, die ich mir überhaupt vorstellen kann”

“Wir fungieren hier als Agentur, wie wir es mit 4GameChangers schon länger sind”, erklärt Breitenecker. Ziel der Kooperation sei es, eine Diskussion zum Thema in der breiten Öffentlichkeit anzustoßen und damit Akzeptanz zu schaffen. Laut einer internationalen Deloitte-Studie wären derzeit rund 48 Prozent der Befragten bereit, Flugtaxis zu nutzen. Es gibt also noch Potenzial nach oben. “Es ist die größte Disruption, die ich mir überhaupt vorstellen kann. Und es ist großartig, dass sie nicht vom Silicon Valley aus geht, sondern in einer österreichisch-chinesischen Kooperation passiert”, sagt Breitenecker.

⇒ Zu “The Urban Air Mobility Project”

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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